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VwGH vom 22.12.2004, 2004/15/0101

VwGH vom 22.12.2004, 2004/15/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Finanzamtes Salzburg-Stadt, 5026 Salzburg, Aignerstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg (Senat 1), vom , GZ. RV/0321-S/03, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1999 bis 2001 (mitbeteiligte Partei: Dr. G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Ein von der beschwerdeführenden Partei beantragter Kostenzuspruch findet nicht statt.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei, ein Rechtsanwalt, schloss im März 1999 einen Leasingvertrag über einen neun Monate alten, gebrauchten PKW (km-Stand rund 9.000). Der Anschaffungspreis dieses Kraftfahrzeuges, das im Streitzeitraum überwiegend betrieblich verwendet wurde, betrug laut Leasingvertrag S 800.000,-- ohne Umsatzsteuer. Der Mitbeteiligte verminderte die absetzbaren PKW-Kosten um eine sogenannte Luxustangente in Höhe von 51,35 %.

Im Zuge einer Betriebsprüfung wurde u.a. festgestellt, dass die Luxustangente 60 % betrage. Berechnungsbasis hiefür sei nicht der von der Leasingfirma ausgewiesene Anschaffungswert in Höhe von S 800.000,-- netto, sondern der Fahrzeuglistenpreis in Höhe von S 1,281.290,-- brutto abzüglich 10 % Rabatt, sohin S 1,153.000,--.

Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob Aufwendungen für einen PKW mit Anschaffungskosten bis S 467.000,-- (Standpunkt des beschwerdeführenden Finanzamtes) oder bis S 520.000,-- (Auffassung der belangten Behörde und des Mitbeteiligten) betrieblich veranlasst sind (Angemessenheitsprüfung nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b EStG 1988).

Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, die Verwaltungspraxis beurteile Aufwendungen/Ausgaben im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Personen- oder Kombinationskraftwagens seit dem Jahr 1990 insoweit als angemessen, als die Anschaffungskosten S 467.000,-- (inkl. Umsatzsteuer und NOVA) nicht überstiegen. In der Literatur sei die Höhe der angemessenen Anschaffungskosten eines PKW wiederholt einer kritischen Betrachtung unterzogen worden. Kohler (SWK 2/1997, S 31) habe auf die Verknüpfung zwischen der Angemessenheitsgrenze und dem Sachbezugswert hingewiesen. Da ab 1996 nicht mehr von einer fünfjährigen, sondern von einer achtjährigen Nutzungsdauer eines PKW auszugehen sei, die Sachbezugswerte aber unverändert geblieben seien, sei die Höhe der angemessenen Anschaffungskosten auf S 747.200,-- zu erhöhen. Dieser Auffassung könne die belangte Behörde nicht folgen, weil die Sachbezugswerte grundsätzlich der Erfassung anderer Sachverhalte dienten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 93/13/0014).

Oberleitner (SWK 19/1998, S 429) vertrete die Ansicht, dass dem Begriff der Angemessenheit nach der Verkehrsauffassung eine Anpassung an geänderte Preisverhältnisse bereits innewohne. Der angemessene PKW-Anschaffungspreis verändere sich daher laufend. Bei Vornahme einer Inflationsanpassung nach dem Verbraucherpreisindex 1986 würde sich ein inflationsangepasster Wert für die Angemessenheitsgrenze von ca. S 564.000,-- ergeben.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 97/13/0207, die Ansicht vertreten, dass bezogen auf das Jahr 1991 Anschaffungskosten eines PKW in Höhe von S 467.000,--

den betrieblichen Erfordernissen genügten. Diese Auffassung habe der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2000/13/0217, bestätigt.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b EStG 1988 ein dynamisches Element innewohne. Der Begriff der Angemessenheit unterliege einem ständigen Wandel. Eine starre Wertgrenze, insbesondere wenn sie über viele Jahre unverändert beibehalten werde, könne den Intentionen der genannten Gesetzesstelle nicht gerecht werden. Die nach allgemeiner Verkehrsauffassung angemessenen und somit steuerlich relevanten Anschaffungskosten eines PKW seien bezogen auf das Jahr der Anschaffung zu schätzen. Die belangte Behörde gehe von der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/13/0207, geäußerten Ansicht aus, dass Anschaffungskosten eines PKW von S 467.000,-- im Jahr 1991 den betrieblichen Erfordernissen genügten. Was im Jahr 1999 als den betrieblichen Erfordernissen genügend und somit als angemessen zu beurteilen sei, müsse sich daher an der Preisentwicklung orientieren, die im Zeitraum 1991 bis 1999 stattgefunden habe. Eine Valorisierung des Betrages von S 467.000,-- nach dem Verbraucherpreisindex, wie es der Mitbeteiligte vorgeschlagen habe, führe jedoch zu einem verfälschten Ergebnis, weil dieser Index das Ergebnis der Preisentwicklung aller Güter des Verbraucherpreisindex-Warenkorbes sei. Die belangte Behörde erachte es als richtig, die Indexposition PKW des Verbraucherpreisindex 1986 heranzuziehen, weil diese die Anschaffungskosten neuer PKW betreffe. Diese Indexposition weise im Jahr 1991 einen Wert von 119,9 und im Jahr 1999 einen Wert von 133,5, sohin eine Preissteigerung von 11,34 %, aus. Der Betrag von S 467.000,-- für das Jahr 1991 sei mit 11,34 % zu valorisieren, sodass sich für das Jahr 1999 ein (gerundeter) Betrag von S 520.000,-- ergebe. Anschaffungskosten eines PKW im Jahr 1999 in Höhe von S 520.000,-- seien daher als angemessen anzusehen. Darüber liegende Anschaffungskosten seien um die sich daraus ergebende Repräsentationskomponente zu kürzen.

