VwGH vom 30.06.2016, Ra 2016/07/0024

VwGH vom 30.06.2016, Ra 2016/07/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Republik Österreich, vertreten durch den Landeshauptmann von Niederösterreich, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , LVwG-AV-289/001-2015, betreffend die Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes (mitbeteiligte Partei: A R in B, vertreten durch Harnischmacher Löer Wensing, Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft in 48155 Münster, Hafenweg 8; belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Schon im 19. Jahrhundert bestand am S-bach die "R-Mühle", die (spätestens) 1921 durch Hochwasser zerstört wurde. Die Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Partei beantragten im Jahr 1928 die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Kraft- und Elektrizitätswerkes an dieser Stelle; Teile der Mühlenanlage wurden dabei in die Wasserkraftanlage einbezogen. An Stelle des alten Holzwehrs trat ein - zwischen den Uferparzellen 3287/1 und 3333/2 situiertes - betoniertes Wehr im S-bach.

2 Die Wasserkraftanlage "R-Mühle" wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom wasserrechtlich bewilligt. Im Zuge des späteren Kollaudierungsverfahrens wurde die Anbringung eines hölzernen Aufsatzes auf dem Wehr (bei wasserarmen Zeiten) nachträglich genehmigt.

3 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin des Grundstückes 4523/2 KG Kirchberg an der Pielach (Flussparzelle des S-baches), auf dem sich auch ein Teil der Anlage, nämlich das betonierte Wehr, befindet.

4 Die Grundstücke, mit denen das damalige Wasserrecht verbunden waren, stehen nunmehr im Eigentum der mitbeteiligten Partei.

5 Die wasserrechtliche Bewilligung erlosch. Die belangte Behörde führte ein Erlöschensverfahren durch, in dessen Rahmen festgestellt wurde, dass die Wasserkraftanlage seit 1970 nicht mehr vorhanden sei. Die Wehranlage (ohne Fischaufstieg) und ein Teil des Oberwerkskanals bestünden noch. Die belangte Behörde holte das Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen über die Erforderlichkeit letztmaliger Vorkehrungen ein.

Der Sachverständige stellte alternativ drei Varianten dar, welche als letztmalige Vorkehrungen vorgeschrieben werden könnten. Die Variante 2 sah ein dauerhaftes und flüssigkeitsdichtes Verschließen des Mühlbacheinlaufes und die Verringerung der Wehrhöhe um ca. 0,5 m samt Herstellung einer aufgelösten fischgängigen Sohlrampe vor. Hingewiesen wurde darauf, dass das Einvernehmen mit dem öffentlichen Wassergut (der Revisionswerberin) herzustellen sei.

Die Revisionswerberin hatte bereits in einer Stellungnahme vom darauf hingewiesen, dass sie als betroffene Grundeigentümerin gegen die Löschung des Rechts dann keinen Einwand erhebe, wenn sämtliche auf Bundesgrund noch bestehende Anlagenteile (insbesondere Wehranlage, Ufermauern, etc.) von der Wasserberechtigten beseitigt würden.

6 Die mitbeteiligte Partei setzte die Variante 2 der vorgeschlagenen letztmaligen Vorkehrungen in die Realität um und teilte diesen Umstand der belangten Behörde mit Schreiben vom unter Vorlage zweier Profildarstellungen mit.

7 Der wasserbautechnische Amtssachverständige stellte bei einer Überprüfung am fest, dass der Mühlbacheinlauf dauerhaft und flüssigkeitsdicht verschlossen und die Wehrhöhe um 0,5 m verringert worden sei. Einer Stellungnahme des fischereifachlichen Amtssachverständigen vom ist zu entnehmen, dass unterhalb des Wehrkörpers im S-bach eine fischgängige Sohlrampe hergestellt worden sei.

8 Mit Bescheid vom stellte die belangte Behörde gemäß § 27 Abs. 1 lit. g in Verbindung mit § 29 Abs. 1 WRG 1959 gegenüber der mitbeteiligten Partei als bisher Wasserberechtigter das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes betreffend die Wasserkraftanlage R-Mühle fest und sprach gleichzeitig aus, es müssten keine letztmaligen Vorkehrungen vorgeschrieben werden. Die entbehrlich gewordenen und im Grundbuch nicht eingetragenen Dienstbarkeiten seien erloschen.

