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VwGH vom 25.01.2018, Ra 2016/06/0025

VwGH vom 25.01.2018, Ra 2016/06/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl, Mag. Rehak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des S S in M, vertreten durch Dr. Erik Kroker, Dr. Simon Tonini, Dr. Fabian Höss und Mag. Harald Lajlar, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Sillgasse 12/IV, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , LVwG- 2015/16/2463-4, LVwG-2015/16/2464-4, LVwG-2015/16/2465-4, betreffend Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, Radetzkystraße 2, 1031 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit drei Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom wurde der Revisionswerber jeweils wegen Übertretung der §§ 6, 7 Abs. 1 und 8 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) schuldig erkannt und wurden über ihn gemäß § 20 Abs. 2 BStMG drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Dem Revisionswerber wurde zur Last gelegt, ein näher bezeichnetes Fahrzeug am um 22.11 Uhr, am um 21.15 Uhr sowie am um 8.51 Uhr im mautpflichtigen Straßennetz in unterschiedlichen Fahrtrichtungen an verschiedenen Tatorten gelenkt zu haben, ohne dass die "richtige" Achsenzahl eingestellt gewesen sei.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden die gegen diese Straferkenntnisse erhobenen Beschwerden des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen und der Revisionswerber zum Ersatz der Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verpflichtet. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Das Landesverwaltungsgericht Tirol legte seiner Entscheidung die Feststellung zugrunde, dass der Revisionswerber als Lenker des in Rede stehenden Sattelzuges nicht für die vorschriftsgemäße Einstellung der Achsenzahl gesorgt und die eingestellte Achsenzahl nicht überprüft habe, weil zu den drei angelasteten Tatzeitpunkten die Achsenzahl auf "2" statt auf "4"eingestellt gewesen sei.

4 Weiters hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die vorschriftsgemäße Einstellung der Achsenzahl zu den Pflichten des Fahrzeuglenkers zähle und der Revisionswerber aus näher dargestellten Gründen nicht habe darauf vertrauen dürfen, dass der "ASFINAG-Vertriebsstellen-Mitarbeiter" die Achsenzahl korrekt eingestellt habe. Der Revisionswerber habe die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht verwirklicht. Weder liege im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vor noch handle es sich gegenständlich um ein fortgesetztes Delikt. Letzteres könne nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz verwirklicht werden und sei dem Revisionswerber nicht die vorsätzliche Begehung der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen anzulasten. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Reihe von Einzeldelikten. Die Verhängung einer einheitlichen Strafe für die drei angelasteten Taten komme nicht in Betracht. Zwar seien die Tathandlungen in nahem zeitlichem Zusammenhang gesetzt worden, jedoch seien zwischen den einzelnen Tathandlungen jeweils die Grenzen des österreichischen Staatsgebietes überschritten worden. Im Übrigen begründete das Verwaltungsgericht die vorgenommene Strafbemessung.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der die Entscheidung in der Sache durch den Verwaltungsgerichtshof, hilfsweise die Behebung des angefochtenen Erkenntnisses, sowie Kostenersatz beantragt werden.

6 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

7 Die Revision beruft sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter anderem darauf, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob im Fall der "Mautprellerei" von einem fortgesetzten Delikt auszugehen sei, wenn die einzelnen Teilakte in einem engen zeitlichen Konnex stünden und im Rahmen eines einheitlichen Beförderungsvorganges auf Basis eines einheitlichen Gesamtplans beziehungsweise Gesamtkonzepts gesetzt worden seien.

8 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 109/2002 (§§ 1, 6 und 8 in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2007, §§ 9, 19 und 20 in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2013) lauten auszugsweise:

"1. Teil

Mautpflicht auf Bundesstraßen

Mautstrecken

§ 1. (1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.

...

(4) Mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) sind deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen.

...

Arten der Mauteinhebung

§ 2. Die Maut ist entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten.

...

