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VwGH vom 17.12.2015, 2012/05/0064

VwGH vom 17.12.2015, 2012/05/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde der Marktgemeinde G, vertreten durch die Ehrenhöfer Häusler Rechtsanwälte GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1621/001-2011, betreffend einen baubehördlichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: G R in G, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Hauptplatz 17), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach einer am durchgeführten baubehördlichen Überprüfung wurden dem Mitbeteiligten als Eigentümer des Grundstückes Nr. 45/1, KG G., mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom gemäß § 33 NÖ Bauordnung 1996 (BO) unter anderem folgende baubehördliche Aufträge erteilt:

-1. Zur Vermeidung einer ungeordneten Ableitung der Niederschlagswässer von den Dachflächen auf dem Privatgrundstück Nr. 45/1 auf das Nachbargrundstück Nr. 51/7 öffentliches Gut sowie Vermeidung einer Durchfeuchtung des hier bestehenden Mauerwerkes ist eine technische einwandfreie Sammlung und Ableitung der Niederschlagswässer gem. § 64 NÖ BTV 1997 herzustellen. Die Ableitung der Regenwässer hat auf Eigengrund zu erfolgen.

2. Sanierung der bestehenden Außenwände zum öffentlichen Gut Grundstück Nr. 71/7 (anschließend an die ebenfalls zu sanierenden Einfriedungsmauer auf Grundstück Nr. 46) durch Austausch loser Mauerwerksteile sowie Wiederherstellung des Wandverputzes zum Schutz gegen nachteilige Witterungseinflüsse."

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der beschwerdeführenden Gemeinde vom wurde die dagegen erhobene Berufung des Mitbeteiligten abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass fehlende Dachrinnen, Abfallrohre oder sonstige Einrichtungen zur technisch einwandfreien Sammlung und Ableitung von Niederschlagswässern, welche dann erforderlich sind, wenn diese von einem Dach auf Verkehrsflächen oder Nachbargrundstücke gelangen können, oder eine gesammelte Ableitung zur Vermeidung von Beeinträchtigungen erforderlich seien, entgegen der Ansicht des Mitbeteiligten ein Baugebrechen darstellten, weil ein unentbehrlicher Bauteil bzw. Zubehör fehle.

§ 64 NÖ Bautechnikverordnung 1997 (BTV) entspreche dem derzeitigen Stand der Technik, und der Eigentümer sei zur Erhaltung des Bauwerks und zur Beseitigung der Baugebrechen ohne Rücksicht darauf verpflichtet, ob das Bauwerk nach der geltenden BO errichtet worden sei. Unbeachtlich sei somit, ob vor 130 Jahren das gegenständliche Bauwerk ohne Anbringung der in § 64 BTV aufgezählten Vorrichtungen bewilligungsfähig gewesen sei. Wie schon in der erstinstanzlichen Bescheidbegründung angeführt, sei vom Amtssachverständigen festgestellt worden, dass durch die ungeordnete Ableitung der Niederschlagswässer die Dachgesimse und die an den Weg angrenzenden Außenwände substantiell beeinträchtigt worden seien und sich daraus eine Beeinträchtigung der Standsicherheit des Mauerwerkes ergeben könne, verbunden mit der Gefahr für die Sicherheit von Personen und Sachen, und eine Beeinträchtigung der äußeren Gestaltung. Die vom Mitbeteiligten behauptete nicht vorliegende Benässung der eigenen Außenwände entspreche daher nicht den Feststellungen des Amtssachverständigen vom .

