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VwGH vom 23.06.2015, 2012/05/0197

VwGH vom 23.06.2015, 2012/05/0197

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien 1. Dr. R Z, Rechtsanwältin in W, und

2. Dkfm. Mag. H G, dieser vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-233/12, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: L T in W; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ansuchen vom beantragte die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerber) beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines unterkellerten Kleinhauses auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien.

Vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, wurde für den eine mündliche Verhandlung in den Büroräumlichkeiten der Baubehörde anberaumt, zu der auch die Beschwerdeführer, die Eigentümer der östlich an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaft sind, geladen wurden. In der mündlichen Verhandlung verwiesen die Beschwerdeführer auf ihre schriftlich erstatteten Einwendungen vom , in welchen sie sich gegen die geplanten Geländeanschüttungen aussprachen und ausführten, dass diese in Richtung Osten nicht durch eine Stützmauer abgesichert würden. Das Baugrundstück habe bereits ein höheres Bodenniveau, sodass es in den letzten Jahren zu einem Rutschvorgang in Richtung des Grundstückes der Beschwerdeführer gekommen sei, was auch eine Vermessung zum Zwecke der Katastereintragung ergeben habe. Dieser Abrutschvorgang werde natürlich verstärkt bei Bauarbeiten, Anschüttungen, etc., insbesondere auch durch ein Befahren mit einem Pkw entlang des Zaunes. Da bei dem gegenständlichen Bauvorhaben auch ein Stellplatz geschaffen werden müsse, sei wohl ein Einfahren mit dem Pkw entlang des Zaunes notwendig, sodass dadurch ein weiteres Abrutschen zu befürchten sei. Weiters seien die genauen Ausmaße der Anschüttung anzugeben, welche nach Plan das erlaubte Maß überschreiten würden. Durch die geplante Stützmauer an der Liegenschaftsgrenze könnten am Grundstück der Beschwerdeführer stehende Bäume beeinträchtigt werden.

Weiters müsse die Entsorgung der Oberflächenwässer hinterfragt werden. Da die Bauliegenschaft höher als die Liegenschaft der Beschwerdeführer liege, könne die Entsorgung der Oberflächenwässer nicht auf östlicher Seite erfolgen, da dies zu einer unzumutbaren Immission führen würde. Eine Sickergrube könne keinesfalls auf jener Seite errichtet werden, welche an die Liegenschaft der Beschwerdeführer angrenze.

Mit Eingabe vom wiederholten die Beschwerdeführer ihre bisherigen Einwendungen und brachten weitere Einwendungen (insbesondere betreffend die Gebäudehöhe) vor.

Mit Schreiben vom teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, den Beschwerdeführern mit, dass seitens des Bauwerbers von der geplanten Errichtung der Stützmauer und von der befestigten Zufahrt entlang ihrer Grundgrenze Abstand genommen worden sei, diese Baulichkeiten nicht mehr Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens seien und die Einreichpläne dahingehend geändert worden seien.

In ihrer dazu erstatteten Stellungnahme vom führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass sie niemals Einwände gegen die Errichtung einer Stützmauer an sich gehabt hätten, und wiederholten ihr Vorbringen zur Gefahr des Abrutschens des Geländes. Es werde befürchtet, dass die Planänderung lediglich eine unzulässige Umgehung der ursprünglich geplanten befestigten Zufahrt sei, da ja offensichtlich trotzdem eine Zufahrt zum Haus geplant sei. Es werde befürchtet, dass das Haus errichtet und in der Folge ganz einfach ohne jegliche Bewilligung zugefahren werde oder die Befestigung der Zufahrt nachgeholt werde. Das unbefestigte natürliche Gelände, welches bereits ohne das Bauvorhaben unzulässig rutsche, würde daher weiter und stärker abrutschen. Es müsse einerseits die Grenze laut Katasterplan hergestellt und andererseits die Stützmauer mit Fundament auf dem Grundstück des Bauwerbers durchgehend errichtet werden.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde dem Bauwerber gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO) unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen die beantragte Baubewilligung erteilt. Begründend wurde zunächst darauf hingewiesen, dass den Beschwerdeführern mitgeteilt worden sei, dass der Bauwerber von der Errichtung der Stützmauer entlang der rechten Grundgrenze sowie von der befestigten Zufahrt zum Haus als auch von der Errichtung eines Stellplatzes Abstand genommen habe. Gemäß § 50 Abs. 9 Wiener Garagengesetz 2008 bestehe keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen für unter anderem Kleinhäuser mit nur einer Wohneinheit. Da es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handle und das vorliegende Projekt die bekämpften baulichen Maßnahmen nicht mehr beinhalte, seien sämtliche Einwendungen betreffend die geplante Stützmauer an der rechten Grundgrenze, die Zufahrt zum geplanten Haus als auch das daraus resultierende Abrutschen sowie den Stellplatz nicht weiter zu berücksichtigen und als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Das geplante Einfamilienhaus baue auf dem Teilungsplan von Dipl.-Ing. B auf. Laut Schreiben des Dipl.-Ing. B werde der in der digitalen Katastermappe angeführte Grenzverlauf beibehalten, was von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten werde. Ebenso seien die Einwände gegen die Vollständigkeit der Pläne, die fehlende bzw. mangelhafte Fertigung der Baupläne durch den Planverfasser, die Einwände gegen die Art der Entsorgung der Oberflächenwässer sowie die Einwände betreffend die Verringerung des Lichtes als unzulässig zurückzuweisen, da sie nicht unter die Bestimmungen des § 134a BO fielen.

