VwGH vom 20.03.2018, Ra 2016/05/0119
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der B GmbH in P, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-568/001-2016, betreffend Anpassung einer Sicherstellung gemäß § 48 Abs. 2b AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit in seinem Spruchpunkt 1. (letzter Absatz) der folgende Ausspruch getroffen wurde:
"Die Sicherstellung für die Nachsorgephase der Deponie wird um 101.401,80 Euro erhöht.",
wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 Zur Vorgeschichte wird auf das in dieser abfallwirtschaftsrechtlichen Angelegenheit ergangene Vorerkenntnis , verwiesen. Daraus wird Folgendes hervorgehoben:
2 Die revisionswerbende Partei betreibt eine Deponie, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom zunächst als Deponie zur Ablagerung von Produktionsschutt bewilligt wurde.
3 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (im Folgenden: LH) vom wurden die Änderung der Ausstattung der Deponie, die abschnittsweise Verfüllung, die abschnittsweise Ablagerung von produktionsspezifischem Material der Eluatklasse IIIa sowie die abschnittsweise Abdeckung und Rekultivierung wasserrechtlich genehmigt. Der revisionswerbenden Partei wurde unter Spruchpunkt II. die Leistung einer Sicherstellung für die Erfüllung der Auflagen sowie für die ordnungsgemäße Erhaltung der Deponie in der Höhe von S 500.000,-- (entspricht EUR 36.337,20) durch Hinterlegung eines jederzeit fälligen Bankhaftbriefes in entsprechender Höhe bei der Wasserrechtsbehörde bis spätestens vier Wochen vor Beginn der Bauarbeiten auferlegt.
4 Im Zuge der Anpassung an die Deponieverordnung 1996 wurden für Abschnitt 1 die Rekultivierung, für Abschnitt 2 der Betrieb als Reststoffkompartiment und für Abschnitt 3 der geplante Ausbau und Betrieb als Reststoffkompartiment angezeigt. Am wurde die Rückstufung dieser Abschnitte auf die Deponieklasse Baurestmassendeponie angezeigt.
5 Mit Bescheid vom stellte der LH fest, dass Abschnitt 1 in Übereinstimmung mit der Genehmigung (vom ) abgeschlossen worden sei und dass bestimmte Nachsorgemaßnahmen einzuhalten seien.
6 Der LH ordnete mit Bescheid vom gestützt auf die §§ 37 ff und § 48 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 sowie § 47 Abs. 9 Deponieverordnung 2008 - DVO 2008 Folgendes an:
"Die Höhe der Sicherstellung wird für das Baurestmassenkompartiment
1) für die Ablagerungs- und Stilllegungsphase mit EUR 312.227,0,- festgelegt.
Das ist ein spezifischer Sicherstellungsbetrag für das gesamte Kompartiment von 7,26 EUR/m3
2) Für die Nachsorge verbleibt ein Betrag von EUR 137.738,5
Die Höhe der Sicherstellung ist entsprechend den Vorgaben des § 48 AWG 2002 anzupassen.
Die Indexberechnung hat jährlich nach dem Baukostenindex für Straßenbau zu erfolgen.
Die Basis des Baukostenindex Straßenbau wird mit April 2010 neu festgesetzt.
Die Höhe der derzeit geleisteten Sicherstellung beträgt EUR 36.337,2--
Der Differenzbetrag von EUR 17.951,-- ist der Behörde mittels Bankhaftbrief sofort vorzulegen."
7 In Bezug auf die Höhe des Differenzbetrages berief sich der LH auf ein Gutachten eines Sachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz vom . Bei diesem Gutachten war der Sachverständige von einer maximal offenen Schüttfläche im Ausmaß von 5.000 m2 ausgegangen.
8 Mit Bescheid des LH vom wurde festgestellt, dass es sich bei der gegenständlichen Deponie um eine Baurestmassendeponie handle. Das maximale Volumen wurde mit insgesamt 31.000 m3 (= die Restkubatur im Abschnitt 2 von 2.800 m3 sowie Abschnitt 3) festgelegt. Daraus ergab sich für Abschnitt 3 ein geändertes Verfüllvolumen von 28.200 m3.
9 Am fand beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) eine mündliche Verhandlung statt, in der der Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz zum einen darlegte, dass eine vollständige Trennung der Sickerwassererfassung der Abschnitte 2 und 3 im Sinne der Definition eines Kompartimentes gemäß § 3 Z 32 DVO 2008 nicht vorgesehen sei, weil es sich im gegenständlichen Fall um eine reine Abschnittstrennung im Hinblick auf die Verfüllung und nicht um eine Kompartimentstrennung im Sinne unterschiedlicher Abfallarten handle. Zur Frage, wie hoch die gemäß § 47 Abs. 9 DVO 2008 zu erlegende Sicherstellungsleistung aufgrund einer Vergleichsrechnung (im Sinne des Anhanges 8 Punkt 2) für das Restvolumen des Abschnittes 2 von
2.800 m3 sowie für den Abschnitt 3 (28.200 m3) in der Ablagerungsphase sei, führte der Amtssachverständige (ausgehend von einer tatsächlich offenen Schüttfläche von nur 3.750 m2) aus, dass sich eine Gesamtsicherstellung für die Ablagerungs- und Stilllegungsphase von EUR 280.977,-- ergebe. Dieser Betrag beinhalte die Sicherstellung in der verbleibenden Nachsorgephase mit EUR 137.739,--.