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten Folge gegeben, der Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Marktgemeinde zurückverwiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das gegenständliche Gebäude ca. 130 Jahre alt sei, also etwa um 1880 errichtet worden sei. Bei der Beurteilung, ob ein bewilligtes Bauwerk in seinem bewilligten Zustand erhalten werde, sei von der Rechtslage im Zeitpunkt des Konsenses auszugehen. Für das gegenständliche Gebäude lägen keine schriftlichen Unterlagen beim Gemeindeamt mehr auf. Es sei daher wohl von einem vermuteten Konsens auszugehen. In der Bauordnung für Niederösterreich aus 1883 (BO 1883) sei in § 80 geregelt gewesen, dass bei allen neuen Häusern gegen Straßen oder Gassen feuersichere Dachrinnen von entsprechender Breite vorzusehen seien. Weiters seien in der BO 1883 erleichterte Bedingungen zugelassen gewesen. Unter anderem sei in § 99 Abs. 2 BO 1883 geregelt gewesen, dass überhängende Dächer oder Dachrinnen gestattet seien. Anhand der im Akt vorliegenden Fotos sei erkennbar, dass die Errichtung der gegenständlichen Gebäude ohne Dachrinnen nach der BO 1883 rechtskonform gewesen sei. Es gebe keine gesetzliche Bestimmung, die den Eigentümer von Bauwerken verpflichte, diese an den jeweiligen Stand der Technik anzupassen. Da sich aus der oben genannten Bestimmung der BO 1883 ergebe, dass die Errichtung von überhängenden Dächern ohne Dachrinnen dem damaligen Rechtsbestand entsprochen habe, könne ein Eigentümer eines solchen Bauwerkes nicht nachträglich verpflichtet werden, nunmehr die Bestimmungen der BTV zu erfüllen. Der baupolizeiliche Auftrag, nunmehr Dachrinnen im Sinn des § 64 BTV anzubringen, sei daher klar rechtswidrig. Bei einer Dachrinne handle es sich nicht um einen entbehrlichen Bauteil oder ein Zubehör. Da das Gebäude im Sinn der Bestimmungen der BO 1883 bewilligt und seit 130 Jahren nicht verändert worden sei, sei die nunmehrige Ableitung der Dachwässer auf öffentlichen Grund rechtskonform. Da keine Konsenswidrigkeiten vorlägen, könne daher die nachträgliche Anbringung von Dachrinnen nicht vorgeschrieben werden.

Hinsichtlich des zweiten baupolizeilichen Auftrages wurde ausgeführt, dass mittlerweile vom Mitbeteiligten in diesem Bereich der bestehende Wandverputz ergänzt worden sei. Die gegenständlichen Außenwände entsprächen den seinerzeitigen Bauausführungen und dem seinerzeitigen Baukonsens und es seien daher nur alterstypische Schäden vorhanden gewesen, welche mittlerweile behoben worden seien. Es sei bereits vom Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom festgestellt worden, dass vom Mitbeteiligten im Bereich der Dachvorsprünge Sanierungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Ebenso seien die Dachziegel saniert worden. Vom Mitbeteiligten sei auch ein Schreiben der Bauunternehmung B. vom vorgelegt worden, in welcher bestätigt werde, dass die bestehenden Außenwände des Grundstückes Nr. 45/1 zum öffentlichen Gut Nr. 51/7 einen sach- und fachgerecht aufgebrachten Wandverputz vollflächig aufwiesen und keinerlei lose Mauerwerksteile vorhanden seien. Zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Berufungsbehörde seien etwaige Mängel bereits saniert gewesen. Ob nun tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt lose Mauerwerksteile vorhanden gewesen seien, brauche nicht mehr weiter erörtert zu werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie der Mitbeteiligte - in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, sind auf das vorliegende, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung der BO 1996, LGBl. 8200-0 in der im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Berufungsbescheides am geltenden Fassung LGBl. 8200-20, lautet auszugsweise:

"§ 33

Vermeidung und Behebung von Baugebrechen

(1) Der Eigentümer eines Bauwerks hat dafür zu sorgen, daß dieses in einem der Bewilligung (§ 23) oder der Anzeige (§ 15) entsprechenden Zustand ausgeführt und erhalten wird. Er hat Baugebrechen zu beheben.

