VwGH vom 22.02.2012, 2012/06/0004
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des A W und 2. der K W, beide in S, beide vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Eberhard-Fugger-Straße 2a, gegen den Bescheid des Planungs- und Verkehrsausschusses der Landeshauptstadt Salzburg vom , Zl. 05/01/27922/2011/019, betreffend Einzelbewilligung gemäß § 46 Abs. 1 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde und des vorgelegten, angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer einer Liegenschaft im Gebiet der Landeshauptstadt Salzburg, die im Flächenwidmungsplan als Grünland - ländliches Gebiet ausgewiesen ist; ein Teil ist im Flächenwidmungsplan als "Wald" gekennzeichnet. Die Liegenschaft ist zur Gänze von der Deklaration "geschütztes Grünland" gemäß dem Beschluss des Gemeinderates vom erfasst.
Mit dem am eingebrachten Gesuch vom 9. Februar kamen die Beschwerdeführer um die Erteilung einer Einzelgenehmigung gemäß § 46 Abs. 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (ROG 2009) für die Errichtung (nachträgliche Genehmigung) eines Wohnhauses mit zwei Nebenanlagen (Holzschuppen zur Lagerung von Brennholz) ein. Das Haus war etwa im Jahr 1976 errichtet worden, die beiden Nebenanlagen in den Folgejahren.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Gesuch vom abgewiesen. Zur Begründung heißt es nach Darlegung des Sachverhaltes, nähere Untersuchungen hätten zum Ergebnis geführt, dass die Beschwerdeführer bereits im Jahr 1969 für eine Teilfläche ihrer Liegenschaft eine Ausnahme von der Wirkung des Flächenwidmungsplanes gemäß dem damaligen § 19 Abs. 3 ROG 1968 begehrt hatten und dabei Planunterlagen für die Errichtung eines Wohnhauses mit Hühnerstall beigelegt hatten. Dieses Ansuchen um Ausnahmebewilligung sei im Jahr 1971 abgewiesen worden, die Vorstellung sei im Jahr 1972 als unbegründet abgewiesen worden. Für die gegenständlichen Bauten lägen bei der Baubehörde weder Planunterlagen noch Baubewilligungen auf.
Obwohl für das nunmehrige Verfahren nicht von rechtlicher Relevanz, sei der Vollständigkeit wegen festzuhalten, dass mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom ein Beseitigungsauftrag bezüglich sämtlicher auf den Grundstücken befindlichen Bauten erteilt worden war. Dagegen sei berufen worden. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei hervorgekommen, dass bereits mit Bescheid der Bauberufungskommission vom der erstinstanzliche Bescheid vom , mit welchem den Eigentümern der gegenständlichen Grundstücke der Auftrag erteilt worden sei, das auf der Liegenschaft errichtete Wohnhaus sowie den Holzschuppen, die beide ohne Baubewilligung errichtet worden seien, zu beseitigen, bestätigt worden sei. Weiters sei mit Bescheid des Bürgermeisters vom die Bauplatzerklärung für die Liegenschaft versagt worden. Auch dagegen sei berufen worden, eine Entscheidung der zweiten Instanz liege noch nicht vor.
Nach weiterer Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des § 46 ROG 2009 heißt es weiter zur Begründung, beim Hauptgebäude handle es sich um ein Wohnhaus, demzufolge sei eine Einzelbewilligung hiefür im Grünland unzulässig. Mangels konsentierten Bestandes seien auch hinsichtlich der Nebenanlagen die Bewilligungsvoraussetzungen nicht gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 46 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009, LGBl. Nr. 30,
lautet:
"Einzelbewilligung
§ 46
(1) Die Wirkungen des Flächenwidmungsplans gemäß § 45 Abs 1 können auf Ansuchen für ein genau zu bezeichnendes Vorhaben durch Bescheid der Gemeindevertretung ausgeschlossen werden (Einzelbewilligung). Das Ansuchen kann vom Grundeigentümer oder einer Person gestellt werden, die einen Rechtstitel nachweist, der für die grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechts an der Grundfläche geeignet ist.
