VwGH vom 30.03.2017, Ra 2016/07/0108

VwGH vom 30.03.2017, Ra 2016/07/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste), vertreten durch die Österreichische Bundesforste AG in Purkersdorf, diese vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 53.28-2442/2016-2, betreffend eine Angelegenheit des Steiermärkischen Einforstungsrechtegesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Agrarbezirksbehörde für Steiermark; mitbeteiligte Parteien: 1. A P in B, und 2. E P in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei wandte sich mit einer Eingabe vom an die Agrarbezirksbehörde für Steiermark (die belangte Behörde) und teilte mit, dass im Frühjahr 2013 die Eigentümer einer einforstungsberechtigten Liegenschaft (die mitbeteiligten Parteien) Teile der Liegenschaft und sämtliche damit verbundenen Weiderechte an einen Dritten verpachtet hätten. Sie ersuchte um Überprüfung des Sachverhaltes und - in eventu - um Ablösung des zugunsten der Liegenschaft der mitbeteiligten Parteien bestehenden Weiderechtes.

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag zurückgewiesen. Über Beschwerde der revisionswerbenden Partei behob das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) diesen Bescheid mit Erkenntnis vom ersatzlos. Der Begründung des Erkenntnisses ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde zur Durchführung eines Ablöseverfahrens zuständig sei; in Bezug auf die strittige Verpachtung verwies das LVwG auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) vom , 6 Ob 320/02f.

3 Die belangte Behörde stellte daraufhin mit Bescheid vom gemäß §§ 1, 4 und 5 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983 (StELG) in Verbindung mit der hier einschlägigen Regulierungsurkunde fest, dass die (namentlich angeführten) Eigentümer der berechtigten Liegenschaft (die mitbeteiligten Parteien) nicht berechtigt seien, aufgrund des mit der Liegenschaft des Pächters abgeschlossenen Teilpachtvertrages Einforstungsrechte zu verpachten. Das StELG sehe die Möglichkeit einer Verpachtung nicht vor.

4 In der Begründung heißt es weiter, das stelle eine nicht vergleichbare Einzelfallentscheidung betreffend ein anderes Bundesland und eine andere Rechtslage dar. Die mitbeteiligten Parteien hätten mit dem Pächter einen Teilpachtvertrag über einzelne Grundstücke abgeschlossen und vereinbart, dass dieser die gesamten, mit seiner (gemeint wohl: ihrer) Liegenschaft verbundenen Weiderechte (Heimweide) ausüben könne. Das StELG sehe eine solche Verpachtungsmöglichkeit aber nicht vor.

5 Zum Eventualantrag auf Ablöse heißt es in der Begründung des Bescheides, auf Grund eines eingeholten Gutachtens habe sich ergeben, dass die Heimweiderechte des berechtigten Gutes nicht dauernd entbehrlich seien. Dies deshalb, weil zwar momentan kein Vieh eingestellt, die Gebäudeausstattung aber vorhanden und eine Reaktivierung der Landwirtschaft aus derzeitiger Sicht allenfalls möglich sei.

6 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Beschwerde.

Darin verweisen sie darauf, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die revisionswerbende Partei das Teilpachtverhältnis hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzflächen und des Weiderechtes der Liegenschaft nicht mehr aufrecht gewesen und das Weiderecht durch den Pächter auch nicht mehr ausgeübt worden sei. Die mitbeteiligten Parteien vertraten aus rechtlicher Sicht den Standpunkt, dass die aufgeworfene Frage inhaltlich so zu entscheiden sei, wie dies der OGH in seinem Urteil vom getan habe; die vorgenommene Art der Verpachtung sei sehr wohl zulässig. Entscheidend sei das Fehlen einer Erhöhung der Belastung des dienenden Gutes; dies sei auch hier der Fall. Die Behörde hätte daher auch maßgebliche Normen des bürgerlichen Rechtes in ihre Beurteilung einfließen lassen müssen.

Des Weiteren hätte das Erkenntnis des LVwG vom Bindungswirkung für die belangte Behörde; darin habe das LVwG bereits auf das Urteil des OGH hingewiesen. Überdies fehle es an einem die Erlassung eines Feststellungsbescheides rechtfertigenden Feststellungsinteresse.

7 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis vom gab das LVwG der Beschwerde statt und hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf. Die ordentliche Revision wurde als nicht zulässig erklärt.

