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VwGH vom 16.11.2011, 2007/17/0142

VwGH vom 16.11.2011, 2007/17/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der S-L Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 51/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A8/2-K-338/2007-1, betreffend Kanalisationsbeitrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführerin war Bestandnehmerin eines Grundstücks in der Landeshauptstadt Graz, die im Eigentum der BU AG stand. Mit Wissen und Zustimmung der BU AG als Eigentümerin der Liegenschaft errichtete die Beschwerdeführerin auf dieser Liegenschaft ein Gebäude als Superädifikat.

Nachdem das Kanalbauamt der Stadt Graz im April 1998 festgestellt hatte, dass das gegenständliche Bauwerk seit benützt werde, schrieb der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom , GZ A10/2- K-38199/2001, der B Blumenhandels Gesellschaft m.b.H. (offensichtlich als Nutzerin des Gebäudes) einen Kanalisationsbeitrag nach dem Stmk Kanalabgabengesetz 1955 vor. Die Nutzung des Gebäudes erfolgte auf Grund eines Leasingvertrages zwischen der Beschwerdeführerin und der B Blumenhandels Ges.m.b.H.

Gegen diesen Bescheid erhob die B Blumenhandels Ges.m.b.H. Berufung.

1.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom wurde gegenüber der B Blumenhandels Ges.m.b.H. gemäß § 4 Abs. 5 Stmk. KanalG 1988 eine Befreiung von der Anschlusspflicht für ein Flächenausmaß von 200,93 m2 ausgesprochen. Mit Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom wurde daraufhin im Abgabenverfahren aufgrund der Berufung der B Blumenhandels Ges.m.b.H. der Kanalisationsbeitrag für eine um die Fläche von 200,93 m2 reduzierte Berechnungsfläche neu festgesetzt.

1.3. Die B Blumenhandels Ges.m.b.H. berief einerseits gegen den Bescheid, mit dem (nur) eine Teilfläche von 200,93 m2 von der Anschlussverpflichtung ausgenommen wurde, und stellte andererseits im Abgabenverfahren den Antrag auf Vorlage der Berufung.

1.4. Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung der B Blumenhandels Ges.m.b.H. gegen den Bescheid des Stadtsenats vom im Verfahren betreffend die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung keine Folge.

1.5. Im Berufungsverfahren betreffend die Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages wurde im Jahr 2004 festgestellt, dass nicht die B Blumenhandels Ges.m.b.H. Eigentümerin des Bauwerkes sei, sondern sich das Bauwerk im Eigentum der Beschwerdeführerin befinde. Dies wurde der Behörde erster Instanz mitgeteilt.

1.6. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom wurde daraufhin der Beschwerdeführerin ein Kanalisationsbeitrag in der Höhe von EUR 33.312,74 vorgeschrieben.

1.7. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass keine Verjährung der Abgabenforderung eingetreten sei und auch die Berechnung der Fläche richtig vorgenommen worden sei.

1.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.9. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Die im Beschwerdefall noch anwendbaren §§ 156 Abs. 1 und 2 und § 158 Abs. 1 Steiermärkische Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 158/1963, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 69/2001, lauteten:

"§ 156. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre."

"§ 158. (1) Die Verjährung wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 54) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen."

2.1.2. a) Gemäß § 1 des Gesetzes vom über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark (Kanalabgabengesetz 1955), LGBl. Nr. 71/1955 in der Fassung LGBl. Nr. 80/1988, waren die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, auf Grund des § 8 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

Die Landeshauptstadt Graz hatte von dieser Ermächtigung mit Verordnung des Gemeinderates vom Gebrauch gemacht.

Die §§ 2, 4 und 5 Kanalabgabengesetz 1955, LGBl. Nr. 71/1955 in der (für den Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung LGBl. Nr. 80/1988, lauteten auszugsweise:

"§ 2. (1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

(3) Bei anschlusspflichtigen Neubauten und bei Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten in anschlusspflichtigen Baulichkeiten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entsteht die Beitragspflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile. …"

"§ 4. (1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschosse und Kellergeschosse je zur Hälfte eingerechnet werden; Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet."

