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VwGH 15.05.2012, 2012/05/0075

VwGH 15.05.2012, 2012/05/0075

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
RS 1
§ 6 Abs. 2 Nö BauO 1996 eröffnet kein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn auf die Vorschreibung einer bestimmten Anzahl von Stellplätzen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/05/0108 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde von 1. E D und 2. Dr. G D, beide in A. und vertreten durch Mag. Wolfgang Auer, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Domplatz 16, gegen den Bescheid des Stadtsenats der Statutarstadt Wiener Neustadt vom , Zl. 1 RB/181-2011, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Verein S, vertreten durch Ing. M), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wiener Neustadt vom wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 14 und 23 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) die Bewilligung für den Um- und Zubau beim Bestandsgebäude (Veranstaltungsbetriebsstätte mit Bar) auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wiener Neustadt erteilt.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführer brächten in ihrer Berufung vor, die mit dem Bauvorhaben verbundene Lärmbelästigung sowie die negativen Veränderungen des ruhenden und fließenden Verkehrs seien Immissionen im Sinne der BO und begründeten - entgegen der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde - subjektiv-öffentliche Nachbarrechte. Hiezu sei auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen dem Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 6 Abs. 2 BO zustehe. Dem Vorbringen hinsichtlich einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte aufgrund des Umstandes, dass das projektierte Bauvorhaben einen verstärkten Verkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen auslösen könne, werde daher nicht gefolgt und die diesbezügliche Bewertung der erstinstanzlichen Baubehörde im bekämpften Bescheid bestätigt.

Für das projektgegenständliche Grundstück sei die Flächenwidmung "Bauland-Kerngebiet Handelseinrichtungen" verordnet; gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 bedeute dies eine Widmung für öffentliche Gebäude, Versammlungs- und Vergnügungsstätten etc. Da das Projekt geradezu typisch für diese Widmungsart sei, seien die daraus resultierenden Immissionen bei entsprechend angepasstem Nutzerverhalten hinzunehmen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach zu wenige Pflichtstellplätze bemessen worden seien, sei nicht richtig. Beim Baubewilligungsverfahren handle es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren. In der Projektunterlage "Stellplatznachweis" sei ausgeführt worden, dass keine fest eingebaute Möblierung erfolge, jedoch eine Maximalbestuhlung mit 104 Sitzplätzen vorgesehen sei. Kumulativ seien noch maximal 25 Sitzplätze im ebenso im Objekt zu situierenden Cafe zu berücksichtigen, was eine maximale Sitzplatzanzahl von 129 ergebe. Entsprechend dem Berechnungsschlüssel des § 155 Abs. 1 Z. 9 und 23 NÖ Bautechnikverordnung seien pro 10 Sitz- bzw. Zuschauerplätzen je ein PKW-Stellplatz zu bemessen, was einen Mindeststellplatzbedarf von 13 PKW-Stellplätzen ergebe. Dieser Mindeststellplatzbedarf werde durch die projektierten 15 Stellplätze gedeckt.

Dass im erstinstanzlichen Bescheid eine "280 Personen-Eignung" genannt sei, habe bei den Beschwerdeführern offenbar Verwirrung gestiftet. Es sei klarstellend auszuführen, dass damit "auf Grundlage der projektierten Fluchtwege, Notausgänge und Sanitäranlagen" eine abstrakte, das heißt nicht projektierte Nutzungsmöglichkeit für 280 Personen behördlich festgestellt worden sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der geltend gemacht wird, mit dem bewilligten Bauvorhaben seien Belästigungen iSd § 48 Abs. 1 Z 2 BO verbunden. Wie von der belangten Behörde festgestellt worden sei, eigne sich die Veranstaltungsstätte für 280 Personen, es seien aber lediglich 13 PKW-Stellplätze vorgesehen. Selbst wenn bei voller Bestuhlung nur 104 Sitzplätze und 25 Plätze an der Bar vorgesehen seien, werde durch das Bauvorhaben ein erheblicher, zusätzlicher Verkehr im Wohngebiet der Inneren Stadt generiert. Dies führe insbesondere mit der bekanntermaßen prekären Parkplatzsituation rund um die geplante Veranstaltungsstätte dazu, dass die zu erwartenden Emissionen iSd § 48 BO das örtlich zumutbare Maß bei weitem übersteigen werde. Es sei zu erwarten, dass die Besucher der Veranstaltungsstätte nicht nur auf den betriebseigenen Parkplatz zufahren werden, sondern es für viele Veranstaltungsteilnehmer erforderlich sein werde, bei der Parkplatzsuche im Wohngebiet zur Abend- und Nachtzeit entsprechende Wege zurückzulegen.

