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VwGH vom 16.05.2013, 2012/06/0009

VwGH vom 16.05.2013, 2012/06/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und Hofrätin Dr. Bayjones, Hofrat Dr. Moritz, Hofrätin Mag. Merl sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. der E M und 2. des H M, beide in A, beide vertreten durch Dr. Widukind W. Nordmeyer und Dr. Thomas Kitzberger, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom , Zl. BMWFJ-96.205/0098-I/11/2010, betreffend Umwandlung eines Grundstückes in den Grenzkataster gemäß Vermessungsgesetz (Mitbeteiligte: Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte beantragte mit Eingabe vom die Umwandlung des Grundstückes Nr. 1782/1 (Attersee), KG K., in den Grenzkataster.

Die beschwerdeführenden Parteien sind zu unterschiedlichen Teilen Eigentümer der an das Seegrundstück Nr. 1782/1 angrenzenden Grundstücke Nr. 2/1, 14/1, 1731/10 und .538.

Am fand eine Grenzverhandlung statt, bei der es zwischen den beschwerdeführenden Parteien und der Mitbeteiligten zu keiner Einigung über den Grenzverlauf kam. Darauf wurden die beschwerdeführenden Parteien mit Bescheid des Vermessungsamtes Vöcklabruck vom gemäß § 25 Abs. 2 Vermessungsgesetz 1998 (VermG) aufgefordert, betreffend die Grenze zwischen ihren Grundstücken 2/1, 1731/10, 14/1 und den Grundstücken 1782/1 und 1782/87 (Republik Österreich) binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen.

Mit Klage vom beantragten die beschwerdeführenden Parteien beim Landesgericht Wels wörtlich die Erlassung folgenden Urteils:

"1. Es wird festgestellt,

a) dass die beklagte Partei nicht Eigentümerin des Grundstückes 1782/87 in der KG K(…) (Grundbuch 50309) ist;

b) in eventu, dass die grundbücherliche Eintragung des Eigentumsrechtes der beklagten Partei für das Grundstück 1782/87 in der KG K(…) zu Unrecht besteht;

c) in eventu, dass die beklagte Partei keinen Titel zum Rechtserwerb des Grundstückes 1782/87 in der KG K(…) hat;

d) in eventu, dass die klagenden Parteien Eigentümer des Grundstückes 1782/87 in der KG K(…) sind;

e) in eventu, dass die Grenze der den klagenden Parteien gehörigen Liegenschaft EZ 1484 KG K(…) entlang der äußeren Pilotenreihe, somit unter Einschluss des Grundstückes 1782/87 verläuft;

f) in eventu, dass die Bildung einer eigenen Grundstücksparzelle Nr. 1782/87 in der KG K zu Unrecht bzw. ohne Rechtsgrund erfolgt ist und die diesbezügliche Seefläche bis zur äußeren Pilotenreihe seit altersher selbstverständlich zum Schloss K(…) (somit jetzt zur EZ 1484 KG K(…)) und nicht zum (restlichen) Attersee (jetzt EZ 541) gehört.

2. Die beklagte Partei ist bei Exekution schuldig, binnen 14 Tagen den klagenden Parteien die Prozesskosten zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen."

Mit Bescheid vom verfügte das Vermessungsamt Vöcklabruck hinsichtlich des Grundstückes 1782/1 (Attersee) die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in den Grenzkataster.

Die dagegen eingebrachte Berufung der beschwerdeführenden Parteien vom wurde vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, die beschwerdeführenden Parteien hätten fristgerecht kein Gerichtsverfahren zur Bereinigung des Grenzstreites anhängig gemacht. Daher müssten sie die Zustimmungsfiktion des § 25 Abs. 5 VermG gegen sich gelten lassen. Die am eingebrachte Klage betreffe das Eigentumsrecht am Grundstück 1782/87. Auch die darin enthaltenen Eventualbegehren bezögen sich alle auf das Eigentum an diesem Grundstück. Ein anderes Gerichtsverfahren betreffend die Bereinigung des Grenzstreites sei laut Auskunft des Landesgerichtes Wels vom nicht anhängig.