9 Dagegen wandte sich die Revisionswerberin mit einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG), in der sie auf ihre Stellungnahme vom verwies. Dem Weiterbestand von Anlagenteilen auf öffentlichem Wassergut könne nur zugestimmt werden, wenn zwischen dem Berechtigten und der Verwaltung des öffentlichen Wassergutes hinsichtlich der weiteren Erhaltung eine vertragliche Regelung getroffen werde. Mit der Umsetzung der Variante 2 der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom vorgeschlagenen letztmaligen Vorkehrungen bleibe weiterhin ein wesentlicher Anlagenteil, nämlich die Wehranlage in der (verringerten) Höhe von 1,7 m auf öffentlichem Wassergut bestehen. Obwohl keine vertragliche Regelung mit einem Interessenten an der verbleibenden Wehranlage vorliege, hätte die Behörde im Erlöschensbescheid festgestellt, dass keine Vorkehrungen vorgeschrieben werden müssten. Dies bedeute aber, dass später erforderlich werdende Erhaltungs- oder Absicherungsarbeiten an der abgesenkten Wehranlage möglicherweise von der Revisionswerberin als Grundeigentümerin wahrgenommen werden müssten. Es sei nicht einzusehen, warum sie eine bauliche Anlage, aus der die Wasserberechtigte im Rahmen der Wasserkraftnutzung jahrzehntelang Vorteile gezogen habe, nun mit allen Konsequenzen übernehmen solle. Es werde daher die ersatzlose Aufhebung des Erlöschensbescheides beantragt bzw. die Verpflichtung der bisherig Wasserberechtigten, auch die verbliebenen Teile der Wasserkraftanlage restlos zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand der betroffenen Grundstücksflächen wieder herzustellen.

10 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom wies das LVwG die Beschwerde als unbegründet ab. Die ordentliche Revision wurde nicht als zulässig erklärt.

11 Das LVwG führte nach Feststellung des Sachverhaltes und nach Wiedergabe der entscheidungswesentlichen Bestimmungen des WRG 1959 aus, dass die Revisionswerberin Eigentümerin eines von einer Wasserbenutzungsanlage in Anspruch genommenen Grundstückes sei. Derartige Eigentümer fielen aber nicht unter den Begriff "Anrainer" im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959.

"Anrainer" im Sinne des Abs. 1 (des § 29 WRG 1959) seien die Eigentümer benachbarter Grundstücke (). Die Eigentümer der von der Wasserbenutzungsanlage in Anspruch genommenen Grundstücke (Enteignete, Dienstbarkeitsbelastete sowie Personen, deren Grundstücke sonst wie für die Anlage in Anspruch genommen würden) fielen daher nicht unter den Begriff "Anrainer". Sie hätten keinen Anspruch auf letztmalige Vorkehrungen zur Beseitigung der Anlage auf ihren Grundstücken (zu ihren Rechten siehe aber unter § 70), wohl aber zur Verhinderung nachteiliger Auswirkungen auf ihre angrenzenden, nicht von der Anlage in Anspruch genommenen Grundstücke.

Die Revisionswerberin habe daher keinen Anspruch auf die Vorschreibung von ihr bestimmter letztmaliger Vorkehrungen gehabt. Als solche kämen nur derartige Maßnahmen in Betracht, welche notwendig seien. Die Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und Fischerei hätten die bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheides von der Adressatin durchgeführten Maßnahmen als ausreichend im Erlöschensverfahren erachtet. Die notwendigen Maßnahmen müssten vorgeschrieben werden, andere als notwendige Maßnahmen dürften nicht vorgeschrieben werden.

Darunter seien auch solche Maßnahmen zu verstehen, die auch dem Zweck der Hintanhaltung jeder künftigen missbräuchlichen Verwendung dienten. Durch die bereits freiwillig vorgenommen Maßnahmen werde eine künftige Nutzung des Wassers für Zwecke der Stromerzeugung im Sinne des Bewilligungsbescheides vom ausgeschlossen.

Angemerkt werde, dass die von der mitbeteiligten Partei vorgenommene Verringerung der Wehrhöhe samt anschließender hergestellter fischgängiger Sohlrampe mit groben Blocksteinen das Erfordernis von Erhaltungsmaßnahmen im Bachbett nicht wahrscheinlich erscheinen lasse.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden können.

Die ordentliche Revision werde nicht zugelassen, weil in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen sei.

