VwGH vom 27.05.2008, 2007/17/0111

VwGH vom 27.05.2008, 2007/17/0111

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2007/17/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der Finanzmarktaufsichtsbehörde gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien je vom , Zlen. 1. UVS-06//27/5758/2006-6 und 2. UVS-06//27/5759/2006-3, jeweils betreffend Übertretung des § 73 Abs. 1 Z 11 iVm § 98 Abs. 2 Z 7 BWG (mitbeteiligte Parteien: zu 1. JM und zu 2. RS, beide in Salzburg, beide vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 21A), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Die Mitbeteiligten waren im Jahr 2005 Vorstände der A-Bank AG. In einer Vorstandssitzung vom wurde die Bestellung der M als Verantwortliche für die interne Revision dieses Kreditinstituts mit Wirkung vom beschlossen.

Mit einer an das Bundesministerium für Finanzen gerichteten Note vom zeigte die A-Bank AG gemäß § 73 Abs. 1 Z 11 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 (im Folgenden: BWG), diese Bestellung an. Diese an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: FMA) übermittelte Anzeige langte dort am ein.

Mit Strafverfügungen je vom lastete die FMA den Mitbeteiligten im Wesentlichen gleich lautend an, sie hätten es in ihrer Funktion als Vorstände der A-Bank AG gemäß § 9 Abs. 1 VStG als nach außen vertretungsbefugte Organe zu verantworten, dass es das genannte Kreditinstitut zwischen 27. September und unterlassen habe, die Bestellung der M als Verantwortliche für die interne Revision unverzüglich schriftlich der FMA anzuzeigen. Die Bestellung sei in der Vorstandssitzung vom beschlossen worden, während die mit datierte Anzeige erst am bei der FMA eingelangt sei.

Die Mitbeteiligten hätten dadurch § 98 Abs. 2 Z 7 in Verbindung mit § 73 Abs. 1 Z 11 BWG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Mitbeteiligten eine Geldstrafe von jeweils EUR 200,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt.

Die Mitbeteiligten erhoben Einspruch, in welcher sie im Wesentlichen die Auffassung vertraten, die Verpflichtung zur Anzeige gemäß § 73 Abs. 1 Z 11 BWG entstehe erst mit Rechtswirksamkeit der Bestellung des Verantwortlichen für die interne Revision bzw. mit dem Tag, an dem eine Änderung in der Verantwortlichkeit eintrete.

Mit Straferkenntnissen je vom lastete die FMA den Mitbeteiligten dieselben Sachverhalte an wie bereits in den Strafverfügungen und verhängte die gleiche Strafe.

Begründend führte die FMA aus, die von den Mitbeteiligten in ihren Einsprüchen vertretene Rechtsansicht sei unzutreffend. Vielmehr bedeute der Begriff "unverzüglich" in § 73 Abs. 1 BWG ohne schuldhaftes Zögern. Der für die Beurteilung der Unverzüglichkeit maßgebliche Zeitpunkt sei die Beschlussfassung durch das jeweilige Gesellschaftsorgan. Diese Rechtsansicht sei unter anderem auch mit Schreiben der FMA vom an den Verband österreichischer Banken und Bankiers mitgeteilt worden. Zwar seien die Verantwortlichen für die interne Revision sowie Änderungen in deren Person nicht von der FMA zu genehmigen. Das Fehlen des Erfordernisses einer Genehmigung sage aber nichts über den Zeitpunkt aus, zu dem eine Anzeige zu erstatten sei. Zudem sei bei der Anzeige nach § 73 Abs. 1 Z 11 BWG der FMA auch die Einhaltung von § 42 Abs. 2 BWG darzulegen. Dort würden die Ausschließungsgründe normiert. Im Falle der Bestellung einer ausgeschlossenen Person habe die Behörde nach § 70 Abs. 4 BWG vorzugehen. Die Anzeige einer Änderung in der Person des Verantwortlichen für die interne Revision ab Beschlussfassung durch das zuständige Gesellschaftsorgan liege daher im Interesse der Funktionsfähigkeit des Bankbetriebes (Aufsichtsinteresse), aber auch im Interesse des einzelnen Kreditinstitutes, welches dadurch ein Aufsichtsverfahren nach § 70 Abs. 4 BWG vermeiden könne.

Die Mitbeteiligten erhoben Berufungen.

Mit den angefochtenen Bescheiden vom wurde diesen Berufungen jeweils Folge gegeben, die erstinstanzlichen Straferkenntnisse vom aufgehoben und die Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen Folgendes aus:

"Im vorliegenden Fall lagen zwischen dem Zeitpunkt des Beschlusses des Vorstandes der A-Bank AG, eine (neue) Verantwortliche für die innere Revision zu bestellen, und dem Wirksamwerden dieses Beschlusses mehr als zwei Monate. Es ist strittig, ob die Anzeigepflicht bereits mit dem Zeitpunkt der Beschlussfassung des Vorstandes ausgelöst wurde oder diese Verpflichtung erst ab dem Zeitpunkt eingetreten ist, ab dem die Betreffende tatsächlich verantwortlich wurde.

