VwGH vom 30.05.2017, Ra 2016/07/0099
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der M P in E, vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in 8200 Gleisdorf, Ludersdorf 201, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 46.23-1620/2016-7, betreffend einen Auftrag nach § 21a WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom verpflichtete die BH Graz-Umgebung die Revisionswerberin als Grundstückseigentümerin, bis zum den artesischen Brunnen auf Gst. Nr. 1100/3, KG H, zu verschließen und dabei näher bestimmte Anordnungen zu treffen.
2 Dagegen erhob die Revisionswerberin rechtzeitig Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG).
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das LVwG die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm §§ 10, 12a, 21a und 29 Wasserrechtsgesetz (WRG 1959) mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Erfüllungsfrist mit vorgeschrieben werde und die Verpflichtung an die Revisionswerberin als Wasserberechtigte gerichtet sei (Spruchpunkt I.). Das LVwG erklärte gemäß § 25a VwGG gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig (Spruchpunkt II.).
4 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin besitze für den gegenständlichen artesischen Brunnen die wasserrechtliche Bewilligung. Es handle sich um einen Brunnen mit einer Tiefe von 63 m, wobei er auf eine Tiefe von 13 m verrohrt sei. Im Zuge des Verfahrens habe durch die belangte Behörde ein Ortsaugenschein am stattgefunden, bei welchem ein hydrogeologischer und ein wasserbautechnischer Amtssachverständiger (ASV) sowie Dr. F. als Vertreter des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans anwesend gewesen seien. Es sei festgestellt worden, dass der gegenständliche Brunnen gemäß § 12a Abs. 3 WRG 1959 nicht dem Stand der Technik entspreche.
5 Das LVwG gab die Stellungnahme des grundwasserwirtschaftlichen ASV Dr. F. vom wieder, welche angefordert worden sei, um konkret auf die Beschwerdevorbringen einzugehen. Diese lautete auszugsweise:
"...Der auf Gst. Nr. 1100/3, KG H, befindliche und mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom bewilligte artesische Brunnen entspricht nicht dem Stand der Technik.
Als Sanierungsvariante ist aus derzeitiger Sicht nur ein Rückbau in Kombination mit einer Neuerrichtung möglich.
Der artesische Brunnen steht sowohl in Widerspruch mit den Vorgaben des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans als auch mit einer wichtigen wasserwirtschaftlichen Planung.
Als gelindestes Mittel zur Erreichung des angestrebten Erfolgs wird ein Rückbau der artesischen Brunnenanlage bei gleichzeitigem Anschluss an das öffentliche Wasserversorgungsnetz angesehen. ..."
6 Dazu führte das LVwG aus, es stehe außer Streit, dass der gegenständliche Brunnen nicht dem Stand der Technik entspreche. Im Gutachten des ASV werde ausgeführt, welche Möglichkeiten es grundsätzlich gebe, um Brunnenanlagen zu sanieren, welche gespanntes oder artesisch gespanntes Grundwasser erschlössen. Es handle sich dabei um Überbohren, Rohr- in Rohr-Techniken (Sanierung einer bestehenden Verrohrung, Einführen einer zusätzlichen Innenverrohrung) oder Rückbau der bestehenden Brunnenanlage mit anschließender Neuerrichtung.
7 Unter Bezugnahme auf das Gutachten des grundwasserwirtschaftlichen ASV legte das LVwG näher dar, weshalb die vorgeschriebene Maßnahme als gelindestes Mittel zur Erreichung des angestrebten Erfolgs anzusehen sei.
8 Hinsichtlich des Vorbringens der Befangenheit des ASV führte das LVwG aus, Dr. F. sei hydrogeologischer Sachverständiger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne eine allfällige Befangenheit eines Sachverständigen nur dann mit Erfolg eingewendet werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen die Erledigung dieses Verwaltungsorgans ergäben oder besondere Umstände hervorkämen, die geeignet seien, die volle Unbefangenheit desselben in Zweifel zu ziehen, etwa wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung gefolgert werden könne. Der Umstand alleine, dass der in beiden Instanzen beigezogene ASV gleichzeitig Beamter der Behörde erster Instanz sei, vermöge keine Bedenken gegen seine volle Unbefangenheit zu begründen, weil die allein auf seiner fachlichen Qualifikation beruhende Begutachtung keinem Weisungsrecht unterliege. Vorliegend bestünden an der fachlichen Qualifikation des beigezogenen ASV keinerlei Zweifel und seien die Ausführungen des ASV schlüssig und nachvollziehbar, weshalb keinesfalls von einer Befangenheit ausgegangen werden könne.
