VwGH vom 30.04.2009, 2009/21/0086
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. St 265/08, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
In der Begründung gab die belangte Behörde zunächst die Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde wieder, denen zufolge der Beschwerdeführer am illegal nach Österreich eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, über den am negativ entschieden worden sei. Am habe der Beschwerdeführer einen zweiten Asylantrag eingebracht, den er in der Folge zurückgezogen habe. Schließlich habe der Beschwerdeführer am einen dritten Asylantrag gestellt, der am wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei.
Nach Darstellung des Inhalts einer Stellungnahme des Beschwerdeführers und seiner Berufung sowie nach Zitierung der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde in Anknüpfung an die wiedergegebenen Feststellungen begründend weiter aus, der Beschwerdeführer halte sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des dritten Asylverfahrens am unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer seit mehr als sieben Jahren in Österreich aufhalte, angesichts seiner österreichischen Lebensgefährtin und wegen des Aufenthalts von Verwandten (Bruder, Tante, Cousine) sowie im Hinblick auf seine Unbescholtenheit sei dem Beschwerdeführer eine diesen Umständen entsprechende Integration zuzugestehen. Durch die Ausweisung werde daher in erheblicher Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Das Gewicht der Integration werde aber maßgebend dadurch gemindert, dass der Aufenthalt während des Asylverfahrens nur aufgrund eines unberechtigten Antrages temporär zulässig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nicht damit rechnen können, nach dem negativen Abschluss des Asylverfahrens weiterhin in Österreich bleiben zu dürfen. Die Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus hätte dem Beschwerdeführer umso mehr bewusst sein müssen, als sein erstes Asylverfahren bereits am rechtskräftig negativ beendet worden sei. Aus demselben Grund relativiere sich auch die während des laufenden Asylverfahrens (im Februar 2008) eingegangene Beziehung zu seiner Lebensgefährtin.
Nunmehr halte sich der Beschwerdeführer seit beinahe sieben Monaten illegal in Österreich auf. Die öffentliche Ordnung werde aber schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die inländischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Das gelte auch dann, wenn Fremde nach Auslaufen einer Aufenthaltsberechtigung bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verlassen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund sei auch das Ermessen nicht zugunsten des Beschwerdeführers zu üben, insbesondere weil das dem Beschwerdeführer vorwerfbare (Fehl-)Verhalten (illegaler Aufenthalt in der Dauer von fast sieben Monaten) im Verhältnis zu der vom Beschwerdeführer geltend gemachten, jedoch erheblich zu relativierenden Integration überwiege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. In der Beschwerde wird ausdrücklich zugestanden, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig beendet ist und dass er sich seit damals nicht mehr rechtmäßig in Österreich aufhält.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei einer Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt.
In dieser Hinsicht führt die Beschwerde neuerlich die bisherige Aufenthaltsdauer von mehr als sieben Jahren und die Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin ins Treffen. Der Beschwerdeführer habe sehr engen Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Verwandten und sei bisher weder strafrechtlich noch verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung getreten.
Entgegen der Auffassung in der Beschwerde hat die belangte Behörde die genannten Umstände in ihre Interessenabwägung und in die Ermessensentscheidung in ausreichendem Ausmaß einbezogen und sehr wohl eine - in der Beschwerde vermisste - "Gesamtbeurteilung" vorgenommen. Dem Vorbringen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich während seines (seit der illegalen Einreise bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt) etwa sieben Jahre und vier Monate dauernden Aufenthaltes hielt die belangte Behörde aber zutreffend entgegen, dass dieser auf unbegründete Asylanträge zurückzuführen sei und seit Beendigung des letzten Asylverfahrens im August 2008 bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt bereits sieben Monate lang unrechtmäßig war. Die belangte Behörde ist daher insoweit im Recht, als sie in dem Verhalten des Beschwerdeführers (vor allem im unrechtmäßigen Verbleib in Österreich trotz negativen Abschlusses des Asylverfahrens) eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen gesehen hat. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer nach Beendigung des Verfahrens über seinen ersten Asylantrag die Erlaubnis zum fortgesetzten Aufenthalt in Österreich nur durch die wiederholte (unbegründete) Stellung von weiteren Asylanträgen erlangte. Es trifft aber auch zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. Unter diesem - auch fallbezogen besonders relevanten - Aspekt ist neuerlich darauf hinzuweisen, dass der erste rechtkräftige (negative) Asylbescheid bereits acht Monate nach der Einreise ergangen war (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0406).
Angesichts dessen kommt auch der im Februar 2008 während der Anhängigkeit des Berufungsverfahrens über den dritten Asylantrag eingegangenen Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin kein entscheidendes Gewicht zu. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in seiner Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien verweist, ist ihm zu entgegnen, dass auch dieser Gerichtshof darauf abstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist. Auch für den EGMR ist daher maßgeblich, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt begründet wurde, in dem auf ein dauerhaftes Zusammenleben im Gastland vertraut werden durfte (vgl. dazu das entsprechende Judikaturnachweise zitierende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0721).
Vor diesem Hintergrund ist es fallbezogen nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Ausweisung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässigen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angesehen hat.
In der Beschwerde werden schließlich auch keine ausreichenden Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre.
Soweit die Beschwerde im Übrigen ganz generell auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren verweist, ist dies schon deshalb unbeachtlich, weil damit keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe vorgenommen wird (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0485, mwN).
Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am