10 Für die angestellte Vergleichsrechnung ging der Amtssachverständige von folgenden Parametern aus:
"
Offene Schüttfläche: - 3.750 m2
Bewilligtes Deponievolumen (Abschnitte 2 und 3):
62.000 m3
Offenes Volumen Abschnitt 2: - 2.800 m3
Offenes Volumen Abschnitt 3: - 28.200 m3
Derzeitige Sicherstellungsleistung: -
EUR 36.337,20"
11 Der Amtssachverständigte errechnete als Sicherstellungskosten im Sinne des Anhanges 8 Punkt 2 lit. c DVO 2008, ausgehend von der bisher vorgeschriebenen Sicherstellung in Höhe von EUR 36.337,20, einen Betrag von 0,59 EUR/m3 und an Sicherstellungskosten im Sinne des Anhanges 8 Punkt 2 lit. b DVO 2008, ausgehend von einer Sicherstellung wie für ein neugenehmigtes Kompartiment, einen Betrag von 4,53 EUR/m3. Die in Anhang 8 Punkt 2 lit. d DVO 2008 vorgesehene Vergleichsrechnung ergab mit dem noch offenen Schüttvolumen von 31.000 m3 EUR 122.140,-- (für Abschnitt 2 EUR 11.032,--, für Abschnitt 3 EUR 111.108,--).
12 Hinsichtlich der Nachsorgephase hielt der Amtssachverständige fest, dass aufgrund einer Berechnung nach dem Berechnungsmodul des Lebensministeriums (gemeint: das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) für die Abschnitte 2 und 3 gemäß § 47 Abs. 9 DVO 2008 ein Sicherstellungsbetrag von EUR 137.739,-- vorzuschreiben wäre. Im Hinblick darauf, dass ein Sicherstellungsbetrag von EUR 36.337,20 bereits hinterlegt sei, würde sich daher der Nachsorgebetrag auf EUR 101.401,80 reduzieren. Dazu führte der Amtssachverständige abschließend noch aus:
"Aus fachlicher Sicht ist jedoch festzustellen, dass die Vorschreibung der Höhe des Nachsorgebetrages in diesem Fall rechtlich zu beurteilen wäre und auf Grund des Umstandes, dass die Ablagerungsphase mit der Vergleichsrechnung berechnet wurde auch eine geringere Sicherstellungsleistung vertretbar wäre."
13 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom wurde der Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid des LH vom insofern Folge gegeben, als in Abänderung dieses Bescheides dessen Spruch zu lauten habe wie folgt:
"Die mit Spruchteil II. des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , ..., vorgeschriebene Leistung einer Sicherstellung in Form jederzeit fälliger Bankhaftbriefe in der Höhe von insgesamt 500.000,-- ATS (36.337,20 Euro) wird dahingehend angepasst, als diese Sicherstellung wertgesichert zur Erfüllung der mit den Genehmigungen verbundenen Auflagen und Verpflichtungen unbefristet für die Ablagerungsphase und für die Nachsorgephase für diese Deponie mit jeweils EUR 137.739 Euro festgesetzt wird.
Als Basis für die Wertsicherung der Sicherstellung wird der Baukostenindex für Straßenbau per festgelegt. Die Sicherstellung ist jährlich wertzusichern."
14 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es ergebe sich aus der von ihm genannten Judikatur und den Gesetzesbestimmungen, dass die in der Ablagerungsphase zu erlegende Sicherheitsleistung nicht geringer sein könne als jene der Nachsorgephase. Das Verwaltungsgericht komme deshalb zum Schluss, dass eine Deponie in der Ablagerungsphase zumindest mit jenem Betrag zu besichern sei, welcher für die Nachsorgephase festzusetzen sei. Es würde weder den von ihm zitierten gesetzlichen Grundlagen noch dem Zweck der Sicherstellungsleistung entsprechen, wenn diese nach Einstellung des Deponiebetriebes betragsmäßig höher wäre als in der Ablagerungsphase. Eine abschnittsweise Betrachtung, wie es § 44 Abs. 1 DVO 2008 vorsehe, erübrige sich aus diesem Grund.
15 Dieses Erkenntnis wurde mit dem eingangs genannten hg. Vorerkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof begründete dies - soweit im vorliegenden Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt:
"3.3. In den Übergangsbestimmungen der DVO 2008 wird nicht ausdrücklich geregelt, wie mit den (nach § 47 Abs. 9 DVO 2008) angepassten Sicherstellungen für am in der Vorbereitungs- und Ablagerungsphase befindliche Kompartimente weiter zu verfahren ist, sobald diese Kompartimente in die Nachsorgephase eintreten. Nach § 44 Abs. 5 DVO 2008 ist zu diesem Zeitpunkt ‚die Sicherstellung auf die Kosten der Nachfrage zu verringern.' In Übergangsfällen, also bei Deponien, für welche die Sicherstellung nach § 47 Abs. 9 DVO 2008 bloß anteilig erhöht wurde, kann es daher vorkommen, dass der für die Ablagerungsphase festgelegte Sicherungsbetrag unter den Kosten der Nachsorge liegt.
§ 44 Abs. 5 DVO 2008 hat keine fixe Koppelung der Sicherstellung für die Ablagerungsphase und der Sicherstellung für die Nachsorgephase zum Inhalt, sondern bildet lediglich den Regelfall ab. In der Regel ist die für die Erfüllung der mit der Genehmigung verbundenen Auflagen und Verpflichtungen in der Ablagerungsphase zu bemessende Sicherstellung höher als die Sicherstellung für die Nachsorgekosten. Die Regelung, dass ab dem in § 44 Abs. 5 erster Satz DVO 2008 genannten Zeitpunkt die Sicherstellung auf die Kosten der Nachsorge ‚zu verringern' ist, bezieht sich nur auf einen solchen Sachverhalt.
