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VwGH 29.09.2016, Ra 2016/07/0057

VwGH 29.09.2016, Ra 2016/07/0057

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1a;
RS 1
Die Erfüllung des wasserpolizeilichen Auftrages während des Verfahrens vor dem VwG ist nicht als relevante Änderung des Sachverhaltes zu beurteilen (vgl. E , 2013/07/0277; E , 2010/07/0241; E , 99/07/0103).
Normen
WRG 1959 §40 Abs1;
WRG 1959 §9;
RS 2
Nach § 40 Abs. 1 WRG 1959 bedürfen Entwässerungsanlagen der wasserrechtlichen Bewilligung, sofern eine nachteilige Beeinflussung fremder Rechte im Sinne des § 9 WRG 1959 zu befürchten ist.
Normen
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §9 Abs2;
RS 3
Die in § 9 Abs. 2 WRG 1959 genannten "fremden Rechte" umfassen jedenfalls die "bestehenden Rechte" des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. zum darüber hinausgehenden Umfang der "fremden" Rechten B , Ra 2016/07/0027). Gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 ist als bestehendes Recht unter anderem das Grundeigentum anzusehen.
Norm
WRG 1959 §12 Abs2;
RS 4
Eine Überstauung stellt einen Eingriff in das Grundeigentum dar (vgl. E , 2008/07/0098).
Norm
WRG 1959 §12 Abs2;
RS 5
Durch die Einschränkung der Beeinträchtigung auf einen projektsgemäß vorgesehenen Eingriff in die Substanz des Grundeigentums sind insbesondere zahlreiche (Neben-)Aspekte des Grundeigentums wie zB schöne Aussicht, gute Luft, gewerbliche Nutzbarkeit uÄ wasserrechtlich weitgehend irrelevant. So stellen sowohl die aus einer reduzierten Wasserdotierung resultierenden störenden Verwachsungen keinen Eingriff in die Substanz des Grundeigentums dar (vgl. E , 2006/07/0015) wie auch eine allfällige Beschattung/Verdämmung und dadurch eine Schmälerung der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit (vgl. E , 2003/07/0105).
Normen
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §40 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs2;
RS 6
Mögliche anlagenbedingte sekundäre, nicht die Substanz des Eigentums berührende Einwirkungen (wie zB auch Uferanlandungen wegen an einem Steg verhefteter Boote) können nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden (vgl. E , 92/07/0087). Die Verlegung einer unterirdischen Verrohrung und die damit zusammenhängenden baulichen Maßnahmen wie Aufgrabung, Verlegung und Verfüllung sowie die Durchleitung von Wasser gehen aber über solche sekundären, nicht die Substanz des Eigentums berührenden Einwirkungen hinaus; dabei handelt es sich um einen direkten und unmittelbaren Eingriff in die Substanz (Grund und Boden) des Grundeigentums. Die gegenständliche Entwässerungsanlage lässt eine nachteilige Beeinflussung fremder Rechte (des Grundeigentums) befürchten. Das VwG hätte daher von der Bewilligungspflicht dieser Entwässerungsanlage iSd § 40 Abs. 1 WRG 1959 ausgehen müssen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Oberwart in 7400 Oberwart, Hauptplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom , Zl. E B04/02/2015.002/022, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: W S in W, vertreten durch Dr. Gerhard Pail, Rechtsanwalt in 7400 Oberwart, Evangelische Kirchengasse 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Oberwart (in weiterer Folge: BH) die mitbeteiligte Partei hinsichtlich des in der KG W errichteten Entwässerungsgrabens nachstehende Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands bis längstens durchzuführen:

"Der auf dem Grundstück Nr. 151 KG W (in Form einer Verrohrung) und auf dem Grundstück Nr. 164 KG W (entlang der Grenze zum Grundstück Nr. 166 KG W) errichtete Entwässerungsgraben ist zu beseitigen und der ursprüngliche Zustand in diesem Bereich wieder herzustellen. Über die Durchführung dieser Maßnahmen ist der (BH) bis längstens unaufgefordert schriftlich zu berichten."