Beim gegenständlichen Einfamilienhaus sei die Gebäudehöhe gemäß § 81 Abs. 2 BO nachgewiesen worden. Die Gebäudehöhe werde nach dem anschließenden Gelände, wie es nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein werde, bemessen. Der maßgebliche Flächenwidmungs- und Bebauungsplan schreibe kein zwingend einzuhaltendes Geländeniveau vor und das Projekt einschließlich der Geländeveränderungen sei aus stadtgestalterischer Sicht durch die Magistratsabteilung 19 positiv beurteilt worden. Demzufolge sei der Einwand betreffend die Gebäudehöhe (Anschüttung des Geländes) als unbegründet abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, nach dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei für den verfahrensgegenständlichen Bauplatz die Widmung Bauland-Wohngebiet, Bauklasse I sowie die offene oder gekuppelte Bauweise festgesetzt, wobei die Gebäudehöhe auf 4,50 m beschränkt und der bebaubare Bereich durch Baufluchtlinien begrenzt sei. Der höchste Punkt des Daches von Gebäuden dürfe maximal 4,50 m über der tatsächlich errichteten Gebäudehöhe liegen. Einfriedungen an seitlichen und hinteren Liegenschaftsgrenzen dürften 2,00 m nicht überragen und ab einer Höhe von 0,50 m den freien Durchblick nicht hindern. Stützmauern dürften unter Bedachtnahme auf die Topografie im unbedingt notwendigen Ausmaß errichtet werden. Die Einleitung von Niederschlagswässern in den Kanal sei nicht zulässig.

Wie dem Einreichplan in der dem bekämpften Bewilligungsbescheid der Baubehörde erster Instanz zu Grunde gelegten Fassung zu entnehmen sei, liege der Bezug habende Bauplatz nicht unmittelbar an der Baulinie entlang der A.-K.- Gasse, sondern dieser sei über eine Fahne, die ostseitig an der im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden - unmittelbar an der A.-K.- Gasse gelegenen - Liegenschaft vorbeiführe, an die öffentliche Verkehrsfläche angeschlossen. Im bebaubaren Bereich des Bauplatzes solle ein freistehendes unterkellertes Einfamilienhaus errichtet werden, das über ein Erdgeschoss sowie ein ausgebautes Dachgeschoss verfügen solle.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführer bezüglich der Gebäudehöhe sei festzuhalten, dass sie in ihren vor Schluss der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendungen Ausführungen bezüglich geplanter Anschüttungen ausdrücklich nur in Bezug auf die befürchteten Hangrutschungen getätigt und keinerlei Zusammenhang zur Gebäudehöhe hergestellt hätten, womit sie bezüglich ihres erstmalig mit Schreiben vom dargelegten und in der Berufung weiter ausgeführten Vorbringens zur Gebäudehöhe als präkludiert anzusehen seien. Im Übrigen werde aber festgehalten, dass durch das Bauvorhaben die zulässige Gebäudehöhe eingehalten werde. Teil des Einreichplanes sei eine Fassadenabwicklung, in der auch - wie in den Ansichten - die geplanten Geländeveränderungen dargestellt seien. Sowohl vom geplanten Gelände als auch vom ursprünglich vorhandenen Gelände ausgehend werde die durchschnittliche Gebäudehöhe ausgewiesen, die nach beiden Ermittlungsarten eine Differenz von 1 cm aufweise, jedoch in beiden Fällen die zulässige Gebäudehöhe von 4,50 m mit 4,16 m bzw. 4,17 m deutlich unterschreite. An der den Beschwerdeführern zugekehrten ostseitigen Gebäudefront werde das im Sinn des § 81 Abs. 2 BO höchstzulässige Ausmaß der Gebäudehöhe von 7,50 m (4,50 m vermehrt um 3,00 m) auch ausgehend vom gewachsenen Gelände mit maximal 4,97 m bei weitem eingehalten.