"§ 5. (1) Zur Entrichtung des einmaligen Kanalisationsbeitrages ist der Eigentümer der anschlusspflichtigen Liegenschaft, sofern dieser aber mit dem Bauwerkseigentümer nicht identisch ist, der Eigentümer der anschlusspflichtigen Baulichkeit verpflichtet. …"

b) Durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 81/2005 erhielt § 4 Abs. 1 KanalabgabenG 1955 folgende Fassung:

"§ 4. (1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem Produkt von Einheitssatz und der Bruttogeschoßflächen eines Gebäudes. Dabei sind Keller- und Dachgeschoße zur Hälfte, die übrigen Geschoße zur Gänze zu berechnen; Nebengebäude, oberirdische Garagen und Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der Bruttogeschoßfläche des Erdgeschoßes ohne Rücksicht auf die Geschoßanzahl eingerechnet. Bei Tiefgaragen ist der Berechnung die Bruttogeschoßfläche jenes Geschoßes zugrunde zu legen, das die größte Ausdehnung hat. Für Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen (in Quadratmetern), deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, darf höchstens die Hälfte und für unbebaute Flächen (in Quadratmetern) mit künstlicher Entwässerung in die öffentliche Kanalanlage darf höchstens ein Zehntel des Einheitssatzes in Anrechnung gebracht werden."

Entsprechend dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenbestimmungen, demzufolge für das Entstehen und die Berechnung von Abgabenschulden grundsätzlich die Rechtslage im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches maßgeblich ist, ist diese Fassung im Beschwerdefall nicht anwendbar; die Wiedergabe des nunmehr geltenden Wortlauts erfolgt der Vollständigkeit halber im Zusammenhang mit den unten stehenden Überlegungen zu den Auswirkungen einer bescheidmäßig festgestellten Ausnahme von der Anschlusspflicht nach dem Gesetz vom über die Ableitung von Wässern im bebauten Gebiet für das Land Steiermark (Kanalgesetz 1988), LGBl. Nr. 79/1988 (in der Folge: KanalG 1988).

2.2. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass auf Grund der erstmaligen Benützung des in Rede stehenden Gebäudes am die Verjährung am eingetreten sei und bis zu diesem Zeitpunkt keine Abgabenfestsetzung gegenüber der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Hätte sich die Behörde über die Identität des Eigentümers des Bauwerkes informiert, hätte sie leicht erfahren können, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin der anschlusspflichtigen Baulichkeit sei.

Die Abgabenbehörde habe überhaupt erst im Jahr 2005 Erhebungen darüber angestellt, wer tatsächlich Eigentümer der anschlusspflichtigen Baulichkeit sei.

2.3. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, dass für die Unterbrechung der Verjährung gemäß § 158 Abs. 1 Stmk LAO irgendeine Handlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches ausreiche, soferne diese Amtshandlung erkennbar nach außen in Erscheinung trete.

2.4. Die belangte Behörde hat die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 158 Abs. 1 Stmk LAO bzw. zu den mit § 158 Abs. 1 Stmk LAO gleichlautenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung und anderer Landesabgabenordnungen grundsätzlich zutreffend wiedergegeben. Nach dieser Rechtsprechung genügt es, dass die Abgabenbehörde irgendeine Handlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches vornimmt, vorausgesetzt, dass diese Amtshandlung nach außen in Erscheinung tritt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 17/2543/80, in welchem für diese Rechtsauffassung auf die hg. Erkenntnisse vom , VwSlg. 5004/F, und vom , Zl. 16/1018/80, verwiesen wird).

Nach der ständigen Rechtsprechung genügt es - dem Wortlaut des § 158 Abs. 1 Stmk LAO entsprechend - auch, dass eine Amtshandlung nur zur Feststellung des Abgabepflichtigen unternommen wird.

Zu einem dem hier vorliegenden genau entsprechenden Sachverhalt (Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages nach dem Stmk. Kanalabgabengesetz 1955 an einen tatsächlich nicht die Abgabe schuldenden Dritten, später Vorschreibung gegenüber dem tatsächlichen Abgabenschuldner) hat der Verwaltungsgerichtshof zudem im hg. Erkenntnis vom , Zl. 17/2543/80, ausgesprochen, dass auch in einem derartigen Fall die Unterbrechung der Verjährung gemäß § 158 Abs. 1 Stmk. LAO eintrete.

