VwGH vom 10.08.2010, 2007/17/0171
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des AW in G, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Krottendorfer Gasse 5/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Klagenfurt, vom , Zl. ZRV/0241-Z3K/04, betreffend Altlastenbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid des Hauptzollamts Graz vom wurde dem Beschwerdeführer für im Jahre 2000 bzw. in den Jahren 2002 und 2003 durchgeführte Ablagerungen von mineralischen Baurestmassen auf einem näher genannten Grundstück ("Geländeanpassungen") gemäß "§§ 3 Abs. 1 Z 2, § 4 Z 4, § 6 Abs. 5 Z 1 und 2, § 6 Abs. 1 Z 1a und b (Fassung BGBl I 2000/142) und § 7 Abs. 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz BGBl 299/89 (ALSaG) idgF" ein Altlastenbeitrag in der Höhe von EUR 15.334,23 vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde ein Verspätungszuschlag gemäß § 135 BAO in Verbindung mit § 20 BAO sowie ein Säumniszuschlag gemäß § 217ff BAO vorgeschrieben. Dabei wurde für die im Jahre 2000 vorgenommenen Anschüttungen ein Altlastenbeitrag von EUR 366,03 und für die in den Jahren 2002 und 2003 durchgeführten Ablagerungen ein solcher in der Höhe von EUR 14.968,20 festgesetzt.
1.2. Der Beschwerdeführer erhob "Einspruch" gegen den Bescheid vom , in dem er ausführte, dass die Aufschüttung keine Deponie oder Entsorgungsstätte sei und er aus betriebswirtschaftlichen Gründen eine Ausweitung der Hühnerzucht vornehmen wolle, wozu die Errichtung eines weiteren Hühnermaststalles erforderlich sei. Die Aufschüttung sei bautechnisch notwendig, da das Gebäude eine ebene Fußbodenfläche benötige. Er räume ein, nicht gewusst zu haben, dass die Aufschüttung bewilligungspflichtig gewesen wäre. Die Einreichplanung für das neue Bauwerk sei jedoch bereits beauftragt.
1.3. Mit Berufungsvorentscheidung gemäß § 85b Abs. 3 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) wurde die Berufung abgewiesen.
1.4. Aufgrund der Beschwerde des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung insoweit Folge, als die Abgabenvorschreibung für die Ablagerungen im Jahre 2000 aufgehoben wurde, im Übrigen setzte die belangte Behörde jedoch für die Ablagerungen in den Jahren 2002 und 2003 den Altlastenbeitrag für 2.079 Tonnen Baurestmassen mit EUR 14.968,20 fest und setzte den Säumniszuschlag und den Verspätungszuschlag in der sich aus der teilweisen Stattgebung ergebende Höhe neu fest.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhalts des § 3 Abs. 1 ALSaG aus, dass die Beitragsschuld im Falle des Verfüllens von Geländeunebenheiten und der Vornahme von Geländeanpassungen nach Ablauf des Kalendervierteljahres entstehe, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen worden sei.
Unbestritten sei die ermittelte Menge bzw. das ermittelte Gewicht des Materials sowie die Eigenschaft als Abfall gemäß § 2 Abs. 1 bis 4 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG). Weiters stehe außer Streit, dass der Beschwerdeführer die Geländeverfüllung veranlasst bzw. geduldet habe.
Der Zeitpunkt, in dem die Steuerschuld entstehe, sei auch für die Beurteilung der Steuerbefreiung von Bedeutung. Für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. Als beitragspflichtige Tätigkeit liege die Verfüllung bzw. Anpassung der näher bezeichneten Liegenschaft vor. Diese Verfüllung hätte dann keine Abgabepflicht ausgelöst, wenn sie eine konkrete bautechnische Funktion im Rahmen einer übergeordneten Baumaßnahme erfüllt hätte. Seien für die Verfüllung selbst oder für die übergeordnete Baumaßnahme Bewilligungen erforderlich, so hätten diese zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld vorliegen müssen bzw. mit "ausreichender Sicherheit feststehen" müssen, um die Zulässigkeit der Geländeverfüllung "zu dokumentieren".
Während für die im Jahre 2000 vorgenommene Verfüllung eine baubehördliche Bewilligung vorgelegen sei, sei dies bei den in den Jahren 2002 und 2003 vorgenommenen Anschüttungen nicht der Fall gewesen.