So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2012/07/0126, zum Ausdruck gebracht, dass die Formulierung des § 44 Abs. 5 DVO 2008, wonach nach Herstellung der endgültigen Oberflächenabdeckung, der diesbezüglichen behördlichen Überprüfung und bei voller Funktionsfähigkeit der übrigen technischen Einrichtungen die Sicherstellung auf die Kosten der Nachsorge zu verringern sei, begrifflich vorauszusetzen scheine, dass die Sicherstellung für die Nachsorgephase bereits zuvor berücksichtigt worden sei. Die Sicherstellung solle der Behörde zur Verfügung stehen, wenn der Deponiebetreiber - etwa im Falle der Insolvenz - seinen mit der Genehmigung einer Deponie verbundenen Verpflichtungen während des Betriebs oder während der Nachsorgephase nicht nachkomme (vgl. dazu die Erläuternden Bemerkungen in RV 1147 BlgNR XXII GP, 17 zur mit BGBl I Nr. 34/2006 erfolgten Novelle des AWG 2002). Um dies zu gewährleisten, wäre es aber nicht zweckmäßig und sei vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt, eine finanzielle Sicherstellung für Maßnahmen der Nachsorgephase erst nach Stilllegung einer Deponie vorzuschreiben.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte es im zitierten Fall mit dem genannten Regelfall einer bereits die Kosten der Nachsorge berücksichtigenden Vorschreibung der Sicherstellung für die Ablagerungsphase zu tun. Diesem Erkenntnis ist eine Aussage für Übergangsfälle, bei denen die Sicherstellung nach § 47 Abs. 9 DVO 2008 bloß anteilig erhöht werden durfte und der für die Ablagerungsphase festgelegte Sicherungsbetrag unter den Kosten der Nachsorge liegt, nicht zu entnehmen. In diesen Fällen ist gerade die - im Erkenntnis genannte - ‚begriffliche Voraussetzung', dass die Sicherstellung für die Nachsorgephase bereits zuvor berücksichtigt worden sei, nicht gegeben.
Übergangsfälle wie der hier vorliegende, in denen die Sicherstellung für die Ablagerungsphase gering(er) bemessen sein kann und nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Sicherstellung für die Nachsorgephase zuvor berücksichtigt werden konnte, sind von der Regelung des § 44 Abs. 5 DVO daher nicht umfasst. Wenn die Sicherstellung für die Ablagerungsphase niedriger ist als die Sicherstellung für die Nachsorgephase, kann sie auch nicht auf diese Höhe ‚verringert' werden. Aus § 44 Abs. 5 DVO ist daher nicht zu folgern, dass die Sicherstellung für die Ablagerung jedenfalls gleich hoch wie die Sicherstellung für die Nachsorge zu sein hat und entsprechend erhöht werden muss. Entgegen der Ansicht des LVwG ergibt sich dies weder aus der Rechtslage noch aus der Rechtsprechung.
Wie der Verwaltungsgerichtshof allerdings in dem genannten hg. Erkenntnis ebenfalls ausgesprochen hat, gibt es - entgegen einer in der Revision geäußerten Ansicht - keine Anhaltspunkte dafür, dass der in § 47 Abs. 9 DVO 2008 enthaltenen Wortfolge "Auflagen und Verpflichtungen", hinsichtlich derer die bestehenden Sicherstellungen zu überprüfen und anzupassen sind, ein anderer Begriffsinhalt zu Grunde zu legen wäre, als derselben (in der Folge auch für § 48 Abs. 2b AWG relevanten) Wortfolge in § 48 Abs. 2 und 2a AWG 2002, die ausdrücklich auch auf die ‚Nachsorge' Bezug nimmt. Gemäß § 47 Abs. 9 DVO 2008 hat die Überprüfung und Anpassung der bestehenden Sicherstellungen unter Anwendung des Anhangs 8 Punkt 2 zum AWG 2002 zu erfolgen. Soweit Anhang 8 Punkt 2 die Berechnung einer Sicherstellung für bestehende Kompartimente gemäß § 47 Abs. 9 DVO 2008 (ua) für Nachsorgemaßnahmen zum Inhalt hat, normiert er lediglich dabei zu berücksichtigende abweichende Zeiträume für näher bezeichnete Deponien, ohne dadurch jedoch die Besicherung von in der Nachsorgephase erforderlichen Maßnahmen in Frage zu stellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/07/0126).
In Fällen wie dem vorliegenden sind die Überprüfung und Anpassung der bestehenden Sicherstellungen für die Ablagerungsphase zum einen und die Nachsorgephase zum anderen daher nach Anhang 8 Punkt 2 zum AWG 2002 jeweils ohne gegenseitige Bezugnahme vorzunehmen. Das LVwG irrte daher, wenn es die Ansicht vertrat, die Höhe der Sicherstellung für die Ablagerungsphase müsse im vorliegenden Fall mindestens gleich hoch wie diejenige für die Nachsorgephase sein.
...
5. ...
Die Annahme des LVwG, es wäre im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 44 Abs. 1 DVO 2008 überhaupt nicht anwendbar, ist nicht nachvollziehbar. Die die Übergangsfälle regelnde Spezialbestimmung des § 47 Abs. 9 DVO 2008 bezieht sich zwar bei der Berechnung der angepassten Sicherstellung auf das ‚am offene Volumen'; diese Bestimmung bewirkt aber nicht, dass § 44 Abs. 1 DVO 2008 für die Übergangsfälle keine Bedeutung hätte.