(2) Kommt der Eigentümer eines Bauwerks seiner Verpflichtung nach Abs. 1 nicht nach, hat die Baubehörde nach Überprüfung des Bauwerks , unter Gewährung einer angemessenen Frist, die Behebung des Baugebrechens zu verfügen.

..."

Die Bestimmungen der BO 1883, Landes-Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 36, lauten auszugsweise:

"Dachrinnen.

§. 60.

Alle neuen Häuser sind gegen die Straße oder Gasse mit feuersicheren Dachrinnen von entsprechender Breite zu versehen, welche so anzubringen sind, daß die Dachtraufe dann das Herabfallen des Schnees und Deckmateriales thunlichst vermieden wird.

An den Dachrinnen sind Abflußröhren von entsprechender Dimension anzubringen, durch welche das Regenwasser abzuleiten ist.

...

Von den Bauführungen unter erleichterten Bedingungen.

Allgemeine Bestimmungen.

§. 91.

Denjenigen Gemeinden, welche:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
wegen zerstreuter Lage der Häuser;
b)
wegen der entfernten Lage von Hauptverkehrsadern; und
c)
wegen sonstigen in den wirthschaftlichen Verhältnissen begründeten wichtigen Momenten, Erleichterungen von den in den vorstehenden Abschnitten der Bauordnung enthaltenen Bestimmungen in Anspruch nehmen,
können die in den §§. 96 bis 108 enthaltenen Erleichterungen
zugestanden werden.
Inanspruchnahme der Erleichterungen.
§. 92.
Die Inanspruchnahme der im vorstehenden Paragraphe aufgezählten Erleichterungen bei Bauführungen erfolgt:
1.
durch den Gemeindeausschuß:
a)
für die ganze Gemeinde oder
b)
für einzelne bestimmt begrenzte Theile derselben, oder
2.
durch den Bauwerber von Fall zu Fall für einzelne in vollkommen isolirter Lage herzustellende Baulichkeiten, auf welche nicht die Bestimmungen des VII. Abschnittes über isolirte Industriebauten Anwendung finden.
Als isolirte Lage ist diejenige zu betrachten, bei welcher jeder Punkt eines solchen Gebäudes oder eines Complexes solcher Gebäude von den Nachbargrenzen mindestens 20 Meter entfernt ist, wobei der Isolirraum, in welchem öffentliche Straßen, sowie das Bett von Flüssen oder sonstigen öffentlichen Gewässern eingerechnet wird, unverbaut sein und bleiben muß.
...
Zugestehung der Erleichterungen für einzelne isolierte Bauten.
§. 95.
Die im §. 91 sub c) bezeichneten, vom einzelnen Bauwerber beanspruchten Erleichterungen werden durch Beschluß des Gemeindeausschusses zugestanden, welcher hiebei vor Allem die öffentlichen Rücksichten nach § 38. dieser Bauordnung wahrzunehmen und dieses Zugeständniß zu verweigern hat, wenn nicht die isolirte Lage (§. 92, Punkt 2) constatirt ist, oder wenn der zu führende Bau innerhalb eines genehmigten Regulirungsplanes projectirt ist. Im letzteren Falle können Erleichterungen überhaupt nur stattfinden, wenn das Zugestehungsverfahren nach §§. 92 und 93 stattgefunden hat.
...
Dächer und Dachrinnen.
§. 99.
...
Überhängende Dächer ohne Dachrinnen sind gestattet."
Gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 hat die Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde unter anderem vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde zu führen.
