VwGH vom 18.03.2004, 2004/15/0035

VwGH vom 18.03.2004, 2004/15/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der E GmbH in P, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner und Mag. C. Schweinzer, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , RV/1220- W/03, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 1997 bis 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH ist zu 100% an dieser Gesellschaft beteiligt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für 1997 bis 2001 Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (§ 41 Abs 1 FLAG) sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. Begründend wird ua ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass Vergütungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer (in Höhe von jährlich jeweils 620.000 S) nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Der Gesellschafter-Geschäftsführer sei auf der Basis eines Werkvertrages vom tätig. Nach diesem Vertrag sei er nicht an Weisungen oder an eine fixe Arbeitszeit gebunden, habe weder Urlaubs- noch Abfertigungsanspruch, könne sich eines geeigneten Vertreters bedienen und unterliege keinem Konkurrenzverbot. Laut Gesellschafterbeschluss vom betrage der Geschäftsführerbezug bei einem Jahresumsatz der Beschwerdeführerin von über 40 Mio S bis 70 Mio S jährlich 620.000 S, bei einem Jahresumsatz der Beschwerdeführerin von über 70 Mio S bis 90 Mio S jährlich 840.000 S. Bei einem Umsatzrückgang kämen nur 25% (offenkundig von 620.000 S) "zur Anwendung", bei negativem operativem cash-flow gar nur 10%. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erhalte monatliche Akontozahlungen von durchschnittlich 20.000 S. Er erhalte auch den Ersatz der Reisekosten. Das Tagesgeschäft des Gesellschafter-Geschäftsführers umfasse die Erstellung von Angeboten (im Bereich des Baunebengewerbes), die Abrechnung von Aufträgen, die Einteilung der Dienstnehmer, etc.

Die vom Gesellschafter-Geschäftsführer kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum erbrachten Geschäftsführerleistungen (Angebotserstellung, Abrechnung von Aufträgen, Einteilung von Dienstnehmern) sprächen für seine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin. Der Gesellschafter-Geschäftsführer trage kein Unternehmerwagnis. Die Bezüge hätten jährlich jeweils 620.000 S betragen, sie seien in Form von Aktontozahlungen (monatlich 20.000 S) und Abschlusszahlungen geleistet worden. In den Jahren 1997 bis 1998 seien die Jahresumsätze der Beschwerdeführerin zwischen ca 43 Mio S (im Jahr 1997) und ca 67 Mio S (im Jahr 2001) gelegen. Der cash-flow habe zwischen ca 800.000 S und ca 2,9 Mio S betragen. Bei dieser Umsatz- und Ertragslage sei die Wahrscheinlichkeit, dass die im Gesellschafterbeschluss vom festgehaltene Grenze unterschritten werde, derart gering, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer das Risiko einer ins Gewicht fallenden Bezugsminderung nicht trage. Die tatsächliche Entlohnung sei im Wesentlichen eine solche zu einem Fixbezug. Gegen das Unternehmerwagnis spreche zudem die Tatsache, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer den Ersatz der angefallenen Reisekosten erhalte. Es sei daher davon auszugehen, dass die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers unter § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fielen. Von diesem Bezügen seien daher Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu entrichten. Nicht relevant sei im gegebenen Zusammenhang das Fehlen einer festen Arbeitszeit und eines Urlaubs- und Abfertigungsanspruches sowie eines Konkurrenzverbotes. Es sei nicht unüblich und stehe einem Dienstverhältnis eines leitenden Angestellten nicht entgegen, wenn er sich vertreten lassen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet § 57 Abs. 7 und 8 Handelskammergesetz.

Im Erkenntnis vom , G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu in Auslegung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0052 und 2001/14/0054).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl das oben zitierte Erkenntnis 2001/14/0052).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl auch dazu das hg. Erkenntnis 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung zu § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ergangenen Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Gesellschafter-Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Das für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Tätigwerden ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Gleiches gilt für die laufende, zumindest jährliche Entlohnung. Ein relevantes Unternehmerrisiko des Gesellschafter-Geschäftsführers konnte die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass über viele Jahre Geschäftsführerbezüge in gleich bleibender Höhe gezahlt wurden, die Umsatz- und Ertragsentwicklung der Beschwerdeführerin ein Absinken des Bezuges nicht erwarten ließ (was in der Beschwerde nicht konkret bestritten wird) und ein Mindest-Fixbezug vereinbart war, ausschließen (vgl das hg Erkenntnis vom , 2003/15/0072). Zur Abrundung des Bildes betreffend das Fehlen des Unternehmerrisikos konnte die belangte Behörde auch darauf Bedacht nehmen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die angefallenen Reiseaufwendungen ersetzt erhalten hat; unverständlich ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Beschwerdeführerin, bei den angefallenen Reiseaufwendungen handle es sich lediglich nur um "Barauslagen".

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am