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VwGH 20.10.2011, 2009/21/0277

VwGH 20.10.2011, 2009/21/0277

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 1
Das Unterbleiben der - gar nicht abverlangten - Vorlage von Kontoauszügen oder eines Unterhaltsvertrages vermag allein den Schluss der Behörde, es liege entgegen dem Vorbringen des Fremden kein Unterhaltsbezug durch seine Großmutter vor, nicht in gesetzeskonformer Weise zu tragen (Hinweis E vom , 2007/21/0557).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/22/0210 E RS 1 (Hier: durch seinen Vater)
Normen
AVG §46;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 2
Eine Beweismittelbeschränkung auf urkundliche Vorlage von Zahlungs- oder Kontobelegen im Zusammenhang mit dem Bezug von Unterhalt gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 NAG 2005 ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (Hinweis E , 2008/21/0051 und 0052).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/21/0089 E RS 1
Normen
AVG §46;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 3
Für den Nachweis zu Art, Umfang und Zeitraum des vom Zusammenführenden (hier Vater des Fremden) bereits geleisteten Unterhalts können alle auch sonst im Verwaltungsverfahren in Betracht kommenden Beweismittel verwertet werden (vgl. E , 2009/21/0171; E , 2008/21/0448, 0449).

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2009/21/0308 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des H, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 316.188/8-III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein 1972 geborener serbischer Staatsangehöriger, stellte am bei der Österreichischen Botschaft Skopje einen - auf seinen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vater bezogenen - Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG).

Dieser Antrag wurde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom gemäß § 47 Abs. 3 NAG abgewiesen.

In der Begründung ging die belangte Behörde - anders als noch die Erstbehörde - davon aus, aufgrund der im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen sei erwiesen, dass die "vorhandenen finanziellen Mittel" des Vaters des Beschwerdeführers für die Bestreitung des Lebensunterhaltes ausreichend seien. Es seien daher die Voraussetzungen des 1. Teiles des NAG erfüllt.

Aufgrund der Aktenlage sei jedoch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer - wie unter § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a oder lit. b NAG verlangt - von seinem zusammenführenden Vater bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen habe oder mit diesem im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt und Unterhalt bezogen habe. Dazu führte die belangte Behörde des Näheren aus, der Beschwerdeführer habe zwar "im Verfahren" (nach der Aktenlage: mit dem Antrag) eine schriftliche Erklärung seines Vaters vorgelegt, wonach er (zu ergänzen: mit diesem in Prishtina einen gemeinsamen Wohnsitz gehabt habe und) von diesem seit seiner Geburt monatlich EUR 300,- erhalten habe, ohne jedoch diese Behauptung "mit entsprechenden Beweisen (z.B. Kontobewegungen) zu unterlegen". Weiters habe der Beschwerdeführer der belangten Behörde ein lediglich von ihm "aufgesetztes Schreiben (inkl. Übersetzung)" vorgelegt, in dem angegeben werde, dass er von seinem Vater seit Juli 2008 monatlich Geldbeträge - im Wege des Bustransfers mit einer näher angeführten Agentur - erhalten habe, was mit der Unterschrift und einem schlecht lesbaren Stempel eines Herrn B. bestätigt worden sei. Da diese angeblichen Unterhaltszahlungen erst nach der Antragstellung erfolgt seien, würden diese ebenfalls nicht berücksichtigt. Es seien somit die genannten Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 NAG nicht erfüllt, weshalb die Erteilung der beantragten Erstniederlassungsbewilligung ausgeschlossen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der für den vorliegenden Fall maßgebliche § 47 NAG (idF BGBl. I Nr. 99/2006) lautete auszugsweise:

"§ 47. (1) Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 sind Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt.

(3) Angehörigen von Zusammenführenden im Sinne des Abs. 1 kann auf Antrag eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - Angehöriger' erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1. Verwandte des Zusammenführenden oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird;

2. Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird; oder

3. sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben;

b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben und Unterhalt bezogen haben oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben."

