VwGH vom 24.06.2014, 2012/05/0171
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2012/05/0172 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde der Z J in V, vertreten durch Neumayer, Walter Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1392/002-2012, betreffend Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde V, vertreten durch Mag. Alexander Bauer, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Josefsplatz 10/2), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Abbruch eines Kleingartenhauses betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0029, zu verweisen. Daraus ist Folgendes festzuhalten:
Mit Bescheid vom ordnete der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 erster Fall iVm § 14 Z. 1 Niederösterreichische Bauordnung 1996 (BO) und § 6 Niederösterreichisches Kleingartengesetz (KGG) den Abbruch des nicht der Baubewilligung vom entsprechenden, daher ohne Baubewilligung errichteten Bauwerkes "Kleingartenhaus" auf dem Grundstück Nr. 1044/3, EZ. 2557 Grundbuch V, und aller allenfalls mit dem Bauwerk "Kleingartenhaus" verbundenen baulichen Anlagen bis an.
Mit Bescheid vom wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin ab und setzte die Erfüllungsfrist mit neu fest.
Die gegen diesen Berufungsbescheid gerichtete Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom hinsichtlich des Spruchteiles betreffend den Abbruch des Bauwerkes "Kleingartenhaus" als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.), wohingegen der Vorstellung hinsichtlich des Spruchteiles betreffend den Abbruch aller allenfalls mit dem Kleingartenhaus verbundenen baulichen Anlagen Folge gegeben, der angefochtene Bescheid diesbezüglich behoben und die Sache hinsichtlich dieses Spruchteiles zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurückverwiesen wurde (Spruchpunkt II.), weil zu klären sei, welche konkreten Baulichkeiten mit dem Kleingartenhaus abzutragen seien.
Gegen Spruchpunkt I. des Vorstellungsbescheides vom wurde vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhoben, die mit dem zitierten hg. Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen wurde.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde erließ unterdessen am einen Bescheid, mit dessen Spruchpunkt 1.) die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde mit Spruchpunkt 2.) der Spruch des Bescheides vom wie folgt neu gefasst:
"Das 'Kleingartenhaus' sowie die auf dem Grundstück 1044/3 KG V zusätzlich zum 'Kleingartenhaus' errichtet freistehende Holzhütte in einfacher Ausführung mit einem Pultdach und einer Größe von 2,84m mal 2,13m, einer Firsthöhe von 2,60 m, in einem Abstand von 0,30 m von der westlichen Grundgrenze (Einfriedung) und 0,20m von der nördlichen Grundgrenze (Einfriedung), sowie weiters die an der Nordseite des Kleingartenhauses errichtete Terrassenüberdachung im Ausmaß von 4,85m mal 3,15m in Holzkonstruktion mit Bitumendachschindel sind zur Gänze abzutragen.
Weiters wird in Folge der mittlerweile verstrichenen Zeit die Frist für die Durchführung der im vorherigen Absatz angeführten Maßnahmen nunmehr mit festgesetzt."