(2) Die Erteilung einer Einzelbewilligung liegt im Planungsermessen der Gemeinde und ist nur zulässig, wenn
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1. | ein besonderer Grund für die Ausnahme vorliegt; |
2. | der vorgesehene Standort für das Vorhaben geeignet ist; |
3. | dem Vorhaben das Räumliche Entwicklungskonzept bzw die erkennbare grundsätzliche Planungsabsicht der Gemeinde nicht entgegensteht und |
4. | das Vorhaben keine Zweitwohnungen, Handelsgroßbetriebe, Beherbergungsgroßbetriebe oder Seveso-II-Betriebe betrifft. |
Der Nachweis des Vorliegens dieser Voraussetzungen ist vom Antragsteller | |
zu erbringen. |
(3) Eine Einzelbewilligung kommt im Grünland nur in Betracht:
1. für Änderungen der Art des Verwendungszwecks von bestehenden Bauten und eine damit verbundene Vergrößerung auf höchstens 300 m2 Geschoßfläche;
2. für die Neuerrichtung von Bauten von untergeordneter Bedeutung, die im Zusammenhang mit bestehenden Bauten oder Nutzungen erforderlich sind und nicht Wohnzwecken dienen;
3. für an die Grünlandnutzung gebundene Bauvorhaben für Erwerbsgärtnereien, Fischzuchtanlagen oder Reithallen;
4. für die Neugründung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe.
(4) Die Erteilung einer Einzelbewilligung für die Änderung der Art des Verwendungszwecks von land- oder forstwirtschaftlichen Bauten kommt nach Neugründung eines Betriebs erst nach Ablauf von zehn Jahren ab Aufnahme der Nutzung des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes in Betracht.
(5) Die Erteilung einer Einzelbewilligung gemäß Abs 3 Z 4 kommt nur in Betracht, wenn eine für einen lebens- und leistungsfähigen Betrieb ausreichende Flächenausstattung gegeben ist und durch ein Betriebskonzept belegt wird, dass maßgebliche Einnahmen aus der Land- und Forstwirtschaft erzielt werden können. Der Nachweis des Vorliegens dieser Voraussetzungen ist vom Antragsteller zu erbringen.
(6) Einzelbewilligungen werden unwirksam:
1. wenn nicht binnen dreier Jahre ab ihrer Rechtskraft die zur Verwirklichung des Vorhabens erforderliche Baubewilligung erwirkt wird oder
2. wenn eine solche Baubewilligung nach den dafür geltenden Bestimmungen erlischt.
(7) Einzelbewilligungen, die ohne aufsichtsbehördliche Kenntnisnahme erteilt worden sind, können unter Anwendung des § 45 Abs 3 nichtig erklärt werden."
Die Beschwerdeführer tragen vor, das Haus sei bereits 1976 errichtet worden, die Nebenanlagen in den Folgejahren. Sie seien der Auffassung, dass die Ausnahmebestimmung des § 46 Abs. 3 Z 2 ROG 2009 in ihrem Fall zutreffe. Das Haus mit einem Ausmaß von ca. 88 m2 und die beiden Nebenanlagen seien lediglich als untergeordnete Bauten anzusehen. Sämtliche Bauten hätten anfangs nicht zu Wohnzwecken gedient. Das Haus sei zum Zeitpunkt der Neuerrichtung nicht für Wohnzwecke genutzt worden, sondern in den ersten Jahren noch leer gestanden. Im Zeitpunkt der Errichtung wäre daher eine Einzelbewilligung gemäß § 46 Abs. 3 Z 2 ROG 2009 zu erteilen gewesen, weil der Bau eben noch nicht zu Wohnzwecken gedient habe. Dass die Bauten von untergeordneter Bedeutung seien, werde auch durch den Umstand verdeutlicht, dass die damalige Behörde jedenfalls von einer "Genehmigung" der errichteten Bauten ausgegangen sei. Die Beschwerdeführer hätten im Zuge des Verwaltungsverfahrens immer wieder darauf hingewiesen, dass die damalige Behörde die Errichtung für zulässig erachtet habe. Die damalige Behörde sei der Rechtsauffassung gewesen, dass überhaupt keine Genehmigung bzw. Bewilligung erforderlich sei, was sich auf Grund der geringen Abmessung bzw. Kubatur der Bauten ergebe; die Errichtungen der Bauten stimmte auch mit den baurechtlichen Normen überein. Dies erkläre auch, weshalb es nie zu einem Beseitigungsauftrag gegenüber den Beschwerdeführern gekommen sei, sondern die Bauten über 30 Jahre lang am jetzigen Standort geduldet worden seien. Es sei somit ein Baukonsens vorgelegen. Zumindest sei ein Baukonsens im Beschwerdefall zu vermuten, weil laut Aktenlage keine Umstände dagegen sprächen. Der jahrzehntelange Baukonsens zwischen den Beschwerdeführern und der damaligen Behörde, deren Verhalten auch der nunmehr belangten Behörde zuzurechnen sei, führe jedenfalls dazu, dass die gegenständlichen Bauten nunmehr jedenfalls zu genehmigen seien, weil nicht angenommen werden könne, dass die damalige Behörde einer gesetzwidrigen Errichtung zugestimmt hätte. Eine Genehmigung der Bauten wäre daher unter Rechtsschutzerwägungen für die Zukunft jedenfalls zu erteilen.
