VwGH 19.12.2018, Ra 2016/06/0141
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | UVPG 2000 §2 Abs2; UVPG 2000 §3 Abs4 Z1; UVPG 2000 §3 Abs7; |
RS 1 | Der VwGH teilt die Rechtsansicht, dass - ungeachtet dessen, dass § 3 Abs. 7 UVPG 2000 (lediglich) eine Grobprüfung verlangt - der Frage, ob mit den Vorhaben eine Umgehung der Durchführung einer UVP erfolgen könnte, besonderes Augenmerk zu schenken ist. Dies betrifft insbesondere die Beantwortung der Frage, ob gegebenenfalls von einem einheitlichen Vorhaben gemäß § 2 Abs. 2 UVPG 2000 auszugehen wäre, aber auch die Notwendigkeit einer genauen Prüfung des Bestehens kumulierungsfähiger Vorhaben. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision der Steiermärkischen Landesregierung in 8010 Graz, Hofgasse 15, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , W143 2009324-1/12E, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Parteien:
1. Umweltanwältin des Landes Steiermark in 8010 Graz, Stempfergasse 7, 2. Naturschutzbund Steiermark in 8010 Graz, Herdergasse 3, 3. Gemeinde P in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt A)II. des angefochtenen Beschlusses wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Eingabe an die Steiermärkische Landesregierung (Revisionswerberin) vom beantragte Franz S. die Feststellung, ob für sein Vorhaben, den bereits bestehenden Stall in P. (laut rechtskräftiger Baubewilligung für die Haltung von 30.000 Legehennen) durch einen Zubau für die Haltung von
9.950 Legehennen zu erweitern, sodass künftig insgesamt
39.950 Legehennen gehalten würden, und für das Vorhaben seines Sohnes Florian S. in einer Entfernung von 300 m vom Vorhaben des Franz S. einen weiteren Stall für die Haltung von
39.930 Legehennen zu errichten, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen sei. Der neu zu errichtende Stall für
39.930 Legehennen befinde sich weder in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie C der Anlage 2 zum UVP-Gesetz 2000, noch befinde sich im Umkreis von 300 m von diesem Stall ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorie E der Anlage 2 zum UVP-G 2000. Der bestehende Stall, der durch einen Zubau für die Haltung von
9.950 Legehennen erweitert werden solle, liege in einem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie E der Anlage 2 zum UVP-G 2000, weil sich im Umkreis von 300 m um das Vorhaben ein Siedlungsgebiet befinde. Den der Eingabe beigelegten immissionstechnischen Gutachten des Dipl. Ing. F. vom (Anmerkung: Dabei handelt es sich um Agrartechnische Stellungnahmen zu den geplanten Vorhaben nach der Richtlinie zum Schutz vor Immissionen aus der Nutztierhaltung) sei zu entnehmen, dass sich weder die Geruchsschwellen noch die Belästigungsgrenzen der beiden Vorhaben überschneiden würden. Es sei auch keine Überlagerung mit anderen tierhaltenden Betrieben gegeben.
2 Mit Eingabe vom teilte die von der Revisionswerberin dazu aufgeforderte Gemeinde P. mit, dass sich im Umkreis von 500 m um die gegenständlichen Vorhaben fünf näher genannte landwirtschaftliche Betriebe und im Umkreis von 770 m ein weiterer landwirtschaftlicher Betrieb befänden. Dazu wurde ein Lageplan sämtlicher Betriebe übermittelt.
3 Franz S. übermittelte mit Schreiben vom eine Vollmacht seines Sohnes und nahm zu ihm von der Revisionswerberin gestellten Fragen dahingehend Stellung, dass es hinsichtlich der beiden geplanten Vorhaben keinen einheitlichen Betriebszweck gebe, weil weder gemeinsam genutzte Anlagenteile noch gemeinsame Dispositionsbefugnisse, eine gemeinsame Planung oder eine gemeinsame Vermarktung vorgesehen seien. Errichter und Betreiber des Neubaues sei sein Sohn, welcher einen landwirtschaftlichen Betrieb mit eigener Betriebsnummer führe. Hinsichtlich der beiden Vorhaben gebe es kein Gesamtkonzept. Die Verwirklichung des Neubaues sei nicht zugleich mit dem Zubau geplant, es gebe dafür auch keine zeitgleiche, gemeinsame Planung, weil dieses Vorhaben ausschließlich in die Disposition seines Sohnes falle.
