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VwGH vom 27.01.2011, 2009/21/0203

VwGH vom 27.01.2011, 2009/21/0203

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Thaddäus Kleisinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28/6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 319.181/2-III/4/09, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in Wien geborene Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, stellte am von Italien aus einen "Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für Angehöriger". Dabei bezog er sich auf seinen in Österreich lebenden Vater S., einen österreichischen Staatsbürger, bei dem er künftig zu wohnen beabsichtige.

Mit eidesstättigen Erklärungen vom 13. Oktober und bestätigte die Mutter des Beschwerdeführers, von 1979 bis 1982 in Wien zusammen mit S., dem Vater des Beschwerdeführers, gelebt zu haben. S. habe "sich finanziell am Unterhalt der ganzen Familie" beteiligt. Nach ihrer Trennung im Jahr 1983 habe S. für den Unterhalt des Beschwerdeführers, seines 1981 geborenen Sohnes, gesorgt, bis dieser im Jahr 1999 volljährig geworden sei.

Am äußerte sich der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer zu den Ergebnissen des Beweisverfahrens dahin, dass er "keinen Antrag im Sinne des § 47 Abs. 3 NAG, sondern im Sinne der §§ 51-57 NAG gestellt" habe. Sein Vater sei ein Österreicher, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe und der dieses nach wie vor in Anspruch nehme. Er habe immer in Österreich gelebt, hier gearbeitet und hier den Mittelpunkt der Lebensinteressen unterhalten; er erfülle "daher die Kriterien der Freizügigkeit". Der Beschwerdeführer sei in Wien geboren und habe während seiner ersten Lebensjahre im gemeinsamen Haushalt mit seinem Vater in Österreich gelebt. Er sei somit iSd § 52 Z. 5 lit. a und b NAG Angehöriger und zur Niederlassung berechtigt. Gemäß § 56 Abs. 1 NAG könne ihm eine quotenfreie Niederlassungsbewilligung als Angehöriger erteilt werden.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den genannten Antrag gemäß § 47 Abs. 3 iVm § 56 Abs. 1 NAG ab.

Begründend führte sie - nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage - aus, der 1981 in Wien geborene Beschwerdeführer sei 1983 - nach Trennung der Eltern - mit seiner Mutter nach Italien verzogen, wo er sich seither aufhalte. Sein Vater, der österreichische Staatsbürger S., habe lediglich bis 1999, dem "Eintritt der Großjährigkeit", Unterhalt geleistet.

Das Einkommen des S. als Zusammenführenden iSd § 47 Abs. 3 NAG (monatliche Pension von EUR 1.700,88) reiche zwar zur Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes sowie desjenigen des Beschwerdeführers aus. Jedoch erfülle dieser nicht die im § 47 Abs. 3 Z. 3 lit. a oder b NAG normierte Voraussetzung, bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen zu haben. In den letzten zehn Jahren habe der Vater nämlich keinen Unterhalt mehr an ihn geleistet.

Die vom Beschwerdeführer weiters angesprochenen Bestimmungen der §§ 51 bis 56 NAG setzten voraus, dass die Bezugsperson ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe. Dies sei hier jedoch zu verneinen, weil S., der Vater des Beschwerdeführers, "seit mindestens 2001 seinen durchgehenden Wohnsitz" in Österreich gehabt habe und daher die Kriterien der Freizügigkeit nicht erfülle. Aus dem gesamten Akteninhalt sei nicht ersichtlich, dass das Recht auf (gemeinschaftsrechtliche) Freizügigkeit in Anspruch genommen worden wäre.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, seinen Antrag nicht auf § 47 (Abs. 3 Z. 3 lit. a bzw. b) NAG, sondern auf die §§ 54 bis 57 NAG gestützt zu haben. Dabei spricht er auch die Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG an.

Dem ist insoweit beizupflichten, als der Beschwerdeführer jedenfalls in seiner Eingabe vom klargestellt hat, keinen Aufenthaltstitel nach dem § 47 Abs. 3 NAG, sondern "im Sinne der §§ 51-57 NAG" zu beantragen. Es erweist sich daher als verfehlt, dass die belangte Behörde die abweisende Entscheidung im angefochtenen Bescheid dennoch (auch) auf die Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 47 Abs. 3 NAG, der keine Grundlage für das gestellte Begehren bildete, gestützt hat.

Allerdings kann der Beschwerdeführer dadurch nicht im geltend gemachten Recht auf Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung verletzt sein. Sein Vater S. hat nämlich - auf Basis der Feststellungen des angefochtenen Bescheides sowie dem Vorbringen in der Beschwerde zufolge - unstrittig seit zumindest 2001 durchgehend seinen Wohnsitz in Österreich gehabt. Auch ist im Verwaltungsverfahren (etwa in der an die belangte Behörde gerichteten Berufung - als Reaktion auf inhaltsgleiche Feststellungen der Erstbehörde und deren Wiedergabe des Vorbringens, S. habe "immer in Österreich gelebt, hier gearbeitet und habe hier den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen" - oder in weiterem Vorbringen des Beschwerdeführers) hinsichtlich früherer Zeiträume kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass sich S. in einen anderen Mitgliedstaat begeben hätte, was als grenzüberschreitender Sachverhalt Voraussetzung für eine Ausübung der Freizügigkeit wäre. Nur wer Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, der sein Recht auf Freizügigkeit in diesem Sinn ausgeübt hat, kann aus der genannten Richtlinie das Recht ableiten, in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union einzureisen und sich dort aufzuhalten (vgl. dazu und betreffend Angehörige von österreichischen Staatsbürgern etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0676, mwN).

Soweit die Beschwerde in den Bestimmungen der §§ 51 ff NAG über das gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsrecht, mit denen die genannte Richtlinie in Österreich umgesetzt wurde, eine verfassungsrechtlich unzulässige Schlechterstellung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger sieht, ist ihr das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 244/09 u.a., entgegenzuhalten, in dem der Verfassungsgerichtshof diesbezüglichen Bedenken nicht gefolgt ist.

§ 57 NAG sieht ausdrücklich die Ausübung des Freizügigkeitsrechts durch den österreichischen Angehörigen als Voraussetzung für die Ausstellung des - hier ausschließlich beantragten - Titels nach § 56 Abs. 1 iVm § 57 NAG vor. Dass die belangte Behörde das Fehlen dieses Erfordernisses zum Anlass für eine Abweisung des Antrages genommen hat, begegnet somit keinen Bedenken.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich die Zulässigkeit seines Rechts zur Inlandsantragstellung ins Treffen führt, ist dies nicht nachvollziehbar, weil die Antragstellung nach den mit der Aktenlage im Einklang stehenden Feststellungen des angefochtenen Bescheides im Ausland erfolgt ist. Überlegungen zu § 47 Abs. 3 NAG erübrigen sich schließlich deshalb, weil - wie in der Beschwerde zutreffend betont wird (siehe oben) - ein Titel nach dieser Bestimmung nicht beantragt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-69386