Dies wurde - nach Wiedergabe der §§ 1, 4 und 5 StELG - damit begründet, dass die belangte Behörde zutreffend festgehalten habe, dass in diesen Bestimmungen die Verpachtung nicht geregelt sei. Im Gegensatz zu den rein privatrechtlich zu beurteilenden Dienstbarkeiten stellten Einforstungsrechte Rechtsverhältnisse öffentlich-rechtlicher Natur dar. Einforstungsrechte hätten aber nicht ausschließlich öffentlich-rechtlichen Charakter, sondern wiesen eine doppelte Rechtsnatur mit privatrechtlichen Elementen auf. Die Ausübung von Einforstungsrechten sei insoweit, als die Regelungen im StELG reichten, dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Die Agrarbehörde sei zur Sicherung der Nutzungsrechte und allgemein zur Wahrung der öffentlichen Interessen an einem sowohl dem Berechtigen als auch dem Verpflichteten zuträglichen Bestand an Nutzungsrechten berufen. Das von der Agrarbehörde zu wahrende öffentliche Interesse sei auf das Verhältnis der beteiligten Grundeigentümer und die von behördlichen Maßnahmen betroffenen Dritten beschränkt. Weil aber die Nutzungsrechte gerade nicht in jeder Hinsicht durch öffentlich-rechtliche Vorschriften erfasst würden, bestehe für das Verhältnis des Nutzungsberechtigten (oder Verpflichteten) zu dritten Störern (hinsichtlich des Rechtes auf Verteidigung des Nutzungsrechtes und auf Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen) die Zuständigkeit der (ordentlichen) Gerichte ().

Mangels ausdrücklicher Verweisung auf den Verwaltungsweg sei die Agrarbehörde daher nicht zuständig, festzustellen, ob das Einforstungsrecht (das Gesetz und die dem Recht zu Grunde liegenden Urkunden) die im Antrag beschriebene Vorgehensweise der Verpächter zulasse. Die Verpachtung von Grundstücken und damit auch die Frage, ob mit dieser Verpachtung die Ausnützung der mit diesen Grundstücken verbundenen Einforstungsrechte zulässig sei, gehöre auf den ordentlichen Rechtsweg (). Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, ihre Unzuständigkeit zur Entscheidung des Antrags gegebenenfalls unter Hinweis auf die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte festzustellen.

Die ordentliche Revision wurde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zugelassen; es lägen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

8 Die revisionswerbende Partei erhob dagegen außerordentliche Revision und machte geltend, zur Frage der Zuständigkeit der Agrarbehörde oder der Gerichte zur Feststellung der Zulässigkeit des genannten Teilpachtvertrages gäbe es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die beiden Entscheidungen des LVwG in dieser Angelegenheit seien in sich widersprüchlich. In der Sache sei bereits aufgrund der die Zuständigkeit betreffenden Vorschriften im StELG klar, dass eine Zuständigkeit der Agrarbehörde bestehe; das sei nicht einschlägig und überholt. Im Übrigen werde bestritten, dass der Teilpachtvertrag bereits abgelaufen und nicht mehr verlängert worden sei.

9 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten dazu eine Revisionsbeantwortung vom , in der sie die Argumentation der Revisionswerberin (näher begründet) als unrichtig bezeichneten und auf das zitierte Urteil des OGH verwiesen. Das Pachtverhältnis sei 2015 beendet und nicht mehr verlängert worden. Ihnen als Eigentümer der Weiderechte komme eine gewisse Dispositionsbefugnis über diese Weiderechte zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2014/02/0114, mwN).

10 2. Eine der Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, auf die die Revision verweist, stellt die Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über den verfahrensauslösenden Antrag der revisionswerbenden Partei vom dar. Dabei ist zu klären, ob die Agrarbehörde oder die ordentliche Gerichtsbarkeit zur Feststellung der Zulässigkeit des Abschlusses von Teilpachtverträgen (Totalverpachtung der Einforstungsrechte bei gleichzeitiger teilweiser Verpachtung der berechtigten Liegenschaft) zuständig ist.

11 Entgegen der Ansicht des LVwG besteht keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage.

12 Die Revision erweist sich daher als zulässig. 13 3. Vorauszuschicken ist, dass die Deutung des Hauptantrags

der revisionswerbenden Partei in ihrem Schreiben vom als Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Zulässigkeit des Abschlusses dieses Teilpachtvertrages nicht in Zweifel gezogen wird. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher ebenfalls vom Vorliegen eines Antrags auf Erlassung eines Feststellungsbescheides aus.

