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VwGH vom 29.03.2017, Ra 2016/05/0146

VwGH vom 29.03.2017, Ra 2016/05/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der H KioskbetriebsgmbH in W, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquaiplatz 13/19, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-101/050/22637/2014-29, betreffend Kostenvorschreibung nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Kostenbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurden der Revisionswerberin die Kosten für die "Entfernung nach dem Gebrauchsabgabegesetz in 1010 Wien, und Lagerung vom bis " gestützt auf § 6 Gebrauchsabgabegesetz (im Folgenden: GAG) in der Höhe von EUR 2.554,81 vorgeschrieben.

2 In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Revisionswerberin aus, dass der entfernte Kiosk eine aufrechte Gebrauchserlaubnis besessen habe. Trotz dieser Erlaubnis sei an der Stelle der Bau eines Würstelstandes genehmigt worden. Der Bauwerber sei zuvor mit der Revisionswerberin in Verhandlungen "zwecks Ablöse der Gebrauchsbewilligung" gestanden, habe aber den Weg, sie zu "umschiffen", gewählt.

3 Mit Schreiben vom teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, auf Ersuchen des Verwaltungsgerichtes Wien mit, dass die gegenständliche Gebrauchsabgabe nach dem Tarif C4 Selbstbemessung vorgeschrieben worden sei. Im Jahr 1999 sei erhoben worden, dass der Stand sechs Monate von Ostern bis Oktober betrieben werde und die Nutzung im Sinn des § 4 Abs. 2 GAG zeitlich ausreichend gewesen sei. Anfang Oktober 2010 sowie im April, Juni, Juli und September 2011 seien Meldungen dahingehend eingegangen, dass der gegenständliche Zeitungskiosk nicht genutzt werde. Dem Protokoll sei zu entnehmen, dass mittels Revision am das Betriebsende des Standes festgestellt worden, die letzte Zahlung im Jahr 2006 erfolgt und das Konto seit damals ruhend gestellt worden sei.

4 In ihrem Schriftsatz vom führte die Revisionswerberin aus, dass die Entfernung des verfahrensgegenständlichen Verkaufsstandes zu Unrecht veranlasst worden sei, ohne dass die Revisionswerberin zur Entfernung des Standes aufgefordert worden oder ein Widerrufsbescheid ergangen sei. Die Revisionswerberin sei noch nicht einmal vom bevorstehenden Abbruch in Kenntnis gesetzt worden und es sei ihr auch nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, den Stand selbst zu entfernen. Es sei zu Unrecht von einem Erlöschen der Gebrauchserlaubnis nach § 4 Abs. 6 GAG ausgegangen worden, da im Falle eines Nichtbetriebes auch keine Gebrauchsabgabe anfalle, sodass auch keine Fälligkeit eintreten könne. Tatsächlich wäre allenfalls von einem Sachverhalt im Sinn des § 4 Abs. 2 GAG auszugehen und allenfalls ein Widerrufsverfahren einzuleiten gewesen. Erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides, in welchem eine angemessene Frist für die Entfernung des Standes vorzusehen gewesen wäre, hätte die Entfernung des Standes von Amts wegen veranlasst werden dürfen.

5 In der vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführten Verhandlung vom gab die Vertreterin des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, an, dass das letzte Mal am betrieben worden sei. Seit damals sei das Konto ruhend gestellt. Die Revisionswerberin brachte dazu vor, es könne jedenfalls außer Streit gestellt werden, dass im Jahr 2013 kein Betrieb mehr stattgefunden habe. Weiters bekräftigte sie neuerlich ihre Rechtsansicht, wonach seitens der Behörde ein Widerruf der Gebrauchserlaubnis hätte ausgesprochen werden müssen, weil der Stand nicht betrieben worden sei.

6 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab; unter einem wurde die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Begründend führte das Verwaltungsgericht Wien nach Wiedergabe des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass die letzte Zahlung der Gebrauchsabgabe im Jahr 2006 mit EUR 4.000,-- erfolgt sei, dass mittels Revision am das Betriebsende des Standes festgestellt worden sei und dass noch vor Einbringung der Beschwerde, also im Februar 2014, bereits an der Stelle des verfahrensgegenständlichen Kiosks der Bau eines Würstelstandes genehmigt worden sei. Es sei somit davon auszugehen, dass im Sinn des § 4 Abs. 4 GAG zum einen der Tatbestand des Verzichtes eingetreten sei, da zwischen den Jahren 2006 und 2008 ohne Angabe von Gründen die Gebrauchsabgabe nicht mehr entrichtet worden sei und außerdem für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis beziehe, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt worden sei. Letzteres ergebe sich aus der Berufung vom . Es sei somit von einem Verzicht im Sinn des § 4 Abs. 4 GAG auszugehen und die Beseitigung des Kiosks im Sinn des § 6 ohne vorausgegangenes Verfahren gegen nachträglichen Kostenersatz durch den Verpflichteten zu Recht erfolgt. Der Argumentation der Revisionswerberin, wonach ein Widerruf gemäß § 4 Abs. 2 GAG notwendig gewesen wäre, sei daher nicht zu folgen.