2.5. Die belangte Behörde konnte somit zutreffend davon ausgehen, dass auch durch die Durchführung des Abgabenverfahrens gegen die B Blumenhandels Ges.m.b.H. und insbesondere die in diesem Verfahren erfolgte Vorschreibung der Abgabe an die B Blumenhandels Ges.m.b.H., auch wenn diese die Abgabe nicht schuldete, die Unterbrechung der Verjährung eingetreten ist.

2.6. In der Beschwerde wird auch darauf hingewiesen, dass zunächst gegenüber der B Blumenhandels Ges.m.b.H. eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung im Ausmaß von 200,93 m2 ausgesprochen worden sei, die gegenüber der Beschwerdeführerin jedoch nicht zur Anwendung gebracht worden sei. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin entgegen gehalten, dass sie nicht Rechtsnachfolgerin der B Blumenhandels Ges.m.b.H. sei und daher aus einem Bescheid gegenüber dieser keine Rechte ableiten könne.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass - entgegen der verkürzten Darstellung der belangten Behörde - zwischen Abgabenbescheiden und den Bescheiden betreffend die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach KanalG 1988 zu unterscheiden ist.

Die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung wurde gemäß § 4 Abs. 5 KanalG 1988 der B Blumenhandels Ges.m.b.H. gegenüber ausgesprochen.

Da die Abgabepflicht nach dem KanalabgabenG 1955 für "anschlusspflichtige Liegenschaften" bestand und die Abgabenhöhe sich gemäß § 4 KanalabgabenG 1955 bis zur Novelle mit LGBl. Nr. 81/2005 aus dem Produkt der verbauten Fläche mit der Geschoßanzahl errechnete, wäre zunächst zu klären, welche Auswirkung eine teilweise Befreiung von der Anschlusspflicht (wie sie im Beschwerdefall durch die Genehmigung einer Ausnahme für ein Nebengebäude in einem bestimmten Flächenausmaß der B Blumenhandels Ges.m.b.H. gegenüber ausgesprochen wurde) grundsätzlich hat, und sodann allenfalls, sofern eine derartige Auswirkung gegeben sein sollte, inwieweit sich die Beschwerdeführerin als Abgabepflichtige auf diesen (nicht ihr gegenüber ergangenen) Bescheid berufen könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 4 Abs. 5 KanalG 1988 ausgesprochen, dass eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach dieser Bestimmung die Erlassung eines entsprechenden Bescheides der Baubehörde voraussetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0185). Eine vorfragenweise Beurteilung der in Rede stehenden Ausnahme durch die Abgabenbehörde kommt daher nicht in Betracht. Soferne jedoch ein wirksamer Bescheid über die Befreiung von der Anschlusspflicht vorliegt, wäre dieser im Verfahren zur Bemessung der Abgabe zu berücksichtigen.

Bescheide über die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach § 4 Abs. 5 KanalG 1988 entfalten grundsätzlich Bindungswirkung im Abgabenverfahren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0418, und die dort enthaltenen Verweise auf die Vorjudikatur, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/17/0333, jeweils zur Bindung an rechtskräftige Bescheide betreffend die Anschlussverpflichtung).