Auch bei der Berechnung der angepassten Sicherstellung nach diesem am offenen Volumen stellt sich die Frage, ob und in welcher Form bei der Vorschreibung der Sicherstellung auf Bauabschnitte bzw. Deponieabschnitte Rücksicht genommen wird, kann doch auch das am offene Volumen so beschaffen sein, dass davon mehrere Bauabschnitte bzw. Deponieabschnitte umfasst sind.
Nach § 61 Abs. 1 AWG 2002 hat der Inhaber der Deponie die Errichtung einer Deponie oder eines Deponieabschnittes der Behörde anzuzeigen. Er darf erst nach einer Überprüfung der Anlagen und Maßnahmen Abfälle in die Deponie oder den Deponieabschnitt einbringen. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass der Begriff des Bauabschnittes, der dem AWG 2002 fremd ist und sich auch in der DVO 2008 nur in § 44 leg. cit. findet, mit dem Begriff des Deponieabschnittes deckungsgleich ist.
Die ersten beiden Sätze des § 44 Abs. 1 DVO 2008 treffen generelle Anordnungen dahingehend, dass und wofür eine Sicherstellung aufzuerlegen ist und dass sie je nachdem, um die Erfüllung welcher Auflagen und Verpflichtungen es sich handelt, entsprechend den Bauabschnitten zu erfolgen hat. Damit wird man dem Gedanken gerecht, dass mit unterschiedlichen Deponieabschnitten auch unterschiedliche Maßnahmen verbunden sein können, was eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Abschnitte auch in Bezug auf die Höhe der Sicherstellung geboten erscheinen lässt. Damit ist aber noch nichts über die Art der Vorschreibung dieser abschnittsweise festgestellten Sicherstellung gesagt.
Die unbedingte und unabhängig vom konkreten Schüttverlauf formulierten Anordnungen der ersten beiden Sätze des § 44 Abs. 1 DVO 2008 werden dann durch die anschließenden beiden Sätze relativiert bzw. konkretisiert. Nach dem dritten Satz des § 44 Abs. 1 DVO ist dann, wenn aufgrund einer bescheidmäßigen Vorschreibung eine bestimmte offene Schüttfläche gar nicht überschritten werden darf, (nur) maximal diese offene Schüttfläche zu besichern. Nur in dem Ausmaß, in dem - bei rechtskonformer Konsumation des Konsenses - tatsächlich eine allenfalls für die Umwelt gefährliche Situation besteht, sollte nach dem Willen des Verordnungsgebers eine entsprechende Besicherung vorgenommen werden.
Dieses Verständnis liegt auch dem vierten Satz des § 44 Abs. 1 DVO 2008 zugrunde, demzufolge die Besicherung nicht nur entsprechend den in der Genehmigung festgelegten, einzelnen Deponieabschnitten zu berechnen ist, sondern auch entsprechend diesen einzelnen Deponieabschnitten auferlegt werden kann. Auch hier kommt zum Ausdruck, dass nur in dem Ausmaß, in dem - bei rechtskonformer Konsumation des Konsenses - tatsächlich eine allenfalls für die Umwelt gefährliche Situation besteht, also nur bei offenen Deponieabschnitten, eine entsprechende Besicherung vorgenommen werden sollte.
Ein Widerspruch zwischen dem zweiten und vierten Satz des § 44 Abs. 1 DVO 2008 besteht bei diesem Verständnis nicht. Die Sicherstellung ist demnach zwar zwingend nach den einzelnen Bauabschnitten (Deponieabschnitten) zu berechnen und bescheidmäßig festzustellen; die konkrete Vorschreibung (Auferlegung; zB durch die Vorlage eines Bankhaftbriefes) hat aber in der Regel erst dann zu erfolgen, wenn der entsprechende Deponieabschnitt auch tatsächlich in Angriff genommen wird."
16 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom wurde unter Spruchpunkt 1. der Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid des LH vom (neuerlich) insofern Folge gegeben, als dieser Bescheid dahingehend geändert wurde, dass dessen Spruch zu lauten habe wie folgt:
"Die im Spruchteil II. des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , ..., vorgeschriebene Leistung einer Sicherstellung in Form jederzeit fälliger Bankhaftbriefe in der Höhe von insgesamt 500.000,-- ATS (36.337,20 Euro) wird dahingehend angepasst, als diese wertgesicherte Sicherstellung zur Erfüllung der mit den Genehmigungen verbundenen Auflagen und Verpflichtungen für folgende Verfüllabschnitte in der Ablagerungsphase um folgende Beträge erhöht wird:
für die Restvolumina im Verfüllabschnitt 2
im Ausmaß von 2.800 m3 11.032,-- Euro
- für Verfüllabschnitt 3 111.108,-- Euro
Als neue Basis für die Wertsicherung der Sicherstellung wird der Baukostenindex für Straßenbau per festgelegt. Die festgesetzte Erhöhung der Sicherstellung hat der Deponiebetreiber für die im Betrieb befindlichen Abschnitte binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei der Abfallrechtsbehörde zu leisten.
Die Sicherstellung für die Nachsorgephase der Deponie wird um 101.401,80 Euro erhöht."
Unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses wurde eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.