In seiner gemäß § 292 BAO erhobenen Beschwerde führt das Finanzamt aus, die Auffassung der belangten Behörde laufe auf eine jährliche Valorisierung der Anschaffungskosten von PKW hinaus. Die Angemessenheit der Anschaffungskosten sei im Schätzungswege, sohin innerhalb einer gewissen Bandbreite, zu ermitteln. Die jährlichen Preissteigerungen übten keinen derartigen Einfluss auf das Ergebnis der Schätzung aus, dass innerhalb der angenommenen Bandbreite von S 467.000,-- der Wert der "Angemessenheit" keine Deckung finden könnte.

Der Mitbeteiligte führt in seiner Gegenschrift aus, die belangte Behörde habe bei Ermittlung der Angemessenheit der Anschaffungskosten im Schätzungswege zu Recht auch auf die Kostensteigerung bei PKW Bedacht genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden: Betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen oder Ausgaben, die auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, und zwar insoweit, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind. Dies gilt u.a. für Aufwendungen im Zusammenhang mit Personen- und Kombinationskraftwagen.

Mit dem EStG 1988 wurde das Erfordernis der Angemessenheit von Aufwendungen u.a. für die Anschaffung von Personen- und Kombinationskraftwagen in § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b ausdrücklich gesetzlich verankert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (auch zur Rechtslage vor dem EStG 1988) zur einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für PKW stets zum Ausdruck gebracht, dass sich ein teurer Personenkraftwagen gegenüber einem billigeren nicht nur als sicherer, sondern im Regelfall auch als repräsentativer erweist. Die repräsentative Komponente dürfe steuerlich nicht berücksichtigt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa die Ausscheidung einer Luxustangente als berechtigt angesehen, wenn eine sportliche und erheblich teurere Variante eines der Leistung und technischen Ausstattung im Wesentlichen gleichen Grundmodells angeschafft wurde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2749/77, vom , 84/14/0054, und vom , 97/15/0005), sowie weiters auch festgehalten, dass ein PKW der Mittelklasse in Standardausführung als nach der allgemeinen Verkehrsauffassung angemessen angesehen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/14/0013).

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, der Verwaltungsgerichtshof hätte in seinem Erkenntnis vom , 97/13/0207, für das Jahr 1991 Anschaffungskosten eines PKW in Höhe von S 467.000,-- als angemessen beurteilt. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass in jenem Beschwerdefall die damals belangte Behörde von den Anschaffungskosten eines PKW von S 641.624,-- einen anteiligen Betrag von S 467.000,-- als angemessen anerkannt hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist im seinerzeitigen Erkenntnis zum Ergebnis gelangt, der Beschwerdeführer sei durch die Vorgangsweise der belangten Behörde (bei "ohnedies" als angemessen angesehenen Anschaffungskosten von rund S 470.000,--) nicht in seinen Rechten verletzt worden. Damit hat der Gerichtshof aber nicht ausgesprochen, dass nicht auch ein PKW mit geringeren Anschaffungskosten der allgemeinen Verkehrsauffassung nach den betrieblichen Erfordernissen entsprochen hätte.

Bereits aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, dass für die im hier vorliegenden Fall von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise, von einem als angemessen erachteten Betrag von S 467.000,-- (für das Jahr 1991) auszugehen und diesen zu valorisieren, keine taugliche Grundlage besteht. Die belangte Behörde hat damit bereits deshalb den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Für das fortzusetzende Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgenden Hinweisen veranlasst:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt (weiterhin) die Auffassung, dass grundsätzlich Anschaffungskosten gängiger Fahrzeuge der durchschnittlichen Mittelklasse der (auch europäischer) Automobilhersteller als nach der allgemeinen Verkehrsauffassung angemessen zu beurteilen sind. Dabei sind die Marktverhältnisse zum Zeitpunkt der Anschaffung des Kfz als Neuwagen maßgebend.

Das beschwerdeführende Finanzamt bringt in einem ergänzenden Schriftsatz zur Beschwerde vor, dass im Jahr 2004 (und damit umso mehr in Vorjahren) Fahrzeugmodelle der durchschnittlichen Mittelklasse von vielen Herstellern zu einem Preis bis maximal S 467.000,-- angeboten wurden (z.B. Audi A 4 1,6; VW Passat Edition 1.6; BMW 318d; Volvo S 60 2,4; Mercedes C 200 CDI). Im Allgemeinen wird von solchen, die jeweils aktuellen Preisverhältnisse am österreichischen Pkw-Markt widerspiegelnden Durchschnittswerten für Pkw der durchschnittlichen Mittelklasse zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b EStG 1988 ausgegangen werden können, wenn nicht konkrete betriebliche Besonderheiten im Einzelfall (ausnahmsweise) höhere Anschaffungskosten erforderlich machen.

Ergänzt sei, dass die belangte Behörde auch zu Unrecht das Jahr 1999 (bzw. die Verhältnisse dieses Jahres) für maßgeblich gehalten hat. Erwirbt ein Steuerpflichtiger einen Gebrauchtwagen, ist nämlich, wie sich aus dem hg. Erkenntnis vom , 98/14/0165, ergibt, auf die Verhältnisse abzustellen, als dieses Fahrzeug als Neuwagen angeschafft worden ist.

Der angefochtene Bescheid war aus den genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 47 Abs. 4 VwGG.

Wien, am