Das Vorbringen bezüglich der Größe des Bauvorhabens - welches ein Vorbringen bezüglich der Ausnützbarkeit des Bauplatzes darstelle - werde erstmals in der Berufung ausgeführt, weshalb die Beschwerdeführer auch diesbezüglich als präkludiert anzusehen seien. Angemerkt werde aber, dass im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan keine Einschränkung festgesetzt sei und das im Einreichplan ausgewiesene Ausmaß der bebauten Fläche von 148,48 m2 ein Drittel der Bauplatzfläche (§ 76 Abs. 10 BO) von 1.146 m2 deutlich unterschreite.

Dem Einwand der Beschwerdeführer, wonach durch das Bauvorhaben die in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft bebaut werde, sei entgegenzuhalten, dass das geplante Gebäude in offener Bauweise errichtet werden solle und im Einreichplan nachvollziehbar eine Bebauung der Liegenschaft der Beschwerdeführer nicht ausgewiesen sei. Gemäß § 67 Abs. 1 BO sei das hier zu beurteilende Bauvorhaben auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen von der Behörde dahin zu überprüfen, ob es den Bestimmungen dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entspreche. Dem Bauwerber könne die Errichtung der von den Beschwerdeführern gewünschten Stützmauer entlang der gemeinsamen Grundgrenze nicht vorgeschrieben werden. Auch die Grundgrenze sei im Einreichplan richtig dargestellt, wie ein Vergleich mit dem im Akt einliegenden und von einem Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen erstellten Höhen- und Lageplan ergebe. Der von den Beschwerdeführern angesprochene angebliche Punkt '101,39' sei die Höhenangabe bezogen auf das Wiener Nullniveau bei dem im unbestrittenen Vermessungsplan ausgewiesenen Grenzpunkt 8200, an dem die gemeinsame Grundgrenze eine geringfügige Richtungsänderung in ihrem Verlauf aufweise.

Fragen der Statik und der Tragfähigkeit des Untergrundes würden kein Vorbringen darstellen, das sich auf ein in der BO abschließend aufgezähltes subjektiv-öffentliches Nachbarrecht stütze.

Fragen der Versickerung des Regenwassers bzw. der Ableitung von Niederschlagswässern würden keine Emissionen darstellen, die durch die Nutzung des Bauvorhabens entstehen, und seien damit nicht von dem in § 134a Abs. 1 lit. e BO angeführten Nachbarrecht umfasst. Gleiches gelte für das von den Beschwerdeführern eingewandte Abrutschen des Geländes.

Gemäß § 70 Abs. 1 BO sei eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn die Möglichkeit bestehe, dass durch das Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Nachbarrechte berührt werden und nicht das vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung komme. Die Verhandlung müsse nicht an Ort und Stelle stattfinden, es sei denn, dass sonst nach den Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 das Bauvorhaben oder seine Auswirkungen auf die Umgebung nicht zuverlässig beurteilt werden könnten. Dass das hier gegenständliche Bauvorhaben auf Grund des Einreichplanes nicht beurteilbar sei und unbedingt eine Ortsaugenscheinverhandlung erforderlich wäre, hätten die Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darzulegen vermocht, zumal im Einreichplan in den Ansichten das bestehende Gelände an den Fronten des Gebäudes und an der gemeinsamen Grundgrenze des Bauplatzes mit der Liegenschaft der Beschwerdeführer dargestellt worden sei, woraus die gegebene Geländesituation des Bauplatzes nachvollziehbar sei.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführer, dass die verbesserten Einreichunterlagen erst nach Ablauf der von der Baubehörde erster Instanz festgesetzten Frist vorgelegt worden seien und die Baubehörde daher das Ansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückweisen hätte müssen, hielt die belangte Behörde entgegen, dass die Behörde das Verfahren auch dann fortzuführen habe, wenn nach Ablauf der behördlich festgesetzten Frist, jedoch vor Erlassung eines Zurückweisungsbescheides, die verbesserten Unterlagen nachgereicht werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, sind auf das vorliegende, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen der BO, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. Nr. 46/2010, lauten auszugsweise:

" Parteien

§ 134. ...