12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der betroffenen Grundeigentümerin. Zur Zulässigkeit der Revision führte die Revisionswerberin aus, es ergebe sich aus den hg. Erkenntnissen vom , 2004/07/0017, und auch vom , 90/07/0047, dass auch dem Eigentümer einer Liegenschaft, auf der allenfalls letztmalige Vorkehrungen durch einen bisherigen Wasserberechtigten durchzuführen seien, Parteistellung im Verfahren betreffend die vorzuschreibenden letztmaligen Vorkehrungen zukomme. Die aus dem Eigentum an diesem Grundstück resultierende Rechtsposition sei kraft Größenschlusses jener eines Anrainers gleichzuhalten. Die Ansicht des LVwG, wonach sie als Grundeigentümerin nicht unter den Begriff des Anrainers falle, stehe daher im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die Revision zulässig sei. Diese Rechtsfrage sei sehr wohl auch von grundsätzlicher Bedeutung, zumal eine beträchtliche Zahl von privaten Wasserkraftanlagen öffentliches Wassergut der Republik Österreich benutzten. Es bestehe daher ein besonderes Interesse daran, im Fall der Stilllegung einer solchen Wasserkraftanlage Parteistellung im Erlöschensverfahren beanspruchen zu können, um die Interessen als Eigentümerin der betroffenen Grundflächen entsprechend geltend machen zu können, vor allem auch in den Fällen, wo die Grundbenützung noch durch keinen eigenen Vertrag geregelt worden sei.

In Ausführung der Revision verwies die Revisionswerberin schließlich ergänzend auf den Umstand, dass die Rechtsansicht des LVwG im bekämpften Erkenntnis in Widerspruch zu den rechtlichen Ausführungen eines Beschlusses des LVwG Niederösterreich vom , LVwG-AV-70-2014/001, stehe, wo Gegenteiliges ausgesprochen worden sei.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

17 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2014/02/0114, mwN). Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom , Ra 2015/02/0016, und vom , Ra 2014/04/0001, uvm).

18 § 29 Abs. 1 bis 5, § 70 und § 102 Abs. 1 lit. c WRG 1959 haben folgenden Wortlaut:

"§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

(2) ...

(3) Ist die weitere Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutze, zur Abwehr oder zur Pflege der Gewässer erforderlich, so können die öffentlichen Körperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und Wasserverbände), wenn dagegen die Erhaltung nur im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheint, diese Beteiligten von dem bisher Berechtigten die Überlassung der vorhandenen Wasserbauten, soweit dies notwendig ist, ohne Entgelt verlangen. Dabei hat jene Körperschaft den Vorzug, die mit den bisher Wasserberechtigten einen Vertrag, betreffend die Übernahme dieser Anlagen abgeschlossen hat. Die weitere Erhaltung und die Leistung der erst künftig fällig werdenden Entschädigungen für etwa aufrecht bleibende Zwangsrechte (§ 70 Abs. 1) obliegt denjenigen, denen die Anlage überlassen wurde.

(4) Hat der bisher Berechtigte den im Sinne des Abs. 1 ergangenen behördlichen Anordnungen entsprochen, worüber auf Grund eines Überprüfungsverfahrens (§ 121) mit Bescheid zu erkennen ist, so ist er zur weiteren Erhaltung des auf diese Weise herbeigeführten Zustandes auch dann nicht mehr verpflichtet, wenn eine Überlassung der Anlage nach Abs. 3 nicht stattfindet.

(5) Im Falle des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die Behörde auch ausdrücklich auszusprechen, dass die durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten (§ 70 Abs. 1 erster Satz) erloschen sind.

§ 70. (1) Mit dem Erlöschen einer wasserrechtlichen Bewilligung erlöschen alle nach den §§ 63 bis 67 eingeräumten oder aus Anlaß des wasserrechtlichen Verfahrens durch Übereinkommen bestellten, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten, soweit sie durch das Erlöschen des Wasserrechtes entbehrlich geworden sind. Ist jedoch eine solche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen, so kann sowohl der Eigentümer des belasteten Gutes als auch der bisherige Wasserberechtigte die ausdrückliche Aufhebung der Dienstbarkeit bei der Wasserrechtsbehörde verlangen.