Weiters sei von den Beschwerdeführern geltend gemacht worden, dass zu wenige Pflichtstellplätze bemessen worden seien. Dass die Maximalbestuhlung mit 104 Sitzplätzen vorgesehen sei, bedeute nicht, dass bei sämtlichen Veranstaltungen auch eine derartige Bestuhlung lediglich gewählt werde. Vielmehr sei aus den Projektunterlagen zu entnehmen, dass eben keine fixe Bestuhlung oder Möblierung vorgesehen sei, sodass ohne Weiteres auch die Nutzung im von der Behörde festgestellten Ausmaß durch 280 Zuschauerplätze möglich sei. Es hätte daher die Berechnung der erforderlichen Sitzplätze zumindest auf Basis dieser Zuschaueranzahl zu erfolgen gehabt. Dies ergäbe nach den einschlägigen Bestimmungen der NÖ Bautechnikverordnung einen Stellplatzbedarf von zumindest 28 Stellplätzen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Beschwerde ist unbegründet.

1.1. Gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 BO werden subjektiv-öffentliche Rechte von Nachbarn (um solche dürfte es sich bei den Beschwerdeführern handeln) unter anderem durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes begründet, die den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten.

1.2. Zu Recht verweist die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach dem Nachbarn hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen kein subjektiv-öffentliches Recht iSd oben genannten Vorschrift zusteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/05/0338, oder vom , Zl. 2009/05/0108, jeweils mwN). Soweit die Beschwerdeführer unzumutbare Immissionen nach Fertigstellung des gegenständlichen Bauvorhabens wegen des erwarteten vermehrten öffentlichen Verkehrsaufkommens geltend machen, zeigen sie daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

1.3. Zur angeblich fehlerhaften Berechnung der erforderlichen Stellplätze ist den Beschwerdeführern zunächst zu erwidern, dass § 6 Abs. 2 BO Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht auf die Vorschreibung einer bestimmten Anzahl von Stellplätzen einräumt (vgl. das zitierte Erkenntnis, Zl. 2009/05/0108).

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist, bei welchem die Zulässigkeit des Bauvorhabens auf Grund der eingereichten Projektunterlagen zu beurteilen ist. Ob die tatsächliche Ausführung eines Bauwerks der erteilten Bewilligung entspricht, ist hingegen nicht maßgeblich (vgl. etwa die - ebenfalls die BO betreffenden - hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2010/05/0055-0056, und vom , Zl. 2008/05/0227, jeweils mwN).

Ausgehend davon hat die belangte Behörde dargelegt, dass nach den eingereichten Unterlagen die Anzahl der projektierten Stellplätze (15) bei den vorgesehenen Sitz- bzw. Zuschauerplätzen (maximal 129) den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Die Beschwerdeführer blenden bei ihren gegenteiligen Überlegungen, es sei nach den behördlichen Feststellungen von 280 möglichen Zuschauern auszugehen, die Klarstellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aus, wonach es sich bei dieser Zahl nicht um die aus den Projektunterlagen ersichtliche geplante maximale Zuschaueranzahl handelt. Nur diese ist im gegebenen Zusammenhang aber von Bedeutung.

2. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche
Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte
begründen BauRallg5/1/9
Baurecht Nachbar
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2012050075.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAE-69141