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VwGH vom 19.12.2006, 2004/15/0163

VwGH vom 19.12.2006, 2004/15/0163

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der Waltraud L in W, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler und Mag. Nicolas Stieger in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0205-F/02, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1994 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Jahre 1994 und 1995 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im Übrigen, also hinsichtlich der Jahre 1996 bis 1998, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit dem unter dem Begriff "EACC-VTH-Anlagemodell" in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Vorgängen.

Die Beschwerdeführerin, die in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, erstattete mit eine Selbstanzeige gemäß § 29 Finanzstrafgesetz. Sie führte aus, sie habe (gemeinsam mit ihrem Ehemann) im Jahr 1991 durch die Vermittlung der VTH bei der EACC Vorzugsaktien gezeichnet. Die Kapitaleinkünfte aus "Dividenden" hätte sie nicht versteuert, weil sie der Meinung gewesen sei, dass nicht ausbezahlte Erträge nicht versteuert werden müssten.

Das Finanzamt berücksichtigte in den Sachbescheiden - nach Wiederaufnahme der einzelnen Verfahren - die der Beschwerdeführerin nicht ausbezahlten, sondern von ihr reinvestierten "Dividenden" als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde den Berufungen der Beschwerdeführer keine Folge gegeben.

Im Beschwerdefall ist strittig,

1. ob überhaupt steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen, welcher Art sie sind und ob auch die gutgeschriebenen und reinvestierten Beträge als zugeflossene Kapitalerträge zu beurteilen sind, sowie

2. die Verjährung allfälliger Einkünfte in den Jahren 1994 und 1995.

Der Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des ersten Streitpunktes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen jenem, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2004/15/0110, zu Grunde lag. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Aus den dort angeführten Erwägungen war auch im vorliegenden Fall das Vorliegen von Einkünften aus Kapitalvermögen auch hinsichtlich der nicht ausbezahlten, sondern reinvestierten Beträge zu bejahen. Insoweit erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Zur Frage der Verjährung enthält der angefochtene Bescheid keine Ausführungen. Der Eintritt der Verjährung ist im Abgabenverfahren von Amts wegen zu beachten (vgl. Ritz, BAO3, § 207, Tz. 3). Gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO (in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) betrug die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre. Ob eine Abgabe gemäß den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes hinterzogen ist, ist eine Vorfrage. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt im Falle des Nichtvorliegens einer finanzstrafrechtlichen Verurteilung eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare Feststellungen voraus (Ritz, a.a.O., Tz. 15). Solche Ausführungen fehlen im angefochtenen Bescheid. Der Sachverhalt ist daher hinsichtlich der Jahre 1994 und 1995 ergänzungsbedürftig geblieben; insoweit war - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; im Übrigen, also hinsichtlich der Streitjahre 1996 bis 1998 war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Umsatzsteuer war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Kostenersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht zusteht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 686).

Wien, am