4 Die Revisionswerberin holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Luftreinhaltung, datiert mit , ein, in dem dieser im Wesentlichen festhielt, dass die vorgelegten Unterlagen plausibel seien. Das Vorhaben des Florian S. stehe mit den Vorhaben des Franz S. sowie des Landwirtes M. in räumlichem Zusammenhang. Es werde künftig zu kumulierenden Geruchsimmissionen im Umfeld des Betriebes des Florian S. kommen. Diese würden jedoch nur kleinere Areale im unbebauten Freiland bzw. Wald betreffen. Demnach sei nicht damit zu rechnen, dass die geplanten Vorhaben zu erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt führten.
5 In ihrer Stellungnahme vom führte die Umweltanwältin des Landes Steiermark unter Bezugnahme auf die in Anhang 1 Z 43 zum UVP-G 2000 festgelegten Schwellenwerte von 48.000 Legehennen (Spalte 2) bzw. 40.000 Legehennen (in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie C oder E gemäß Spalte 3) zum Vorhaben des Franz S. aus, dass gemäß § 3a Abs. 6 UVP-G eine Einzelfallprüfung dann nicht durchzuführen sei, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweise. Die geplante Erweiterung der Hühnerhaltung des Franz S. habe eine Kapazität von 24,875 %, weshalb keine Einzelfallprüfung durchzuführen sei. Auch für das Neubauvorhaben des Florian S. sei im Hinblick auf § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 und Z 43a des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 sowie die Ergebnisse des eingeholten luftreinhaltetechnischen Gutachtens keine UVP durchzuführen. Angemerkt werde, dass die Absicht, eine UVP zu umgehen, bei beiden Vorhaben evident sei.
6 Mit unter anderem auf § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 gestütztem Bescheid vom stellte die Revisionswerberin fest, dass für das Vorhaben des Franz S. sowie für das Vorhaben des Florian S. keine UVP durchzuführen sei.
7 In ihrer rechtlichen Beurteilung hielt die Revisionswerberin im Rahmen der Prüfung, ob die Vorhaben des Franz S. und des Florian S. als einheitliches Vorhaben im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 zu beurteilen seien, zunächst mit Hinweis auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung fest, dass das Vorliegen eines räumlichen Zusammenhanges zwischen den beiden Vorhaben zu bejahen sei. Für die Beurteilung der Frage des Vorliegens eines sachlichen Zusammenhanges sei die deklarierte Absicht der Projektwerber maßgeblich. Bezugnehmend auf die Eingabe des Franz S. vom führte die Revisionswerberin dazu aus, dass diese Absicht im vorliegenden Fall fehle. Das Vorliegen eines sachlichen Zusammenhanges zwischen den verfahrensgegenständlichen Vorhaben sei zu verneinen. Mangels Vorliegen eines sachlichen (und zeitlichen) Zusammenhanges sei daher von zwei Vorhaben - einem nach § 3 UVP-G 2000 zu beurteilenden Neuvorhaben und einem nach § 3a UVP-G 2000 zu beurteilenden Änderungsvorhaben - auszugehen.
8 Im Umkreis von 300 m um das Vorhaben "Errichtung eines Zubaues zum bestehenden Stallgebäude für die Haltung von
9.950 Legehennen" des Franz S. seien Grundstücke im Sinne der Definition des Anhanges 2 UVP-G 2000, Kategorie E (Siedlungsgebiet), ausgewiesen, sodass § 3a Abs. 3 UVP-G 2000 auch in Verbindung mit Anhang 1 Z 43 lit. b) Spalte 3 UVP-G 2000 zu prüfen sei.
9 Die im Anhang 1 zum UVP-G 2000 festgelegten Schwellenwerte (48.000 Legehennenplätze gemäß Z 43 lit. a) Spalte 2; 40.000 Legehennenplätze gemäß Z 43 lit. b) Spalte 3) würden weder durch die bestehende Anlange des Franz S.
(30.000 Legehennenplätze) noch durch die Änderung (39.950 Legehennenplätze) erreicht. Der Tatbestand des § 3a Abs. 3 in Verbindung mit Anhang 1 Z 43 lit. a) Spalte 2 bzw. lit. b) Spalte 3 UVP-G 2000 werde somit nicht verwirklicht.
