VwGH vom 15.05.2014, 2012/05/0062

VwGH vom 15.05.2014, 2012/05/0062

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde der M GmbH in W, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1512/001-2011, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Z. die Baubewilligung für den Neubau eines Fachmarktes auf dem Grundstück Nr. 1372/2, EZ 625, KG Z. Mit Schreiben vom gab die Amtssachverständige der belangten Behörde Dipl. Ing. R dazu eine Stellungnahme mit dem Ergebnis ab, dass sich das gegenständliche Projekt in keinem geschlossenen, bebauten Ortsgebiet befinde und mit den im Osten angrenzenden Handelseinrichtungen eine funktionelle Einheit darstelle.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich in einem Schreiben vom dazu ablehnend.

In weiterer Folge gab die Amtssachverständige Dipl. Ing. R ein Gutachten vom ab. Darin wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin plane auf dem südwestlichen Teil des Grundstückes Nr. 1372/2 die Errichtung eines Handelsbetriebes zur Vermarktung von Artikeln zur Haustierhaltung und Haustiernahrung. Das Grundstück sei als Bauland-Betriebsgebiet gewidmet. Es befinde sich in der östlich des Stadtkerns liegenden Gewerbezone der Stadtgemeinde. In Zentrumszonen seien ausgewählte Baublöcke des Bauland-Kerngebietes im Flächenwidmungsplan mit dem Zusatz "Handelseinrichtungen" bezeichnet. Das Baugrundstück werde aber von den Festlegungen der Zentrumszonen nicht berührt. Beurteilt werde somit die Errichtung eines Handelsbetriebes mit zentrumsrelevanten Waren in einem anderen Bauland als Bauland-Kerngebiet mit dem Zusatz "Handelseinrichtungen" und außerhalb einer Zentrumszone.

Das Grundstück Nr. 1372/2 werde derzeit als Grünfläche genutzt. Für das Projekt sei etwa die Hälfte des gegenständlichen Grundstückes vorgesehen, der nordöstliche Teil werde als Grünfläche verbleiben. Diese Teilfläche im Ausmaß von etwa 70 m x 55 m sei frei von Hauptgebäuden.

Auf dem weiter nord-nordöstlich gelegenen Grundstück Nr. 1370/3 werde ein F-Markt errichtet. Im Osten grenzten die Grundstücke Nr. 1374/1 bis 4 an. Diese Grundstücke seien mit Hauptgebäuden bebaut. Den Gebäuden westlich vorgelagert seien eine Privatstraße und private Kfz-Abstellflächen. Die Gebäude beherbergten Handelsbetriebe wie P, F, B, K etc. Im Süden grenzten nach dem Grundstück Nr. 1380/3 (der öffentlichen Erschließungsstraße) die Grundstücke Nr. 1369/1, 1370/1 und 1372/1 an. Die letzteren drei Grundstücke wiesen die Widmung Bauland-Betriebsgebiet auf, würden allerdings landwirtschaftlich genutzt. Diese Grundstücke seien frei von Hauptgebäuden. Im Westen grenzten das Grundstück Nr. 1368/3 und eine Teilfläche des Grundstücks Nr. 1368/2 an. Der Großteil des Grundstücks Nr. 1368/3 weise landwirtschaftliche Nutzung auf. Der nördliche Teil und die an die Projektfläche angrenzende Teilfläche des Grundstücks Nr. 1368/2 würden als Kfz-Abstellplätze genutzt. Diese angrenzenden Flächen seien frei von Hauptgebäuden.

Ein Grundstück liege dann im geschlossenen, bebauten Ortsgebiet, wenn sich zumindest an drei benachbarten Seiten Hauptgebäude befänden. Im Nordwesten bleibe ein Teil des Grundstücks Nr. 1372/2 unbebaut und weise kein angrenzendes Hauptgebäude auf. Weiters seien die im Westen und Süden angrenzenden Flächen zwar als Bauland-Betriebsgebiet festgelegt, sie seien aber ebenfalls frei von Hauptgebäuden. Somit sei das Kriterium einer Bebauung an drei benachbarten Seiten mit Hauptgebäuden nicht erfüllt. Der geplante Handelsbetrieb liege daher nicht im geschlossenen, bebauten Ortsgebiet, da nur im Osten Flächen mit Hauptgebäuden angrenzten.

Eine organisatorische oder bauliche Einheit sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht ableitbar.