2. Teil

Fahrleistungsabhängige Maut

Mautpflicht

§ 6. Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut. Mehrspurige Kraftfahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, unterliegen der fahrleistungsabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

...

Pflichten der Fahrzeuglenker und Arbeitgeber

§ 8. (1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

(2) Sie haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz - des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

(3) Die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker sind in der Mautordnung zu treffen.

...

Mauttarife

§ 9. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen den Grundkilometertarif für Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen für die fahrleistungsabhängige Maut durch Verordnung fest. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat entsprechende Vorschläge zu erstellen.

(2) Die Mauttarife sind nach der Anzahl der Achsen der Kraftfahrzeuge und der von diesen gezogenen Anhänger unabhängig vom höchsten zulässigen Gesamtgewicht des Anhängers nach folgendem

Verhältnis zu differenzieren:

  1. Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen: 100 vH;

2. Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit drei

Achsen: 140 vH;

3. Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit vier und

mehr Achsen: 210 vH.

(3) Achsen sind unabhängig vom Radstand alle Aufhängungen von Rädern, die im Wesentlichen symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges liegen. Stützachsen gelten nicht als Achsen. Achsen von Anhängern, die von Omnibussen gezogen werden, sind bei der Ermittlung der Achsenzahl nicht zu berücksichtigen.

...

Ersatzmaut

§ 19. (1) In der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von 250 EUR einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

(2) Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 und 2 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

(3) Die Mautaufsichtsorgane sind im Fall, dass wegen einer von ihnen dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden kann, ermächtigt, am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

(4) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 und 3 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

(5) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 und 3 zu keiner Betretung, so sind die Mautaufsichtsorgane ermächtigt, anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, den Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 und 3 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

(6) Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht.

(7) Soweit in der Mautordnung bestimmt ist, dass die Ersatzmaut auch in bestimmten fremden Währungen gezahlt oder unbar beglichen werden kann, sind von den Mautaufsichtsorganen Zahlungen auch in diesen Formen entgegenzunehmen. Gebühren, Spesen und Abschläge sind vom Mautgläubiger zu tragen.

6. Teil

Strafbestimmungen

Mautprellerei

§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 EUR bis zu 3000 EUR zu bestrafen.

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 EUR bis zu 3000 EUR zu bestrafen.

(3) Zulassungsbesitzer, die den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachholen und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung von Mautstrecken verursachen, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 EUR bis 3 000 EUR zu bestrafen.

(4) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 gelten als an jenem Ort begangen, an dem die Benützung von Mautstrecken mit einem gemäß § 9 Abs. 6 vierter Satz vorläufig einer Tarifgruppe zugeordneten Fahrzeug durch automatische Überwachung oder durch dienstliche Wahrnehmung eines Mautaufsichtsorgans festgestellt wurde.

(5) Taten gemäß Abs. 1 bis 3 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht."

10 In den Revisionsausführungen weist der Revisionswerber ergänzend darauf hin, dass das Verwaltungsgericht ein viertes Straferkenntnis betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG (wegen unzutreffender Einstellung der Achsenanzahl am , 9:20 Uhr) bestätigt habe. Er vertritt dazu die Ansicht, dass - weil im vorliegenden Fall aufgrund eines einheitlichen Beförderungsvorganges von einem fortgesetzten Delikt und nicht von mehreren Verwaltungsübertretungen auszugehen sei - von diesem Straferkenntnis alle bis zu dessen Zustellung erfolgten Einzeltathandlungen erfasst seien und daher die Verhängung der in Rede stehenden Verwaltungsstrafen rechtswidrig sei. Diese Ansicht erweist sich als unzutreffend.

11 Zunächst ist im Hinblick auf die dem Revisionswerber angelastete fahrlässige Begehung der in Rede stehenden Delikte auf das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/03/0108, zu verweisen. Nach den Ausführungen in diesem Erkenntnis kann auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz ein fortgesetztes Delikt gegeben sein.

