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VwGH 15.05.2012, 2012/05/0070

VwGH 15.05.2012, 2012/05/0070

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauO Wr §129 Abs5;
BauRallg;
RS 1
Ein Auftrag gemäß § 129 Abs. 5 Wr BauO setzt das Vorliegen eines bloß vermuteten Baugebrechens voraus und kommt bei einem bereits manifesten Baugebrechen nicht mehr in Frage (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1400/79).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2006/05/0056 E RS 5
Normen
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
RS 2
Es kommt auf die Ursachen der Wanddurchfeuchtung bei der Qualifikation des Schadens als Baugebrechen nicht an. Insbesondere ist es für die Erlassung eines Bauauftrags wegen Vorliegens eines Baugebrechens ohne Belang, ob das Gebrechen durch das Nutzungsverhalten des Mieters entstanden ist.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des Dr. C S in Wien, vertreten durch Schreiner Lackner & Partner Rechtsanwälte in 7000 Eisenstadt, Esterhazyplatz 6a, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-623/11, betreffend einen Bauauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Hauses Wien, Ngasse 51, gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien (BO) aufgetragen, innerhalb von vier Monaten nach Rechtskraft des Bescheides mehrere durchfeuchtete Wände, nämlich "die hofseitige Außenmauer im Kabinett und die Wohnungstrennwand zum öffentlichen Gangbereich im Vorraum sowie die Scheidewand vom Vorraum zum Kabinett in der Wohnung Top Nr. 1 im Erdgeschoss mit einem nach den Regeln der technischen Wissenschaft anerkannten System in dauerhafter Weise trockenlegen zu lassen".

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer an Ort und Stelle durchgeführten Wohnungsbegehung am sei im Beisein eines Amtssachverständigen der Magistratsabteilung 15-Gesundheitsdienst festgestellt worden, dass die genannten Wände aufsteigende Grundfeuchtigkeit von der Fußbodenoberkante bis zu einer Höhe von ca. einem Meter aufwiesen. Der Sachverständige habe eine "objektive Gesundheitsschädlichkeit des derzeitigen Zustandes der Wohnung" festgestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen der BO lauten auszugsweise:

"§ 129. (1) …

(2) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. …

(3) …

(4) Die Behörde hat nötigenfalls die Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist anzuordnen. Sie ordnet die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an und verfügt die aus öffentlichen Rücksichten notwendige Beseitigung von Baugebrechen entsprechend dem Stand der Technik im Zeitpunkt der Erteilung des Bauauftrages. … Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; …

(5) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) eines Bauwerkes ist verpflichtet, deren Bauzustand zu überwachen. Lässt dieser das Vorliegen eines Baugebrechens vermuten, hat er den Befund eines Sachverständigen einzuholen. Lassen sich Art und Umfang eines vermuteten Baugebrechens nicht durch bloßen Augenschein feststellen, ist er über Auftrag der Behörde verpflichtet, über das Vorliegen des vermuteten Baugebrechens und gegebenenfalls über dessen Art und Umfang den Befund eines Sachverständigen vorzulegen. Der dem Befund zugrunde gelegte Sachverhalt muß durch die Behörde überprüfbar sein.

…"

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Bauwerks ist und dass die im Bauauftrag genannten Wände durchfeuchtet sind.

Er bringt jedoch vor, dem Bauauftrag mangle es an Bestimmtheit, sodass für ihn nicht erkennbar sei, welche Leistung er erbringen müsse. Da die Ursache des Baugebrechens nicht festgestellt worden sei, hätte die Behörde zunächst dem Beschwerdeführer einen Auftrag nach § 129 Abs. 5 BO zu erteilen gehabt. Auf der Basis eines dann vom Beschwerdeführer auftragsgemäß eingeholten Befundes eines Sachverständigen hätte die Behörde Feststellungen zu treffen und konkrete Bauaufträge zu erteilen gehabt.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass ein baupolizeilicher Auftrag bereits dann konkret genug ist, wenn für einen Fachmann die zu ergreifenden Maßnahmen erkennbar sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0105, mwN). Abgesehen davon, dass sich schon aus den Beschwerdeausführungen selbst ergibt, dass der Beschwerdeführer erkannte, welche Gebäudeteile der Auftrag umfasst, kann aufgrund der genauen Bezeichnung der auftragsgegenständlichen Wände und der Art ihrer Schäden - nämlich Durchfeuchtung - im angefochtenen Bescheid auch nicht angenommen werden, dass die nach dem Bauauftrag zu ergreifenden Maßnahmen für einen Fachmann nicht erkennbar wären.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Ursache des Baugebrechens sei nicht festgestellt worden, ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, nach der es auf die Ursachen der Wanddurchfeuchtung bei der Qualifikation des Schadens als Baugebrechen nicht ankommt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/05/0276, vom , Zl. 1399/70, und vom , Zl. 0918/68, jeweils mwN).

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer behaupteten Notwendigkeit eines Auftrags nach § 129 Abs. 5 BO ist darauf hinzuweisen, dass ein solcher Auftrag das Vorliegen eines bloß vermuteten Baugebrechens voraussetzt, bei einem - wie im vorliegenden Fall - bereits manifesten Baugebrechen jedoch nicht mehr in Frage kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0056, mwN).

2.2. Der Beschwerdeführer behauptet weiters, er sei in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, da ihm das Gutachten des bei der Begehung am anwesenden Sachverständigen sowie das die Begehung betreffende Protokoll vor Erteilung des - erstinstanzlichen - Bauauftrags nicht zur Äußerung übermittelt worden seien. Selbst auf seine Urgenz hin seien ihm lediglich vier Fotos zugesandt worden. Diese Verletzung des Parteiengehörs sei auch durch die Berufungsmöglichkeit nicht geheilt worden, da dem Beschwerdeführer die gutachterliche Stellungnahme erst am übermittelt worden sei, obwohl die Berufungsfrist bereits zwei Tage zuvor abgelaufen sei. Bei früherer Kenntnis dieser gutachterlichen Stellungnahme hätte der Beschwerdeführer eine Gutachtensergänzung zur Ermittlung der Ursachen der Durchfeuchtung der Wände beantragen können.

Abgesehen davon, dass es dem Beschwerdeführer offen gestanden wäre, zwischen dem , an dem er von der gutachterlichen Stellungnahme Kenntnis erlangt hatte, und der Zustellung des angefochtenen Bescheides am - sohin innerhalb von fast drei Monaten - eine Berufungsergänzung einzubringen und darin die ihm nötig erscheinenden Anträge zu stellen, wird durch sein Vorbringen die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels nicht dargetan. Wie bereits oben dargelegt, kommt es auf die Ursachen der Wanddurchfeuchtung bei der Qualifikation des Schadens als Baugebrechen nicht an. Insbesondere ist es für die Erlassung eines Bauauftrags wegen Vorliegens eines Baugebrechens ohne Belang, ob das Gebrechen, wie behauptet, durch das Nutzungsverhalten des Mieters entstanden ist. Da der Beschwerdeführer allerdings nur behauptet, er hätte eine Gutachtensergänzung zur Ermittlung der Ursachen der Durchfeuchtung der Wände beantragen können, ist nicht ersichtlich inwiefern die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

3. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §129 Abs5;
BauRallg;
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten
Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht
BauRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2012050070.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAE-69121