Das Beschwerderecht nach Art. 119a Abs. 9 B-VG stellt ein Beschwerderecht wegen Verletzung des Rechtes auf Selbstverwaltung dar und ist daher als Parteibeschwerde zu betrachten. Mit Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof kann eine Rechtsverletzung von der Gemeinde releviert werden, wenn die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides überhaupt nicht hätte erfolgen dürfen, aber auch dann, wenn der Gemeindebehörde mit dem Vorstellungsbescheid eine Rechtsansicht überbunden wird, die eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechtes bewirkt. Der Bescheid der Vorstellungsbehörde ist daher wegen der Bindungswirkung aufgrund einer Beschwerde der Gemeinde schon dann aufzuheben, wenn sich auch nur ein den Spruch tragender Aufhebungsgrund im vorstehenden Sinne als rechtswidrig erweist. Die Bindung sowohl der Gemeinde als auch der anderen Parteien des Verfahrens erstreckt sich nach der hg. Judikatur ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht jedoch auf jene Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, die in Wahrheit zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0297, mwN).
Tragender Aufhebungsgrund in Bezug auf den unter Spruchpunkt 1. erteilten Bauauftrag war, dass nach § 99 Abs. 2 BO 1883 überhängende Dächer ohne Dachrinnen gestattet waren, weshalb die um 1880 erfolgte Errichtung des gegenständlichen Gebäudes ohne Dachrinnen nach der BO 1883 rechtskonform gewesen sei. Da keine Konsenswidrigkeiten vorlägen, könne die nachträgliche Anbringung von Dachrinnen nicht vorgeschrieben werden.
Die beschwerdeführende Marktgemeinde bringt dazu im Wesentlichen vor, es sei richtig, dass für das gegenständliche Gebäude keine schriftlichen Unterlagen im Gemeindeamt mehr vorzufinden seien. Die belangte Behörde übersehe jedoch, dass die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit einem Bauzustand, der nach der zur Zeit seiner Herstellung geltenden BO gesetzwidrig gewesen sei, nicht zu statten komme, weil nicht angenommen werden könne, dass die Baubehörde die gesetzwidrige Herstellung bewilligt hätte. In einem solchen Fall müsste vielmehr von der Partei, die den Konsens behaupte, der Nachweis erbracht werden, dass dieser tatsächlich erteilt worden sei. Einen solchen Nachweis habe die mitbeteiligte Partei nicht erbracht. In Folge des von der belangten Behörde falsch ausgelegten § 99 Abs. 2 BO 1883 sei diese zu dem unrichtigen Schluss gelangt, dass das gegenständliche Gebäude tatsächlich konsensmäßig errichtet worden sei. Aus der BO 1883 ergebe sich, dass Häuser ohne Dachrinnen nur ausnahmsweise gestattet gewesen seien, nämlich, wenn es sich dabei um überhängende Dächer gehandelt habe und überhaupt die Bauführung unter erleichterten Bedingungen gestattet gewesen sei. Es müsse sich dabei um ein freistehendes Gebäude gehandelt haben und es müssten dem Bauwerber die beanspruchten Erleichterungen durch Beschluss des Gemeinderates zugestanden worden seien. Das gegenständliche Gebäude befinde sich jedoch im Ortskern der beschwerdeführenden Marktgemeinde und sei schon zur Zeit seiner Errichtung nicht freistehend gewesen. Somit läge schon nach der BO 1883 in Bezug auf die vorgeschriebenen, jedoch fehlenden Dachrinnen Konsenswidrigkeit vor.
Vorauszuschicken ist, dass der Eigentümer eines Bauwerkes gemäß § 33 Abs. 1 BO 1996 dafür zu sorgen hat, dass dieses in einem der Bewilligung oder der Anzeige entsprechenden Zustand ausgeführt und erhalten wird. Im Beschwerdefall sind schriftliche Unterlagen zum - nach den Feststellungen der belangten Behörde um 1880 errichteten - Gebäude des Mitbeteiligten unbestritten nicht mehr auffindbar. Die belangte Behörde ging - ohne nähere Begründung - vom Vorliegen eines vermuteten Konsenses aus. Bei einem nach 1866 errichteten Gebäude darf in einem solchen Fall nur die Wiederherstellung eines Zustandes vorgeschrieben werden, der den zur (vermuteten) Zeit seiner Errichtung in Kraft gestandenen technischen Vorschriften entspricht (vgl.