12 Bei der Prüfung, ob ein fortgesetztes Delikt vorliegen kann, ist auf die spezifische Funktion der hier vorliegenden Verwaltungsstrafbestimmung, die als Sanktion für die Nichtentrichtung eines Entgelts für die Straßenbenützung vorgesehen wurde, Bedacht zu nehmen. Bei den in Rede stehenden Entgelten handelt es sich um eine für zurückgelegte Fahrstrecken zu entrichtende (fahrleistungsabhängige) Maut (vgl. § 2 in Verbindung mit § 6 BStMG; vgl. zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz und zum Charakter der Maut als privat-rechtliches Entgelt ; siehe auch ).

13 Die Fahrzeuglenker haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und u.a. die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz BStMG -

des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und Abs. 6 leg. cit. ermöglichen (vgl. § 8 Abs. 2 BStMG; siehe auch Teil B, Punkt 8.2.2. der Mautordnung, in der im Revisionsfall maßgeblichen Version 39 sowie ).

14 Dieser Verpflichtung hat der Revisionswerber nicht entsprochen, weil im vorliegenden Fall zu den drei angelasteten Tatzeitpunkten unzutreffender Weise die Achsenzahl 2 statt 4 eingestellt war und aus diesem Grund eine zu geringe Maut entrichtet wurde. Dabei hat der Revisionswerber weiters weder von der Möglichkeit der Nachzahlung bei einer Vertriebsstelle innerhalb von fünf Stunden (siehe Teil B, Punkt 7.1. der Mautordnung) noch von der Möglichkeit der "zentralen" Nachzahlung innerhalb von 96 Stunden Gebrauch gemacht (vgl. Teil B, Punkt 7.2. der Mautordnung). Auch die Ersatzmauten wurden trotz gemäß § 19 Abs. 4 BStMG ergangener Aufforderung nicht fristgerecht entrichtet.

15 Die Entrichtung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut gemäß § 20 Abs. 5 BStMG stellt einen Strafaufhebungsgrund dar. Das bedeutet, dass ein Lenker eines Lastkraftwagens im Sinne des § 6 BStMG mit der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes ohne ordnungsgemäße Entrichtung der Maut das strafbare Verhalten bereits verwirklicht hat, bei Bezahlung der Ersatzmaut entfällt die Strafbarkeit aber (nachträglich) wieder (vgl. zur Rechtslage vor BGBl. I Nr. 99/2013 ).

16 Die Tat wird dann nicht straflos, wenn die in § 20 Abs. 5 BStMG angeführten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein. Das Unterbleiben einer Aufforderung gemäß § 19 BStMG hat die Folge, dass die Frist für die Bezahlung der Ersatzmaut nicht in Gang gesetzt wird, womit die Möglichkeit besteht, gegebenenfalls die Ersatzmaut noch im Zuge des Strafverfahrens "fristgerecht" zu bezahlen, um damit die Straflosigkeit im Sinne des § 20 Abs. 5 BStMG in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2013 zu bewirken (vgl. zu § 20 Abs. 3 BStMG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 99/2013 ; , 2005/06/0156).

17 Ferner hat der Gesetzgeber den Höchstbetrag für die Ersatzmaut so festgelegt, dass die Mindeststrafe jedenfalls höher ist als die bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung der Maut ersatzweise zu entrichtende Maut (vgl. § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BStMG; siehe auch Teil B, Punkt 10.3.2. der Mautordnung).

18 Damit sollte ein Anreiz geschaffen werden, durch Zahlung der Ersatzmaut ein aufwendiges Verwaltungsstrafverfahren zu vermeiden. Die Mindeststrafe wurde vorgesehen, um durch eine empfindliche Sanktion zu verhindern, dass Mautprellerei deshalb zu einem "Massendelikt" wird, weil sie sich auszahlt und weil selbst bei der aufwendigsten und kostenintensivsten Überwachung nicht ausgeschlossen werden kann, dass viele Delikte unentdeckt bleiben (vgl. ErläutRV 1139 BlgNR 21. GP, 19 und 20; siehe auch die in Art. 9a der Richtlinie 2006/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (Wegekostenrichtlinie) normierte Verpflichtung der Mitgliedstaaten, geeignete Kontrollen vorzusehen und Sanktionen zur Ahndung von Verstößen gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften festzulegen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein müssen).