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134 a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134 a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. ...

Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;


Tabelle in neuem Fenster öffnen
b)
Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
c)
Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;
d)
Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;
e)
Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;
..."
Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, dass eine Bauverhandlung zwar stattgefunden habe, doch sei nach Planauswechslung den Beschwerdeführern kein rechtliches Gehör mehr gewährt worden. Es sei keine Bauverhandlung an Ort und Stelle und auch keine Augenscheinnahme durchgeführt worden, die jedoch wichtig dafür gewesen wären, um zu erkennen, welches unterschiedliche Niveau und welches Gefälle zwischen den beiden Liegenschaften vorläge.
Die Liegenschaft, auf welcher das Bauvorhaben errichtet werden solle, sei stark ansteigend und dies bedeute, dass das Gelände in Richtung der Liegenschaft der Beschwerdeführer stark abfallend sei. Durch den Druck des Geländes ergebe sich ein ständiges Rutschen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer, was bereits zur Folge gehabt habe, dass das Gelände samt Zaun auf den Grund der Beschwerdeführer gelangt sei. Daher sei die Errichtung einer Stützmauer notwendig und erforderlich. Durch die Unterlassung des Auftrages an die Bauwerber, eine Stützmauer zu errichten, sei nicht nur einem Bauen auf fremdem Grund, sondern auch einem Befahren auf fremdem Grund Tür und Tor geöffnet.
Das Befahren des fremden Grundes würde nicht nur in der Bauphase, sondern auch bei etwaigem Zufahren zum Haus stattfinden. Durch das Auswechseln des ursprünglichen Planes, welcher noch eine Teilstützmauer eingezeichnet gehabt habe, sollte offensichtlich dokumentiert werden, dass kein Zufahren mehr erfolge. Es sei jedoch die "Car-Box" im Haus bestehen geblieben, sodass offensichtlich über einen unbefestigten Weg zugefahren werden solle. Einerseits werde eine Befahrung durch Fahrräder bereits jetzt durchgeführt, andererseits sei ein Unterstellplatz für ein Kraftfahrzeug im Bauplan noch immer vorgesehen, sodass auch dorthin gefahren werde. Allein das Weglassen der Bezeichnung "Fahrweg" im Plan und die Unterlassung der Befestigung dieses Weges reiche jedenfalls nicht aus.
Die Erdbewegung und das Abrutschen des Geländes in Richtung der Liegenschaft der Beschwerdeführer stelle eine massive Immission dar, welche zu Unrecht nicht als relevant berücksichtigt worden sei. Die Immission sei umso mehr ein Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechte, als diese Immission nicht nur mit Erdbewegung in Richtung der Liegenschaft der Beschwerdeführer, sondern auch mit einer Verringerung der Liegenschaft einhergehe.
Aus dem vorgelegten Bauplan sei das tatsächliche Gefälle der Liegenschaft nicht erkennbar und es würden entsprechende Höhenangaben fehlen. Aus dem Plan sei nur das Gelände nach Veränderung und Aufschüttung erkennbar und auch im Geometerplan seien keine Plankoten verwendet worden. Im vorliegenden Bauplan sei jedoch im Hinblick auf die starke Abweichung bei Punkt 101,39 deutlich, dass der im Kataster eingetragene Grenzverlauf ein anderer sei als der im Bauplan eingezeichnete. Die Liegenschaftsgrenze sei im Kataster auch gerade verlaufend eingetragen und nicht mit Ecken. Die geplante Höhe der Anschüttungen sei nicht zu eruieren, da sie im Plan nicht durch Koten gekennzeichnet sei. Der Plan sei dadurch unvollständig und es sei keinesfalls zulässig, das Gelände in beliebiger Form zu verändern, um die Gebäudehöhe so mit aufgeschüttetem Gelände zu beeinflussen.
Auch sei durch die Böschung die Gefahr von vermehrten Immissionen gegeben, weil dadurch das Regenwasser bzw. Oberflächenwässer noch stärker in das tiefer gelegene Grundstück der Beschwerdeführer eindrängen. Das Versickern von Oberflächenwässern im Boden stelle eine unzulässige Immission auf dem Grundstück der Beschwerdeführer dar. Die Abführung dieser Wässer habe geordnet und entsprechend entfernt von der rechten Grundstücksgrenze durchgeführt zu werden.