9 Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das LVwG aus, es sei keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer Rechtsprechung. Weiters sei die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
10 In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision macht die Revisionswerberin geltend, die Revision sei zulässig, weil das LVwG bei der gemäß § 21a Abs. 3 WRG 1959 durchzuführenden Verhältnismäßigkeitsprüfung von der gegenständlichen Rechtsprechung abgewichen sei bzw. dazu keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
11 Außerdem läge Befangenheit des ASV Dr. F. gemäß § 6 VwGVG iVm § 7 AVG vor. Gegenständlich habe das LVwG den ASV Dr. F. zugezogen, der entscheidungswesentlich die Basis für die Verhältnismäßigkeitsprüfung geschaffen habe. Dr. F. sei Referatsleiterstellvertreter und Referent für wasserwirtschaftliche Planung der Abteilung 14 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung. Diese Abteilung nehme die nach § 55 WRG 1959 dem Landeshauptmann (im Folgenden: LH) als wasserwirtschaftlichem Planungsorgan zustehenden Rechte wahr und genieße gemäß § 102 Abs. 1 lit. h WRG 1959 im Verfahren Parteistellung. Diese Parteistellung sei vom ASV im erstinstanzlichen Verfahren vor der belangten Behörde persönlich wahrgenommen worden und habe dieser in der Ortsaugenscheinsverhandlung als wasserwirtschaftliches Planungsorgan Vorbringen gegen den bestehenden artesischen Brunnen erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Die Revisionswerberin macht zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen geltend, das LVwG sei in Bezug auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 21a Abs. 3 WRG 1959 von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen und habe auch die Regelungen betreffend die Befangenheit von ASV gemäß §§ 6 VwGVG iVm 7 AVG verletzt.
16 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch berechtigt.
17 Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) BGBl. I Nr. 33/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (unter anderem) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sinngemäß anzuwenden.
18 Die hier wesentlichen Bestimmungen des AVG lauten auszugsweise:
"Befangenheit von Verwaltungsorganen
§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:
1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen
(§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;
2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei
bestellt waren oder noch bestellt sind;
3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet
sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
...
§ 53. (1) Auf Amtssachverständige ist § 7 anzuwenden. ..."
19 Die hier relevanten Bestimmungen des WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959, idF vor der im Revisionsfall noch nicht anwendbaren Novelle BGBl. I Nr 58/2017, lauten (auszugsweise):
"Wasserwirtschaftliche Planung einschließlich Hochwasserrisikomanagement
§ 55. (1) ...
(2) Dem Landeshauptmann als wasserwirtschaftlichem
Planungsorgan obliegt
a) die Zusammenfassung und Koordinierung aller
wasserwirtschaftlichen Planungsfragen im Lande,
b) die Überwachung der wasserwirtschaftlichen Entwicklung,
c) die Sammlung der für die wasserwirtschaftliche Planung
bedeutsamen Daten,
d) die vorausschauende wasserwirtschaftliche Planung,
e) die Schaffung von Grundlagen für die Festlegung von
Schutz- und Schongebieten (§§ 34, 35, 37), für Verordnungen gemäß
§ 33 Abs. 2, für Sanierungsprogramme gemäß § 33d, für Beobachtungs-
und voraussichtliche Maßnahmengebiete gemäß § 33f sowie für
Regionalprogramme gemäß § 55g Abs. 1 Z 1,
f) die Wahrnehmung wasserwirtschaftlicher Interessen
gegenüber anderen Planungsträgern und Behörden,
g) die Beurteilung von Vorhaben auf Vereinbarkeit mit
wasserwirtschaftlichen Planungen und Zielen, insbesondere zur Wahrung der Interessen an der Trink- und Nutzwasserversorgung im Lande.
(3) ...
(5) Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan ist in allen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie nach dem Mineralrohstoffgesetz, dem Eisenbahnrecht, dem Schiffahrtsrecht, dem Gewerberecht, dem Rohrleitungsrecht, dem Forstrecht und dem Abfallrecht des Bundes, durch die wasserwirtschaftliche Interessen berührt werden, zu hören. Es hat Parteistellung sowie Beschwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht in Wahrnehmung seiner Aufgaben zur Wahrung wasserwirtschaftlicher Interessen gemäß Abs. 2 lit. a bis g, insbesondere unter Bedachtnahme auf die in einem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan oder einem Hochwasserrisikomanagementplan festgelegten Vorgaben (Maßnahmen) in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie in allen behördlichen Verfahren, in denen wasserrechtliche Bestimmungen mitangewendet werden; dies gilt nicht für Verfahren, in denen der Landeshauptmann als Behörde zur Entscheidung berufen ist. Im Rahmen seiner Parteistellung besteht für das wasserwirtschaftliche Planungsorgan auch die Möglichkeit gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Parteien und Beteiligte.
§ 102. (1) Parteien sind:
a) ...
h) das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung
der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des in § 55 Abs. 5.
..."
20 2. Es ist unstrittig, dass der vom LVwG beauftragte ASV Dr. F. als Referatsleiter-Stellvertreter und "Referent Wasserwirtschaftliche Planung" der Abteilung 14 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung tätig ist.