19 Im Vergleich zum bei ordnungsgemäßer Entrichtung der Maut vorgesehenen "Normaltarif" erweist sich die Ersatzmaut ihrerseits als die "teurere" Variante (vgl. zum Zuschlag zur hinterzogenen Maut und der an dessen Stelle tretenden Ersatzmaut § 13 Abs. 3 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 107/1999 sowie die diesbezüglichen ErläutRV 1853 BlgNR 20. GP, 17).

20 In den ErläutRV 217 BlgNR 23. GP, 5 betreffend die Novelle BGBl. I Nr. 82/2007, mit welcher die in § 19 Abs. 1 BStMG festgesetzte höchstzulässige Ersatzmaut von EUR 300,-- auf EUR 250,-- und die in § 20 Abs. 2 BStMG vorgesehene Mindeststrafe von EUR 400,-- auf EUR 300,-- herabgesetzt wurden, wird Folgendes ausgeführt:

"Mit dem in der Stammfassung des BStMG vorgesehenen Strafrahmen sollte in Gefolge der Einführung der fahrleistungsabhängigen Maut unbedingt vermieden werden, dass Mautprellerei zum Massendelikt wird, weil sie sich rechnet. Es bedurfte daher einer empfindlichen Sanktion, um von der Begehung derartiger Verwaltungsübertretungen wirksam abzuschrecken. Es hat sich erwiesen, dass die Fahrzeuglenker dauerhaft und in hohem Maße ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut nachkommen. Es erscheint daher nunmehr eine Absenkung des Strafrahmens gerechtfertigt. Die Änderung des Höchstbetrages der Ersatzmaut ist durch die Senkung der Mindeststrafe bedingt."

21 Aus der dargestellten Rechtslage folgt, dass die Verwaltungsstrafsanktion in einer Relation zum nicht entrichteten privat-rechtlichen Entgelt steht.

22 Auch im Revisionsfall bestand neben der Möglichkeit der freiwilligen nachträglichen Entrichtung der Maut die Möglichkeit, den Aufforderungen zur Entrichtung der Ersatzmaut betreffend die drei angelasteten Tatzeitpunkte nachzukommen. Diese Möglichkeit wurde betreffend alle drei angelasteten Tathandlungen nicht genutzt. Nach dem Revisionsvorbringen erfolgten die Zahlungen für die Ersatzmaut betreffend die drei in Rede stehenden Fahrten verspätet.

23 Es stellt sich sohin die Frage, ob mit Blick auf die dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen von einer tatbestandlichen Handlungseinheit auszugehen ist.

Fallbezogen ist dazu Folgendes festzuhalten:

24 Der vom Revisionswerber angestrebten im Ergebnis vorwiegend zeitraumbezogenen Zusammenfassung mehrerer Fahrten steht zunächst der Umstand entgegen, dass es sich bei den in Rede stehenden verkürzten Entgelten um eine fahrleistungsabhängige und nicht um eine zeitabhängige Maut handelt. Bei der Festlegung der zu entrichtenden fahrleistungsabhängigen Maut stellt das Gesetz zudem nicht auf einen Beförderungsvorgang ab, der sich auf dem Hinweg aus einer oder mehreren Fahrten zu einer Enddestination und auf dem Rückweg aus einer oder mehreren weiteren Fahrten zum ursprünglichen Ausgangsort zusammensetzt.

