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VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0139

VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0139

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision der Salzburger Gebietskrankenkasse in Salzburg, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. L513 2005076-1/2E, betreffend Behebung und Zurückverweisung in einer Angelegenheit betreffend Beiträge nach dem ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in 1010 Wien, Stubenring 1; mitbeteiligte Partei: W GmbH in A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom verpflichtete die revisionswerbende Gebietskrankenkasse (im Folgenden: GKK) die mitbeteiligte Partei - die ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland betreibt - zur Entrichtung von für die Jahre 2007 bis 2011 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 9.542,52 sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 2.909,98. Dies wurde damit begründet, dass der an den (in Österreich lebenden und arbeitenden) Dienstnehmer E.H. tatsächlich ausbezahlte Bruttobezug in Höhe von EUR 1.867,86 monatlich höher sei als die bisher abgerechneten Beitragsgrundlagen.

2 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei einen - ab dem als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu wertenden - Einspruch. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass der Nettobezug des E.H. in den Jahren 2007 bis 2008 EUR 1.100,-- monatlich und in den Jahren 2009 bis 2011 EUR 1.200,-- monatlich betragen habe. Daraus würden unter dem von der GKK angenommenen Betrag liegende Bruttogehälter resultieren; die mitbeteiligte Partei ging davon aus, dass die "Bruttogehälter" lediglich die "Sozialabgaben", nicht aber auch die von E.H. selbst abzuführende Lohnsteuer enthielten. Im Vorlagebericht brachte die GKK dazu vor, dass E.H. selbst angegeben habe, monatlich EUR 1.867,86 brutto zu verdienen; diese Summe sei auch mittels Jahreslohnzettel 2009 bis 2011 der GKK und dem Finanzamt gleichlautend gemeldet worden. Da die mitbeteiligte Partei trotz mehrfacher Aufforderung keine Lohnunterlagen vorgelegt habe, seien die von E.H. zur Verfügung gestellten Daten herangezogen worden. Die mitbeteiligte Partei brachte in einer Stellungnahme vom noch vor, dass im Arbeitsvertrag ein Bruttoentgelt vereinbart worden sei, das die Sozialversicherungsbeiträge, nicht aber die Lohnsteuer beinhalte.