(2) Hat zufolge Enteignungsbescheides oder gütlicher, anläßlich des wasserrechtlichen Verfahrens getroffener Vereinbarung die Übertragung eines Grundstückes für Zwecke einer Wasseranlage stattgefunden, so kann der frühere Eigentümer oder sein Erbe binnen einem Jahre nach behördlicher Verständigung vom Erlöschen des Wasserrechtes bei der Wasserrechtsbehörde den Antrag stellen, zu seinen Gunsten die Rückübereignung gegen angemessene Entschädigung (§ 117) auszusprechen. Bei Grundflächen, die vor ihrer Enteignung zu einem eine wirtschaftliche Einheit bildenden Gute gehört haben, steht dieser Anspruch dem Eigentümer des Gutes zu.

102. (1) Parteien sind

a) ...

...

c) im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;"

19 § 102 Abs. 1 lit. c WRG 1959 regelt die Parteistellung im Verfahren zur Feststellung des Erlöschens. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs können im Verfahren über das Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten andere Personen als der bisherige Wasserbenutzungsberechtigte nur die Beeinträchtigung ihrer Rechte unter dem Gesichtspunkt letztmaliger Vorkehrungen geltend machen; sie haben aber keinen rechtlichen Einfluss auf die Erlöschensfeststellung selbst. Dies gilt auch für Grundeigentümer, deren Grundstücke von dem Wasserbenutzungsrecht durch Dienstbarkeiten belastet sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/07/0154, und vom , 99/07/0115).

20 Der fehlende Einfluss auf die Erlöschensfeststellung selbst ist nicht Gegenstand der hier aufgeworfenen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Es geht vielmehr um die Frage des Parteienkreises im - der Feststellung des Erlöschens nachgeschalteten - Verfahren zur Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen.

Hier nennt § 29 Abs. 1 WRG 1959 neben dem bisher Berechtigten die anderen Wasserberechtigten und die Anrainer. Der Eigentümer der Flussparzelle, auf der sich die Wehranlage befindet, ist regelmäßig kein anderer Wasserberechtigter. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist er aber auch kein Anrainer.

21 Anrainer im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959 sind nämlich nur die Eigentümer benachbarter Grundstücke (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 95/07/0051, und vom , 2010/07/0214).

Die Eigentümer der von der Wasserbenutzungsanlage in Anspruch genommenen (somit nicht benachbarten, sondern unmittelbar von der Anlage betroffenen) Grundstücke fallen daher nicht unter den Begriff der "Anrainer". Sie haben keinen Anspruch auf letztmalige Vorkehrungen zur Beseitigung der Anlagenteile auf ihren Grundstücken. Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass die Ansprüche dieser Personen im Zuge der Schaffung des Titels, der den Zugriff auf ihre Grundstücke ermöglicht, geregelt wurde ( Bumberger/Hinterwirth , WRG2, K 12 zu § 29).

22 Den nichtanrainenden Grundstückseigentümern fehlt vor diesem Hintergrund der Anspruch auf Beseitigung von (der Bewilligung entsprechenden) Anlagenteilen auf ihren Grundstücken. Insoweit kommt ihnen keine Parteistellung zu; sie können keinen Antrag auf Beseitigung dieser Anlagen stellen.

Sie werden aber in ihren Rechten als Grundeigentümer dann berührt, wenn letztmalige Vorkehrungen vorgeschrieben werden und durch diese ein Zustand geschaffen wird, der sich zu ihrem Nachteil von dem Zustand unterscheidet, der der (erloschenen) Bewilligung entsprach.

23 Diese Differenzierung liegt der vermeintlichen Rechtsprechungsdivergenz zu Grunde, die seitens der Revisionswerberin aufgezeigt wird.

Bei den von der Revisionswerberin genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes ging es nicht um die Frage, ob ein von einer Dienstbarkeit oder Eigentumseinschränkung durch die Anlage, deren Wasserrecht erloschen ist, betroffener Grundstückseigentümer einen Anspruch darauf hat, dass die Anlage (im Rahmen einer Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen) beseitigt wird. Es ging in beiden Fällen einzelfallbezogen um andere rechtliche Aspekte des Erlöschensverfahrens.

