VwGH vom 09.09.2004, 2004/15/0047
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok. Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der H GmbH in E, vertreten durch Dr. Christoph Weinberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Kaigasse 40, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom , RV256/1-8/00, betreffend Körperschaftsteuer 1998 und Körperschaftsteuervorauszahlungen 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt der beschwerdeführenden GmbH, die im Firmenbuch des Landesgerichtes Salzburg eingetragen ist, gemäß § 24 Abs 4 KStG Körperschaftsteuer für das Jahr 1998 mit dem Betrag von 25.000 S ("Mindestkörperschaftsteuer") vor. Gleichzeitig schrieb es Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für das Jahr 2000 in Höhe von 24.080 S vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diese Steuervorschreibungen erhobene Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe - von ihrem Gründungsjahr 1995 abgesehen - stets ein positives Jahreseinkommen erzielt. Das Einkommen weise eine deutlich steigende Tendenz auf. Es sei daher zu erwarten, dass die Einkommenshöhe über das "Mindestkörperschaftsteuerniveau" steigen werde und damit die aus den Vorjahren resultierende Mindestkörperschaftsteuer mit der jeweiligen Jahressteuer verrechnet werden könne. Im Jahr 2000 habe das Einkommen der Beschwerdeführerin bereits ca 56.000 S betragen und sei damit nur mehr geringfügig unter jenem Einkommen gelegen, welches dem "Mindestkörperschaftsteuerniveau" entspreche.
Die Beschwerdeführerin wende gemeinschafts- und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs 4 KStG ein. Die Argumente seien den Beiträgen von Novacek (Handbuch der Konzernbesteuerung in Österreich, 159ff, sowie ÖStZ 2001, 192 ff) entnommen. Diesen Argumenten seien jene von Kaufmann (ÖStZ 2001, 558 ff) entgegenzuhalten, der nachgewiesen habe, dass die von Novacek formulierten Argumente dem EuGH bereits vorgetragen worden seien, welcher sodann in seinem Urteil vom , Rs C-113/99, zu Recht erkannt habe, dass die österreichische Mindestkörperschaftsteuer nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Die Aussagen im Urteil des EuGH würden auch für die in den Streitjahren anzuwendende Fassung der Mindestkörperschaftsteuer gelten, zumal keine relevanten Unterschiede zu der vom EuGH geprüften Fassung bestünden. Es werde auch darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin keine Niederlassung im Ausland habe und nicht an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt sei. Schon deshalb sei nicht erkennbar, dass im gegenständlichen Fall die Niederlassungsfreiheit verletzt sein könnte.
Die Prüfung, ob ein Gesetz verfassungswidrig sei, falle nicht in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde. Der Verfassungsgerichtshof habe mit den Erkenntnissen vom , G 441/97 ua, und vom , B 2195/97 ua, ausgesprochen, dass die im Beschwerdefall anzuwendende Fassung der Mindestkörperschaftsteuer nicht verfassungswidrig sei.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichthof mit Beschluss vom , B 1468/02, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Einem Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom nachgekommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 24 Abs 4 Z 1 KStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden
Fassung BGBl I 70/1997 normiert für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften
"Es ist für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer in Höhe von 5% eines Viertels der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals (§ 7 des Aktiengesetzes 1965, § 6 des GmbH Gesetzes) zu entrichten. Ändert sich die für die Mindeststeuer maßgebliche Rechtsform während eines Kalendervierteljahres, so ist dafür die am Beginn des Kalendervierteljahres bestehende Rechtsform maßgeblich."
§ 24 Abs 4 Z 4 leg. cit lautet:
"Die Mindeststeuer ist in dem Umfang, in dem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung im Sinne des § 45 des Einkommensteuergesetzes 1988 anzurechnen. Die Anrechnung ist mit jenem Betrag begrenzt, mit dem die im Veranlagungsjahr oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen entstehende tatsächliche Körperschaftsteuerschuld den sich aus den Z 1 bis 3 für diesen Veranlagungszeitraum ergebenden Betrag übersteigt."
In der Beschwerde wird vorgebracht, die Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs 4 KStG 1988 verstoße gegen das Gemeinschaftsrecht, nämlich gegen Artikel 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25).
Der , Schmid, ÖStZB 2001/58, zur Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Absatz 4 KStG 1988 in der Fassung BGBl. Nr. 680/1994, ausgesprochen:
"20. Wie der Generalanwalt in Nummer 14 seiner Schlussanträge festgestellt hat, wird eine Mindestkörperschaftsteuer wie diejenige des Ausgangsverfahrens für jedes Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht einer Kapitalgesellschaft erhoben. Sie setzt keinen Vorgang voraus, der eine Bewegung von Kapital oder Gegenständen - in Form einer Übertragung oder einer Erhöhung - umfasste, und bezieht sich daher auf keinen der in Artikel 4 der Richtlinie 69/335 genannten steuerbaren Vorgänge.
21. Nach Artikel 10 Buchstabe c dieser Richtlinie sind abgesehen von der Gesellschaftsteuer Steuern auf die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Förmlichkeit untersagt, der eine Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann. Dieses Verbot ist dadurch gerechtfertigt, dass die betreffenden Abgaben zwar nicht auf die Kapitalzuführungen als solche, wohl aber wegen der Formalitäten im Zusammenhang mit der Rechtsform der Gesellschaft, also des Instruments zur Kapitalansammlung, erhoben werden, so dass auch die Beibehaltung dieser Abgaben die Erreichung der mit der Richtlinie 69/335 verfolgten Ziele gefährden würde (vgl. insbesondere Urteile vom in der Rechtssache C-19/99, Modelo, Slg. 2000, I-0000, Randnr. 24, und vom in der Rechtssache C-134/99, IGI, Slg. 2000, I-0000, Randnr. 22.