10 Bei der Prüfung der Kumulationsbestimmung des § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 führte die Revisionswerberin aus, das Änderungsvorhaben des Franz S. (9.950 Legehennenplätze) weise eine Kapazität von weniger als 25 % sowohl des gemäß Anhang 1 Z 43 lit. a) Spalte 2 UVP-G 2000 als auch des gemäß Anhang 1 Z 43 lit. b) Spalte 3 UVP-G 2000 maßgeblichen Schwellenwertes (48.000 Legehennenplätze bzw. 40.000 Legehennenplätze) auf. Der Tatbestand des § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 werde somit weder in Verbindung mit Anhang 1 Z 43 lit. a) Spalte 2 UVP-G 2000 noch in Verbindung mit Anhang 1 Z 43 lit. b) Spalte 3 UVP-G 2000 verwirklicht. Das Änderungsvorhaben des Franz S. sei daher keiner UVP zu unterziehen.
11 Das Vorhaben des Florian S. "Neubau eines Stallgebäudes für die Haltung von 39.930 Legehennen" verwirkliche den Tatbestand des Anhanges 1 Z 43 lit. a) Spalte 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 UVP-G 2000 nicht.
12 Im Rahmen der Prüfung der Kumulationsbestimmung des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 hielt die Revisionswerberin fest, dass das Vorhaben des Florian S. mit dem Vorhaben des Franz S. und dem "Vorhaben" des Landwirtes M. in einem räumlichen Zusammenhang stehe und gemeinsam mit diesen Vorhaben den Schwellenwert gemäß Anhang 1 Z 43 lit. a) Spalte 2 UVP-G 2000 überschreite. Die Kapazität des Vorhabens des Florian S. betrage mehr als 25 % des maßgeblichen Schwellenwertes von 48.000 Legehennenplätzen. Da die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 erfüllt seien, habe die Behörde festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei. Dies sei unter Hinweis auf das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung zu verneinen. Das Vorhaben des Florian S. sei mangels Verwirklichung der Tatbestände des § 3 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang 1 Z 43 lit. a) Spalte 2 UVP-G 2000 keiner UVP zu unterziehen.
13 Gegen diesen Bescheid erhoben - soweit für die vorliegende Entscheidung relevant - unter anderem die mitbeteiligten Parteien Beschwerden. In Erledigung dieser Beschwerden wurde der erstinstanzliche Bescheid mit Spruchpunkt A)II. des angefochtenen Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVwG) vom aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurückverwiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.
14 In seinen rechtlichen Ausführungen zur UVP führte das BVwG unter anderem aus, es sei verfahrensgegenständlich festzustellen gewesen, ob ein einheitliches Vorhaben oder aber zwei eigenständige Vorhaben nach dem UVP-G 2000 vorlägen, und somit welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 UVP-G 2000 verwirklicht werde bzw. ob der Tatbestand der Kumulierung erfüllt werde.
15 Das BVwG hielt in seinen Erwägungen schließlich fest, dass die Revisionswerberin die erforderliche Ermittlungstätigkeit hinsichtlich des maßgebenden Sachverhaltes unterlassen habe. Die zentrale Ermittlungslücke liege darin, dass sich die Revisionswerberin mit der Frage, ob die Vorhaben des Franz S. und des Florian S. ein einheitliches Vorhaben darstellten oder als zwei eigenständige Vorhaben zu betrachten seien, nicht in ausreichendem Maße auseinandergesetzt habe.
16 Im erstinstanzlichen Bescheid werde, obgleich ohne nähere Begründung, von einem räumlichen Zusammenhang der beiden Vorhaben ausgegangen. Die Verneinung des Vorliegens eines sachlichen Zusammenhanges werde von der Revisionswerberin lediglich auf die Ausführungen des Franz S., wonach kein einheitlicher Betriebszweck vorliege, keine gemeinsam genützten Anlagenteile bestünden und keine gemeinsamen Dispositionsbefugnisse oder Vermarktung vorgesehen seien, gestützt. Die Revisionswerberin argumentiere hierbei nur mit der deklarierten Absicht des Franz S. und des Florian S.. Weitergehende Ermittlungsschritte hierzu ließen sich dem Verwaltungsakt nicht entnehmen. Zutreffend habe jedoch die Umweltanwältin im Rahmen ihrer Beschwerde darauf hingewiesen, dass es unklar sei, ob die beiden Vorhaben nicht tatsächlich einem gemeinsamen Betriebszweck dienten, zumal Florian S. wenige Monate nach Bescheiderlassung volljährig geworden sei, erst unlängst die Schule abgeschlossen habe, über keinerlei Barmittel verfüge und als Betriebsführer für den Gesamtbetrieb Hühnerhaltung S. vorgesehen sei. Ebenso habe die Gemeinde P. in ihrer Beschwerde ausgeführt, dass Florian S. als Hoferbe des Franz S. vorgesehen sei, seine berufliche Ausbildung in der landwirtschaftlichen Fachschule absolviert habe und keinen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer eigenen Betriebsnummer führe. Es wären daher weitergehende Ermittlungen zu tätigen gewesen, ob - entgegen den Angaben des Franz S. - nicht doch vom Vorliegen eines sachlichen Zusammenhanges auszugehen sei.