Bereits in den schriftlichen Einwendungen vom hätten die Beschwerdeführer ausgeführt, dass laut Plan die Anschüttung die gesetzlich erlaubten Ausmaße überschreite. Durch die gegenständlichen Anschüttungen würde quasi die erlaubte Bauhöhe überschritten, da das Gelände bzw. das Niveau derart angeschüttet werden solle, um so ein "Herausragen" des Hauses zu bewirken, was gleichsam der Erhöhung der Bauhöhe gleichkomme. Die Beschwerdeführer seien durch die Anschüttung massiv beeinträchtigt. Auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer würde so überhaupt kein Lichteinfall mehr stattfinden und ebendort nur mehr die Morgensonne vorhanden sein, da zu allen übrigen Tageszeiten der Licht- bzw. Sonneneinfall ausgeschlossen sei. Die Gebäudehöhe werde überschritten und es sei der Nachweis der Einhaltung der zulässigen Gebäudehöhe unrichtig berechnet worden. Es sei nicht zu erkennen, warum die zulässige Gebäudehöhe von 4,5 m um drei Meter vermehrt werden solle. Es sei zu überprüfen, ob es zu unzulässigen Emissionen von Nachbarliegenschaften komme, und dies sei nicht nur durch Lärm und Staub, wenn es zu Pkw-Verkehr entlang der Grenze komme, sondern auch durch abrutschendes Erdreich gegeben. Zudem würden die Bebauungsbestimmungen ausführen, dass auf Grundgrenzen keine 2 m hohen Mauern errichtet werden dürfen. Umso unverständlicher sei es, dass das Bauvorhaben bewilligt worden sei, nach welchem diese 2 m hohen Mauern offensichtlich mehrfach errichtet werden dürfen, um Verkehrslärm und Gestank abzuhalten.
Wenn die belangte Behörde meine, dass in den Einwendungen vom nur Ausführungen hinsichtlich geplanter Anschüttungen getätigt worden seien, sei anzumerken, dass nach dieser Verhandlung ein Planwechsel stattgefunden habe. Vor der Verhandlung sei noch von einer Stützmauer die Rede gewesen, während diese nach dem Planwechsel nicht mehr vorhanden sei und eine mündliche Verhandlung nicht mehr anberaumt worden sei. Der neue Plan stelle die Beschwerdeführer jedoch schlechter, da noch mehr eine Gefahr von Emissionen durch Abrutschen und Gewässer gegeben sei; die schriftlichen Einwendungen danach seien von der Behörde überhaupt nicht mehr zur Kenntnis genommen worden.
Der Bauwerber sei der Aufforderung der Baubehörde nach § 13 Abs. 3 AVG nicht nachgekommen, sodass sein Antrag auf Baubewilligung zurückzuweisen gewesen wäre.
Eine Begründung des Bescheides sei nicht vorliegend, es werde lediglich ausgeführt, dass nicht nachvollzogen werde könne, dass das gegenständliche Bauvorhaben auf Grund des Einreichplanes nicht beurteilbar sei, und die belangte Behörde hätte begründen müssen, warum ein Ortsaugenschein unterblieben sei.
Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
In § 134a BO sind die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte grundsätzlich erschöpfend aufgezählt. Durch die Novelle LGBl. Nr. 24/2008, mit der mit § 92 Abs. 2 BO und mit § 94 Abs. 2 BO jeweils eine dem Schutz des Nachbarn in besonderer Weise dienende Bestimmung geschaffen wurde, wurden jene Regelungen der BO, die der Annahme eines diesbezüglichen Nachbarrechtes entgegenstehen (insbesondere § 134 Abs. 3 BO) dahingehend geändert, dass nunmehr jedenfalls auch die §§ 92 Abs. 2 und 94 Abs. 2 BO subjektiveöffentliche Rechte des Nachbarn beinhalten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2012/05/0108 und 0109, mwN). Dieses Verständnis vom Umfang der den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte ist den nachfolgenden Verweisen auf § 134a BO zugrunde zu legen.
Die Beschwerdeführer sind unbestritten Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft im Sinn des § 134 Abs. 3 BO. Nach dieser Bestimmung sind die Eigentümer benachbarter Liegenschaften aber nur dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens - abgesehen von dem im Beschwerdefall nicht relevanten Fall des § 134 Abs. 4 BO - bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinn des § 134a BO gegen die geplante Bauführung erheben.
In ihren mit Schreiben vom erhobenen Einwendungen, auf welche sie in der mündlichen Verhandlung vom verwiesen haben, haben die Beschwerdeführer vorgebracht, dass es durch die geplanten Geländeveränderungen zu einem Abrutschen des Geländes auf ihr Grundstück kommen werde, und sich gegen die Entsorgung der Oberflächenwässer auf dem Baugrundstück ausgesprochen.