2 Begründend führte die BH zusammengefasst aus, vom gegenständlichen Entwässerungsgraben werde in Form einer Verrohrung das Grundstück Nr. 151 KG W, welches im Eigentum der Gemeinde W stehe, gequert und damit in Anspruch genommen. Der gegenständliche Entwässerungsgraben stelle zweifelsfrei eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 dar, da eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich, eine solche jedoch nicht erwirkt worden sei. Von den Betroffenen werde eine Beseitigung dieses Entwässerungsgrabens verlangt. Da von der mitbeteiligten Partei mit der konsenslosen Errichtung eines Entwässerungsgrabens gegen die Bestimmung des § 40 Abs. 1 WRG 1959 verstoßen worden sei, sei dieser zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die Beseitigung des Entwässerungsgrabens aufzutragen.

3 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG). Die mitbeteiligte Partei beantragte, das LVwG möge nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass von Maßnahmen zur Beseitigung eines Entwässerungsgrabens auf den Grundstücken Nr. 164 KG W entlang der Grenze zum Grundstück Nr. 166 KG W sowie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abgesehen werde; in eventu sei der angefochtene Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die BH zurückzuverweisen.

4 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gab das LVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom der Beschwerde der mitbeteiligten Partei statt, hob den Bescheid der BH vom auf (Spruchpunkt I.) und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig (Spruchpunkt II.).

5 Begründend führte das LVwG zusammengefasst aus, im Spätherbst 2014 habe die mitbeteiligte Partei auf ihrem landwirtschaftlich genutzten Grundstück (Grundstück Nr. 164 KG W) an der Grundstücksgrenze einen Entwässerungsgraben errichtet. Am habe die mitbeteiligte Partei über eine Baufirma unter dem öffentlichen Weg (öffentliches Gut) auf dem Grundstück Nr. 151 eigenmächtig ein Polokalrohr im Anschluss an diesen Entwässerungsgraben verlegt. Am habe die Gemeinde W die BH um wasserrechtliche Überprüfung der - ohne Zustimmung der Gemeinde errichteten - "Wasserableitung mittels Verrohrung im Weg Grundstück Nr. 151 der KG W" ersucht.

6 Im Mai 2015 habe die mitbeteiligte Partei auf ihrem landwirtschaftlich genutzten Grundstück eine Drainage vorgenommen, wobei sie die Oberflächenwässer nunmehr in den W-bach abgeleitet habe. Der Entwässerungsgraben sei noch nicht rückgebaut worden. Die mitbeteiligte Partei habe zwischenzeitig auch das Polokalrohr unter dem Gemeindeweg entfernt.

7 Aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen, die sich auf die dargestellten gutachterlichen Stellungnahmen der Amtssachverständigen stützten, sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht von der Errichtung einer wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Entwässerungsanlage auszugehen, da hier eine nachteilige Beeinflussung fremder Rechte nicht zu befürchten gewesen sei.

8 Um aus dem Titel des Grundeigentums eine nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) relevante Beeinträchtigung geltend machen zu können, müsse diese einen projektsgemäß vorgesehenen Eingriff in die Substanz (im Sinne der Nutzbarkeit) des Grundeigentums zum Gegenstand haben. Dieser könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder durch bloße Lärmnoch durch Geruchsimmissionen bewirkt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse es sich bei Beeinträchtigung fremder Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 um die Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte Dritter handeln: Nicht jeder zivilrechtliche Eingriff ins fremde Eigentum reiche dafür aus, sodass eine wasserrechtlich relevante Beeinträchtigung fremder Rechte daher auch nicht durch die bloße unterirdische Verrohrung eines fremden Weges (ohne jegliche Auswirkung auf dessen Benutzbarkeit) gegeben sei.

9 Es habe sich somit nicht um eine bewilligungspflichtige Entwässerungsanlage im Sinn des § 40 Abs. 1 WRG 1959 gehandelt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen wasserpolizeilichen Auftrag im Sinne des § 138 WRG 1959 seien daher nicht vorgelegen.