17 Aus Sicht des BVwG erwiesen sich daher die Erhebungen der Revisionswerberin, ob von zwei eigenständigen oder einem einheitlichen Vorhaben auszugehen sei, als unzureichend, weil die Revisionswerberin keine weitergehenden eigenständigen Erhebungen hinsichtlich Struktur und Organisation der Betriebe bzw. hinsichtlich der technischen Rahmenbedingungen durchgeführt habe. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob im gegenständlichen Verfahren von einem einheitlichen Betriebszweck und einer gemeinsamen Struktur - etwa der tatsächlichen gemeinsamen Nutzung landwirtschaftlicher Maschinen des Franz S. und des Florian S. - auszugehen sei; dies allenfalls unter Beiziehung eines geeigneten Sachverständigen.
18 Ein weiterer gravierender Ermittlungsmangel sei - wenn man (wie die Revisionswerberin) zu dem Prüfergebnis kommen sollte, dass von keinem einheitlichen Vorhaben auszugehen sei - darin zu erblicken, dass es die Revisionswerberin im Zuge des Ermittlungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 unterlassen habe, in einem ersten Schritt für das Vorhaben des Florian S. (als eigenständiges Neuvorhaben) abschließend zu erheben, mit welchen anderen Vorhaben dieses tatsächlich in einem räumlichen Zusammenhang stehe. Sollten betreffend das Vorhaben des Florian S. weitere Kumulierungen hervorkommen, wäre in einem zweiten Schritt für die neu hinzukommenden Vorhaben eine Einzelfallprüfung - unter Berücksichtigung möglicher zusätzlicher Vorbelastungen - durchzuführen. Die Behörde hätte zu prüfen, ob die Auswirkungen auf die Umwelt so erheblich seien, dass eine UVP erforderlich sei.
19 Zum ersten Prüfschritt habe die Revisionswerberin zwar an den Amtssachverständigen für Luftreinhaltung die Beweisfrage gestellt, welche Vorhaben mit dem gegenständlichen Vorhaben in räumlichem Zusammenhang stünden. Einer von der Gemeinde P. übermittelten Auflistung von landwirtschaftlichen Betrieben im Umkreis von 500 m um die geplanten Vorhaben sei zu entnehmen, dass sich neben dem Betrieb des Franz S. mit 30.000 Hühnern weitere genannte Betriebe (mit 1. Tierbestand aktuell 19 Rinder, legalisierter Tierbestand 30 Rinder; 2. legalisierter Tierbestand 60 bis 70 Rinder; 3. Tierbestand aktuell 12 Rinder, legalisierter Tierbestand 45 bis 50 Rinder;
4. legalisierter Tierbestand 17 Rinder) und der Betrieb M. (legalisierter Tierbestand 25.000 Hühner, 17.000 Hühner) befänden. Bei der Erteilung der Beweisfrage an den Amtssachverständigen für Luftreinhaltung betreffend den räumlichen Zusammenhang mit anderen Vorhaben habe die Revisionswerberin lediglich auf das Vorhaben M. (25.000 Hennen bzw. 17.000 Masthühner) verwiesen. Weshalb sich die Revisionswerberin hierbei einzig auf den Betrieb M. beziehe, jedoch die seitens der Gemeinde P. angeführten Betriebe unberücksichtigt gelassen habe, könne vom BVwG nicht nachvollzogen werden.
20 Aus diesem Grund sei auch die Frage, welche kumulierungsfähigen Vorhaben bestünden, vom beigezogenen Sachverständigen nur unzureichend beantwortet worden. Eine selbständige Prüfung anderer im Nahbereich liegender landwirtschaftlicher Betriebe als des Betriebes M. und des Betriebes des Franz S., "bezogen auf das Schutzgut", sei durch den Sachverständigen nicht erfolgt.