W. Pallitsch/P. Pallitsch/W. Kleewein , Niederösterreichisches Baurecht8, S. 530, Anm. 3 zu § 33 BO 1996).
Die belangte Behörde hat sich zur Begründung der von ihr angenommenen Konsensmäßigkeit der Errichtung des gegenständlichen Gebäudes ohne Dachrinnen auf die BO 1883 und somit auf eine Rechtslage gestützt, die erst mehr als drei Jahre nach dem von ihr angenommenen Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes um 1880 in Kraft getreten ist. Ausgehend davon erweist sich die von der belangten Behörde getroffene Beurteilung, die um 1880 erfolgte Errichtung des gegenständlichen Gebäudes ohne Dachrinnen sei deshalb rechtskonform, weil sie den Bestimmungen der BO 1883 entsprochen habe, und die darauf gestützte Behebung des Bauauftrages zur Anbringung von Dachrinnen als rechtswidrig. Bei diesem Ergebnis kommt dem Umstand, dass die belangte Behörde keinerlei Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Voraussetzungen, unter welchen nach den §§ 91 ff. BO 1883 Erleichterungen, wie die Errichtung überhängender Dächer ohne Dachrinnen, zugestanden werden konnten, im Beschwerdefall erfüllt sind, keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu.
Tragender Aufhebungsgrund in Bezug auf den unter Spruchpunkt 2. erteilten Bauauftrag war, dass die Schäden an den Außenwänden bereits vor Erlassung des Berufungsbescheides vom Mitbeteiligten behoben worden seien und der Bauauftrag somit bereits erfüllt worden sei.
Dazu bringt die beschwerdeführende Marktgemeinde vor, der Mitbeteiligte habe in seiner Berufung nicht vorgebracht, dass Punkt 2. des Bauauftrages erfüllt worden sei, und dies sei auch tatsächlich nicht geschehen. Aus den erstmals mit der Vorstellung zugegangenen Lichtbildern und der Bestätigung des Bauunternehmens B. vom , wonach dieser am im Zuge eines Lokalaugenscheins festgestellt habe, dass die bestehenden Außenwände einen sach- und fachgerecht aufgebrachten Wandverputz vollflächig aufwiesen und keinerlei lose Mauerwerksteile vorhanden seien, ergebe sich keinesfalls der von der belangten Behörde voreilig gezogene Schluss, dass der entsprechende Bauauftrag vor Erlassung des Berufungsbescheides am erfüllt worden sei. Auch sei der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen worden. Zwar habe der Amtssachverständige festgestellt, dass von der mitbeteiligten Partei Sanierungsmaßnahmen im Bereich der Dachvorsprünge und der Dachziegel durchgeführt worden seien, keinesfalls habe er jedoch einen sanierten Wandverputz festgestellt.
Wie sich aus der im Vorstellungsverfahren vom Mitbeteiligten vorgelegten Bestätigung der Bauunternehmung B. GesmbH vom ergibt, erfolgte der Lokalaugenschein, bei dem festgestellt wurde, dass die bestehenden Außenwände einen sach- und fachgerecht aufgebrachten Wandverputz vollflächig aufwiesen und keinerlei lose Mauerteile vorhanden seien, am . Dass die zur Erteilung des unter Spruchpunkt 2. genannten Bauauftrages führenden Mängel an der Mauer bereits vor der Beschlussfassung des Berufungsbescheides beseitigt worden wären, ergibt sich aus dieser Bestätigung nicht. Eine allenfalls im Vorstellungsverfahren erfolgte Erfüllung des Bauauftrages durch den Mitbeteiligten war von der belangten Behörde aber nicht zu berücksichtigen, weshalb der von der belangten Behörde genannte Grund die Behebung dieses Auftrages nicht zu tragen vermag.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am