24 In dem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , 90/07/0047, zu Grunde lag, war das Wasserbenutzungsrecht mit einer Liegenschaft verbunden. Die letztmaligen Vorkehrungen wurden demjenigen vorgeschrieben, der im Zeitpunkt des Erlöschens Eigentümer der Liegenschaft war. Fraglich war die Rechtsstellung des Rechtsnachfolgers im Eigentum dieser Liegenschaft, die naturgemäß von den letztmaligen Vorkehrungen unmittelbar betroffen war.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte diese Frage allerdings vor dem Hintergrund der Zulässigkeit eines Devolutionsantrages des scheidenden Wasserberechtigten gegen die Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen zu prüfen und ging davon aus, dass der Rechtsnachfolger des ehemaligen Wasserberechtigten und nunmehrige Grundstückseigentümer - solange über die Art der letztmaligen Vorkehrungen nicht endgültig entschieden war - ein aus dem Grundstückseigentum erfließendes rechtliches Interesse an der Erlassung der Berufungsentscheidungen habe, um Gewissheit über Art und Ausmaß der ihn als Grundstücks- und Anlageneigentümer treffenden Duldungspflicht zu erlangen. Die damals in erster Instanz aufgetragenen letztmaligen Vorkehrungen bestanden aber nicht nur in der Abtragung von Anlagenteilen sondern auch in neuen Maßnahmen, wie der Herstellung von Erdböschungen. Damit standen aber letztmalige Vorkehrungen im Raum, die unter Umständen zu einem Zustand führten, der vorher nicht vorhanden war und anders als bisher und allenfalls nachteilig in das Grundeigentum eingreifen könnte. In dieser Konstellation wurde dem Grundeigentümer eine den (neuen) Eingriff in sein Eigentum abwehrende Rechtsposition zugebilligt.

Eine Aussage des Inhaltes, dass dem Grundstückseigentümer generell ein Anspruch auf Beseitigung der Anlagen zukäme, ist diesem Erkenntnis aber nicht zu entnehmen.

25 Dies gilt auch für das weitere, in der Revision erwähnte hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0017; diesem lag ein Fall zu Grunde, in dem der Eigentümer einer Quelle (der Beschwerdeführer) diese zum Teil selbst nutzte, einen anderen Teil des Wassers aber einem Dritten zur Verfügung stellte, der dieses Wasser über Rohrleitungen bezog, die über fremden Grund führten. Nach Erlöschen der wasserrechtlichen Bewilligung (auch für die Nutzung der Leitungen) des Dritten ergingen Löschungsvorkehrungen, die ua auch darin bestanden, das Quellwasser auf dem Grundstück des Beschwerdeführers nicht mehr abzuleiten, die Leitung auf seinem Grundstück abzutrennen und dauerhaft zu verschließen. Weil der Beschwerdeführer die Leitungen aber wieder öffnete und zur Ableitung des Wassers von seiner Quelle benutzte, wurde er daraufhin mittels eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 zum Verschluss der Leitung verpflichtet. Gegenstand der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war daher die Rechtmäßigkeit des wasserpolizeilichen Auftrags. Dabei befasste sich der Verwaltungsgerichtshof mit den rechtlichen Wirkungen des abgeschlossenen Erlöschensverfahrens und den aufgetragenen Löschungsvorkehrungen und meinte, aus den Löschungsvorkehrungen erfließe für den Beschwerdeführer eine Duldungsverpflichtung nach § 72 Abs. 1 lit. c WRG 1959; er hätte die vom Dritten durchzuführenden letztmaligen Vorkehrungen dulden und die Leitung nicht wieder in Betrieb nehmen dürfen. Im Erkenntnis findet sich unter Hinweis auf eine Stelle in Kaan/Braumüller , Handbuch Wasserrecht, § 29, E 43, 47, 55 ff (58), der Satz, wonach "im Verfahren betreffend die bei Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes den bisher Wasserberechtigten vorzuschreibenden letztmaligen Vorkehrungen neben den berührten Wasserberechtigten auch dem Eigentümer einer Liegenschaft, auf der allenfalls letztmalige Vorkehrungen gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. durch einen bisherigen Wasserberechtigten durchzuführen sind, und den an der Erhaltung der Anlage interessierten Beteiligten (§ 29 Abs. 3 leg. cit.) eine inhaltliche, auf Wahrung ihrer Interessen beschränkte Parteistellung zukommt."

Mit der Parteistellung zur "Wahrung ihrer Interessen" ist aber auch in diesem Fall gemeint, dass dem Eigentümer der Liegenschaft im Verfahren betreffend die letztmaligen Vorkehrungen das aus dem Eigentumsrecht erfließende Abwehrrecht zukommt, nicht mit Vorkehrungen belastet zu werden, die sich in Abweichung von der (erloschenen) Bewilligung nachteilig auf sein Grundeigentum auswirken.