Da die Kanalisationsabgabe von der Anschlussverpflichtung abhängig ist, ist keine Abgabenpflicht gegeben, wenn ein Grundstück mit Bescheid gemäß § 4 Abs. 5 zur Gänze von der Anschlusspflicht ausgenommen ist. Strittig könnte sein, inwieweit sich eine Ausnahme bloß einzelner Bauteile (wie sie vorliegendenfalls der B Blumenhandels Ges.m.b.H. gegenüber ausgesprochen wurde) nach der hier noch anwendbaren früheren Fassung des § 4 Abs. 1 KanalabgabenG auf die Abgabepflicht auswirkte. Da nach § 4 Abs. 1 KanalabgabenG 1955 in der Fassung vor der Novelle mit LGBl. Nr. 81/2005 die Höhe der Abgabe maßgeblich von der verbauten Grundfläche abhing, konnte eine teilweise Ausnahme von der Anschlusspflicht nur dann von Einfluss auf die Kanalisationsabgabe sein, wenn man in systematischer Auslegung die Bezugnahme auf die "anschlusspflichtige Liegenschaft" in § 2 Abs. 1 KanalabgabenG 1955 einerseits und auf die "verbaute Fläche" in § 4 Abs. 1 KanalabgabenG 1955 andererseits dahin gehend versteht, dass es nur auf die durch jene Gebäudeteile "verbaute Fläche" ankomme, für die keine Ausnahme von der Anschlusspflicht besteht. Eine Auswirkung auf die Höhe der Abgabe wäre in diesem Fall durch eine teilweise Befreiung dann gegeben, wenn und soweit der ausgenommene Gebäudeteil für die Berechnung der (insgesamt vorhandenen) verbauten Fläche maßgeblich ist. Von dieser Auffassung sind offenbar auch die Abgabenbehörden im vorliegenden Verfahren bei der Berechnung der Abgabe gegenüber der B Blumenhandels Ges.m.b.H. ausgegangen und haben ursprünglich die Bemessungsfläche um das Ausmaß der gegenüber der B Blumenhandels Ges.m.b.H. ausgesprochenen Befreiung von der Anschlusspflicht reduziert.

Zur Frage der Wirksamkeit des gegenüber der B Blumenhandels Ges.m.b.H. ergangenen Bescheids des Stadtsenats der Landeshauptstadt Graz vom gegenüber der Beschwerdeführerin (an die der Bescheid nicht ergangen ist) ist Folgendes zu sagen:

Voraussetzung für die Bindungswirkung des Ausnahmebescheids nach dem KanalG 1988 für das nachfolgende Abgabenverfahren ist das wirksame Entstehen eines Bescheides.

Die Verpflichtung zur Ableitung der Schmutz- und Regenwässer in den öffentlichen Kanal der Gemeinde traf nach § 4 Abs. 1 KanalG 1988 den Eigentümer des Grundstücks. Falls der Eigentümer des Grundstückes jedoch mit dem Bauwerkseigentümer nicht identisch war, traf die Verpflichtung den Bauwerkseigentümer (§ 4 Abs. 1 KanalG 1988).

Nach der hg. Rechtsprechung zu § 4 Abs. 1 KanalG 1988 kennt das Verfahren über die Kanalanschlussverpflichtung lediglich eine Partei, nämlich den Anschlussverpflichteten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/06/0058, zur - nicht gegebenen - Parteistellung eines auf Grund der Anschlussverpflichtung eines Dritten zu einer Duldung verpflichteten Anrainers). Gemäß § 4 Abs. 5 KanalG 1988 können von der Baubehörde Ausnahmen von der Anschlussverpflichtung gewährt werden, wobei dieser Absatz nur die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausnahme umschreibt. § 4 Abs. 5 KanalG 1988 verwendet zwar den Begriff des Ausnahmewerbers, regelt jedoch nicht näher, wer als Ausnahmewerber in Frage kommt. Bei systematischer Auslegung ist davon auszugehen, dass der jeweils zum Anschluss Verpflichtete zur Antragstellung nach § 4 Abs. 5 KanalG 1988 legitimiert ist. Das KanalG 1988 enthält keine Vorschriften, aus denen abzuleiten wäre, dass bei der Entscheidung über das Ausnahmeersuchen auf Interessen Dritter (wie etwa von Leasingnehmern) Bedacht zu nehmen wäre, sodass auf die Einräumung subjektiver Rechte solcher Dritter geschlossen werden könnte (vgl. allgemein zur Frage der Parteistellung Dritter etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/17/0143).

Damit scheidet aber die Annahme aus, dass ein Leasingnehmer, der - wie die B Blumenhandels Ges.m.b.H. - nicht Eigentümer des Gebäudes ist, hinsichtlich des anschlusspflichtigen Gebäudes als Antragsteller oder Nebenpartei nach § 4 Abs. 5 KanalG 1988 in Betracht käme.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen Bescheide, um wirksam werden zu können, demjenigen, für den sie bestimmt sind, bekannt gegeben werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/09/0046).