7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit den Anträgen, in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

8 Das Verwaltungsgericht Wien legte die Verwaltungsakten vor. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückbzw. Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision unter anderem vor, dass es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage gebe, ob ein Verzicht im Sinn des § 4 Abs. 4 GAG auch dann vorliege, wenn nicht die zur Gebrauchserlaubnis Berechtigte, nämlich die Revisionswerberin, sondern ein Dritter für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis beziehe, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt habe. Zudem müssten die beiden Tatbestandselemente des § 4 Abs. 4 GAG, nämlich die Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe nach Fälligkeit, welche - wie im Revisionsfall - bei Nichtbetrieb nicht eintreten könne, und die Beantragung einer neuen Gebrauchserlaubnis für die annähernd gleiche Stelle, kumulativ vorliegen, wozu es ebenfalls an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

10 Die Revision erweist sich in Anbetracht des aufgezeigten Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem in § 4 Abs. 4 GAG geregelten konkludenten Verzicht auf die Gebrauchserlaubnis als zulässig.

11 Die Revisionswerberin bringt im Wesentlichen vor, sie habe in ihrer Berufung ausgeführt, dass einem Dritten der Bau des Würstelstandes genehmigt worden sei, woraus sich ergebe, dass ihr selbst eine Gebrauchserlaubnis für den nunmehr bestehenden Imbissstand nicht erteilt worden sei. Dieser Dritte sei zuvor mit ihr in Kontakt getreten, habe sie aber letztendlich insofern "umschifft", als er habe bewirken können, dass der Zeitungskiosk der Revisionswerberin ohne deren Wissen und ohne vorherige Aufforderung zur Entfernung beseitigt worden sei. Ausgehend davon hätte das Verwaltungsgericht Wien erkennen müssen, dass die Tatbestandselemente des § 4 Abs. 4 GAG nicht erfüllt seien.

12 Ausgehend von der Feststellung des Verwaltungsgerichtes Wien, wonach die letzte Zahlung der Gebrauchsabgabe im Jahr 2006 mit EUR 4.000,-- erfolgt sei, könne der Tatbestand des § 4 Abs. 4 zweiter Satz GAG gar nicht verwirklicht sein, da im Falle des Nichtbetriebes keine Gebrauchsabgabe anfalle, sodass auch keine Fälligkeit eintreten könne. Dies habe auch der Vertreter der Magistratsabteilung 6 bestätigt, indem er vorgebracht habe, dass eine Ruhendstellung dann erfolge, wenn es keinen Betrieb mehr gebe, und dass für den Fall, dass kein Umsatz mehr gemacht werde, auch nichts verrechnet werde. Da infolge des Nichtbetriebes im vorliegenden Fall keine Gebrauchsabgabe angefallen sei, liege auch der Tatbestand eines Zahlungsverzuges im Sinn des § 4 Abs. 6 GAG nicht vor.

13 Die erstinstanzliche Behörde hätte allenfalls von einem Sachverhalt im Sinn des § 4 Abs. 2 GAG ausgehen dürfen und diesfalls ein Widerrufsverfahren nach dieser Bestimmung einleiten müssen. Erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides, in welchem eine angemessene Frist für die Entfernung des Standes vorzusehen gewesen wäre, hätte die Entfernung des Standes von Amts wegen veranlasst werden dürfen.

14 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des GAG, LGBl. Nr. 20/1966, in der Fassung LGBl. Nr. 45/2013 lauten auszugsweise:

"§ 4

Erlöschen der Wirksamkeit der Gebrauchserlaubnis

...

(2) Eine Gebrauchserlaubnis nach der Tarifpost C 4 oder C 5 kann der Magistrat außerdem widerrufen, wenn sie in einem Kalenderjahr nicht mindestens an hundertfünfzig Tagen, dies gilt nicht für Punsch- und Maronistände, betrieblich genutzt worden ist. Mit dem Widerruf, der bis zum Ende des diesem Kalenderjahr folgenden Jahres auszusprechen ist, erlischt die Gebrauchserlaubnis.

...