17 Dieses Erkenntnis begründete das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges (insbesondere der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz in der mündlichen Verhandlung am und der ausführlichen Wiedergabe der tragenden Gründe der Aufhebung in dem angeführten Vorerkenntnis, im Zuge dessen auch die verfahrensgegenständlichen Bestimmungen des AWG 2002 und der DVO 2008 wiedergeben werden) im Wesentlichen damit, dass nach den Ausführungen des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz bei einer Neugenehmigung der gegenständlichen Deponie die Gesamtsicherstellung für die Ablagerungs- und Stilllegungsphase EUR 280.977,-- betragen würde. Die von diesem Amtssachverständigen angestellte Vergleichsrechnung (im Sinne des Anhanges 8 Punkt 2 DVO 2008) ergebe, dass die vorliegende Sicherstellung in der Ablagerungsphase für den Abschnitt 2 um EUR 11.032,-- und für den Abschnitt 3 um EUR 111.108,-- zu erhöhen sei. Die Sicherstellung für die Nachsorgephase habe insgesamt EUR 137.739,-- zu betragen.
18 Aufgrund der Bindung des Verwaltungsgerichtes an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes im fortgesetzten Beschwerdeverfahren sei die Sicherstellungsanpassungsverpflichtung des § 47 Abs. 9 DVO 2008 für die Ablagerungsphase und die Nachsorgephase der verfahrensgegenständlichen Deponie gesondert zu beurteilen. Im Anpassungsverfahren nach § 47 Abs. 9 DVO 2008 sei jedenfalls Ausgangsbasis für die Sicherstellungsanpassung das Ergebnis der Vergleichsrechnung nach Anhang 8 Punkt 2 DVO 2008. Nachdem eine abschnittsweise Verfüllung mit Bescheid vom bewilligt worden sei, sei in diesem Verfahren zu prüfen, ob vom LH die für die Anlagenbetreiberin günstigste der möglichen Berechnungsvarianten des § 44 Abs. 1 DVO 2008 bei der Überprüfung der Höhe der bestehenden Sicherstellung herangezogen worden sei. Festzuhalten sei, dass die einzelnen Berechnungsmethoden des § 44 Abs. 1 DVO 2008 nicht vermischt werden könnten.
19 Den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz sei zu entnehmen, dass im Hinblick auf die Bestimmung des § 44 Abs. 1 DVO 2008 der Anpassungsbedarf der Sicherstellung bei abschnittsweiser Betrachtung günstiger als "nach der Methode der maximalen offenen Fläche" sei, sodass für die Ablagerungsphase die Sicherstellungserhöhung abschnittsweise entsprechend der fachlichen Stellungnahme vorzuschreiben gewesen sei.
20 Im Hinblick darauf, dass der Verordnungsgeber in § 47 Abs. 9 DVO 2008 die Verpflichtung zur Vorlage der Sicherstellung mit festgelegt habe, sei die Vorlagefrist unter Berücksichtigung der Dauer des Rechtsmittelverfahrens neu zu bestimmen gewesen.
21 Die Erhöhung der Sicherstellung für die Nachsorgephase sei ebenfalls aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz erfolgt, wobei zu betonen sei, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof auch ausgeführt habe - die Anpassungsverpflichtung für diese Betriebsphase losgelöst von der in § 44 Abs. 5 DVO 2008 festgelegten Vorgangsweise bestehe. Unter Berücksichtigung der Legaldefinition des § 3 Z 40 DVO 2008 sei demnach die Sicherstellung für die Nachsorgephase in der vollen Höhe bei Einstellung des Deponiebetriebes zu leisten.
22 Die Revision bekämpft dieses Erkenntnis ausschließlich im Umfang des letzten Absatzes des Spruchpunktes 1. (Erhöhung der Sicherstellung für die Nachsorgephase der Deponie um EUR 101.401,80) und beantragt, es in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
23 Der LH hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
24 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung vor, dass das angefochtene Erkenntnis von der hg. Rechtsprechung, nämlich dem genannten Vorerkenntnis (Hinweis auf dessen Punkt 5.), abweiche. Danach sei die Sicherstellung gemäß § 44 Abs. 1 DVO 2008 "zwingend nach den einzelnen Bauabschnitten (Deponieabschnitten) zu berechnen und bescheidmäßig festzustellen". Mit der - pauschal für die gesamte Deponie - vorgenommenen Erhöhung der Sicherstellung für die Nachsorgephase um EUR 101.401,80 habe das Verwaltungsgericht die nach dem Vorerkenntnis zwingende Berechnung und bescheidmäßige Feststellung der Sicherstellung "nach den einzelnen Bauabschnitten (Deponieabschnitten)" in Bezug auf die Nachsorgephase nach wie vor nicht vorgenommen. Ferner habe das Verwaltungsgericht auch nicht der im Vorerkenntnis dargestellten Vorgabe entsprochen, wonach die Sicherstellung für die Nachsorgephase "nach Anhang 8 Punkt 2 zum AWG 2002" (gemeint: DVO 2008) zu berechnen sei.
25 Die Revision ist in Anbetracht dieses Vorbringens
zulässig. Ihr kommt auch Berechtigung zu.
Zur Rechtslage:
26 § 48 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102, in der Fassung
BGBl. I Nr. 9/2011 lautet auszugsweise wie folgt:
"Bestimmungen für Deponiegenehmigungen
§ 48. (1) Die Einbringung von Abfällen in eine Deponie darf jeweils nur für einen Zeitraum von 20 Jahren genehmigt werden, sofern die Behörde nicht unter Bedachtnahme auf besondere Umstände kürzere Zeiträume festlegt. Unterbleibt im Genehmigungsbescheid eine Bestimmung des Einbringungszeitraums, dann gilt ein Zeitraum von 20 Jahren ab Rechtskraft des Genehmigungsbescheides als festgelegt. Bei Deponien, die am nach § 29 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im Folgenden: AWG 1990), BGBl. Nr. 325/1990, genehmigt oder wasserrechtlich bewilligt waren, endet der Einbringungszeitraum, sofern die Genehmigung nicht anderes normiert, 20 Jahre ab Rechtskraft des Genehmigungsbescheides, nicht aber vor dem . ... .