Die im Osten angrenzende Gebäudezeile mit P, F, B, K etc. werde vom öffentlichen Gut aus über eine Privatstraße erschlossen. Diese Handelseinrichtungen, der neuentstandene F-Markt sowie das geplante Geschäftsgebäude verfügten über private (eigene oder gemeinsame) Abstelleinrichtungen für die Kraftfahrzeuge der Kunden. Im Flächenwidmungsplan seien öffentliche Verkehrsflächen mit öffentlichen Abstellanlagen nicht ausgewiesen. Sie seien auch nicht vorhanden. Alle diese Betriebe dienten dominierend dem Warenverkauf. Es handle sich demnach um Handelsbetriebe im unmittelbar umgebenden Bereich. Die dominierend Handelsfunktionen dienenden, zueinander benachbarten Gebäuden der Betriebszeile bildeten eine funktionelle Einheit.

Die geplante Handelseinrichtung mit knapp 1000 m2 Bruttogeschossfläche, die dieser Gebäudezeile gegenüber liege, werde vom öffentlichen Gut her mit einer Zufahrt und eigenen Abstelleinrichtung für die Kraftfahrzeuge der Kunden erschlossen. Sie bilde daher mit der zuvor beschriebenen, dominierenden Gebäudezeile für Handelseinrichtungen ebenfalls eine funktionelle Einheit. Durch die beabsichtigte handelsbetriebliche Nutzung des Bauland-Betriebsgebietes für zentrumsrelevante Waren werde mit der dominierend für Handelseinrichtungen genutzten Gebäudezeile im Osten eine funktionelle Einheit bewirkt. Allein die Summe der Bruttogeschossflächen der angrenzenden Gebäudezeile übersteige den Grenzwert der Verkaufsfläche von 80 m2 in einem nicht geschlossenen, bebauten Ortsgebiet und auch die Grenze von 1000 m2 Bruttogeschossfläche in einem geschlossenen, bebauten Ortsgebiet, die für andere Baulandarten als Bauland-Kerngebiet mit dem Zusatz "Handelseinrichtungen" außerhalb von Zentrumszonen vorgegeben sei, bereits durch die bestehenden Handelseinrichtungen bei weitem.

Das Projekt befinde sich somit zusammenfassend auf Grund der angrenzenden unbebauten Flächen (öffentliche Verkehrsflächen seien dabei nicht zu berücksichtigen) nicht im geschlossenen, bebauten Ortsgebiet. Die handelsbetriebliche Nutzung des im Bauland-Betriebsgebiet gelegenen Standortes für das beabsichtigte Geschäftsgebäude bildete eine funktionelle Einheit mit der im Osten angrenzenden Gebäudezeile für Handelseinrichtungen. Die Summe der Bruttogeschossflächen dieser Handelseinrichtungen übersteige den Grenzwert von 80 m2 Verkaufsfläche und 1000 m2 Bruttogeschossfläche bei weitem. Die in einem anderen Bauland als Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtungen möglichen 1000 m2 Bruttogeschossfläche wären selbst in einem geschlossenen, bebauten Ortsgebiet bereits ausgeschöpft.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich dazu in einer Stellungnahme vom ablehnend.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z. vom wurde das Bauansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, ein Grundstück liege dann im geschlossenen, bebauten Ortsgebiet, wenn sich zumindest an drei benachbarten Seiten Hauptgebäude befänden. Wie aus dem Sachverständigengutachten hervorgehe, lägen lediglich im Osten des geplanten Handelsbetriebes Flächen mit Hauptgebäuden. Die Voraussetzung des § 17 Abs. 2 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) sei somit nicht erfüllt. Da der Verkauf zentrumsrelevanter Waren geplant sei, dürfte die Verkaufsfläche 80 m2 nicht übersteigen. Dieser Wert werde durch die projektierte Verkaufsfläche von 852,90 m2 bei weitem überschritten, sodass ein Widerspruch zur Flächenwidmung Bauland-Betriebsgebiet vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, um die Voraussetzung der Lage in einem geschlossenen, bebauten Ortsgebiet zu erfüllen, müsse das Gebäude an drei Seiten von Gebäuden umgeben sein und diese Gebäude müssten in der unmittelbaren Umgebung liegen. Eine Bebauung in unmittelbarer Umgebung sei nicht mehr gegeben, wenn ein unbebautes Grundstück oder eine unbebaute größere Fläche unmittelbar an den projektierten Fachmarkt angrenzten, wobei öffentliche Verkehrsflächen nicht dazu zählten. Die raumordnungsfachliche Sachverständige habe festgestellt, dass eine Bebauung an drei Seiten in der unmittelbaren Umgebung nicht vorhanden sei. Dies sei auch von der Beschwerdeführerin nicht widerlegt worden. Auch mit der ins Treffen geführten geplanten Errichtung eines Bürogebäudes und Dienstleistungszentrums nördlich des projektierten Fachmarktes sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, da das unmittelbar westlich angrenzende Grundstück sowie auch die südwestlich gelegenen Grundstücke (die öffentliche Verkehrsfläche zähle nicht dazu) unbebaut seien und auch nach Errichtung dieses Bürogebäudes und Dienstleistungszentrums lediglich eine Bebauung an zwei Seiten der unmittelbaren Umgebung vorläge. Der geplante Fachmarkt liege daher außerhalb des geschlossenen, bebauten Ortsgebietes, sodass gemäß § 17 Abs. 3 ROG die Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren 80 m2 nicht übersteigen dürfe. Artikel zur Haustierhaltung und Haustiernahrung seien in der Niederösterreichischen Warengruppenverordnung 2009 nicht angeführt, sodass es sich dabei um zentrumsrelevante Waren handle. Laut Projekt betrage die Verkaufsfläche des geplanten Fachmarktes 852,90 m2. Der Baubehörde erster Instanz sei daher beizupflichten, dass auf Grund des Widerspruchs zum ROG eine Baubewilligung für den projektierten Fachmarkt nicht erteilt werden könne.