14 Weiters ist vorweg klar zu stellen, dass eine Entscheidung über diesen Antrag ungeachtet der "ersatzlosen" Behebung des (ersten) Bescheides der belangten Behörde vom neuerlich möglich war; diese Behebung bezog sich auf die auf § 13 Abs. 3 AVG gestützte Zurückweisung des Antrags, für die keine rechtliche Grundlage bestanden hatte. Der Begründung des Erkenntnisses ist zu entnehmen, dass über den Eventualantrag (auf Ablösung der Weiderechte) noch zu entscheiden sei; in Bezug auf den Hauptantrag (auf Feststellung) wurde auf die zitierte Rechtsprechung des OGH verwiesen.

Die Verfahrensparteien ziehen ebenfalls nicht in Zweifel, dass die Agrarbehörde zur Sachentscheidung (auch) über den Hauptantrag weiterhin zuständig war; auch der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus.

15 Ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es an einer bescheidmäßigen Entscheidung über den Eventualantrag - ungeachtet der Darstellung diesbezüglicher Überlegungen in der Begründung des (zweiten) Bescheides der belangten Behörde vom - noch fehlt.

16 4. Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des StELG haben folgenden Wortlaut:

"Veränderung von Nutzungsrechten

§ 5. (1) Vereinbarungen über rechtliche Veränderungen an den Nutzungsrechten, insbesondere über die gänzliche oder teilweise Übertragung von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere oder von der verpflichteten Liegenschaft auf eine andere, sowie über die Löschung bücherlich eingetragener Nutzungsrechte bedürfen der Bewilligung der Agrarbehörde.

(2) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn der beabsichtigten Änderung Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen, insbesondere wenn mit Grund angenommen werden kann, daß die Änderung aus anderen als wirtschaftlichen Gründen angestrebt wird. Die teilweise Übertragung eines Nutzungsrechtes von einer berechtigten Liegenschaft auf eine andere darf weiters nicht bewilligt werden, wenn die Übertragung zu einer unwirtschaftlichen Rechtszersplitterung führt oder eine unverhältnismäßige Erschwernis in der Wirtschaftsführung des Verpflichteten nach sich zieht. Die Übertragung des Nutzungsrechtes von einer verpflichteten Liegenschaft auf eine andere ist nicht zuzulassen, wenn diese eine geringere Gewähr für die nachhaltige Deckung des Nutzungsrechtes als die bisher verpflichtete Liegenschaft bietet oder die Nutzung dadurch wesentlich erschwert würde.

(3) Stimmt der Verpflichtete einer gänzlichen oder teilweisen Übertragung eines Nutzungsrechtes von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere nicht zu, so kann die Agrarbehörde auf Antrag des Berechtigten nach Anhörung des Verpflichteten derartige Veränderungen durch Bescheid verfügen, wenn die im Abs. 2 angeführten Versagungsgründe nicht vorliegen.

Verwendung der Nutzungen

§ 6. (1) Die Nutzungsrechte haben ohne Rücksicht auf die Bestimmungen der Regulierungsurkunden vor allem der ordentlichen Bewirtschaftung der berechtigten Liegenschaft zu dienen.

(2) ...

Zuständigkeit der Agrarbehörde

§ 48. (1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes und die Anordnungen, welche auf Grund des Kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGB1. Nr. 130, der Landesgesetze vom 8. Jänner 1889, LGuVBl. Nr. 6, vom , LGuVBl. Nr. 29/1911, und vom , LGBl. Nr. 237 aus 1922, und dieses Gesetzes in Regulierungsurkunden oder Satzungen, in Entscheidungen und genehmigten Vergleichen getroffen wurden, sind mit Ausschluß des Rechtsweges von der Agrarbehörde durchzuführen.

(2) Die Agrarbehörde entscheidet auch außerhalb eines Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung mit Ausschluß des Rechtsweges über die Frage des Bestandes und Umfanges von Nutzungsrechten und über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind.

(3) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über Klagen, die auf den Schutz und die Wiederherstellung des letzten Besitzstandes gerichtet sind, bleibt unberührt.

Genehmigung von Parteiübereinkommen

§ 51. (1) Alle über die Ausübung der Nutzungsrechte getroffenen Parteiübereinkommen bedürfen der agrarbehördlichen Genehmigung.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Übereinkommen gesetzwidrig sind oder den allgemeinen Interessen der Landeskultur widersprechen oder geeignet sind, erhebliche, offenbare Nachteile für die Beteiligten herbeizuführen; ferner, wenn behördliche Bedenken gegen die Möglichkeit der Durchführung bestehen oder wenn Rechte dritter Personen offenbar verletzt werden."