(2) Zugleich mit der Erteilung der Genehmigung hat die Behörde die Leistung einer angemessenen Sicherstellung zur Erfüllung der mit der Genehmigung verbundenen Auflagen und Verpflichtungen, insbesondere für die ordnungsgemäße Erhaltung und Stilllegung oder Schließung der Deponie einschließlich der Nachsorge, aufzuerlegen. Als Leistung einer Sicherstellung gilt eine finanzielle Sicherheitsleistung oder etwas Gleichwertiges, wie zB eine ausreichende Haftungserklärung einer Gebietskörperschaft oder eines Wasser- oder Abfallverbandes. Für den Fall, dass die Maßnahmen betreffend die Einhaltung der Auflagen und Verpflichtungen gemäß dem ersten Satz nicht vom Deponieinhaber gesetzt werden, einschließlich für den Fall der Insolvenz des Deponieinhabers, muss die Sicherstellung der Behörde als Vermögenswert für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Verfügung stehen.
(2a) Die Berechnung einer Sicherstellung für eine Deponie hat bezogen auf die Auflagen und Verpflichtungen gemäß Abs. 2 erster Satz im Einzelfall zu erfolgen. Sofern keine finanzmathematische Berechnung der Sicherstellung erfolgt, hat die Behörde die Sicherstellung anhand des Baukostenindexes für den Straßenbau wertzusichern; bei einer aufsummierten Steigerung über fünf Prozentpunkte des Baukostenindexes gegenüber der geleisteten Sicherstellung hat der Deponieinhaber die Sicherstellung entsprechend zu erhöhen; sofern Teilbeträge vorgeschrieben sind, ist die Wertsteigerung bei der Bestimmung dieser Teilbeträge zu berücksichtigen. Bei einer Haftungserklärung einer Gebietskörperschaft oder eines Wasser- oder Abfallverbandes muss der Deponieinhaber mit einem Testat eines Wirtschaftsprüfers oder eines für derartige Gutachten allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen der Behörde nachweisen, dass die Kosten für die Einhaltung der Auflagen und Verpflichtungen gemäß Abs. 2 erster Satz in den Abfallübernahmepreisen im vollen Umfang berücksichtigt sind; weiters ist ein derartiges Testat bei jeder Senkung der Abfallübernahmepreise, jedenfalls aber alle fünf Jahre während der Ablagerungsphase, der Behörde vorzulegen.
(2b) Die Behörde hat die bescheidmäßig festgelegte Sicherstellung, insbesondere die Höhe, zu überprüfen und erforderlichenfalls bescheidmäßig anzupassen, wenn sich die rechtlichen Verpflichtungen, deren Erfüllung von der Sicherstellung umfasst ist, ändern. Eine Änderung der rechtlichen Verpflichtungen kann sich insbesondere durch eine Änderung der Verordnung gemäß § 65 Abs. 1 über Deponien oder durch eine Änderung des Genehmigungsbescheides ergeben.
..."
27 § 3, § 44 und § 47 DVO 2008, BGBl. II Nr. 39, in der Fassung BGBl. II Nr. 178/2010 lauten auszugsweise wie folgt:
"Begriffsbestimmungen
§ 3. Für diese Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
...
Die Ablagerungsphase eines Kompartiments ist der Zeitraum von der Abnahme der für den Betrieb erforderlichen Einrichtungen durch die zuständige Behörde bis zu dem Zeitpunkt, an dem entweder das genehmigte Volumen des Kompartiments erreicht ist oder der Einbringungszeitraum endet oder die Stilllegung des Kompartiments angezeigt wird oder die behördliche Schließung des Kompartiments angeordnet wird.
...
32.Ein Kompartiment ist ein Teil der Deponie, der so ausgeführt ist, dass eine vollständig getrennte Ablagerung von Abfällen, einschließlich einer getrennten Deponiesickerwassererfassung, sichergestellt ist. Jedes Kompartiment muss einer bestimmten Deponie(unter)klasse zugeordnet sein. Mehrere Kompartimente eines Deponiekörpers können gemeinsame Einrichtungen aufweisen (zB Rand- und Stützwälle), sofern es dadurch zu keiner Vermischung von Abfällen oder Wechselwirkung zwischen den Sickerwässern verschiedener Kompartimente kommt.
...
40.Nachsorgephase ist der Zeitraum vom Ende der Ablagerungsphase eines Kompartiments bis zum behördlich festgestellten Ende der Nachsorgephase für dieses Kompartiment; die Dauer der Nachsorgephase richtet sich nach dem Zeitraum, in dem für das Kompartiment noch Nachsorgemaßnahmen erforderlich sind.
...
53.Stilllegungsphase ist der Zeitraum vom Ende der Ablagerungsphase eines Kompartiments bis zur behördlichen Abnahme sämtlicher Stilllegungsmaßnahmen für das Kompartiment; die Stilllegungsphase ist ein Teil der Nachsorgephase.
..."