Die oben angeführte Bestimmung regelt zwei verschiedene Verpflichtungen: Einerseits die Verpflichtung zur schriftliche Anzeige für 'den oder die Verantwortlichen für die interne Revision', anderseits die Verpflichtung zur schriftliche Anzeige der 'Änderungen in deren Person'. Sowohl der Wortlaut dieser Bestimmung als auch der Umstand, dass beide Verpflichtungen gleichrangig nebeneinander geregelt sind, spricht nach Auffassung des erkennenden Senates dafür, dass erst der tatsächliche Eintritt eines Ereignisses die Anzeigepflicht auslöst. So kann die Verpflichtung, 'Änderungen' in der Person des Verantwortlichen anzuzeigen, erst entstehen, wenn diese 'Änderungen' eingetreten sind. Ebenso ist als 'Verantwortlich' im Sinne dieser Bestimmung erst derjenige anzusehen, dessen Bestellung zum Verantwortlichen auch wirksam geworden ist. Wie vom Berufungswerber zutreffend vorgebracht, war M - ungeachtet des Beschlusses vom September 2005 - vor dem eben nicht für die interne Revision verantwortlich, sondern eine andere Person.

Da es grundsätzlich möglich ist, Verantwortliche für die Innere Revision mit sofortiger Wirkung zu bestellen, kann das Vorliegen etwaiger Ausschließungsgründe gem. § 42 Abs. 2 BWG nach der Systematik des BWG erst ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Bestellung zum Verantwortlichen überprüft werden.

Zum Hinweis der FMA auf die Berufungsentscheidung des UVS Wien, Zl. 06/31/6893/2003, in welcher ausgesprochen worden war, dass die Bestellung eines Geschäftsführers unverzüglich nach der Beschlussfassung über die Bestellung gemäß § 73 Abs. 3 BWG anzuzeigen ist, ist festzustellen, dass in diesem Verfahren die Bestellung des Geschäftsführers mit sofortiger Wirkung erfolgt war, für die Anzeige der Bestellung an die FMA aber erst die Eintragung in das Firmenbuch abgewartet worden war. Der diesem Verfahren zu Grunde liegende Sachverhalt war somit mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

Da die gegenständliche Anzeige am bei der FMA eingelangt war, ist diese im Sinne des eingangs zitierten Rundschreibens der FMA aus dem Jahr 2004 als rechtzeitig zu werten. Es war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen."

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die FMA macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes dieser Bescheide mit dem Antrag geltend, sie aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift vor.

Die Mitbeteiligten erstatteten eine Gegenschrift, in welcher sie die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG, hilfsweise deren Abweisung als unbegründet beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 73 Abs. 1 Z 11 BWG idF BGBl. I Nr. 33/2005 (die wiedergegebenen Teile im Wesentlichen auf die Stammfassung zurückgehend) lautet:

"§ 73. (1) Die Kreditinstitute haben der FMA unverzüglich schriftlich anzuzeigen:

...

11. den oder die Verantwortlichen für die interne Revision sowie Änderungen in deren Person;

..."

§ 98 Abs. 2 Z 7 BWG idF BGBl. I Nr. 33/2005 lautet:

"(2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Kreditinstitutes

...

7. die unverzügliche schriftliche Anzeige von in § 73 Abs. 1 Z 1 bis 15 genannten Sachverhalten an die FMA unterlässt;

...

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro zu bestrafen."

§ 42 Abs. 1 und 2 BWG idF BGBl. I Nr. 33/2005 lauten:

"§ 42. (1) Kreditinstitute haben eine interne Revision einzurichten, die unmittelbar den Geschäftsleitern untersteht und ausschließlich der laufenden und umfassenden Prüfung der Gesetzmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des gesamten Unternehmens dient. Die interne Revision muss unter Bedachtnahme auf den Geschäftsumfang so ausgestattet sein, dass sie ihre Aufgaben zweckentsprechend erfüllen kann. Mit Aufgaben der internen Revision dürfen Personen, bei denen Ausschließungsgründe vorliegen, nicht betraut werden.