25 Für die fahrleistungsabhängige Maut sind weiters im Fall ihrer nicht ordnungsgemäßen Entrichtung gemäß § 19 BStMG entsprechende "Ersatzentgelte" zu leisten. Dabei stehen die bei ordnungsgemäßer Zahlung für jede Fahrt zu entrichtenden Mautbeträge, die für jede Fahrt ersatzweise zu entrichtenden Entgelte ("Ersatzmaut") sowie der in § 20 Abs. 2 BStMG festgelegte Strafrahmen zueinander in der oben aufgezeigten Relation. Durch die Entrichtung der vorgesehenen Ersatzmaut entfällt die Strafbarkeit hinsichtlich der jeweiligen Fahrt.

26 Eine von den einzelnen Fahrten weitgehend losgelöste, im Ergebnis zeitraumbezogene Betrachtungsweise ließe sich nicht mit dem aus der Systematik des Gesetzes ableitbaren "abgestuften" Bezugssystem zwischen der fahrleistungsabhängigen Maut, der Ersatzmaut und dem gesetzlichen Strafrahmen in Einklang bringen.

27 Gegen die vom Revisionswerber angestrebte zeitraumbezogene Zusammenfassung mehrerer Tathandlungen zu einem fortgesetzten Delikt sprechen ferner die Materialien zur Novelle BGBl. I Nr. 99/2013, die auszugsweise zu dem mit der zuletzt genannten Novelle eingeführten Straftatbestand des § 20 Abs. 3 BStMG ausführen (vgl. ErläutRV 2298 BlgNR 24. GP, 5):

"Im Unterschied zu § 20 Abs. 1 und 2, wo für mehrere Fahrten ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung mehrere Verwaltungsstrafen nebeneinander zu verhängen sind, macht sich der Zulassungsbesitzer nach § 20 Abs. 3 selbst dann, wenn mit seinem Fahrzeug innerhalb der Nachweisfrist mehrfach Mautstrecken zu günstigeren Tarifen befahren wurden, wegen Unterlassung des Nachweises nur einmal strafbar."

28 Im Lichte dieser Überlegungen bestehen sohin fallbezogen betreffend die in mehreren Fahrtrichtungen und nach mehreren Fahrtantritten entstandenen Mautverkürzungen keine Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht vom Vorliegen mehrerer Verwaltungsübertretungen ausging, die nicht zu einem fortgesetzten Delikt zusammenzufassen waren. Dabei war dem Revisionswerber mit jedem erneuten Fahrtantritt eine erneute Sorgfaltspflichtverletzung hinsichtlich der nicht korrekten Einstellung der Achsenzahl anzulasten und entstand mit jeder erneuten Einfahrt in das mautpflichtige Straßennetz eine neuerliche Entgeltschuld gegenüber dem Mautgläubiger (vgl. im Zusammenhang mit der mehrmaligen gesetzwidrigen Verwendung eines Fahrzeuges ohne Begutachtungsplakette , sowie betreffend die mehrfache Verkürzung von Parkometergebühren ; zu Übertretungen von § 20 BStMG zu drei getrennt angelasteten Tatzeitpunkten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen betreffend denselben Tatort siehe auch ).

29 Die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu kraftfahrrechtlichen Bestimmungen betreffend die zulässigen Lenkzeiten sowie die erforderlichen Ruhezeiten (, , 2002/02/0140, sowie , 2011/02/0040) ist entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht auf den vorliegenden Fall, in dem schon vor dem Hintergrund der vom Revisionswerber verkürzten fahrleistungsabhängigen Maut eine von den einzelnen Fahrten losgelöste, zeitraumbezogene Betrachtung nicht in Betracht kommt, nicht übertragbar.

30 Wenn sich die Revision darüber hinaus gegen die durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Strafbemessung wendet, ist ihr zu entgegnen, dass es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung handelt, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Strafzumessungsgründe vertretbar erscheint (). Dass die im vorliegenden Fall verhängten Mindeststrafen auf einer unvertretbaren Strafbemessung beruhten, vermag die Revision nicht aufzuzeigen ().

31 Schließlich ist im vorliegenden Fall auch ein Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a VStG nicht ersichtlich.

32 Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Revision als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

33 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II 518/2013.

Wien, am

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Schlagworte:
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Ermessen VwRallg8 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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