10 Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das angefochtene Erkenntnis führte das LVwG aus, es sei keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Rechtslage sei ausreichend klargestellt und es seien überdies nur Fragen der Beweiswürdigung (zu Sachverständigengutachten) zu beantworten. Es lägen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

11 Die mitbeteiligte Partei erstattete fristgerecht eine Revisionsbeantwortung.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Die Amtsrevisionswerberin macht zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen geltend, es sei die Frage zu klären, ob durch die Errichtung eines Anlagenteiles, hier durch die Verlegung einer unterirdischen Verrohrung, und die damit zusammenhängenden baulichen Maßnahmen (Aufgrabung, Verlegung, Verfüllung) in die Substanz des Grundeigentums eingegriffen werde. Dies stelle eine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, zumal davon auch die Frage der Bewilligungspflicht der Entwässerungsanlage abhänge. Das LVwG sei insoweit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

17 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch teilweise berechtigt.

18 Die hier wesentlichen Bestimmungen des WRG 1959 lauten:

19 "Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern.

§ 9. (1) ...

(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Recht oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluß geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.

(3) ...

Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.

§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(3) Inwiefern jedoch bestehende Rechte - abgesehen von den Bestimmungen des Abs. 4 des § 19 Abs. 1 und § 40 Abs. 3 - durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt oder beschränkt werden können, richtet sich nach den Vorschriften des achten Abschnittes.

(4) ...

Entwässerungsanlagen.

§ 40. (1) Entwässerungsanlagen bedürfen der wasserrechtlichen Bewilligung, sofern es sich um eine zusammenhängende Fläche von mehr als 3 ha handelt oder eine nachteilige Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse des Vorfluters oder fremder Rechte zu befürchten ist.

(2) ...

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

b) ...

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.

..."

20 Der wasserpolizeiliche Auftrag, auf den sich das Beschwerdeverfahren vor dem LVwG bezog, beinhaltete die Entfernung einer der Entwässerung dienenden Anlage, die einen Entwässerungsgraben entlang der Grenze zum Grundstück Nr. 166 und die Verrohrung unter dem im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundstück Nr. 151 umfasste. Nach den Feststellungen des LVwG ist nicht davon auszugehen, dass der Entwässerungsgraben bzw. die Verrohrung bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der revisionswerbenden BH rückgebaut oder entfernt und damit der wasserpolizeiliche Auftrag erfüllt worden wäre.

21 Auszugehen ist aber davon, dass die Erfüllung des wasserpolizeilichen Auftrages, insbesondere die Entfernung des Rohres, während des laufenden Beschwerdeverfahrens erfolgte.

In diesem Zusammenhang ist daher darauf hinzuweisen, dass das LVwG die Erfüllung des wasserpolizeilichen Auftrages während des Verfahrens vor dem LVwG zutreffend nicht als relevante Änderung des Sachverhaltes beurteilt hat (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , 2013/07/0277, vom , 2010/07/0241, sowie vom , 99/07/0103).

22 Das LVwG - wie auch die revisionswerbende BH im Rahmen der Darstellung der Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung - befasste sich im Rahmen ihrer rechtlichen Argumentation mit der Frage der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht für den Einbau eines (der Wasserableitung dienenden) Rohres unter einem Fremdgrundstück. Während das LVwG die Bewilligungspflicht verneinte, wurde diese von der BH mit näherer Begründung bejaht.

23 Nach § 40 Abs. 1 WRG 1959 bedürfen Entwässerungsanlagen der wasserrechtlichen Bewilligung, sofern eine nachteilige Beeinflussung fremder Rechte im Sinne des § 9 WRG 1959 zu befürchten ist (Bumberger/Hinterwirth, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz2 (2013) K 5 zu § 40 WRG 1959).

Die in § 9 Abs. 2 WRG 1959 genannten "fremden Rechte" umfassen jedenfalls die "bestehenden Rechte" des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. zum darüber hinausgehenden Umfang der "fremden" Rechten ua den hg. Beschluss vom , Ra 2016/07/0027). Gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 ist als bestehendes Recht unter anderem das Grundeigentum anzusehen.