17 5. In Bezug auf die Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Feststellungsantrag der revisionswerbenden Partei vom besteht Uneinigkeit zwischen der belangten Behörde und der revisionswerbenden Partei zum einen und dem LVwG zum anderen.

18 Das in diesem Zusammenhang mehrfach genannte , behandelte ein Unterlassungsbegehren der Eigentümer der dienenden Liegenschaft. Es trifft zur Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über ein Feststellungsbegehren des vorliegenden Inhaltes keine konkreten Aussagen. Abgesehen davon erging es in einem Kärntner Fall, der ausdrücklich von der Rechtslage in der Steiermark abgegrenzt wird (wobei dahin stehen kann, ob diese Abgrenzung zutrifft). Entscheidend für die (implizit bestätigte) Zulässigkeit der Verpachtung von Weiderechten ohne gleichzeitige Verpachtung der (gesamten) berechtigten Liegenschaft war der Umstand, dass sich durch die Ausübung in Rechtsgemeinschaft (Pächter und Verpächter üben gemeinsam das Weiderecht aus) die Belastung des dienenden Gutes nicht erhöhen dürfe; diese Beurteilung wurde allein unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten getroffen. Aus welchen Gründen die Zivilgerichte die Zuständigkeit zur Entscheidung über die konkrete Ausübung der Einforstungsrechte in Anspruch nahmen, geht aus dem Urteil nicht hervor.

19 6. Hinter der Frage der Zulässigkeit der Teilverpachtung steht die Frage der konkreten Nutzung (Ausübung) des Einforstungsrechtes. Zu klären ist dabei, wer (der Pächter oder der Eigentümer der berechtigten Liegenschaft) das Einforstungsrecht ausüben darf; ob es - bei sonstigem Widerspruch zur Rechtslage - nur der Eigentümer der berechtigten Liegenschaft in Anspruch nehmen darf oder ob seine Nutzung auch an einen (Teil-)Pächter übertragen werden kann. Es geht also um die konkrete Ausübung von Einforstungsrechten.

20 6.1. Das LVwG hat selbst - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2005/07/0103) - darauf hingewiesen, dass die Agrarbehörde zur Sicherung der Nutzungsrechte und allgemein zur Wahrung des öffentlichen Interesses an einem sowohl dem Berechtigten als auch dem Verpflichteten zuträglichen Bestand an Nutzungsrechten berufen sei. Die Zuständigkeit der Agrarbehörde und das von dieser zu wahrende öffentliche Interesse beschränkten sich auf das Verhältnis zwischen den Eigentümern der berechtigten und verpflichteten Liegenschaft. Die Ausübung von Einforstungsrechten, insoweit die Regelungen im StELG reichten, seien dem öffentlichen Recht zuzuordnen. So fielen Streitigkeiten gegenüber dem Eigentümer der belasteten Liegenschaft, und damit alle Streitigkeiten über den Inhalt und die Ausübung dieser Rechte, in die Zuständigkeit der Agrarbehörden. Das von der Agrarbehörde zu wahrende öffentliche Interesse sei auf das Verhältnis der beteiligten Grundeigentümer und die von behördlichen Maßnahmen betroffenen Dritten beschränkt.

6.2. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es im vorliegenden Fall um die konkrete Ausübung von Nutzungsrechten und in diesem Zusammenhang auch um das öffentliche Interesse am zuträglichen Bestand an Nutzungsrechten geht; es geht hier um das Verhältnis zwischen dem belasteten Grundeigentümer und denjenigen, die nutzungsberechtigt sind oder sein wollen (Verpächter bzw. Pächter der Einforstungsrechte). Letztlich geht es auch um die Frage, welcher Liegenschaft bzw. welchem Betrieb (des Verpächters oder des Pächters) die Weiderechte im Falle ihrer Ausübung zu Gute kommen.

Angesichts dessen ist in der vorliegenden Fallgestaltung die Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über den Feststellungsantrag (auf Grundlage des § 48 Abs. 2 StELG) gegeben.

21 6.3. Entgegen der Ansicht des LVwG besteht daher eine Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über den Feststellungsantrag. Die Agrarbehörde hat von dieser Zuständigkeit auch Gebrauch gemacht.

Das angefochtene Erkenntnis des LVwG, mit dem die Zuständigkeit der Agrarbehörde rechtlich anders bewertet und der Bescheid der Agrarbehörde aufgehoben worden war, erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.