21 Die Revisionswerberin - so das BVwG weiter - habe sich mit den Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach das Vorhaben des Florian S. mit dem Vorhaben des Franz S. und dem "Vorhaben" des M. in räumlichem Zusammenhang stehe, die künftig kumulierenden Geruchsimmissionen jedoch nur kleinere Areale im unbebaute Freiland bzw. Wald beträfen, begnügt. Hieraus ergebe sich, dass die Beweisfrage zum räumlichen Zusammenhang durch den Amtssachverständigen nur mangelhaft beantwortet worden sei und die Revisionswerberin gehalten gewesen wäre, weitere Ermittlungsschritte (etwa durch nochmaliges Einholen einer Stellungnahme des Amtssachverständigen in Bezug auf den räumlichen Zusammenhang) zu setzen, weshalb hierbei jedenfalls von einer bloß ansatzweisen Ermittlungstätigkeit auszugehen sei. Welche gleichartigen Vorhaben tatsächlich in Frage kämen und ob für diese Vorhaben - unter Berücksichtigung aller relevanter Schutzgüter - ein räumlicher Zusammenhang mit dem geplanten Vorhaben bestehe, sei sohin nur mangelhaft festgestellt worden. Die Revisionswerberin hätte zur Feststellung des Sachverhaltes Ermittlungsschritte setzen und im Sinne einer umfassenden Prüfung, ob eine Kumulierung nach § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 vorliege, dementsprechend weiterführende Beweisfragen an den beigezogenen Sachverständigen stellen müssen.
22 Die Feststellung der Revisionswerberin, dass sich der landwirtschaftliche Betrieb M. (zwei Grundstücke mit 25.000 Hennen bzw. 17.000 Masthühnern) im Umkreis der gegenständlichen Vorhaben befinde, basiere auf einem mangelhaften Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen "und wurde nicht weiter geprüft". Dies stelle keine geeignete Ermittlungstätigkeit dar. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf ) könne der Begriff "räumlicher Zusammenhang" nicht allgemein festgelegt werden und es dürfe nicht auf fixe geografische Parameter abgestellt werden. Allein durch nochmaliges Einholen eines Sachverständigengutachtens hätte beurteilt werden können, ob Vorbelastungen - insbesondere für das Schutzgut "Luft" -
im betroffenen Gebiet bestünden und wie sich diese Vorbelastungen auf die Reichweite der maßgeblichen Umweltauswirkungen und somit den räumlichen Zusammenhang der zu kumulierenden Vorhaben niederschlage. Die Revisionswerberin hätte daher untersuchen müssen, ob aufgrund des Belastungspfades eine Überlagerung von Umweltauswirkungen von potenziell kumulierungsfähigen Vorhaben (zusätzlich zu den bereits festgestellten gleichgelagerten Betrieben) zu erwarten sei, und bejahendenfalls, in welchem Bereich sich die maßgeblichen und relevanten Umweltauswirkungen der kumulierenden Vorhaben auf das Schutzgut "Luft" erwartungsgemäß überlagerten.
23 Seien die Voraussetzungen des räumlichen Zusammenhangs mit weiteren gleichartigen Vorhaben in Bezug auf das Vorhaben des Zweitantragstellers gegeben, hätte - so das BVwG - die Revisionswerberin im Rahmen der Einzelfallprüfung in einem zweiten Schritt zu beurteilen gehabt, ob aufgrund der Kumulierung erheblich schädliche, belästigende oder belastende Auswirkungen auf die Umwelt (beispielsweise auf Luft, Boden, Wasser, Landschaft) unter Berücksichtigung der konkreten Umweltsituation (insbesondere Standort, Vorbelastung der zusätzlich ermittelten gleichgelagerten Vorhaben) zu erwarten seien. Im Rahmen der Einzelfallprüfung müsse sehr wohl eine konkrete Gefährdungsprognose im Hinblick auf das zur Beurteilung anstehende Projekt und eine Aussage zu den Schutzgut- oder Schutzzweckbeeinträchtigungen, mit denen durch dieses zu rechnen sei, getroffen werden. Die im Rahmen einer Einzelfallprüfung nach den Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 UVP-G 2000 vorzunehmende Grobbeurteilung habe daher erforderlichenfalls auf sachverständiger Grundlage zu erfolgen.
