VwGH vom 10.08.2010, 2007/17/0008
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde der I GmbH in W, vertreten durch die Jakobljevich, Grave Vetter, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Seilerstätte 16, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 14/06, betreffend Haftung für Wassergebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrats der Bundeshauptstadt Wien vom wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 WVG "als neue Wasserabnehmerin" zur Haftung bezüglich eines auf einem näher genannten Konto des G Vereins "für den Zeitraum vom bis bestehenden Rückstands an Wassergebühren im Betrag von EUR 3.223,44 (entspricht ATS 44.355,50)" herangezogen und gemäß § 171 WAO aufgefordert, diesen Betrag binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Begründend führte die Abgabenbehörde aus, die Beschwerdeführerin habe den Wasseranschluss samt Wasserzähler in Wien, F 65 (Rennplatz), per als neue Wasserabnehmerin übernommen. Die Einbringung beim G Verein sei nicht ohne Schwierigkeiten möglich, zumal dieser Verein seit aufgelöst sei. Bis 2004 seien regelmäßig Zahlungen geleistet worden, weswegen die Haftungsinanspruchnahme erst nach acht Jahren erfolge. Der aushaftende Rückstand resultiere aus dem beigelegten Gebührenbescheid vom , welcher rechtswirksam gegenüber dem G Verein erlassen worden sei.
In dem an den G Verein gerichteten "Gebührenbescheid Schlussrechnung Duplikat" vom wird die Fälligkeit mit "" angegeben. Die Wassergebühren werden wie folgt ausgewiesen:
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"Endgültige Wasserbezugs- U.WZ-Gebühr Städt. Wasser bis Wasserzählergebühr 3.Qu. 1997 - 4. Qu.1997 | (….) (….) | 109836,00 …..480,00 |
Minus vorgeschr. Teilzahlungen Wasser | (….) | 164664,00 |
Restbetrag | (….) | 54348,00-" |
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie habe erst mit die gegenständliche Liegenschaft (im Folgenden: "Rennbahn") übernommen. Im Zeitraum vom bis sei jedoch der A Verein in allen Bereichen für diese Liegenschaft verantwortlich gewesen, weil der G Verein diesem sämtliche Rechte und Pflichten abgetreten hätte. Die Abgabenbehörde hätte daher beim A Verein die in diesem Zeitraum entstandenen Abgabenschulden einfordern müssen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
In ihrem Vorlageantrag rügte die Beschwerdeführerin, es fehlten bislang "Ermittlungsergebnisse", ob und warum die Einbringlichmachung des Rückstandes beim G Verein "schwerlich durchzuführen gewesen sein sollte". Die Abgabenbehörde hätte die Abgabenschuld bei den Organwaltern des G Vereins oder beim A Verein einbringen müssen. Die Geltendmachung der Haftung gegenüber der Beschwerdeführerin sei infolge Verjährung jedenfalls unzulässig.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, es sei keine Übernahme des gegenständlichen Wasseranschlusses durch den A Verein erfolgt. Dies verdeutliche auch das Ratenansuchen des G Vereins vom für den Rückstand für die Fälligkeiten Juli 1996 bis Dezember 1997. Darüber hinaus liege auch keine schriftliche Anzeige über eine Änderung in der Person des Wasserabnehmers gemäß § 17 Abs. 1 WVG vor. Unbestritten sei, dass die Beschwerdeführerin den auf der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Wasseranschluss per als Betriebsinhaberin übernommen habe und sie damit Wasserabnehmerin im Sinne des § 7 Abs. 1 lit. d WVG sei. Der Haftungstatbestand sei daher dem Grunde nach gegeben.
Der Primärschuldner G Verein sei per aufgelöst worden und daher der Abgabenrückstand bei diesem nicht mehr einbringlich. Zum Begehren der Geltendmachung des Abgabenrückstandes bei den Organwaltern des Primärschuldners sei darauf hinzuweisen, dass die Haftung des § 25 Abs. 1 WVG anders als die Vertreterhaftung nach § 7 WAO nicht als Ausfallshaftung konstruiert sei. Die Inanspruchnahme des Vertreters nach § 7 WAO setze aber unter anderem voraus, dass die Abgabe weder beim Vertretenen noch bei demjenigen einbringlich sei, der für die Entrichtung der Abgabe als Gesamtschuldner in Betracht komme. Auf Grund der völlig unterschiedlichen Haftungsvoraussetzungen bei der Ausfallshaftung nach § 7 WAO einerseits und der in § 25 Abs. 1 WVG normierten Haftung andererseits sei es der Abgabenbehörde verwehrt, auf die Inanspruchnahme des primär haftenden neuen Wasserabnehmers zu verzichten und stattdessen die "Solidarschuld gegenüber Personen herzustellen, deren Verbindlichkeit lediglich in einer Ausfallshaftung" bestehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Wiener Wasserversorgungsgesetz 1960 - WVG, LGBl. Nr. 10/1960 (Überschrift und § 23 Abs. 1 idF LGBl. Nr. 46/2000 sowie § 23 Abs. 2 und 3 idF LGBl. Nr. 3/1974), lautet auszugsweise:
"§ 7
Wasserabnehmer
(1) Wasserabnehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, der
über eine selbstständige Abzweigleitung Wasser aus der städtischen
Wasserleitung entnimmt, und zwar
a) der Hauseigentümer für die über den Wasserzähler
seines Hauses bezogene Wassermenge,
b) der Bauherr für Bauzwecke,
c) der Nutzungsberechtigte von unbebauten Grundstücken,
d) der Betriebsinhaber,
e) der sonstige Wasserverbraucher.