Gegen diesen Bescheid brachten die beschwerdeführenden Parteien eine Berufung vom ein und begründeten diese damit, dass es in dem anhängigen Prozess sehr wohl um die Grenzziehung zwischen dem Grundstück 1782/1 und ihrem angrenzenden Grundstück EZ 1484 KG. K. gehe. Jedenfalls in den ebenfalls den Prozessgegenstand bildenden Eventualbegehren hätten sie die Grenzziehung zwischen den beiden Grundstücken streitgegenständlich gemacht.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien vom ab. Begründend führte sie im Wesentlichen unter Hinweis auf § 24 und § 25 VermG aus, die beschwerdeführenden Parteien seien mit Bescheid des Vermessungsamtes Vöcklabruck vom aufgefordert worden, ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren betreffend die Grenze zwischen ihren Grundstücken Nr. 2/1, 14/1, 1731/10 und .538 und den Grundstücken 1782/1 und 1782/87 der Republik Österreich anhängig zu machen. Aus dem Urteil des Landesgerichtes Wels vom sowie der Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom gehe eindeutig hervor, dass der Grenzverlauf zwischen den oben angeführten Grundstücken nicht Inhalt dieses Verfahrens gewesen sei. In diesem Verfahren sei lediglich über das Eigentumsrecht am strittigen Grundstück Nr. 1782/87 abgesprochen worden, das weiterhin im Eigentum der Republik Österreich bleibe. Ein Verfahren zur Bereinigung des Grenzstreites betreffend die oben angeführte Grenze sei von den beschwerdeführenden Parteien nicht eingeleitet worden. Die Unterlassung einer entsprechenden Klagsführung habe gemäß § 25 Abs. 5 VermG zur Rechtsfolge, dass fingiert werde, die beschwerdeführenden Parteien stimmten dem von den übrigen beteiligten Eigentümern behaupteten Grenzverlauf zu.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst dagegen bei ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 471/11-3, gemäß Art 144 Abs. 2 B-VG ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid "gemäß § 42 Abs. 2 VwGG zur Gänze aufzuheben".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte - wie die Mitbeteiligte - in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist das Vermessungsgesetz, BGBl. Nr. 306/1968, in der Fassung BGBl. Nr. 238/1975, (in der Folge: VermG), anzuwenden. Dessen §§ 17, 24 und 25 lauten:

"§ 17

Die Umwandlung (§ 15 Abs. 1 Z 1) erfolgt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
auf Antrag des Eigentümers gemäß § 18,
2.
auf Grund einer zu diesem Zwecke vorgenommenen Grenzvermessung (§ 34 Abs. 1),
3.
auf Grund eines Beschlusses des Grundbuchsgerichtes nach einer sonstigen Grenzvermessung hinsichtlich der Grundstücke, deren Grenzen zur Gänze von der Grenzvermessung erfaßt sind und für die eine Zustimmungserklärung der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze beigebracht wird,
4.
auf Grund eines Beschlusses des Grundbuchsgerichtes oder der Neuanlegung des Grundbuches nach einem Verfahren der Agrarbehörden in den Angelegenheiten der Bodenreform hinsichtlich der Grundstücke, deren Grenzen zur Gänze von der Grenzvermessung erfaßt sind oder
5.
von Amts wegen im Falle des § 18a Abs. 2 und der §§ 19 und 41.
§ 24
Zum Zwecke der Festlegung der Grenzen der Grundstücke sind an
Ort und Stelle Grenzverhandlungen durchzuführen, zu denen
sämtliche beteiligte Eigentümer zu laden sind.
§ 25

(1) In der Grenzverhandlung ist von den erschienen beteiligten Eigentümern nach Vorhalt der vorhandenen Behelfe (Grundsteuerkataster, Pläne und andere) der Verlauf der Grenzen festzulegen und in der Weise zu kennzeichnen, wie sie § 845 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vorsieht. Kommen die Eigentümer der Kennzeichnungspflicht nicht nach, so ist die Kennzeichnung von Amts wegen gegen Kostenersatz vorzunehmen.