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, zur Erfüllung des Auftrages der Vorstellungsbehörde habe am im Beisein der Beschwerdeführerin bzw. der von ihr für die Teilnahme an dieser Befundaufnahme beauftragten Personen eine baubehördliche Beschau der Nebenanlagen durch die Baubehörde gemeinsam mit dem Amtssachverständigen Mag. B stattgefunden. Dabei seien von diesem die Nebenanlagen im Detail beschrieben worden, wie nunmehr im Spruch dieses Berufungsbescheides angeführt. Nebengebäude seien nach § 6 Abs. 1 des Niederösterreichischen Kleingartengesetzes nicht zulässig. Dachvorsprünge, Vordächer und ähnliche offen nicht raumbildend ausgeführte Vorbauten dürften nach diesem Gesetz nicht mehr als 30 % der Grundrissfläche ausmachen. Die 30 % der maximal zulässigen Grundrissfläche von 35 m2 wären 10,5 m2. Die ausgeführte Überdachung habe eine Größe von 15,28 m2. Da beim bestehenden Kleingartenhaus bereits ein Vordach genehmigt worden sei, stelle das errichtete neue Vordach einen Widerspruch zum Niederösterreichischen Kleingartengesetz dar. Eine baubehördliche Bewilligung für die genannten Bauführungen liege nicht vor und könne auch wegen des Widerspruches zu zwingenden gesetzlichen Bestimmungen nicht nachträglich erteilt werden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, die mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbehörde sei dem Auftrag der Vorstellungsbehörde durch den Berufungsbescheid nachgekommen. Eine Unterbrechung des Verfahrens im Sinne des § 38 AVG bis zur Beendigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend das Kleingartenhaus sei nicht in Frage gekommen (wurde näher ausgeführt). Die Leistungsfrist sei nicht zu kurz (wurde näher ausgeführt).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Leistungsfrist mit bereits abgelaufen gewesen sei. Die Aufsichtsbehörde hätte daher zumindest im Rahmen ihres Aufsichtsrechtes eine neue Leistungsfrist festsetzen müssen. Andernfalls würde mit Zustellung des bekämpften Bescheides unmittelbar der Abbruch drohen und die Maßnahme des Abbruchs des Hauses könnte überhaupt nicht mehr von Seiten der Beschwerdeführerin veranlasst werden, was zu einer rechtlichen Unmöglichkeit, jedenfalls aber zu einer Unzumutbarkeit führte, da ein Abbruchbescheid ohne Leistungsfrist nach § 59 AVG entstehe. Der Grundsatzbescheid sei im vorliegenden Fall beim Verwaltungsgerichtshof angefochten worden. Dieses Verfahren sei mit zuerkannter aufschiebender Wirkung noch anhängig. Es wäre daher das Auftragsverfahren gemäß § 38 AVG auszusetzen gewesen. Der erste Spruchteil des Berufungsbescheides sei rechtsirrig und falsch. Im noch zur Entscheidung offenen Spruchteil sei nämlich der Spruch abgeändert worden, sodass der unter Punkt 1.) erlassene Spruchteil im Berufungsbescheid von der Aufsichtsbehörde zu beheben gewesen wäre. Der ergänzte Spruchteil könne inhaltlich nicht selbstständig existieren, sondern sei nur eine Ausführung des ursprünglich bestätigten Spruchteiles. Es dürften keine Bescheide erlassen werden, die gegen die Anordnung des Verwaltungsgerichtshof auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verstießen.
Dem Beschwerdevorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Aufsichtsbehörde nicht befugt ist, die Leistungsfrist zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0023, mwN). Dass die Leistungsfrist im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen aufsichtsbehördlichen Bescheides bereits abgelaufen war, bewirkt ebenfalls nicht dessen Rechtswidrigkeit und auch nicht die Unzulässigkeit der Vollstreckung (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).
In der Beschwerde wird nicht dargelegt, dass das Kleingartenhaus und die freistehende Holzhütte bzw. die Terrassenüberdachung eine baulich untrennbare Einheit bildeten. Dies ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Schon deshalb kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des Kleingartenhauses für die Frage der Rechtmäßigkeit der Holzhütte und der Terrassenüberdachung keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG darstellt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aber aus folgenden Gründen als inhaltlich rechtswidrig:
Mit dem Berufungsbescheid vom wurde im Spruchpunkt 1.) die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom insgesamt als unbegründet abgewiesen und im Spruchpunkt 2.) in der Neufassung des Spruches neuerlich auch die Abtragung des Kleingartenhauses angeordnet. Hinsichtlich des Kleingartenhauses lag aber durch den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom bereits eine rechtskräftige Entscheidung vor, da die Vorstellung, die gegen den Bescheid vom erhoben worden war, insoweit mit dem Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen worden war (die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem eingangs zitierten hg. Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen). Lag aber hinsichtlich des Kleingartenhauses bereits ein rechtskräftiger Bauauftrag vor, so durfte ein weiterer, ebenfalls dieses Kleingartenhaus umfassender Bauauftrag wegen entschiedener Sache nicht mehr ergehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0004; zuletzt jenes vom , Zl. 2012/05/0144). Da die belangte Behörde dies nicht aufgriff, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er den Abbruch des Kleingartenhauses betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind auf das vorliegende, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-69434