Der Beschwerdeführer hätte zwar die Absicht gehabt, auf der aufgeschütteten Fläche einen Hühnermaststall zu errichten. Der Bau sei zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht einmal im Planungsstadium gewesen. Die Erstellung der Einreichpläne sei erst im August 2004 erfolgt. Es sei daher für die Menge von 2.079 t an Ablagerungen der Altlastenbeitrag in der Höhe von EUR 14.968,20 vorzuschreiben gewesen.
Nach näherer Begründung der Vorschreibung des Säumniszuschlags und des Verspätungszuschlags wird resümiert, dass daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtwidrigkeit infolge Unzuständigkeit.
1.6. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 3 Abs. 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz in der am in Kraft getretenen Fassung gemäß BGBl. I Nr. 48/2002 lautete ebenso wie in der bis zum geltenden Fassung:
"2. das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das
Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);"
Mit der Novelle durch BGBl. I Nr. 155/2002 wurde § 3 ein vierter Absatz hinsichtlich der Abgabenbefreiung für das Ablagern von Abfällen, die nachweislich durch Katastrophenereignisse entstanden sind, angefügt. Diese Fassung trat am in Kraft; § 3 Abs. 1 Z 2 ALSaG lautete auch in dieser Fassung wie oben wieder gegeben.
2.2. Aus diesen Ausführungen folgt, dass der Einwand des Beschwerdeführers, eine detailliertere Angabe der belangten Behörde, in welcher Fassung § 3 Abs. 1 Z 2 ALSaG angewendet worden sei, wäre von Einfluss auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids gewesen, fehl geht. Der Wortlaut des hier maßgeblichen § 3 Abs. 1 Z 2 ALSaG hat sich in dem hier gegenständlichen Abgabenzeitraum nicht geändert. Der in der ungenauen Zitierung der angewendeten Fassung des § 3 ALSaG gelegene Verfahrensmangel ist daher nicht von Relevanz.
2.3. Soweit der Beschwerdeführer auf die nach dem hier maßgeblichen Zeitraum (2002/03) in Kraft getretene Fassung des § 3 ALSaG Bezug nimmt, ist er darauf hinzuweisen, dass Abgabenvorschriften als zeitbezogene Regelungen grundsätzlich (soweit nicht ausdrückliche Übergangsbestimmungen bestehen, die anderes anordnen) in jener Fassung anzuwenden sind, die im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat. Das von der Beschwerde postulierte "Günstigkeitsprinzip" besteht in dieser Form nicht, der Hinweis auf das Sachlichkeitsprinzip geht schon deshalb fehl, weil sich aus der vom Beschwerdeführer präferierten Auslegung unsachliche Differenzierungen zwischen den Abgabepflichtigen ergäben, je nachdem, wann die jeweiligen Abgabenbescheide hinsichtlich sachlich gleicher (weil im gleichen Zeitpunkt verwirklichter) Tatbestände ergingen.
2.4. Soweit sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der Regelung des Abgabenschuldners in § 4 ALSaG auf die "aktuelle Fassung" des Gesetzes bezieht, ist er auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen.
Die Beschwerde enthält keine Ausführungen, inwiefern die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Abgabe gemäß § 4 ALSaG in der in den Jahren 2002 und 2003 geltenden Fassung nicht dem Gesetz entsprochen hätte.
2.5.1. Soweit der Beschwerdeführer Verfahrensmängel hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, er hätte die Ablagerung veranlasst, geltend macht, ist er darauf zu verweisen, dass er Gelegenheit gehabt hätte, im Rahmen des Abgabenverfahrens seine Einwände gegen die Annahmen der Abgabenbehörden vorzubringen. Der Beschwerdeführer hat den Abgabenbehörden gegenüber die Ausbringung der Baurestmassen zur Herstellung der Niveaugleichheit mit dem bereits bestehenden Stallgebäude eingeräumt und im gesamten Abgabenverfahren nur in rechtlicher Hinsicht argumentiert, dass ein Ausnahmetatbestand vorliege. Der Sachverhaltsannahme der Abgabenbehörden (die seinen eigenen Angaben folgten, dass er im Hinblick auf die beabsichtigte Errichtung eines Hühnermaststalles das Gelände auf das Niveau des angrenzenden Stallgebäudes bringen wollte), dass die Anschüttung durch ihn veranlasst oder jedenfalls geduldet war, ist der Beschwerdeführer im Verfahren nicht entgegen getreten. Wenn in der Beschwerde in diesem Zusammenhang als "Beleg" auf die in der Berufung enthaltenen Ausführungen, dass keine "Deponie oder Entsorgungsstätte" vorliege, verwiesen wird, wird damit keineswegs aufgezeigt, der Beschwerdeführer hätte sich gegen die Annahme gewendet, dass er die Ablagerungen veranlasst oder geduldet hätte. Das gesamte Vorbringen in diesem Zusammenhang bewegt sich damit an der Grenze zur Mutwilligkeit, zumal der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde keineswegs aufzeigt, aus welchen Umständen man erschließen könnte, dass nicht er, sondern ein Dritter für die Ausbringung des Materials auf dem Grundstück, dessen Miteigentümer er ist, verantwortlich gewesen wäre.