Laut dem Protokoll der von der belangten Behörde durchgeführten Ortsaugenscheinsverhandlung vom nahm der Genannte als Vertreter des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans an der Verhandlung teil und erstattete als Verfahrenspartei eine ausführliche Stellungnahme, in der er mit näherer Begründung die Anpassung des Brunnens an den Stand der Technik forderte. Das LVwG zog Dr. F. als ASV dem Beschwerdeverfahren bei, holte von ihm ein Gutachten zu den fachlichen Aspekten der Beschwerde ein und stützte das angefochtene Erkenntnis maßgeblich auf dieses Gutachten.
21 Dem Landeshauptmann als wasserwirtschaftlichem Planungsorgan kommt nach § 55 Abs. 5 zweiter Satz in Verbindung mit § 102 Abs. 1 lit. h WRG 1959 in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 WRG 1959 genannten Aufgaben Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren zu.
22 Diese Parteistellung des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans hat Dr. F. im Verfahren vor der belangten Behörde wahrgenommen und in seiner in der mündlichen Verhandlung erstatteten Stellungnahme auf die in § 55 Abs. 2 WRG 1959 genannten, ihm zukommenden Aufgaben zur Wahrung wasserwirtschaftlicher Interessen gemäß § 55 Abs. 2 lit. a bis g leg. cit. Bezug genommen.
Entgegen der Ansicht des LVwG handelt es sich hier nicht um einen Fall, in dem der gleiche Sachverständige sowohl im Verfahren vor der Behörde als Amtssachverständiger als auch im Verfahren vor dem LVwG als Amtssachverständiger beigezogen wurde. Im vorliegenden Fall nahm der im Verfahren vor dem LVwG beigezogene ASV im Verfahren vor der belangten Behörde vielmehr die Rechte einer Verfahrenspartei persönlich wahr.
23 Weil Dr. F. aber als wasserwirtschaftliches Planungsorgan Partei des gegenständlichen Verfahrens war, war es nicht zulässig, dass das wasserwirtschaftliche Planungsorgan im selben Verfahren gleichzeitig auch als ASV auftritt (vgl. Bumberger/Hinterwirth, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz2 (2013) K 22 zu § 55 WRG 1959).
In der Person des ASV Dr. F. liegt daher ein absoluter Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z 1 AVG; in diesem Fall gilt ein Verwaltungsorgan jedenfalls als befangen, ohne dass zu prüfen wäre, ob tatsächlich Zweifel an seiner "Unbefangenheit" bestehen. Das LVwG verkennt, dass es darauf, ob Umstände vorliegen, die die volle Unbefangenheit von Dr. F. in seiner Funktion als ASV im Verfahren vor dem LVwG tatsächlich zweifelhaft erscheinen lassen, daher nicht ankommt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , 2004/09/0209, sowie vom , 2004/09/0172).
24 Aber selbst, wenn man die Ansicht verträte, Dr. F. sei im Verfahren erster Instanz als wasserwirtschaftliches Planungsorgan aufgetreten, diese Funktion könne im Verfahren vor dem LVwG von einem anderen Referenten wahrgenommen werden und Dr. F. könne daher im Verfahren vor dem LVwG in einer anderen Rolle, nämlich als ASV (und nicht als wasserwirtschaftliches Planungsorgan) auftreten, läge Befangenheit vor. Ein solcher Vorgang stellte im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 3 AVG einen sonstigen wichtigen Grund dar, der geeignet wäre, die volle Unbefangenheit des ASV in Zweifel zu ziehen.
Zum Vorliegen des Befangenheitsgrundes nach § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG genügen Umstände, die die volle Unbefangenheit zweifelhaft erscheinen lassen können und die eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Befangenheit begründen können. Es genügt somit, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss (auch wenn der Entscheidungsträger tatsächlich unbefangen sein sollte) oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit in diesem Sinne vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/07/0034, und den hg. Beschluss vom , Ro 2015/07/0038).
Angesichts der ausführlichen fachlichen Stellungnahme des Dr. F. als wasserwirtschaftliches Planungsorgan im Verfahren vor der belangten Behörde, in der sich dieser dezidiert gegen die gegenständliche artesische Brunnenanlage aussprach, konnte bei objektiver Betrachtung der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels liegt angesichts des Umstands, dass sich das angefochtene Erkenntnis maßgeblich auf das Gutachten des Dr. F. stützt, auf der Hand.
25 Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
26 Auf das weitere Vorbringen in der Revision war daher nicht mehr näher einzugehen.
27 Für den weiteren Verfahrensgang ist das LVwG darauf hinzuweisen, dass es vor dem Hintergrund des § 17 VwGVG 2014 seine Entscheidung iSd § 58 AVG zu begründen hat. Im Sinne des § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0076).
28 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
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Schlagworte: | Verfahrensbestimmungen Befangenheit offenbare Unrichtigkeiten Befangenheit von Sachverständigen |
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