"Finanzielle Sicherstellungen
§ 44. (1) Bei der Genehmigung einer Deponie, ausgenommen Bodenaushubdeponien unter 100 000 m3, hat die Behörde dem Deponieinhaber eine angemessene Sicherstellung zur Erfüllung der mit der Genehmigung verbundenen Auflagen und Verpflichtungen aufzuerlegen. Die Maßnahmen sind entsprechend den Bauabschnitten der Deponie sicherzustellen. Sofern bescheidmäßig eine maximale offene Schüttfläche festgelegt ist, sind die Maßnahmen betreffend die Oberflächenabdeckung entsprechend der offenen, noch nicht endgültig abgedeckten Schüttfläche zu besichern. Die Sicherstellung kann entsprechend den in der Genehmigung festgelegten Deponieabschnitten berechnet und auferlegt werden. Die Sicherstellung ist gemäß Anhang 8 zu berechnen; der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Richtlinien zur Anwendung des Anhangs 8 erstellen.
...
(5) Nach Herstellung der endgültigen Oberflächenabdeckung, der diesbezüglichen behördlichen Überprüfung und bei voller Funktionsfähigkeit der übrigen technischen Einrichtungen ist die Sicherstellung auf die Kosten der Nachsorge zu verringern. Nach Feststellung der Behörde, dass für die Deponie keine Nachsorgemaßnahmen mehr erforderlich sind (Ende der Nachsorgephase), ist die Sicherstellung freizugeben.
..."
"Übergangsbestimmungen zur Deponieverordnung 1996 und zu Pilotprojekten
§ 47. ...
...
(9) Die Behörde hat für Kompartimente, die sich am in der Vorbereitungs- oder Ablagerungsphase befinden, bis spätestens gemäß § 48 Abs. 2b AWG 2002 die bestehenden Sicherstellungen im Hinblick auf die in dieser Verordnung oder aufgrund dieser Verordnung im Bescheid festgelegten Auflagen und Verpflichtungen unter Anwendung des Anhangs 8 Punkt 2 zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen. Für die Berechnung ist das offene Volumen am heranzuziehen. Eine Erhöhung der Sicherstellung hat der Deponieinhaber zum zu leisten.
..."
28 Anhang 8 Punkt 2 DVO 2008 in der Stammfassung lautet
auszugsweise wie folgt:
"2.Vorgaben für die Berechnung einer Sicherstellung für bestehende Kompartimentegemäß § 47 Abs. 9
...
Zur Berechnung einer angemessenen Sicherstellung gemäß § 47 Abs. 9 für die einzelnen Kompartimente in der Vorbereitungs- oder Ablagerungsphase ist wie folgt vorzugehen:
a) Die Sicherstellung ist wie für neu genehmigte
Kompartimente unter Berücksichtigung des gesamten genehmigten
Ausbaus und des gesamten genehmigten Volumens des jeweiligen
Kompartiments zu berechnen.
b) Die Sicherstellungskosten sind in der Folge durch die
genehmigte Gesamtkapazität des Kompartiments zu teilen
(Sicherstellungskosten pro Kubikmeter).
c) Weiters sind die bisher vorgeschriebenen
Sicherstellungskosten durch die genehmigte Gesamtkapazität des
Kompartiments zu teilen (Sicherstellungskosten pro Kubikmeter).
d) Es ist die Differenz der neu berechneten
Sicherstellungskosten pro Kubikmeter gemäß lit. b zu den bisher berechneten Sicherstellungskosten pro Kubikmeter gemäß lit. c zu bilden und mit der Restkapazität, die zum Zeitpunkt der Änderung der rechtlichen Verpflichtungen, welche zur Überprüfung der Sicherstellungskosten geführt hat, gegeben war, zu multiplizieren.
Die bisher vorgeschriebenen gesamten Sicherstellungskosten sind um den erhaltenen Betrag gemäß lit. d zu erhöhen."
29 Die revisionswerbende Partei bringt vor, dass das angefochtene Erkenntnis lediglich insoweit im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung stehe, als darin schon jetzt - obwohl sich weder Abschnitt 2 noch Abschnitt 3 der Deponie bereits in der Nachsorgephase befinde - die Höhe der Sicherstellung für die Nachsorgephase festgelegt werde. Dies entspreche dem Erkenntnis , und dem angeführten Vorerkenntnis. Es entspreche aber nicht dem Willen des Verordnungsgebers, in einem Übergangsfall wie dem vorliegenden die Sicherstellung für die Nachsorgephase um den im Spruch genannten Betrag zu erhöhen. Der Verordnungsgeber habe sich bei Erlassung der DVO 2008 entschieden, die erhöhten Sicherstellungsanforderungen auf Altdeponien nur eingeschränkt anzuwenden, nämlich nur in Bezug auf die dort noch offene Restkapazität. Dementsprechend sehe § 47 Abs. 9 DVO 2008 für Altdeponien vor, dass der Berechnung der Sicherstellung das offene Volumen am zugrunde zu legen sei und eine Erhöhung der Sicherstellung gemäß Anhang 8 Punkt 2 DVO 2008 lediglich anteilig in Bezug auf diese offene Restkapazität zu erfolgen habe. Logisch konsequent sei daher in dieser Bestimmung eine Erhöhung ("Anpassung") der Sicherstellung nur in Bezug auf Kompartimente vorgesehen, die sich zum Stichtag bereits in der Vorbereitungs- oder Ablagerungsphase befänden. Eine Deponie, die sich bereits in der Nachsorgephase befinde, weise keine offene Restkapazität mehr auf, und für sie solle nach dem Willen des Verordnungsgebers daher überhaupt keine Erhöhung der Sicherstellung mehr stattfinden. Daraus folge, dass die DVO 2008 eine Erhöhung der Sicherstellung auf die Nachsorgekosten für alte Deponien nicht vorsehe, und es werde für Kompartimente, die sich zum Stichtag des § 47 Abs. 9 DVO 2008 bereits in der Nachsorgephase befunden hätten, überhaupt keine Sicherstellungserhöhung vorgeschrieben. Für Kompartimente, die sich zum Stichtag in der Ablagerungsphase befunden hätten, habe zwar eine Neuberechnung der Sicherstellung (unter Einbeziehung aller Kosten, auch jener der Nachsorge) stattzufinden, dies jedoch bloß anteilig in Bezug auf die offene Restkapazität.