24 Schließlich sei von der Revisionswerberin im Zuge der Einzelfallprüfung hinsichtlich des Vorhabens des Florian S. lediglich geprüft worden, ob das Vorhaben Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch haben könne. Ob bzw. inwiefern mit den geplanten Vorhaben Auswirkungen auf weitere Schutzgüter (etwa Wasser, Boden, Fauna und Flora) verbunden seien, sei von der Revisionswerberin gänzlich unberücksichtigt gelassen worden. Ungeachtet der Tatsache, dass sich das Feststellungsverfahren hinsichtlich der Prüftiefe und des Prüfumfangs auf eine Grobprüfung zu beschränken habe, dürfe eine entsprechende Prüfung der im konkreten Einzelfall möglicherweise beeinträchtigten Schutzgüter nicht gänzlich unterbleiben.
25 Zusammenfassend sei auszuführen, dass die Revisionswerberin im fortgesetzten Verfahren die erforderlichen Ermittlungen zur Frage des Bestehens eines einheitlichen Vorhabens (insbesondere des Vorliegens eines sachlichen Zusammenhanges zwischen den Vorhaben des Franz S. und des Florian S.), in eventu zum Bestehen kumulierungsfähiger Vorhaben in Bezug auf das Vorhaben des Florian S. (insbesondere Erhebungen zum räumlichen Zusammenhang bezogen auf das jeweilige Schutzgut) und zu möglichen Auswirkungen der geplanten Vorhaben auf weitere Schutzgüter (insbesondere Wasser, Boden, Fauna und Flora) durchzuführen habe.
26 Ausgehend von diesen Überlegungen sei das dem BVwG gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung zu üben gewesen. Dass die Feststellungen des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst mit einer erheblichen Kostenersparnis im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG verbunden wäre, könne - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten administrativmanipulativen Aufwandes - nicht gesagt werden. Besondere Gesichtspunkte, die "aus der Sicht der beschwerdeführenden Partei" gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprächen, seien im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
27 Gegen Spruchpunkt A)II. dieses Beschlusses richtet sich die vorliegende Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
28 Die mitbeteiligten Parteien äußerten sich zur Revision nicht.
29 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
30 Die Revision erweist sich aufgrund des Vorbringens, das BVwG habe zu Unrecht von der Bestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG Gebrauch gemacht, als zulässig. Sie ist auch berechtigt.
31 § 28 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:
"Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das
Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(...)"
32 Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2016 lautet auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 2. (...)
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
(...)
Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind § 3a Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z 1 lit. d und f, § 7 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 20 Abs. 5 und § 22 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des § 3a Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 12a und § 19 Abs. 2 anzuwenden.
(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25% des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.
(...)
(4) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 ein Schwellenwert in bestimmten schutzwürdigen Gebieten festgelegt ist, hat die Behörde bei Zutreffen dieses Tatbestandes im Einzelfall zu entscheiden, ob zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum (Kategorie B des Anhanges 2) oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhanges 2) festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird. Bei dieser Prüfung sind schutzwürdige Gebiete der Kategorien A, C, D oder E des Anhanges 2 nur zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2) aufgenommen sind. Ist mit einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Abs. 7 (Feststellungsverfahren) ist anzuwenden. Bei der Entscheidung im Einzelfall hat die Behörde folgende Kriterien zu berücksichtigen:
1. Merkmale des Vorhabens (Größe des Vorhabens, Kumulierung
mit anderen Vorhaben, Nutzung der natürlichen Ressourcen,
Abfallerzeugung, Umweltverschmutzung und Belästigungen,
Unfallrisiko),
2. Standort des Vorhabens (ökologische Empfindlichkeit
unter Berücksichtigung bestehender Landnutzung, Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen des Gebietes, Belastbarkeit der Natur, historisch, kulturell oder architektonisch bedeutsame Landschaften),
3. Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf
die Umwelt (Ausmaß der Auswirkungen, grenzüberschreitender Charakter der Auswirkungen, Schwere und Komplexität der Auswirkungen, Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen, Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen) sowie Veränderung der Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwirklichung des Vorhabens im Vergleich zu der Situation ohne Verwirklichung des Vorhabens. Bei Vorhaben der Spalte 3 des Anhanges 1 ist die Veränderung der Auswirkungen im Hinblick auf das schutzwürdige Gebiet maßgeblich.
(...)
(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.
(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation oder ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation oder einem solchen Nachbarn/ einer solchen Nachbarin Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation der Umweltorganisation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß § 19 Abs. 7 ausgewiesene Zulassungsbereich maßgeblich.
(...)
Änderungen
§ 3a. (1) Änderungen von Vorhaben,
1. die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des in
Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen; dies gilt nicht für Schwellenwerte in spezifischen Änderungstatbeständen;
2. für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(...)
