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VwGH vom 27.05.2010, 2009/21/0196

VwGH vom 27.05.2010, 2009/21/0196

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom , Zl. 2Fr-3-1/09, betreffend Ausweisung gemäß § 54 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, befindet sich seit Ende Mai 2006 in Österreich. Ihm wurden zweimal Aufenthaltsbewilligungen für Studierende gemäß § 64 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), zuletzt mit einer Befristung bis , erteilt.

Nachdem der Beschwerdeführer am die österreichische Staatsbürgerin Jasmin K. geheiratet hatte, stellte er am einen "Zweckänderungsantrag" auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" nach § 47 Abs. 2 NAG. Im Zuge dieses Verfahrens ersuchte die Niederlassungsbehörde mit Schreiben vom im Hinblick auf den von ihr geäußerten Verdacht auf das Vorliegen einer Aufenthaltsehe die Bundespolizeidirektion Klagenfurt um entsprechende Erhebungen, die ergebnislos verliefen.

Den erwähnten Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" wies der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG ab, weil sich die Ehefrau des Beschwerdeführers derzeit in Haft befinde und kein Einkommen beziehe, sodass der Lebensunterhalt für einen gemeinsamen Aufenthalt in Österreich nicht gesichert sei. Die dagegen erhobene Berufung wies die Bundesministerin für Inneres mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG ab (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0630).

Sodann wurde der Beschwerdeführer mit dem von der Bundespolizeidirektion Klagenfurt als Fremdenpolizeibehörde erster Instanz erlassenen Bescheid vom gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes - FPG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer antragsgemäß ein Durchsetzungsaufschub von drei Monaten gewährt.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Ausweisung des Beschwerdeführers wurde auf die Z 2 des § 54 Abs. 1 FPG gestützt. Danach können Fremde, die sich (u.a.) während eines Verfahrens zur Verlängerung ihres Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht. Diese Voraussetzung erachtete die belangte Behörde für erfüllt. Dazu führte sie in der an die genannte Bestimmung anknüpfenden Begründung im angefochtenen Bescheid aus, dass sich der Beschwerdeführer durch den rechtzeitig eingebrachten "Verlängerungsantrag" während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalte. Deshalb könne er gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 FPG mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegen stehe. Das "Amt der Kärntner Landsregierung" habe mit Bescheid vom dem Antrag gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG nicht stattgegeben, weil der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers für einen gemeinsamen Aufenthalt mit seiner Ehefrau in Österreich nicht gesichert sei. Auch das "Bundesministerium" für Inneres habe (in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides) in seinem Bescheid vom festgestellt, dass die Voraussetzungen für den vom Beschwerdeführer beantragten Aufenthaltstitel nicht erfüllt seien. Für die belangte Behörde stehe daher "aufgrund der Tatsachen im NAG-Verfahren" fest, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel nicht erfülle und somit "die Ausgangslage" für die Erlassung der Ausweisung gegeben sei.

Bei diesen Ausführungen wird jedoch übersehen, dass das Verfahren über den vom Beschwerdeführer am gestellten "Zweckänderungsantrag" schon im Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Ausweisung rechtskräftig beendet war und demzufolge nur eine Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG in Betracht gekommen wäre. Dieses Hindernis ist zwar infolge der - gemäß § 42 Abs. 3 VwGG rückwirkenden - Aufhebung des Bescheides der Bundesministerin für Inneres vom mit dem bereits erwähnten Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0630, weggefallen. Die Erlassung einer Ausweisung nach § 54 Abs. 1 Z 2 FPG hätte jedoch weiters vorausgesetzt, dass die Niederlassungsbehörde die Vorgangsweise nach § 25 Abs. 1 NAG (Verständigung der Fremdenpolizeibehörde zur allfälligen Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach näher umschriebener Wahrung des Parteiengehörs) eingehalten hätte. Das war vorliegend nicht der Fall. Vielmehr hat die Niederlassungsbehörde - auf Basis der damaligen Rechtslage: zutreffend (siehe neuerlich das Erkenntnis Zl. 2008/21/0630) - eine Befassung der Fremdenpolizeibehörde im Sinne des § 25 Abs. 1 NAG nicht vorgenommen, sondern über den Antrag selbst entschieden. In einer solchen Konstellation kam die Erlassung einer auf § 54 Abs. 1 Z 2 FPG gestützten Ausweisung nicht in Betracht.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-69371