Auch diese Entscheidung steht nicht mit der aus § 29 Abs. 1 WRG 1959 erfließenden Rechtsansicht im Widerspruch, wonach Grundeigentümer, die keine Anrainer sind, keinen Anspruch auf letztmalige Vorkehrungen zur Beseitigung der Anlagenteile auf ihren Grundstücken haben. Nur darum geht es aber im vorliegenden Fall.

26 Die Revisionswerberin verweist auch auf eine Entscheidung (eines anderen Richters) des LVwG vom , LVwG-AV-70- 2014/001, wonach ihr in einem vergleichbaren Fall Parteistellung zugesprochen worden sei.

Es erübrigt sich aber, auf diese Entscheidung näher einzugehen, zumal aus dem zitierten Erkenntnis des LVwG kein Recht der Revisionswerberin abgeleitet werden kann, im hier vorliegenden Fall ebenso behandelt zu werden.

27 Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass einem nicht anrainenden Eigentümer eines Grundstückes, auf dem sich eine (oder ein Teil einer) Wasserbenutzungsanlage befindet, deren wasserrechtliche Bewilligung erloschen ist, kein Recht darauf zukommt, dass die Anlage (oder deren Teil) im Rahmen der Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen nach § 29 Abs. 1 WRG 1959 beseitigt wird.

Werden aber letztmalige Vorkehrungen vorgeschrieben, so werden Rechte solcher Grundeigentümer dann nachteilig berührt, wenn neue Maßnahmen vorgeschrieben werden, die über die bloße Belassung der Wasserbenutzungsanlage (oder ihrer Teile) hinausgehen. In diesem Umfang besteht eine auf Wahrung dieser Interessen beschränkte Parteistellung solcher Grundeigentümer im Verfahren betreffend die Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen.

28 Im vorliegenden Fall wurde im Rahmen faktisch vorgenommener letztmaliger Vorkehrungen die Wehrhöhe des auf dem Grundstück der Revisionswerberin liegenden Wehrs reduziert, somit die Belastung ihres Grundstückes verringert. Dass sich die Reduzierung der Wehrhöhe (im Vergleich zur Belassung der bewilligten Höhe) nachteilig für die Revisionswerberin auswirkte, ist nicht anzunehmen und wird auch nicht behauptet. Allerdings wurde neben der Verringerung der Wehrhöhe im S-Bach auch eine fischgängige Sohlrampe unterhalb des Wehrkörpers hergestellt. Diese Maßnahme war aber - ebenso wie die Verringerung der Wehrhöhe - nicht Gegenstand von anlässlich des Erlöschens vorgeschriebenen letztmaligen Vorkehrungen, sondern wurde von der mitbeteiligten Partei von sich aus - in Abänderung der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung und ohne eigene wasserrechtliche Bewilligung, somit als unzulässige Neuerung nach § 138 WRG 1959 - vorgenommen.

29 Mit dem Erlöschensbescheid wurden aber - wie oben dargestellt - ausdrücklich keine letztmaligen Vorkehrungen vorgeschrieben.

Die Revisionswerberin konnte daher ihre Rechte nicht im Rahmen eines Verfahrens zur konkreten Gestaltung letztmaliger Vorkehrungen geltend machen, weil ein solches Verfahren mit einem diese letztmaligen Vorkehrungen letztlich konkret vorschreibenden Bescheid hier gar nicht stattfand.

30 Daraus folgt für das Schicksal der vorliegenden Revision:

Gegenstand des in Revision gezogenen Erkenntnisses, mit dem durch Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin der Spruch der belangten Behörde unverändert übernommen wurde, ist ebenfalls lediglich die Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechts; es wurden keine letztmaligen Vorkehrungen verfügt.

Wie dargestellt, käme der Revisionswerberin aber nur in einem Verfahren zur Gestaltung konkreter letztmaliger Vorkehrungen Parteistellung zu. Ein solches Verfahren fand hier aber nicht statt. Die Beschwerde der Revisionswerberin wäre daher richtigerweise zurückzuweisen statt abzuweisen gewesen. Da aus dem Inhalt des in Revision gezogenen Erkenntnisses zweifelsfrei hervorgeht, dass das LVwG die Parteistellung der Revisionswerberin verneint hat, liegt in der an Stelle einer Zurückweisung der Beschwerde erfolgten Abweisung aber lediglich ein Vergreifen im Ausdruck. Rechte der Revisionswerberin wurden dadurch nicht verletzt.

31 Die Revision erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Wien, am