Bescheide gegenüber einem falschen Adressaten (gegenüber jemandem, der nicht Partei des Verfahrens ist) entfalten nach der hg. Rechtsprechung weder Bescheidwirkungen für jene Person, an die sie gerichtet und der sie zugestellt wurden, noch gegenüber denjenigen, an die sie tatsächlich hätten ergehen sollen (vgl. für das Abgabenrecht das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0319).

Wohl kann die Wirkung eines Bescheids betreffend die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung gegebenenfalls auch einem anderen Rechtsträger zukommen als jenem, demgegenüber der Bescheid über die Ausnahme von der Verpflichtung erlassen wurde. So könnte im Falle der Rechtsnachfolge im Eigentum am Grundstück (wenn die Ausnahme dem Eigentümer gegenüber ausgesprochen wurde) oder am Gebäude (wenn der Bescheid bei Auseinanderfallen von Eigentum am Grundstück und Eigentum am Bauwerk dem Eigentümer des letzteren gegenüber erlassen wurde) auf Grund der dinglichen Wirkung des Ausnahmebescheids dessen Wirkung auch dem Rechtsnachfolger zu Gute kommen (vgl. zur dinglichen Wirkung etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/05/0293, vom , Zl. 2006/10/0005, vom , Zl. 2005/17/0077, oder vom , Zl. 2009/04/0112). Dies gilt grundsätzlich auch im Abgabenverfahren hinsichtlich Bescheiden, denen Tatbestandswirkung für das Abgabenverfahren zukommt (wie im vorliegenden Fall einem allfälligen Ausnahmebescheid nach dem KanalG 1988 für das Verfahren zur Bemessung des Kanalisationsbeitrags). Die Erstreckung der Wirkungen eines Bescheids auf Grund einer gesetzlich angeordneten oder auf Grund der Auslegung der anwendbaren Bestimmungen anzunehmenden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0112) dinglichen Wirkung auf Rechtsnachfolger im Eigentum setzt aber ebenfalls die wirksame Zustellung eines Bescheides an den Rechtsvorgänger als Partei voraus.

Da die B Blumenhandels Ges.m.b.H. jedoch nicht als möglicher Adressat des Ausnahmebescheids in Betracht kam, liegt nach dem Vorgesagten ungeachtet der Zustellung des Bescheids an die B Blumenhandels Ges.m.b.H. kein wirksamer Bescheid über die Ausnahme der Anschlussverpflichtung vor (vgl. neuerlich das bereits genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0319). Da die B Blumenhandels Ges.m.b.H. zu keinem Zeitpunkt (und daher insbesondere nicht in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids) Eigentümerin des Gebäudes, auf welches sich die den Gegenstand des Spruchs bildende Ausnahme von der Anschlusspflicht bezieht, war, wurde der Bescheid nicht wirksam. Die Beschwerdeführerin kann somit keine Rechte aus diesem Bescheid ableiten. Damit ergibt sich, dass die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass sich die Beschwerdeführerin nicht auf den Bescheid vom berufen konnte.

Ungeachtet des Umstandes, dass die belangte Behörde daher den gegenüber der B Blumenhandels Ges.m.b.H. ergangenen Bescheid über die Ausnahme von der Anschlusspflicht nicht berücksichtigen durfte, wäre der Beschwerdeführerin eine entsprechende Antragstellung auf Ausnahme von der Anschlussverpflichtung offen gestanden. Die Abgabenbehörde hätte erst nach rechtskräftiger Genehmigung einer derartigen Ausnahme nach dem KanalG 1988 durch die Baubehörde, welche jedoch nicht vorliegt, im Abgabenverfahren eine entsprechende Reduktion der heranzuziehenden Bemessungsgrundlage vornehmen können.

2.7. Dass die Berechnung der belangten Behörde hinsichtlich der Fläche verfehlt sei, wird in der Beschwerde nicht dargetan. Die Beschwerdeführerin stützt sich einzig und allein auf das Argument, dass die belangte Behörde nicht mehr von der dem falschen Bescheidadressaten gegenüber ausgesprochenen Ausnahme von der Anschlussverpflichtung hätte abweichen dürfen.

2.8. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-69356