Es "wäre" im Übrigen auch dann, wenn dieser Standort innerhalb des geschlossenen, bebauten Ortsgebietes liegen würde, eine Baubewilligung auf Grund eines Widerspruches zu § 17 Abs. 4 ROG nicht möglich (wurde näher ausgeführt).

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof.

Mit Beschluss vom , B 639/11, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe unter Anwendung des § 17 Abs. 3 ROG und des § 17 Abs. 5 ROG in Verbindung mit der Niederösterreichischen Warengruppenverordnung die Berufung abgewiesen. Die bloße Erwähnung auch der Absätze 2 und 4 des § 17 ROG in der Bescheidbegründung, ohne dass diese auch eine Rechtsgrundlage des Bescheidspruches bildeten, könne nicht als eine die Präjudizialität der Norm begründende Anwendung derselben interpretiert werden (Verweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 16.586/2002).

Der Verfassungsgerichtshof habe mit dem Erkenntnis VfSlg 14.685/1996 die Sachlichkeit des Abstellens auf Warengruppen im Raumordnungsrecht grundsätzlich anerkannt und angenommen, dass die Verordnungsermächtigung des § 17 Abs. 5 letzter Satz ROG zur Festlegung der Warengruppen unbedenklich erscheine (Verweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 18.713/2009). Bei der maßgeblichen Bedeutung der Verkehrserschließung für die Raumordnung sei es sachlich begründbar, die Notwendigkeit des Abtransportes mit einem Kraftfahrzeug als Kriterium für die Festlegung raumordnungsrechtlich relevanter Klassen festzusetzen. Die Lösung des § 17 Abs. 5 ROG liege daher im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Ob diese Regelung zweckmäßig sei und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden werde, könne nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles sehe sich der Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst, die Rechtmäßigkeit der Niederösterreichischen Warengruppenverordnung in Frage zu stellen.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof auftragsgemäß ergänzten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit desselben infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird insbesondere die Rechtsansicht bekämpft, dass ein Grundstück nur dann im geschlossenen, bebauten Ortsgebiet liege, wenn sich zumindest an drei benachbarten Seiten Hauptgebäude befänden. Die Errichtung der geplanten Handelseinrichtung erfolge bei rechtsrichtiger Auffassung innerhalb eines geschlossenen, bebauten Ortsgebietes. Ausgehend von der unrichtigen Rechtsauffassung seien auch wesentliche Erhebungen betreffend die Umgebung des Baugrundstückes nicht durchgeführt worden. Die Beschwerde wendet sich auch gegen die Heranziehbarkeit des § 17 Abs. 4 ROG, weil vor allem Pflichtstellplätze jedenfalls zu errichten wären und somit nicht alleine eine funktionelle Einheit mit im Nachbarbereich befindlichen Baulichkeiten für Handelseinrichtungen begründen könnten. Ansonsten würde eine Monopolisierung bestehender Handelsbetriebe erreicht, die verfassungswidrig wäre. Außerdem komme es darauf an, ob die Stellplätze nach außen hin mit den benachbarten Abstellplätzen eine Einheit bildeten, ob eine Abgrenzung für die Kunden verschiedener Handelsbetriebe nach außen hin erkennbar sei und außerdem die Kunden verschiedene Handelseinrichtungen in jedem Fall von einem Kfz-Parkplatz sinnvollerweise (ohne Umwege etc.) besuchen könnten. Eine funktionelle Einheit des geplanten Fachmarktes mit Handelseinrichtungen der Umgebung scheide unter Anwendung der genannten Kriterien aus.