30 Die im vorliegenden Fall entscheidende Frage, wie und in welcher Höhe eine Sicherstellung für die Nachsorgephase nach den Regeln der DVO 2008 für Kompartimente vorzuschreiben sei, die sich zum Stichtag noch in der Ablagerungsphase befunden hätten, die aber naturgemäß eines Tages in die Nachsorgephase überträten, sei damit noch nicht beantwortet. Diese Frage werde in den Übergangsbestimmungen der DVO 2008 nicht ausdrücklich geregelt. Der Verwaltungsgerichtshof habe dazu im Vorerkenntnis ausgeführt, dass die Regelung des § 44 Abs. 5 DVO 2008, wonach die Sicherstellung im Zeitpunkt des Eintritts in die Nachsorgephase "auf die Kosten der Nachsorge zu verringern" sei, lediglich auf den Regelfall Bezug nehme, in welchem die Sicherstellung für die Ablagerungsphase höher sei als die Kosten der Nachsorge. Übergangsfälle wie der vorliegende seien daher von der Regelung des § 44 Abs. 5 DVO 2008 nicht umfasst. Vielmehr seien in Fällen wie dem vorliegenden "die Überprüfung der Anpassung der bestehenden Sicherstellung für die Ablagerungsphase zum einen und die Nachsorgephase zum anderen (...) nach Anhang 8 Punkt 2 zum AWG 2002 (gemeint ist offenkundig: ‚zur DVO 2008') jeweils ohne gegenseitige Bezugnahme vorzunehmen".
31 Damit habe der Verwaltungsgerichtshof klar ausgesprochen, dass in derartigen Fällen auch für die Nachsorgephase (lediglich) eine Sicherstellungserhöhung nach Anhang 8 Punkt 2 DVO 2008, somit anteilig in Bezug auf die Restkapazität zum Stichtag , zu erfolgen habe. Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis die Sicherstellung für die Nachsorgephase nicht abschnittsweise nach Deponieabschnitten, sondern pauschal für die gesamte Deponie und nicht anteilig in Bezug auf die offene Restkapazität gemäß der in Anhang 8 Punkt 2 DVO 2008 vorgesehenen Berechnung, sondern in voller Höhe der vom Sachverständigen ermittelten Nachsorgekosten festgelegt.
32 Dieses Vorbringen führt die Revision zum Erfolg.
§ 47 Abs. 9 DVO 2008 trifft für Kompartimente, die sich am in der Vorbereitungs- oder Ablagerungsphase befinden, nähere Regelungen für eine Anpassung der Sicherstellung gemäß § 48 Abs. 2b AWG 2002. Für derartige Kompartimente - wie im vorliegenden Fall - sieht diese Verordnungsbestimmung vor, dass die bestehenden Sicherstellungen im Hinblick auf die in dieser Verordnung oder aufgrund dieser Verordnung im Bescheid festgelegten Auflagen und Verpflichtungen unter Anwendung des Anhanges 8 Punkt 2 dieser Verordnung zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen sind. Für die diesbezügliche Berechnung ist das offene Volumen am heranzuziehen.
33 Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Vorerkenntnis einerseits ausgesprochen, dass davon auch die Sicherstellung betreffend die Nachsorge einer Deponie erfasst ist, und andererseits, dass in einem derartigen Übergangsfall die Überprüfung und Anpassung der bestehenden Sicherstellungen für die Ablagerungsphase zum einen und die Nachsorgephase zum anderen nach Anhang 8 Punkt 2 DVO 2008 jeweils ohne gegenseitige Bezugnahme vorzunehmen ist.
34 Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 44 Abs. 1 DVO 2008 auch in einem Fall wie dem vorliegenden anzuwenden ist. Nach dem vom Verwaltungsgerichtshof näher dargelegten Verständnis des zweiten und vierten Satzes des § 44 Abs. 1 DVO 2008 ist die Sicherstellung "zwar zwingend nach den einzelnen Bauabschnitten (Deponieabschnitten) zu berechnen und bescheidmäßig festzustellen; die konkrete Vorschreibung (Auferlegung; z.B. durch die Vorlage eines Bankhaftbriefes) hat aber in der Regel erst dann zu erfolgen, wenn der entsprechende Deponieabschnitt auch tatsächlich in Angriff genommen wird".
35 Der revisionswerbenden Partei ist darin Recht zu geben, dass das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf die Anpassung der Sicherstellung für die Nachsorgephase auf der Grundlage des herangezogenen Gutachtens des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz weder eine abschnittsweise noch eine anteilige Berechnung gemäß Anhang 8 Punkt 2 DVO 2008 vorgenommen hat. Im Hinblick darauf hat das Verwaltungsgericht gegen die sich aus dem genannten aufhebenden Vorerkenntnis gemäß § 63 Abs. 1 VwGG ergebende Bindungswirkung verstoßen.
36 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher im angefochtenen Umfang als inhaltlich rechtswidrig, weshalb es insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
37 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016050119.L00 |
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