Damit haben die Beschwerdeführer - wie schon die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - keine Einwendungen im Sinn des § 134a BO erhoben, da Fragen der Statik und Tragfähigkeit des Untergrundes ebenso wie Fragen der Versickerung des Regenwassers bzw. der Ableitung von Niederschlagswässern grundsätzlich keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte begründen. Beeinträchtigungen durch ein allfälliges Abrutschen des Geländes oder durch Oberflächenwässer können auch nicht als Immissionen im Sinn des § 134a Abs. 1 lit. e BO verstanden werden, weil sich dieses Nachbarrecht ausdrücklich nur auf Immissionen bezieht, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage ergeben (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/05/0247, vom , Zl. 2010/05/0113, und vom , Zl. 2002/05/1016, jeweils mwN).
Einwendungen betreffend die Nichteinhaltung der Bestimmungen über die höchstzulässige Gebäudehöhe haben die Beschwerdeführer erstmals in ihrer Stellungnahme vom - und somit nach der mündlichen Verhandlung - vorgebracht. Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführer insoweit präkludiert sind.
Soweit die Beschwerdeführer vermeinen, dass sie mit ihrem Vorbringen zur Gebäudehöhe deshalb nicht präkludiert seien, weil eine Projektänderung erfolgt sei, ist ihnen entgegenzuhalten, dass dem Nachbarn im Rahmen einer Projektänderung während eines Baubewilligungsverfahrens, sofern dadurch Nachbarrechte berührt werden, zwar neuerlich die Möglichkeit offensteht, diese Änderungen betreffend Einwendungen zu erheben. Hingegen ermöglicht eine Projektänderung neue Einwendungen nicht in Bereichen, in denen das bisherige Projekt überhaupt nicht geändert wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0215, mwN). Im Beschwerdefall wurde das Projekt dahingehend geändert, dass von der Errichtung einer Stützmauer und einer befestigten Zufahrt entlang der östlichen Grundgrenze des Baugrundstückes Abstand genommen wurde. Da die Projektänderung somit keine Auswirkungen auf die Höhe des geplanten Gebäudes hatte, waren die Beschwerdeführer auf Grund dieser Projektänderung nicht berechtigt, nunmehr Einwendungen gegen die Gebäudehöhe zu erheben.
Wie die belangte Behörde weiters zutreffend erkannt hat, sind die Beschwerdeführer auch mit ihrem erstmals in ihrer Stellungnahme vom erstatteten Vorbringen zum fehlenden Lichteinfall - unabhängig davon, dass auch kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Sinn des § 134a BO auf Wahrung des Licht- und Sonneneinfalles, abgesehen von Abstands- und Höhenbestimmungen, besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2010/05/0137 und 0140, mwN) - präkludiert. Gleiches gilt für das Vorbringen, dass nach den Bebauungsbestimmungen keine 2 m hohen Mauern errichtet werden dürften.
Das in der Beschwerde erstmals erstattete Vorbringen zu vom Pkw-Verkehr auf der vermeintlichen Zufahrt zum Gebäude des Bauwerbers ausgehenden Immissionen durch Lärm und Staub unterliegt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 VwGG geltenden Neuerungsverbot.
Verfahrensmängel können nur dann zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn führen, wenn er auf Grund der Nichteinhaltung der Verfahrensvorschriften in der Verfolgung seiner Nachbarrechte verletzt sein könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0061, mwN). Da die Verfahrensrechte einer Partei somit nicht weiter gehen als deren materielle Rechte, war auf die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Verfahrensmängel - Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit des Einreichplanes, Nichtdurchführung einer (weiteren) Verhandlung (vor Ort), Verletzung des Parteiengehörs - schon deshalb nicht weiter einzugehen. Im Übrigen wird bemerkt, dass der Antrag dann, wenn die Partei dem Verbesserungsauftrag erst nach Ablauf der von der Behörde gesetzten Frist, aber vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides nachkommt, nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden darf (vgl.
Hengstschläger/Leeb , AVG § 13 Rz 31).
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am