3 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss behob das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG den Bescheid der GKK und verwies die Sache zur Erlassung eines neuen Bescheides zurück. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei strittig, ob die Mitbeteiligte abweichend vom vorliegenden schriftlichen Arbeitsvertrag mit E.H. eine Nettolohnvereinbarung oder eine Bruttolohnvereinbarung abgeschlossen habe. Die GKK habe Feststellungen "zum konkreten Arbeitsverdienst bzw. des E.H. zustehenden Entgelts" insofern unterlassen, als sie sich darauf beschränkt habe, für den Zeitraum bis von einem Bruttobetrag in Höhe von EUR 1.867,86 auszugehen, ohne "ausreichend näher zu erforschen, was von E.H. und der (Mitbeteiligten) tatsächlich (Netto- oder Bruttolohnvereinbarung) gewollt" gewesen sei. Dieser Betrag sei in unnachvollziehbarer Weise als Basis für die Beitragsberechnung herangezogen worden. Es sei festzuhalten, dass in dem zwischen der Mitbeteiligten und E.H. abgeschlossenen Arbeitsvertrag ein monatliches Bruttogehalt von EUR 1.333,67 bzw. nach Beendigung der dreimonatigen Probezeit EUR 1.450,-- vereinbart worden sei. E.H. habe der GKK mitgeteilt, monatlich EUR 1.867,86 brutto bzw. EUR 1.200,-- netto erhalten zu haben, was "durchaus noch mit dem vorliegenden Arbeitsvertrag in Einklang gebracht werden" könne. Die Mitbeteilige habe aber ausgeführt, dass die Abrechnung 2007 und 2008 nicht korrekt sei, weil E.H. in diesem Zeitraum nicht EUR 1.200,--, sondern EUR 1.000,-- verdient habe. Aus den Lohnzetteln und Beitragsgrundlagennachweisen für die Jahre 2009 bis 2011 ergebe sich zwar - ausgehend von einem Jahresbruttobezug von EUR 22.414,32 und insgesamt einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträgen, Kammerumlage und Wohnbauförderungsbeitrag in Höhe von EUR 8.014,32 - ebenfalls ein Betrag von monatlich EUR 1.200,--. Auf keinem dieser "Formulare" fänden sich allerdings Angaben "zur insgesamt einbehaltenen Lohnsteuer bzw. zu den sozialversicherungsrechtlichen Daten", wobei zu berücksichtigen sei, dass der Dienstnehmer mangels inländischer Betriebsstätte des Dienstgebers im vorliegenden Fall selbst die Lohnsteuer abgeführt habe. Gänzlich unberücksichtigt sei ein mit Dienstgeberabgaben tituliertes Schriftstück vom geblieben, in dem ein Bruttobezug von EUR 1.672,39 angeführt sei, wobei aber unklar bleibe, auf welchen Dienstnehmer es sich überhaupt beziehe. Insofern wären weitere Ermittlungen durch die GKK unbedingt erforderlich gewesen, um den korrekten Bruttobetrag feststellen zu können. Dies zeige sich auch durch die Ausführungen der Mitbeteiligten im Rechtsmittelschriftsatz und weiteren schriftlichen Stellungnahmen sowie den vorgelegten Beweismitteln. Dabei handle es sich neben einem Lohnzettel und Beitragsgrundlagennachweis für das Jahr 2006 um Kontoauszüge und das jeweilige Lohnjournal der Steuerkanzlei der Mitbeteiligten, welche Gehaltszahlungen an E.H. in Höhe von EUR 1.100,-- für die Jahre 2007 und 2008 sowie in Höhe von EUR 1.200,-- für die Jahre 2009 bis 2012 belegten. Wenn die Mitbeteiligte diesbezüglich ausführe, dass sie aus diesen Nettobeträgen die Bruttogehälter errechnet habe, welche nur die Sozialabgaben beinhalten würden, nicht jedoch die Lohnsteuer, so erscheine dies "nicht völlig unglaubwürdig". Insoweit bedürften auch diese Ausführungen jedenfalls "einer näheren Überprüfung, beispielsweise beim für E.H. zuständigen Finanzamt". Unter Berücksichtigung der Selbstabführung der Lohnsteuer durch E.H. erscheine es nicht ausgeschlossen, dass von der Mitbeteiligten das Bruttogehalt falsch berechnet und an die GKK übermittelt worden sei.

5 Im vorliegenden Fall müsse sohin die Frage des Vorliegens einer Brutto- oder Nettolohnvereinbarung bzw. des dem E.H. zustehenden Entgelts durch ergänzende Ermittlungen zum Sachverhalt festgestellt werden.

6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision der GKK.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Die Revision macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, indem es mit Behebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG vorgegangen sei. Damit ist die Revision - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - im Recht, weshalb sie sich als zulässig und berechtigt erweist.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt hervorgehoben, dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung (§ 24 VwGVG) zu vervollständigen sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Ra 2015/08/0077, mwN). Im vorliegenden Fall waren jedenfalls in diesem Sinn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorhanden. Strittig war in erster Linie deren rechtliche Beurteilung in Bezug auf die Bildung der Beitragsgrundlagen (vgl. insbesondere § 44 Abs. 1 und 5 sowie § 49 Abs. 1 ASVG). Diese Beurteilung oblag aber - ebenso wie allenfalls noch notwendige ergänzende Ermittlungen sowie die Beweiswürdigung - dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer meritorischen Entscheidung (vgl. zur Beweiswürdigung als einer der zentralen Aufgaben der Verwaltungsgerichte etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/08/0178).

9 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §44 Abs1;
ASVG §44 Abs5;
ASVG §49 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §24;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016080139.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAE-69626