22 7. Um aber - wie die belangte Behörde - eine Feststellung über die Zulässigkeit des hier abgeschlossenen Teilpachtvertrags zu treffen, bedarf es eines Feststellungsinteresses.

7.1. Ein rechtliches Interesse einer Partei an einer bescheidmäßigen Feststellung ist bei Fällen, in denen die Erlassung eines Feststellungsbescheides - wie hier - im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, gegeben, wenn der Feststellungsbescheid für die Partei ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/06/0199). Der Feststellung muss somit in concreto die Eignung zukommen, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechtes des Antragstellers zu beseitigen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2010/07/0171, und vom , 2011/07/0089).

23 7.2. Besteht ein Teilpachtvertrag mit dem hier verfahrensgegenständlichen Inhalt, so ist vom Vorliegen eines Feststellungsinteresses des verpflichteten Liegenschaftseigentümers (der revisionswerbenden Partei) auszugehen. Dies gilt auch für den Fall einer unmittelbar bevorstehenden Verlängerung eines solchen Teilpachtvertrages. Ein solches Feststellungsinteresse wäre auch zu bejahen, wenn davon auszugehen wäre, dass der Abschluss eines solchen Teilpachtvertrages unmittelbar bevorstünde.

24 7.3. Feststellungen dazu wurden im vorliegenden Fall - ausgehend von der oben dargestellten unrichtigen Rechtsansicht des LVwG - aber nicht getroffen. Während die mitbeteiligten Parteien während des Verfahrens wiederholt auf den Ablauf des Teilpachtvertrages und das Fehlen einer Verlängerung verwiesen, stellte die revisionswerbende Partei gegenteilige Behauptungen auf.

Es wird daher im fortgesetzten Verfahren festzustellen sein, ob das notwendige Feststellungsinteresse überhaupt noch besteht.

25 8. Für das fortgesetzte Verfahren wird darauf hingewiesen, dass eine (Total-)Verpachtung von einforstungsberechtigten Liegenschaften und den damit verbundenen Einforstungsrechten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich zulässig erscheint (vgl. das zu einem Fall in Salzburg ergangene hg. Erkenntnis vom , 2005/07/0103). Im dortigen Fall handelte es sich aber um die Verpachtung der gesamten berechtigten Liegenschaft samt ihren Einforstungsrechten.

Die Zulässigkeit der Verpachtung ist vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass ein Einforstungsrecht allein der ordentlichen Bewirtschaftung der eingeforsteten Liegenschaft (dem eingeforsteten Betrieb) des Verpächters zu dienen bestimmt ist (§ 6 Abs. 1 StELG) und keinesfalls der freien Disposition der Berechtigten unterliegt. Vor diesem Hintergrund sind die strengen Regelungen über die Ersitzung und Verjährung (§ 2 StELG), Übertragung auf Trennstücke (§ 4 leg. cit.) und letztlich über die Veränderung von Nutzungsrechten (§ 5 leg. cit.) zu verstehen.

26 Vielfach findet sich in Regulierungsurkunden ein Verbot der Fremdviehaufnahme; ob dies hier ebenso der Fall ist, wurde nicht festgestellt. Wird nun allein das Weiderecht einer eingeforsteten Liegenschaft verpachtet und wird es dann zum Auftrieb von Vieh verwendet, das zu dem (nicht eingeforsteten) Betrieb des Pächters gehört, handelte es sich ebenfalls um eine Fremdviehaufnahme. Durch die Verpachtung des Weiderechtes und dessen Nutzung durch einen nicht eingeforsteten Betrieb würde das dort gehaltene Vieh nicht zum Eigenvieh (Heimvieh), sondern bliebe Fremdvieh. Das Weiderecht käme diesfalls nicht mehr dem eingeforsteten Betrieb und seiner wirtschaftlichen Stärkung, sondern einem fremden Betrieb zu Gute. Eine solche Nutzung des Rechts durch einen anderen als den berechtigen Betrieb widerspräche aber dem Gesetz (§ 5 Abs. 1 StELG) und dem öffentlichen Interesse an der Stärkung landwirtschaftlicher Betriebe.

27 Diese Aspekte werden im fortgesetzten Verfahren - das Vorliegen eines aufrechten Feststellungsinteresses vorausgesetzt - bei der Beurteilung der Zulässigkeit der hier gegenständlichen Teilverpachtung zu berücksichtigen sein.

28 9. Aus den dargestellten Gründen war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

29 10. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und einem Entfall der Verhandlung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) weder Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom , S 389, entgegenstanden.

30 11. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

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Schlagworte:
sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

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