(2) Als Ausschließungsgründe sind Umstände anzusehen, die die

ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben der internen Revision

nicht wahrscheinlich erscheinen lassen. Ausschließungsgründe

liegen insbesondere vor, wenn

1. den betroffenen Personen die erforderliche

Sachkenntnis und Erfahrung im Bankwesen fehlt und

2. die objektive Wahrnehmung der Funktion

beeinträchtigt sein kann, insbesondere wenn die betroffenen Personen gleichzeitig zum Bankprüfer bei demselben Kreditinstitut bestellt sind oder auf diese Personen durch ihre Tätigkeit in der internen Revision einer der in § 62 Z 6, 12 und 13 genannten Ausschließungsgründe als Bankprüfer des Kreditinstituts zutreffen würde."

In der Amtsbeschwerde wird - ähnlich wie in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen - die Auffassung vertreten, die Anzeigepflicht sei schon mit der Beschlussfassung betreffend die Bestellung der M zur Leiterin der internen Revision ausgelöst worden. Für den Fall einer Satzungsänderung stellten etwa Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl, BWG2, § 73 Rz 2, ausdrücklich auf die Beschlussfassung ab. Damit sei nämlich die Willensbildung betreffend die Bestellung abgeschlossen. Es könne nicht darauf ankommen, ob die Bestellung erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden solle. Diese Auslegung sei auch im Interesse einer effizienten Aufsicht geboten, zumal eine frühe Anzeige es der FMA ermögliche, noch vor Wirksamwerden der Bestellung bankenaufsichtsbehördliche Maßnahmen zu ergreifen.

Eingangs ist festzuhalten, dass sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Vorgangsweise nach § 33a VwGG schon deshalb nicht veranlasst sieht, weil zu der in der Amtsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Im Übrigen ist dem Beschwerdevorbringen Folgendes zu erwidern:

Strafbewehrt ist aus dem Grunde des § 98 Abs. 2 Z 7 BWG die Unterlassung der unverzüglichen schriftlichen Anzeige "von in § 73 Abs. 1 Z 1 bis 15 genannten Sachverhalten". Der in § 73 Abs. 1 Z 11 erster Fall BWG umschriebene "Sachverhalt" ist "der Verantwortliche für die interne Revision", also - anders gewendet -

der Umstand, dass eine näher genannte Person für die interne Revision des Kreditinstitutes verantwortlich ist. Dieser "Sachverhalt" liegt erst dann vor, wenn die Bestellung einer solchen Person zum Verantwortlichen auch wirksam geworden ist. Vorher kann sie dagegen noch nicht zu den "Verantwortlichen für die interne Revision" gezählt werden.

Die in der Amtsbeschwerde vertretene Auffassung, die strafbewehrte Anzeigepflicht werde schon durch den Beschluss betreffend die Bestellung zum Verantwortlichen ausgelöst, findet im Wortlaut des § 98 Abs. 2 Z 7 iVm § 73 Abs. 1 Z 11 erster Fall BWG keine Deckung.

Damit spielen aber die von der belangten Behörde ins Treffen geführten teleologischen Erwägungen schon im Hinblick auf das im Verwaltungsstrafrecht herrschende Analogieverbot keine Rolle. Sie werden überdies - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte - dadurch relativiert, dass das BWG unmittelbar wirksam werdende Bestellungsakte von Verantwortlichen nicht ausschließt, wobei in einer solchen Konstellation bankenaufsichtsbehördlichen Maßnahmen jedenfalls erst nach Wirksamwerden der Bestellung ergriffen werden können. Dies wurde vom Gesetzgeber des BWG offenbar hingenommen, weshalb nicht davon gesprochen werden kann, dass das BWG offenkundig den Zweck verfolgt, bankenaufsichtsbehördliche Maßnahmen schon vor Wirksamwerden der Bestellung eines Verantwortlichen für die interne Revision zu ermöglichen.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Auffassung der belangten Behörde, wonach sich die Auslegung des zweiten Tatbestandes des § 73 Abs. 1 Z 11 BWG schon aus systematischen Gründen an jener des ersten Falles leg. cit. zu orientieren hat. Demnach sind auch Änderungen in der Person des oder der Verantwortlichen erst dann anzuzeigen, wenn sie eingetreten sind, also erst mit Wirksamkeit der entsprechenden Personalmaßnahme.

Die in § 73 Abs. 1 Z 11 BWG umschriebenen Tatbestände sind schon von ihrem Wortlaut und systematischen Zusammenhang her nicht mit dem der "Satzungsänderung" in § 73 Abs. 1 Z 1 BWG vergleichbar, sodass für die beschwerdeführende FMA aus der von ihr zitierten - die letztgenannte Gesetzesbestimmung betreffenden -

Literaturstelle nichts zu gewinnen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch an die Mitbeteiligten gründet auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Demgegenüber war ein Kostenzuspruch an die belangte Behörde aus dem Grunde des § 47 Abs. 4 VwGG ausgeschlossen.

Wien, am