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VwGH vom 27.08.2014, 2012/05/0216

VwGH vom 27.08.2014, 2012/05/0216

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde der W GmbH in W, vertreten durch MMag.Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-264/12, betreffend eine Bauangelegenheit (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom erstattete die Beschwerdeführerin als Bauwerberin an den Magistrat der Stadt Wien gemäß § 62 der Bauordnung für Wien (BO) eine Bauanzeige betreffend eine Widmungsänderung des Erdgeschoßes auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien.

Mit Bescheid vom untersagte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, gemäß § 62 Abs. 4 BO die angezeigte Bauführung, nämlich den Umbau einer Büroeinheit in eine Kindergruppe. Begründend wurde ausgeführt, für die zur Anzeige gebrachten Baumaßnahmen genüge eine Bauanzeige nicht, sondern es sei eine Baubewilligung erforderlich, da die Bauführung unter keine der in § 62 Abs. 1 BO angeführten Baumaßnahmen fiele. Im Hinblick auf die funktionelle Andersartigkeit der Nutzung als Kindergruppe, z.B. hinsichtlich Lärmemissionen, Kundenfrequenz etc., sei das Geschoß nach Durchführung der Umwidmung als ein anderes zu bezeichnen. Daher liege ein Umbau iSd § 60 Abs. 1 lit. a BO vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Ergänzend zur erstinstanzlichen Bescheidbegründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, die geplante Umgestaltung des Erdgeschoßes sei so umfangreich und weitreichend, dass diese Änderungen als Umbau zu qualifizieren seien. Das gesamte Geschoß sei bisher als Büro genutzt und gewidmet gewesen und solle zukünftig als Kindergruppe verwendet werden, was eine wesentliche Änderung der Raumwidmung und somit eine Nutzungsänderung darstelle. Mit dieser Nutzungsänderung sei eine wesentliche Änderung des Immissionsausmaßes verbunden, wodurch das Bauvorhaben als Umbau iSd § 60 Abs. 1 lit. a BO zu werten sei.

Eine andere Auffassung würde bedeuten, dass - aufgrund der gemäß § 62 BO mangelnden Parteistellung im Anzeigeerfahren - Liegenschaftseigentümern im Fall von Umbauten zwingende Verpflichtungen auferlegt werden könnten, obwohl sie die angezeigte Bauführung nicht billigten bzw. sogar zu bekämpfen versuchten.

Darüber hinaus würden im Hinblick auf Immissionsschutz triftige Gründe gegen einen Umbau mittels Bauanzeige sprechen. § 6 Abs. 6 zweiter Satz BO gestatte die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, von Büro- und Geschäftsgebäuden sowie die Unterbringung von Lagerräumen, Werkstätten oder Pferdestallungen kleineren Umfangs und von Büro- und Geschäftsräumen in Wohngebieten nur unter Ausschluss von Gefahren oder den Wohnzwecken beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen. Wenn man etwa eine Umwidmung in Beherbergungs-, Vergnügungs- oder Werkstätten mittels Bauanzeige ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung und ohne Einbindung von Nachbarn zuließe, wären sowohl Liegenschaftseigentümer als auch Nachbarn gehindert, ihre Rechte geltend zu machen. Solcherart bestünde die Möglichkeit sämtliche Schutzbestimmungen der BO zu umgehen. Darüber hinaus würden sich die dem Bauanzeigeverfahren inhärenten kurzen Erledigungsfristen nicht für eine ausführliche Prüfung und Einschätzung der aus der Umwidmung resultierenden Immissionen eignen.

Abschließend verwies die belangte Behörde auf die für die Betriebsführung einer Kindergruppe einzuhaltenden Vorgaben iSd Wiener Tagesbetreuungsverordnung (WTBVO), welche erfüllt werden müssten und mit baulichen Abänderungen des Geschoßes einhergehen könnten. Eine schlichte Eintragung der neuen Widmung könne daher nicht vorgenommen werden. Vielmehr sei "in Absprache mit geeigneten Amtssachverständigen sowie des Amtes für Jugend und Familie" eine Prüfung etwaiger konkreter baulicher Maßnahmen für die Einrichtung einer Kindergruppe vorzunehmen. Aufgrund der von jener für die Einrichtung einer Büroeinheit unterschiedlichen Anforderungen, habe die belangte Behörde eine detaillierte Prüfung unter Beiziehung von Amtssachverständigen zum Schutz der Gesundheit der Kinder durchzuführen, wofür die Bauanzeige mit den für die Behörde äußerst kurzen Reaktionsfristen keine taugliche Verfahrensgrundlage abgeben könne. Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zum Schluss, dass sie die weitreichenden Abänderungen im Wege eines Baubewilligungsverfahrens samt mündlicher Verhandlung und Einbindung der Liegenschaftseigentümer und Nachbarn beurteilen müsse.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof und beantragte - nach der Ablehnung deren Behandlung und Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 1349/12-3 -, den Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden sind (§ 8 VwGbk-ÜG).

2. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0016 (mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0021, insbesondere betreffend den fehlenden Immissionsschutz der Nachbarn bei Kindergärten), zu Grunde lag. Aus den dort genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, erweist sich auch der hier angefochtene Bescheid als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff iVm § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am