(3) Für Änderungen sonstiger in Spalte 2 oder 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen, wenn
1. der in Spalte 2 oder 3 festgelegte Schwellenwert durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder durch die Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder
2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher
genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 2 oder 3 kein Schwellenwert festgelegt ist,
und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(4) Bei der Feststellung im Einzelfall hat die Behörde die in § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 angeführten Kriterien zu berücksichtigen. § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Einzelfallprüfung gemäß Abs. 1 Z 2, Abs. 2, 3 und 6 entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.
(5) Soweit nicht eine abweichende Regelung in Anhang 1 getroffen wurde, ist für die Beurteilung der UVP-Pflicht eines Änderungsprojektes gemäß Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 2 und 3 die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen, wobei die beantragte Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25% des Schwellenwertes oder, wenn kein Schwellenwert festgelegt ist, der bisher genehmigten Kapazität erreichen muss.
(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25% des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.
(...)
Anhang 1
Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP-pflichtigen Vorhaben.
In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die ¿Neuerrichtung', der ¿Neubau' oder die ¿Neuerschließung' erfasst.
In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP-Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP-Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen.
Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert. Gebiete der Kategorien A, C, D und E sind für die UVP-Pflicht eines Vorhabens jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.
(...)
UVP im vereinfachten Verfahren
Spalte 2
Z 43 a) Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren ab folgender Größe:
48 000 Legehennen-, Junghennen-, Mastelterntier- oder
Truthühnerplätze
65 000 Mastgeflügelplätze
(...)
Spalte 3
Z 43 b) Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie C oder E ab folgender Größe:
40 000 Legehennen-, Junghennen-, Mastelterntier- oder Truthühnerplätze
42 500 Mastgeflügelplätze
(...)
Betreffend lit. a und b gilt: Bei gemischten Beständen werden die Prozentsätze der jeweils erreichten Platzzahlen addiert, ab einer Summe von 100% ist eine UVP bzw. eine Einzelfallprüfung durchzuführen; Bestände bis 5% der Platzzahlen bleiben unberücksichtigt.
(...)
Anhang 2
Einteilung der schutzwürdigen Gebiete in folgende Kategorien:
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Kategorie | schutzwürdiges Gebiet | Anwendungsbereich |
(...) | ||
E | Siedlungsgebiet | in oder nahe Siedlungsgebieten. |
Als Nahebereich eines Siedlungsgebietes gilt ein Umkreis von 300 m um das Vorhaben, in dem Grundstücke wie folgt festgelegt oder ausgewiesen sind: | ||
(...)" | ||
33 Gegenstand eines Verfahrens gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 ist die Feststellung, ob eine Pflicht zur Durchführung einer UVP für ein Vorhaben (bzw. für eine geplante Vorhabensänderung) nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen besteht.
34 Im vorliegenden Fall beantragte Franz S. mit Eingabe vom die Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 sowohl für sein Vorhaben, einen bereits bestehenden Stall (mit rechtskräftiger Baubewilligung für die Haltung von 30.000 Legehennen) durch einen Zubau für die Haltung von 9.950 Legehennen zu erweitern, als auch für das Vorhaben des Florian S., in einer Entfernung von ca. 300 m vom genannten Stall einen "weiteren Stall" für die Haltung von 39.930 Legehennen zu errichten.
35 Der Verwaltungsgerichtshof teilt die im angefochtenen Beschluss zum Ausdruck kommende Rechtsansicht, dass - ungeachtet dessen, dass § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (lediglich) eine Grobprüfung verlangt - der Frage, ob mit den Vorhaben des Franz. S. und des Florian S. eine Umgehung der Durchführung einer UVP erfolgen könnte, besonderes Augenmerk zu schenken ist.
36 Dies betrifft insbesondere die Beantwortung der Frage, ob gegebenenfalls von einem einheitlichen Vorhaben gemäß § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 auszugehen wäre, aber auch die Notwendigkeit einer genauen Prüfung des Bestehens kumulierungsfähiger Vorhaben.
37 Allerdings lagen - selbst ausgehend von den Erwägungen des BVwG - die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht vor.