24 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt eine wasserrechtlich relevante Berührung des Grundeigentums im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 einen projektsgemäß vorgesehenen Eingriff in dessen Substanz voraus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2000/07/0059).

25 So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung etwa eine Überstauung als Eingriff in das Grundeigentum angesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/07/0098). Hingegen handelt es sich bei Lärm- und Geruchsbelästigungen durch die bewilligte Anlage nicht um die Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 95/07/0115, 0116, vom , 95/07/0138, sowie vom , 2010/07/0098).

Durch die Einschränkung der Beeinträchtigung auf einen projektsgemäß vorgesehenen Eingriff in die Substanz des Grundeigentums sind insbesondere zahlreiche (Neben-)Aspekte des Grundeigentums wie z.B. schöne Aussicht, gute Luft, gewerbliche Nutzbarkeit uÄ wasserrechtlich weitgehend irrelevant (Oberleitner/Berger, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz3, Rz 9 zu § 12 WRG 1959). So stellen sowohl die aus einer reduzierten Wasserdotierung resultierenden störenden Verwachsungen keinen Eingriff in die Substanz des Grundeigentums dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/07/0015) wie auch eine allfällige Beschattung/Verdämmung und dadurch eine Schmälerung der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2003/07/0105).

Mögliche anlagenbedingte sekundäre, nicht die Substanz des Eigentums berührende Einwirkungen (wie z.B. auch Uferanlandungen wegen an einem Steg verhefteter Boote) können nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden (vgl. zu einem Verfahren nach § 38 WRG 1959 das hg. Erkenntnis vom , 92/07/0087).

26 Die Verlegung einer unterirdischen Verrohrung und die damit zusammenhängenden baulichen Maßnahmen wie Aufgrabung, Verlegung und Verfüllung sowie die Durchleitung von Wasser gehen aber über solche sekundären, nicht die Substanz des Eigentums berührenden Einwirkungen hinaus; dabei handelt es sich um einen direkten und unmittelbaren Eingriff in die Substanz (Grund und Boden) des Grundeigentums.

27 Das LVwG stützte sich zur Begründung dafür, dass nicht jeder zivilrechtliche Eingriff ins fremde Eigentum dafür ausreiche, um von einer wasserrechtlich relevanten Beeinträchtigung fremder Rechte auszugehen, und die bloße unterirdische Verrohrung eines fremden Weges (ohne jegliche Auswirkung auf dessen Benutzbarkeit) keine solche wasserrechtlich relevante Beeinträchtigung darstelle, im Wesentlichen auf das hg. Erkenntnis vom , 92/07/0162. Wie die Amtsrevisionswerberin zutreffend in ihren Revisionsgründen ausführt, ist diese Aussage dem genannten hg. Erkenntnis jedoch nicht zu entnehmen; dort geht es vielmehr um die Frage der Abgrenzung einer Entwässerungsanlage im Sinne des § 40 WRG 1959 von Maßnahmen zur Einleitung von Straßenoberflächenwässern.

28 Aus den dargelegten Gründen war durch die gegenständliche Entwässerungsanlage eine nachteilige Beeinflussung fremder Rechte (des Grundeigentums) zu befürchten; dass die Gemeinde der Inanspruchnahme ihres Grundstückes nicht zustimmte, ist unstrittig.

Das LVwG hätte daher von der Bewilligungspflicht der genannten Entwässerungsanlage im Sinne des § 40 Abs. 1 WRG 1959 ausgehen müssen.

29 Indem das LVwG - ausgehend von seiner unzutreffenden Rechtsansicht - den wasserpolizeilichen Auftrag der BH mangels Bewilligungspflicht der Anlage aufhob, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Aus diesem Grund war es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs1a;
WRG 1959 §40 Abs1;
WRG 1959 §9 Abs2;
WRG 1959 §9;
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer
Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise
Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016070057.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAE-69346