Insbesondere der damalige Vizebürgermeister W. S. und die beiden Beschwerdeführer könnten bezeugen, dass die damalige Behörde davon ausgegangen sei, es seien die gegenständlichen Bauten überhaupt nicht genehmigungspflichtig. Selbst dann, wenn diese Rechtsansicht der damaligen Behörde unzutreffend wäre, so habe dies doch dazu geführt, dass die Beschwerdeführer auf diese Zusicherung vertraut und deshalb das Haus errichtet hätten. Seit über 35 Jahren stehe nun das Haus der beiden Beschwerdeführer am jetzigen Standort. Seit mindestens 30 Jahren lebten sie im Haus und es wäre als unzumutbare Härte anzusehen, wenn sie nun nach einem derart langen Zeitraum ihr Heim abreißen lassen müssten, nur weil man ihnen damals eine möglicherweise unrichtige Rechtsauskunft erteilt habe. Grundsätzlich gelte, dass es für "Schwarzbauten" keine Verjährung gebe; im Beschwerdefall liege allerdings gerade eine Besonderheit vor, weil die Errichtung in Kenntnis und sogar mit Zustimmung der damaligen Behörde erfolgt sei und darum ein Beseitigungsanspruch durch die Behörde verwirkt sei. Im gegenständlichen Falle liege über 35 Jahre lang ein - wenn auch konkludenter - Baukonsens vor, der nunmehr nicht mehr versagt werden könne. Es sei daher ein Verfahrensfehler, dass der Vizebürgermeister W. S. hiezu nicht vernommen worden sei.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Die Beschwerdeführer führen zu den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dass bereits 1971 ein Ansuchen um Einzelbewilligung gemäß dem damaligen § 19 Abs. 3 ROG 1968 abgewiesen und im Jahr 1979 ein erstinstanzlicher baupolizeilicher Auftrag, das Wohnhaus und einen Holzschuppen zu beseitigen, bestätigt wurde, nichts aus. Sie vertreten allerdings die (in sich nicht widerspruchsfreie Auffassung), die Behörde hätte von der Errichtung der Bauten gewusst und habe die Auffassung vertreten, diese seien nicht genehmigungspflichtig, was nicht zu Lasten der Beschwerdeführer gehen könne. Der "jahrzehntelange Baukonsens zwischen den Beschwerdeführern und der damaligen Behörde" (das wird sichtlich als eine Art vertragliche Konstruktion gesehen) führe dazu, dass ein Beseitigungsanspruch durch die Behörde (auf Grund ihres Verhaltens) verwirkt sei. Im Beschwerdefall sei über 35 Jahre lang ein - wenn auch konkludenter - Baukonsens vorgelegen, der nunmehr nicht mehr versagt werden könne. Abgesehen davon, dass damit die Erlassung eines Baubewilligungsbescheides nicht dargetan wird, geht es hier nicht um die Frage der Beseitigung der Gebäude;
Verfahrensgegenstand ist vielmehr das Begehren um die Erteilung einer Einzelbewilligung gemäß § 46 Abs. 1 ROG 2009. Diese darf für ein Wohnhaus nicht erteilt werden (und damit auch nicht für das hier gegenständliche Wohnhaus samt Nebenanlagen), auch wenn es bereits tatsächlich bestehen sollte (siehe dazu das jüngst ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0083, zu einem sachverhaltsmäßig ähnlich gelagerten Fall).
Da sich somit schon aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung, wonach das Gesuch vom zu Unrecht abgewiesen worden sei, nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-69615