38 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erstreckt sich die Anwendbarkeit der Zurückverweisungsbestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG keinesfalls auf die von § 28 Abs. 2 VwGVG erfassten Fälle (, , Ra 2016/04/0008). Eine Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Verwaltungsbehörde kommt grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn die in § 28 Abs. 2 VwGVG normierten Voraussetzungen, die eine Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur "Entscheidung in der Sache selbst" nach sich ziehen, nicht vorliegen. Die Voraussetzungen der Z 1 und 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG sind angesichts der Zielsetzung (meritorische Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte) weit zu verstehen. Damit wird dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung bzw. dem Gebot der angemessenen Verfahrensdauer (durch Vermeidung der Eröffnung eines neuerlichen Rechtszuges gegen die dann abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung) entsprochen. Demnach ist Zielsetzung des § 28 VwGVG, dass angesichts des in dieser Bestimmung insgesamt verankerten Systems die Zurückverweisungsmöglichkeit nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt § 28 VwGVG, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (, mwN).
39 Im gegenständlichen Fall kann der Revisionswerberin nicht vorgeworfen werden, im erstinstanzlichen Verfahren lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt zu haben. So hat sie sowohl Franz S. die Beantwortung von Fragen zur Beurteilung des allfälligen Vorliegens eines einheitlichen Betriebszwecks und eines Gesamtkonzeptes der beiden geplanten Vorhaben aufgetragen als auch ein Gutachten eines luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen zur Plausibilität der vorgelegten Unterlagen und zur Kumulierungsfrage eingeholt.
40 Das BVwG erachtete im angefochtenen Beschluss eine nähere Prüfung des Vorliegens eines einheitlichen Betriebszwecks und einer gemeinsamen Struktur, allenfalls unter Beiziehung eines geeigneten Sachverständigen, für erforderlich. Es bemängelte ferner eine unzureichende Beantwortung der Frage, welche kumulierungsfähigen Vorhaben bestünden, durch den Sachverständigen und eine nicht vorgenommene selbständige Prüfung anderer im Nahbereich liegender landwirtschaftlicher Betriebe (als der von der Revisionswerberin berücksichtigten Betriebe) "bezogen auf das Schutzgut". Die Beweisfrage zum räumlichen Zusammenhang sei durch den Amtssachverständigen nur mangelhaft beantwortet worden, weshalb weitere Ermittlungsschritte - etwa durch nochmaliges Einholen einer Stellungnahme des Amtssachverständigen - zu setzen gewesen wären. Hinsichtlich der Kumulierungsprüfung nach § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 wären nach Ansicht des BVwG weiterführende Beweisfragen an den beigezogenen Sachverständigen zu stellen gewesen. Darüber hinaus hätte - so das BVwG - durch nochmaliges Einholen eines Sachverständigengutachtens beurteilt werden können, ob Vorbelastungen - insbesondere für das Schutzgut "Luft" - im betroffenen Gebiet bestünden und wie sich diese Vorbelastungen im Rahmen der Beurteilung niederschlagen würden. Schließlich hätte - wie das BVwG weiters ausführte - die im Rahmen einer Einzelfallprüfung nach den Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 UVP-G 2000 vorzunehmende Grobbeurteilung erforderlichenfalls auf sachverständiger Grundlage zu erfolgen gehabt.
41 Dies zeigt, dass entscheidend für die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides durch das BVwG die von diesem als mangelhaft bzw. unzureichend beurteilten Ermittlungen der Revisionswerberin zur Frage des Bestehens eines einheitlichen Vorhabens und zum Bestehen kumulierungsfähiger Vorhaben in Bezug auf das Vorhaben des Florian S. und zu möglichen Auswirkungen der geplanten Vorhaben auf weitere Schutzgüter waren, wobei die ergänzenden Ermittlungen in erster Linie durch die Einholung ergänzender Sachverständigengutachten zu erfolgen hätten.
42 Die Notwendigkeit der Einholung eines oder mehrerer (weiterer) Gutachten rechtfertigt jedoch im Allgemeinen nicht die Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (, mwN). Nachvollziehbare Gründe für die Rechtfertigung der Aufhebung und Zurückverweisung im vorliegenden Fall enthält der angefochtene Beschluss nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern es dem Verwaltungsgericht nicht möglich gewesen sein sollte, die seiner Ansicht nach notwendigen Verfahrensschritte im Beschwerdeverfahren zu setzen.
43 Indem das BVwG das Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor dem Hintergrund der hg. Rechtsprechung verkannte, den Bescheid aufhob und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuerlichen Bescheides an die Revisionswerberin zurückverwies, belastete es Spruchpunkt A)II. seines Beschlusses mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | UVPG 2000 §2 Abs2; UVPG 2000 §3 Abs4 Z1; UVPG 2000 §3 Abs7; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016060141.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAE-69286