22. Hingegen weist die Mindestkörperschaftsteuer keinen formellen Zusammenhang mit der Eintragung der ihr unterliegenden Gesellschaften auf. Die Eintragung einer Gesellschaft in das Firmenbuch hängt nicht von der Zahlung dieser Steuer ab; unterbleibt die Zahlung, führt dies nicht zur Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch.
23. Die Mindestkörperschaftsteuer knüpft auch nicht an die Erledigung sonstiger der Ausübung einer Tätigkeit vorangehender Formalitäten an, der diese Gesellschaften aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden können.
24. Schließlich erfasst die Richtlinie, wie sich aus ihrer Überschrift ergibt, nur die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital; die in der Richtlinie 69/335 vorgesehene Harmonisierung erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht auf die direkten Steuern, die wie die Körperschaftsteuer in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen (Urteil vom in der Rechtssache C-287/94, Frederiksen, Slg. 1996, I-4581, Randnrn. 17 und 21).
25. Das vorlegende Gericht hat ausgeführt, dass die Mindestkörperschaftsteuer, um die es in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit geht, in bestimmten Fällen als indirekte Steuer angesehen werden könnte. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Qualifizierung einer Steuer, Abgabe oder Gebühr nach Gemeinschaftsrecht vom Gerichtshof nach den objektiven Merkmalen der Steuer unabhängig von ihrer Qualifizierung im nationalen Recht vorzunehmen (vgl. insbesondere Urteil Nonwoven, Randnr. 19).
26. Wie der Generalanwalt in Nummer 16 seiner Schlussanträge festgestellt hat, folgt die Mindestkörperschaftsteuer unmittelbar aus der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht einer Kapitalgesellschaft. Ihrer Ausgestaltung nach ist diese Steuer eine Vorauszahlung auf die Höhe der tatsächlichen Körperschaftsteuerschuld in einem bestimmten Veranlagungszeitraum. In ihrem Wesen ist sie daher, wie der Generalanwalt in Nummer 17 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, keine einkommensunabhängige Abgabe, wie das vorlegende Gericht angenommen hat.
27. Nach alledem weist eine Mindestkörperschaftsteuer wie diejenige des Ausgangsverfahrens nicht die gleichen Merkmale wie die Steuern auf, deren Erhebung nach Artikel 10 der Richtlinie 69/335 untersagt ist.
28. Auf die vorgelegte Frage ist daher zu antworten, dass
Artikel 10 der Richtlinie 69/335 es nicht untersagt, von Kapitalgesellschaften, die sich im Konkurs oder in Liquidation befinden und die über kein Einkommen oder über ein nicht über einen bestimmten Betrag hinausgehendes Jahreseinkommen verfügen, eine Mindeststeuer wie diejenige des Ausgangsverfahrens zu erheben, die für jedes Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht dieser Gesellschaften zu entrichten ist. "
Die Ausführungen des EuGH im zitierten Urteil treffen in gleicher Weise für die im Beschwerdefall anzuwendende Fassung der § 24 Abs 4 KStG 1988 zu. Solcherart erweisen sich die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin als unbegründet. Im Hinblick auf die klare Rechtslage sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH nach Art 234 EGV veranlasst.
In der Beschwerde werden weiters der "Verstoß gegen den Gleichheitssatz" ("Art 7 B-VG und Art 3 (richtig Art 2) StGG") und mit ausführlicher Begründung die Verfassungswidrigkeit der im Beschwerdefall zur Anwendung gekommenen Regelung des § 24 Abs 4 KStG 1988 gerügt.
Gemäß Art 133 Z 1 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen "die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören".
Mit dem Vorbringen betreffend den Verstoß gegen den Gleichheitssatz wird eine Rechtsverletzungsbehauptung aufgestellt, wie sie in Art. 144 Abs 1 B-VG als Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben ist. Die Entscheidung darüber, ob ein Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich geschützten Rechten verletzt ist, fällt nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, sondern in jene des Verfassungsgerichtshofes, der hierüber gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin ihre verfassungsrechtlichen Bedenken in ihrer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde bereits vorgetragen hat. Im Ablehnungsbeschluss vom führt der Verfassungsgerichtshof hiezu aus, vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 24 Abs 4 KStG idF BGBl I 70/1997 (Erkenntnis vom , B 2195/97 ua, VfSlg 15.115, und Erkenntnis vom , G 441/97 ua, VfSlg 15.060) sei die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte so wenig wahrscheinlich, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Die Beschwerdeführerin rügt schließlich die Verletzung des in Art 26 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte BGBl 591/1978, formulierten Gleichbehandlungsgebotes. Diesem Vorbringen ist jedoch entgegen zu halten, dass der genannte Staatsvertrag im Sinne des Art 50 Abs 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 125/93 ua). Art 26 der genannten Norm räumt der Beschwerdeführerin sohin schon deshalb keine subjektiven Rechte ein.
Da sohin bereits der Inhalt der (ergänzten) Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am