VwGH vom 29.02.2012, 2009/21/0198
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des B in D, vertreten durch Dr. Anita Einsle, Rechtsanwältin in 6900 Bregenz, Deuringstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-410-010/E2-2009, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der - seit Oktober 2008 besachwalterte - Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina und verfügte zuletzt im Hinblick auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin über einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger". Im Zuge eines Verlängerungsantrages wurde ein aufenthaltsbeendendes Verfahren eingeleitet und schließlich wurde der Beschwerdeführer mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.
In der Folge verhängte die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gegen den Beschwerdeführer am gemäß § 76 Abs. 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung seiner Abschiebung Schubhaft. Aus dieser wurde er am wegen festgestellter Haftunfähigkeit wieder entlassen.
Der Beschwerdeführer erhob Schubhaftbeschwerde. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (die belangte Behörde) diese Beschwerde gemäß §§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 1, 2 und 4 zweiter Satz FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet ab.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Der Beschwerdeführer hat auch gegen den oben genannten Ausweisungsbescheid vom Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Diese Beschwerde war erfolgreich, mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0330, wurde der genannte Ausweisungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG trat dadurch die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des Ausweisungsbescheides befunden hatte. Diese "ex tunc"-Wirkung bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet auch, dass allen Rechtsakten und Vollzugsakten, die während der Geltung des vom Verwaltungsgerichtshof danach aufgehobenen Bescheides auf dessen Grundlage gesetzt worden sind, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen worden ist (vgl. mwN. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/21/0062).
Nach dem Gesagten lag ex post betrachtet bei Verhängung der Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn am keine durchsetzbare Ausweisung vor. Für eine allfällige Abschiebung des Beschwerdeführers existierte somit kein Titel, weshalb die Verhängung und Aufrechterhaltung von Schubhaft zur hier allein gegenständlichen Sicherung einer Abschiebung des Beschwerdeführers nicht rechtmäßig sein konnte. Der zu einer anderen Beurteilung gelangende bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Demnach steht nur ein Schriftsatzaufwand in Höhe von EUR 1.106,40 zu. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die angesprochene Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen nach der genannten Aufwandersatzverordnung inkludiert ist und weil die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG im Hinblick auf die bewilligte Verfahrenshilfe nicht zu entrichten war.
Wien, am
Fundstelle(n):
AAAAE-69381