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die dargestellte Annahme der belangten Behörde zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen der lit. a oder der lit. b der zitierten Gesetzesstelle und bringt dazu in der Beschwerde vor, er habe mit Eingabe vom eine Erklärung von zwei namentlich genannten Zeugen über das (seinerzeitige) Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft zwischen ihm und seinem Vater im Herkunftsland in albanischer Sprache und beglaubigter Übersetzung vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe weiters eine Erklärung von ihm und der Agentur B. hinsichtlich der von seinem Vater an ihn im Zeitraum Juli 2008 bis Juli 2009 geleisteten Geldbeträge in albanischer Sprache und beglaubigter Übersetzung der belangten Behörde übermittelt. Er habe somit dargelegt, dass er mit seinem Vater in seiner Heimat in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe und von ihm regelmäßig finanziell unterstützt werde. Völlig überraschend gehe die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedoch davon aus, er habe die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Z 3 lit. a oder lit. b NAG nicht nachgewiesen. Bei Zweifel an der Stichhaltigkeit der vorgelegten Dokumente hätte die belangte Behörde entsprechende Aufklärungen verlangen und weitere "Nachforschungen" - insbesondere die Vernehmung des Vaters des Beschwerdeführers und der (in Österreich wohnhaften) Zeugen - anstellen müssen.

Damit ist die Beschwerde im Recht:

Der Beschwerdeführer hat mit seinem Antrag zum Vorliegen der Voraussetzungen der lit. a und der lit. b der genannten Gesetzesstelle eine Erklärung seines Vaters (mit notariell beglaubigter Unterschrift) vorgelegt, wonach dieser mit dem Beschwerdeführer in Prishtina an einer näher angeführten Adresse einen gemeinsamen Wohnsitz gehabt habe und ihm seit seiner Geburt "bis dato" Unterhalt in der Höhe von EUR 300,--/Monat in Form von "Überweisungen, Bar, Western Union, mit Bus u.s.w." geleistet habe. Auf das (seinerzeitige) Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater bezog sich auch die im Berufungsverfahren vorgelegte Erklärung von zwei namentlich genannten Zeugen. Zum Beweis, dass die Unterhaltszahlungen aktuell noch aufrecht seien (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/22/0217), legte der Beschwerdeführer sodann noch eine eigene Erklärung, die von der Busagentur bestätigt wurde, vor.

Auf den Inhalt dieser Beweismittel ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht näher eingegangen. Sie hat vielmehr den Behauptungen über Unterhaltszahlungen des Vaters des Beschwerdeführers an diesen nur mit dem Argument keinen Glauben geschenkt, er habe sie nicht mit "entsprechenden Beweisen (z.B. Kontobewegungen)" belegt. Dabei verkennt die belangte Behörde jedoch, dass das Unterbleiben der - im Übrigen gar nicht abverlangten - Vorlage von Kontoauszügen allein den Schluss, es liege entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Unterhaltsbezug durch seinen Vater vor, nicht in gesetzeskonformer Weise zu tragen vermag (vgl. aus der letzten Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/22/0210, mwN). Eine Beweismittelbeschränkung auf die urkundliche Vorlage von Zahlungs- oder Kontobelegen ist dem Gesetz nämlich nicht zu entnehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0089, mwN). Was aber die belangte Behörde sonst mit "den entsprechenden Beweisen" meint, bleibt mangels weiterer darauf Bezug nehmender Ausführungen im Unklaren. Bei Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Erklärung des in Österreich lebenden Vaters des Beschwerdeführers wäre es der belangten Behörde etwa auch freigestanden, diesen als Zeugen zu befragen oder befragen zu lassen (vgl. idS das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0281, und daran anschließend das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0758). Für den Nachweis zu Art, Umfang und Zeitraum des vom Zusammenführenden (Vater des Beschwerdeführers) bereits geleisteten Unterhalts können nämlich alle auch sonst im Verwaltungsverfahren in Betracht kommenden Beweismittel verwertet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0171; siehe auch das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/21/0448, 0449, mwN). Dem trägt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht Rechnung.

Angesichts der somit unschlüssigen Beweiswürdigung war der angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation im Übrigen noch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0557).

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

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Normen
AVG §46;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 lita;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 litb;
NAG 2005 §47 Abs3 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3;
Schlagworte
Grundsatz der Unbeschränktheit
Begründung Begründungsmangel
Besondere Rechtsgebiete
Beweismittel
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2009210277.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAE-69539