(4) Die Gebrauchserlaubnis erlischt überdies im Zeitpunkt des Einlangens einer Verzichtserklärung beim Magistrat. Ein Verzicht liegt auch dann vor, wenn die Gebrauchsabgabe binnen zwei Monaten nach Fälligkeit ohne Angabe von Gründen nicht entrichtet wird und außerdem für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis bezieht, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt worden ist. In derartigen Fällen wird der Verzicht im Zeitpunkt der Erteilung der neuen Gebrauchserlaubnis wirksam.

..."

"§ 6

Beseitigung von Einrichtungen bei unerlaubtem Gebrauch

Der Magistrat ist berechtigt, Sachen, durch die ein im § 1 Abs. 1 oder in Anlage I umschriebener Gebrauch ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis ausgeübt wird, ohne vorausgegangenes Verfahren gegen nachträglichen Kostenersatz durch den Verpflichteten - das ist derjenige, der den Grund gemäß § 1 ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis genutzt hat und der Eigentümer -

zu entfernen und zu lagern. Bis zur Bezahlung der vollen Kosten besteht ein Zurückbehaltungsrecht des Magistrates. Die Kosten der Entfernung und Lagerung sind vom Verpflichteten oder dessen Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) unmittelbar bei der Abholung des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand nicht abgeholt, hat die Vorschreibung der Kosten mit Bescheid zu erfolgen. Die Bestimmung des § 16 wird hiedurch nicht berührt. Sofern der Gegenstand noch nicht übernommen worden ist, hat die Behörde innerhalb einer Frist von drei Wochen nach dem Entfernen des Gegenstandes den Eigentümer unter Hinweis auf die Rechtsfolge des drohenden Eigentumsüberganges durch Zustellung zu eigenen Handen aufzufordern, den Gegenstand innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung zu übernehmen. Die Bestimmung des § 25 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, über die Zustellung an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, gilt in diesem Falle sinngemäß, wenn die Person, an welche die Aufforderung zu richten wäre, nicht festgestellt werden kann. Nach erfolglosem Ablauf der 3-Monats-Frist geht das Eigentum am entfernten Gegenstand auf die Stadt Wien über."

"§ 10

Form und Höhe der Abgabe

(1) Die Gebrauchsabgabe wird in zwei Formen erhoben:

a) als bescheidmäßig festzusetzende Abgabe. ...

b) als Selbstbemessungsabgaben in Hundertsätzen von allen

Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis erzielt werden, ...

(2) Form und Höhe der Gebrauchsabgabe richten sich nach dem angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Tarif. ..."

"§ 12

Erklärung und Entrichtung der Selbstbemessungsabgabe

(1) Die Selbstbemessungsabgabe im Sinne des § 10 Abs. 1 lit. b ist vom Abgabepflichtigen für jeden Kalendermonat nach dem sich aus dem Tarif ergebenden Hundertsatz bis zum 15. des darauffolgenden Monats zu entrichten.

(1a) Der Abgabepflichtige darf die Abgabe jeweils für ein Kalenderviertel entrichten, wenn der monatliche Abgabenbetrag nicht mehr als 10,00 Euro beträgt. In diesem Fall ist die Abgabe spätestens am 15. des Monats, der auf das Kalenderviertel folgt, zu entrichten. ...

(2) Für nach Abs. 1 zu entrichtende Abgabenschuldigkeiten hat der Abgabepflichtige für jedes Kalenderjahr bis zum 15. Februar des darauffolgenden Kalenderjahres eine Abrechnung über die Berechnungsgrundlagen einzureichen und den sich daraus ergebenden Abgabebetrag zu erklären.

..."

"Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben

...

C. Selbstbemessungsabgabe in Hundertsätzen von allen Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis erzielt werden bzw. als Selbstbemessungsabgabe nach einem festen Tarif

...

4. für nicht ortsfeste, hauptsächlich dem Verkauf von

Zeitungen dienende Verkaufsstände (Zeitungskioske) 1 vH der Einnahmen; diese Tarifpost ist für die vorgenannten Zeitungskioske auch dann anzuwenden, wenn diese an öffentliche Ver- oder Entsorgungsnetze angeschlossen sind;

..."

15 Das Verwaltungsgericht Wien ging davon aus, dass die in § 6 GAG normierte Voraussetzung für die mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte Kostenvorschreibung, nämlich der Gebrauch ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis, im Revisionsfall deshalb erfüllt sei, weil die der Revisionswerberin erteilte Gebrauchserlaubnis durch Verzicht im Sinn des § 4 Abs. 4 zweiter Satz GAG erloschen sei. Von einem solchen Verzicht sei auszugehen, weil die Gebrauchsabgabe zwischen den Jahren 2006 und 2008 nicht entrichtet und für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis bezogen habe, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt worden sei.