…
§ 20
Wasserbezugs- und Wasserzählergebühren
(1) Vom Wasserabnehmer sind für das abgegebene Wasser Wasserbezugsgebühren und für die Beistellung und laufende Instandhaltung der Wasserzähler Wasserzählergebühren zu entrichten.
…
(3) Die Wasserzählergebühren sind mit einem festen Jahresbetrag festzusetzen. ...
…
§ 23
Fälligkeit der Gebühren und Kosten
(1) Die Wasserbezugsgebühr wird nach Wahl der Behörde jährlich, vierteljährlich oder monatlich ermittelt und unter Bedachtnahme auf die vorgeschriebenen Teilzahlungen (Abs. 3) festgesetzt. Im Falle der jährlichen Ermittlung hat der Wasserabnehmer vierteljährliche Teilzahlungen jeweils bis zur nächstfolgenden Festsetzung (Abs. 3) zu leisten.
(2) Bei jährlicher Ermittlung werden die Teilzahlungen der Wasserbezugsgebühr am 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober eines jeden Jahres fällig. Bei jährlicher und vierteljährlicher Ermittlung wird die Wasserbezugsgebühr am 15. des auf die Zustellung des Gebührenbescheides folgenden Monates und bei monatlicher Ermittlung zwei Wochen nach Zustellung des Gebührenbescheides fällig.
(3) Die Höhe der Teilzahlungen nach Abs. 1 wird von der Behörde auf Grund des durchschnittlichen Verbrauches im vorangegangenen Bezugszeitraum vorläufig (§ 148 WAO) festgesetzt. Bei wesentlicher Änderung der für die Wasserbezugsmenge maßgeblichen Umstände kann die Behörde auf Antrag oder von Amts wegen die Höhe dieser Teilzahlungsbeträge entsprechend abändern.
(4) Die Wasserzählergebühr ist eine Jahresgebühr. Sie wird zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages bei jährlicher Ermittlung zugleich mit den Teilzahlungen, bei vierteljährlicher Ermittlung zugleich mit dieser und bei monatlicher Ermittlung zugleich mit der für die Monate Jänner, April, Juli und Oktober festgesetzten Wasserbezugsgebühr fällig.
…"
Gemäß § 25 Abs. 1 WVG idF LGBl. Nr. 30/1988 haftet bei jedem Wechsel in der Person des Wasserabnehmers gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. der neue Abnehmer neben dem früheren für alle Rückstände an Gebühren, Kosten und Zuschlägen, die für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor dem Wechsel liegenden Kalenderjahres aufgelaufen sind und die Abnahmestelle betreffen, auf die sich der Wechsel bezieht.
§ 26 leg. cit. idF LGBl. Nr. 7/1977 bestimmt, dass in Angelegenheiten der in diesem Gesetz angeführten Gebühren, Kosten und Zuschläge die Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der jeweils geltenden Fassung Anwendung zu finden hat.
Nach § 5 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden WAO werden Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 171 WAO) zu Gesamtschuldnern.
Nach § 171 Abs. 1 WAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Im Beschwerdefall wurde die Beschwerdeführerin u.a. mit der Begründung zur Haftung herangezogen, dass sich der aushaftende Rückstand aus dem an den G Verein gerichteten Gebührenbescheid vom ergebe.
Sowohl die Abgabenbehörde erster Instanz als auch die belangte Behörde haben aber übersehen, dass der Abgabenbescheid vom keine Abgabenschuld, sondern ein Guthaben ausweist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die vorgeschriebenen Teilbeträge größer als die endgültigen Abgabenschuldigkeiten sind und sich daher ein Guthaben errechnet, welches in dem Bescheid auch als Minusbetrag ausgewiesen wird. Dass die Teilbeträge nicht entrichtet worden wären, wurde weder in dieser Abgabenvorschreibung noch im angefochtenen Bescheid festgestellt und stünde auch nicht im Einklang mit der Vorgehensweise der Abgabenbehörde, welche die Teilzahlungen von der endgültigen Abgabenschuld abzog und damit einen Überschuss ermittelte.
Da die belangte Behörde dies verkannte und nicht zum Anlass für die Aufhebung des mit Berufung angefochtenen Haftungsbescheides machte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am