Das nunmehrige Vorbringen, das sich nur auf behauptete Feststellungsmängel bezieht, ohne eine ausdrückliche gegenteilige Sachverhaltsbehauptung aufzustellen, unterliegt insoweit - sollte es überhaupt dahin gehend zu verstehen sein, dass der Beschwerdeführer bestreitet, die Anschüttung veranlasst zu haben - jedenfalls dem Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG.
2.5.2. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang moniert, dass "aufgrund dieser strittigen Frage" ein Feststellungsverfahren gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz durchgeführt hätte werden müssen, so ist er darauf zu verweisen, dass ein solches Verfahren einerseits einen Antrag voraussetzt und im Übrigen nach der hg. Rechtsprechung gerade nicht dazu dient, den tatsächlichen Abgabepflichtigen hinsichtlich des Altlastenbeitrags festzustellen; der tatsächliche Beitragsschuldner ist vielmehr von der den Altlastenbeitrag vorschreibenden Behörde festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0115).
2.6. Zur Frage, ob ein Ausnahmetatbestand gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 ALSaG vorlag:
Die ins Treffen geführte "übergeordnete Baumaßnahme" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSaG ist im vorliegenden Fall die Errichtung eines Stallgebäudes, für welche insbesondere eine baurechtliche Bewilligung erforderlich war.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/07/0173, vom , Zl. 2004/07/0156, und vom , Zl. 2006/07/0040) setzt die Anwendung des Befreiungstatbestandes des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSaG voraus, dass eine für die "übergeordnete Baumaßnahme", der die Maßnahme, die grundsätzlich die Abgabepflicht nach ALSaG auslösen würde, dient, erforderliche Bewilligung bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes vorliegen müsse. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu dieser Auffassung über die Überlegung gekommen, dass von der Erfüllung einer bautechnischen Funktion nur dann die Rede sein könnte, wenn zu dem für die Beurteilung der Beitragsfreiheit relevanten Zeitpunkt bereits mit hinreichender Sicherheit feststehe, worin die übergeordnete Maßnahme bestehe. Nur so könne nämlich beurteilt werden, ob die Verfüllung/Anpassung die ihr zugedachte Funktion - und zwar in einer dem Gesetz entsprechenden Weise - erfüllen könne (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/07/0156, das ebenfalls zu einer baubewilligungspflichtigen Maßnahme erging, der Geländeverfüllungen zu einem Zeitpunkt vorausgegangen waren, in dem die Baubewilligung noch nicht erteilt war). Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei nicht darauf abgestellt, ob etwa nachträglich durch die Erteilung der erforderlichen Bewilligung dokumentiert werden konnte, dass und welcher übergeordneten Maßnahme eine Ablagerung diente, oder ob das Erfordernis des Vorliegens einer baurechtlichen Bewilligung nicht für die (vorbereitende) Maßnahme der Anschüttung, sondern erst für die Errichtung des Bauwerks (hier: des Hühnermaststalles) gegeben sei. Es erübrigen sich auf dem Boden dieser Rechtsauffassung daher Überlegungen, ob die Maßnahme der Anschüttung für sich bereits baubewilligungspflichtig gewesen wäre bzw. welche Kriterien, wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, darüber entscheiden, ob eine solche, vor Erteilung der Baubewilligung gesetzte Maßnahme, die für sich nicht bewilligungspflichtig war, ebenfalls die Ausnahme von der Abgabepflicht auslöse.
Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSaG war auf dem Boden der Auffassung der dargestellten Rechtsprechung daher im Beschwerdefall nicht erfüllt.
2.7. Soweit sich die Beschwerde gegen die Ausübung des Ermessens bei Festsetzung des Verspätungszuschlags durch Vorschreibung eines Zuschlags in Höhe von 5 % bei einem Rahmen von bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe wendet, wird nicht spezifiziert, inwieweit die Ausschöpfung des halben Rahmens, der für die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Verfügung steht, angesichts der im Beschwerdefall vorliegenden Unterlassung der Abgabenerklärungen über einen längeren Zeitraum eine Ermessungsüberschreitung wäre (vgl. z.B. Ritz, BAO Kommentar3, § 135 BAO Rz 13).
2.8. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am