16 Wie sich aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 zweiter Satz GAG klar ergibt, müssen die für die Annahme eines Verzichtes auf die Gebrauchserlaubnis erforderlichen Voraussetzungen der Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe binnen zwei Monaten nach Fälligkeit und der Beantragung einer neuen Gebrauchserlaubnis für die annähernd gleiche Stelle kumulativ vorliegen.

Zur Voraussetzung der Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe binnen zwei Monaten nach Fälligkeit ohne Angabe von Gründen:

17 Wie sich aus dem in den vorgelegten Verfahrensakten aufliegenden Bescheid vom , mit welchem die dem Revisionsfall zugrunde liegende Gebrauchserlaubnis erteilt worden war, und dem Schreiben der Magistratsabteilung 46 vom ergibt, wurde für den gegenständlichen Zeitungskiosk eine Gebrauchserlaubnis nach der Tarifpost C4 erteilt. Die Gebrauchsabgabe wird diesfalls als Selbstbemessungsabgabe in Hundertsätzen von allen Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis erzielt werden, erhoben, wobei von der Bemessungsgrundlage verschiedene - im Revisionsfall nicht relevante - Posten ausgenommen sind (vgl. § 10 Abs. 1 lit. b GAG). Das bedeutet, dass der Abgabepflichtige die Gebrauchsabgabe grundsätzlich selbst nach dem sich aus dem Tarif ergebenden Hundertsatz von den erzielten Einnahmen zu bemessen und diesen Abgabenbetrag bis zum 15. des darauffolgenden Monats (vgl. § 12 Abs. 1 GAG) bzw. spätestens am 15. des Monats, der auf das Kalenderviertel folgt (vgl. § 12 Abs. 1a GAG), zu entrichten hat. Daraus ergibt sich, dass für jene Kalendermonate, in denen infolge Nichtbetriebes des Zeitungskiosks keine Einnahmen erzielt werden, auch keine Abgabenschuld entsteht, sodass auch keine Fälligkeit eintreten kann.

18 Das Verwaltungsgericht Wien hat in diesem Zusammenhang lediglich festgehalten, dass zwischen den Jahren 2006 und 2008 keine Gebrauchsabgabe entrichtet worden sei. Feststellungen dazu, ob in diesem Zeitraum der gegenständliche Zeitungskiosk überhaupt betrieben wurde und demnach Einnahmen, von denen die Gebrauchsabgabe zu bemessen und zu entrichten gewesen wäre, erzielt wurden, oder dazu, dass eine allenfalls rückständige Gebrauchsabgabe aus diesem Zeitraum eingemahnt worden sei, lassen sich dem angefochtenen Erkenntnis ebenso wenig entnehmen wie eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, die bereits in ihrem Schriftsatz vom ausgeführt hat, dass im Fall des Nichtbetriebes keine Gebrauchsabgabe anfalle, sodass auch keine Fälligkeit eintreten könne. Allein aus dem Umstand, dass letztmalig im Jahr 2006 Gebrauchsabgabe betreffend den gegenständlichen Zeitungskiosk entrichtet wurde und in der Folge anlässlich einer (erst) am seitens des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59, durchgeführten Revision das Betriebsende des Zeitungskiosks festgestellt wurde, kann auch nicht der Schluss gezogen werden, dass dieser Kiosk im dazwischen liegenden Zeitraum betrieben wurde.

19 Auf Basis der vom Verwaltungsgericht Wien getroffenen Feststellungen lässt sich somit nicht beurteilen, ob die erste Voraussetzung des § 4 Abs. 4 zweiter Satz GAG, nämlich die Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe binnen zwei Monaten nach Fälligkeit ohne Angabe von Gründen, erfüllt ist.

20 Bemerkt wird, dass der "Hortung" von Gebrauchserlaubnissen nach der Tarifpost C4 ohne entsprechende tatsächliche Nutzung und dem Leerstehen solcher Einrichtungen, welche den öffentlichen Raum unnötigerweise in Anspruch nehmen, nur durch einen Widerruf der Gebrauchserlaubnis gemäß § 4 Abs. 2 GAG begegnet werden könnte (vgl. dazu auch die zu dieser Bestimmung ergangenen Erläuterungen zu den Novellen LGBl. Nr. 43/1990, BlgLT 11/1990 14. GP 3, und LGBl. Nr. 11/2013, BlgLT 45/2012 19. GP 3).