(2) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist noch kein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist der Eigentümer, der behauptet, daß die Grenze nicht mit dem sich auf Grund der Behelfe ergebenden Grenzverlauf übereinstimmt, aufzufordern, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Läßt sich auf diese Weise der zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens aufzufordernde Eigentümer nicht ermitteln, so ist derjenige Eigentümer aufzufordern, dessen Behauptung den sonstigen in der Grenzverhandlung hervorgekommenen Umständen nach den geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit besitzt.

(3) Wird eine von einem Eigentümer auf Grund der Aufforderung nach Abs. 2 eingebrachte Klage rechtskräftig abgewiesen, so gilt im Verhältnis zu ihm der von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebene Grenzverlauf als richtig.

(4) Bringt ein Eigentümer auf Grund der Aufforderung nach Abs. 2 einen Antrag auf Berichtigung der Grenze nach den §§ 850 ff. des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches ein, so steht den Parteien die Möglichkeit, ihr besseres Recht im Prozeßweg geltend zu machen (§ 851 Abs. 2 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches), nur innerhalb von sechs Wochen nach rechtskräftiger Beendigung des außerstreitigen Verfahrens offen.

(5) Kommt der Eigentümer der Aufforderung nach Abs. 2 nicht fristgerecht nach oder setzt er ein anhängiges gerichtliches Verfahren nicht gehörig fort, so ist er als dem von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebenen Grenzverlauf oder, wenn eine den Grenzverlauf festsetzende außerstreitige gerichtliche Entscheidung vorliegt, als dem Inhalt dieser Entscheidung zustimmend anzusehen.

(6) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist ein gerichtliches Verfahren anhängig, so sind hierauf die Bestimmungen der Abs. 3 bis 5 sinngemäß anzuwenden."

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren geht es ausschließlich um die Frage, ob das mit Klage vom eingeleitete Verfahren ein solches ist, welches für die Bereinigung des Grenzstreites gemäß § 25 Abs. 2 VermG bestimmt ist.

Dies ist zu verneinen. Mit ihrer Klage vom begehrten die beschwerdeführenden Parteien die Feststellung, "dass die beklagte Partei (im Beschwerdeverfahren die Mitbeteiligte) nicht Eigentümerin des Grundstück Nr. 1782/87" ist. Mit diesem allein auf die Feststellung des Eigentums an dem genannten Grundstück gestützten Begehren sind die beschwerdeführenden Parteien der bescheidmäßigen Aufforderung des Vermessungsamtes Vöcklabruck vom , "ein für die Bereinigung des Grenzstreites gerichtliches Verfahren abhängig zu machen, betreffend die Grenze zwischen ihren Grundstücken 2/1, 1731/10, 14/1 und den Grundstücken 1782/1 und 1782/87 (Republik Österreich)" anhängig zu machen, nicht nachgekommen.

In ihrer Klage begehrten die beschwerdeführenden Parteien zwar eventualiter auch eine Grenzfestsetzung. Auch diese - von ihnen ausdrücklich als solche bezeichneten - Eventualbegehren (Pkt. 1 lit. e und f des Klagebegehrens) entsprechen nicht den Anforderungen der auf § 25 Abs. 2 VermG gestützten Aufforderung des Vermessungsamtes Vöcklabruck in dessen Bescheid vom . Wird nämlich im Rahmen des zivilgerichtlichen Verfahrens dem Hauptbegehren stattgegeben, ist über die Eventualanträge nicht mehr zu entscheiden (, m.w.N.). Selbst im Falle der Stattgebung des Hauptbegehrens ändert sich daher an diesem Ergebnis nichts.

Die Auffassung der belangten Behörde, das von den beschwerdeführenden Parteien eingeleitete gerichtliche Verfahren sei kein solches für die Bereinigung des Grenzstreites zwischen den Grenzen der Grundstücke der beschwerdeführenden Parteien und jenen der Mitbeteiligten (Nr. 1782/1 und 1782/87) bestimmtes gerichtliches Verfahren gemäß § 25 Abs. 2 VermG, und die beschwerdeführenden Parteien seien somit gemäß § 25 Abs. 5 VermG dem von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebenen Grenzverlauf zustimmend anzusehen, kann somit nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-69633