Zur Voraussetzung der Beantragung einer neuen Gebrauchserlaubnis für die annähernd gleiche Stelle:

21 Zunächst ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht Wien - entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Ansicht -

trotz des Fehlens ausdrücklicher Feststellungen dazu erkennbar nicht davon ausgegangen ist, dass die Revisionswerberin selbst eine neue Gebrauchserlaubnis für die annähernd gleiche Stelle beantragt hat, sondern ein Dritter. Das Verwaltungsgericht Wien ist davon ausgegangen, dass die zweite Voraussetzung des § 4 Abs. 4 zweiter Satz GAG erfüllt ist, wenn von einer von der Revisionswerberin verschiedenen Person für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis bezieht, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt worden ist.

22 Für diese Auffassung sprechen die Erläuterungen zu dieser, bereits in der Stammfassung des GAG (damals: § 4 Abs. 3 GAG) enthaltenen Bestimmung (vgl. BlgLT 100/66, 7f, zu LGBl. Nr. 20/1966), in welchen Folgendes ausgeführt wird:

"Insbesondere erwies es sich als notwendig, eine Bestimmung aufzunehmen, derzufolge ein Verzicht auch durch konkludente Handlung des Erlaubnisträgers erfolgen kann. In der Vergangenheit hat sich nämlich in einer Vielzahl von Fällen gezeigt, daß neue Gebrauchserlaubnisse für Nachfolger in Geschäftsbetrieben zu deren Nachteil deshalb nicht erteilt werden konnten, weil der Nachfolger den früheren Erlaubnisträger (zwecks Abgabe einer formellen Verzichtserklärung) nicht auffinden konnte und auch die Behörde mangels entsprechender gesetzlicher Verzichtsregelung nicht in der Lage war, nach den Verfahrensbestimmungen des AVG vorzugehen. Diesem Übelstand soll in Hinkunft dadurch begegnet werden, daß die Behörde bei Zutreffen der im Abs. 3 normierten Voraussetzungen in gleicher Weise wie bei einem ausdrücklich erklärten Verzicht vorgehen kann. Durch die Setzung einer Frist von zwei Monaten und im Hinblick darauf, daß eine rückständige Gebrauchsabgabe von den Stadtkassen durch Mahnungen bzw. Pfändungen eingetrieben wird, erscheint Gewähr dafür geboten, dass der Verzicht auf die Gebrauchserlaubnis nicht ohne Kenntnis des Erlaubnisträgers zu seinem Nachteil wirksam werden kann."

23 In Verbindung damit, dass die Gebrauchsabgabe für zwei Monate nach Fälligkeit nicht entrichtet worden ist, nimmt das Gesetz hier also einen "Verzicht" an, der aber nicht nur an die Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe, sondern auch noch an die Beantragung einer weiteren Gebrauchserlaubnis geknüpft ist. Dem Verwaltungsgericht Wien kann nicht entgegengetreten werden, wenn es somit davon ausgegangen ist, dass auch ein Dritter die neue Gebrauchserlaubnis beantragen kann. Das Verwaltungsgericht Wien stützt seine Feststellung, dass im Revisionsfall eine solche Gebrauchserlaubnis beantragt worden sei, allerdings ausschließlich auf die Ausführungen der Revisionswerberin in ihrer Berufung, wonach "an dieser Stelle der Bau eines Würstelstandes genehmigt" worden sei. Ob tatsächlich (bereits) eine Gebrauchserlaubnis beantragt wurde, lässt sich diesen Ausführungen hingegen nicht entnehmen, sodass nicht beurteilt werden kann, ob die zweite Voraussetzung des § 4 Abs. 4 zweiter Satz GAG, nämlich dass für die annähernd gleiche Stelle, auf die sich die Gebrauchserlaubnis bezieht, eine neue Gebrauchserlaubnis beantragt worden ist, erfüllt ist.

24 Dazu kommt, dass ein solcher Verzicht gemäß § 4 Abs. 4 letzter Satz GAG erst im Zeitpunkt der Erteilung der neuen Gebrauchserlaubnis wirksam wird, weshalb - bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 GAG - erst ab diesem Zeitpunkt von einem Erlöschen der Gebrauchserlaubnis und damit von einem Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis im Sinn des § 6 GAG ausgegangen werden könnte. Feststellungen dazu, dass bzw. in welchem Zeitpunkt eine neue Gebrauchserlaubnis erteilt worden sei, und somit zum Zeitpunkt des Erlöschens der Gebrauchserlaubnis der Revisionswerberin enthält das angefochtene Erkenntnis jedoch nicht.

25 Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG aufzuheben.

26 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

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