§ 17 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976

(ROG) idF LGBl. Nr. 8000-23 lautet:

"§17

Gebiete für Handelseinrichtungen

(1) In Zentrumszonen kann die Widmung Bauland-Kerngebiet mit dem Zusatz 'Handelseinrichtungen' bezeichnet werden. In dieser Widmung bestehen für die Errichtung von Handelsbetrieben keine Beschränkungen hinsichtlich der Verkaufsfläche oder Bruttogeschossfläche. Die übrigen Nutzungsmöglichkeiten gemäß § 16 Abs. 1 Z. 2 bleiben zulässig.

(2) Innerhalb des geschlossenen, bebauten Ortsgebietes - ausgenommen in der Widmung Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtungen - darf die Bruttogeschoßfläche von Handelsbetrieben nicht mehr als 1.000 m2 betragen.

(3) Außerhalb der in Abs. 2 bezeichneten Bereiche darf die Verkaufsfläche für zentrumsrelevante Waren 80 m2 nicht übersteigen.

(4) Bilden mehrere Handelsbetriebe eine bauliche, funktionelle oder organisatorische Einheit, darf die Summe der Bruttogeschoßflächen in den Fällen gemäß Abs. 2 nicht mehr als 1.000 m2 und die Summe der Verkaufsflächen an Standorten gemäß Abs. 3 nicht mehr als 80 m2 betragen. Eine funktionelle Einheit ist dann gegeben, wenn im umgebenden Bereich die Gebäude ausschließlich oder dominierend für Handelseinrichtungen genutzt werden und mehrheitlich über private (eigene oder gemeinsame) Abstelleinrichtungen für die Kraftfahrzeuge der Kunden verfügen.

(5) Unabhängig von ihrer Lage unterliegen Handelsbetriebe keinen Größenbeschränkungen, wenn sie - abgesehen von dem im Abs. 3 bezeichneten Ausmaß - ausschließlich Waren anbieten, welche nach ihrer Beschaffenheit bzw. nach ihrer Packungs- oder Gebindegröße vom Kunden unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges abtransportiert werden müssen (nicht zentrumsrelevante Waren). Diese Warengruppen sind durch Verordnung der Landesregierung festzulegen.

(6) Unabhängig von den Bestimmungen der Abs. 2 und 3 ist der Direktverkauf von am Standort des Produktionsbetriebes produzierten Waren zulässig. Weiters ist der Verkauf von Waren, die diese wirtschaftlich ergänzen oder als Zubehör zu bewerten sind, zulässig. Dies allerdings nur soweit, als der Charakter als Produktionsbetrieb eindeutig gewahrt bleibt. Darüber hinaus sind Handelseinrichtungen zulässig, wenn diese ihre Waren ausschließlich an Wiederverkäufer abgeben."

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 12 ROG gilt als Ortsbereich ein funktional und baulich zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes.

Die Niederösterreichische Warengruppen-Verordnung 2009, LGBl. Nr. 8000/95-0, lautet:

"Warengruppen, die nach ihrer Beschaffenheit bzw. nach ihrer Packungs- oder Gebindegröße vom Kunden unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges abtransportiert werden müssen (nicht zentrumsrelevante Waren), sind:

o Fahrzeuge inkl. Zubehör

o Baustoffe, Bauelemente und Eisenwaren

o Bodenbeläge

o Brenn- und Treibstoffe

o Stein- und Betonwaren

o Pflanzen und Gartenbedarfsartikel

o Holzrohstoffe

o Möbel".

Die belangte Behörde ist, der Behörde erster Instanz folgend, davon ausgegangen, dass auf Grund der Bestimmungen des § 17 Abs. 3 und 5 ROG die gegenständliche Baubewilligung nicht erteilt werden könne. Ausschlaggebend dafür war ihre Auffassung, dass das Bauprojekt nicht innerhalb eines geschlossenen, bebauten Ortsgebietes im Sinne des § 17 Abs. 2 ROG liege.

Diesbezüglich ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass eine Lage innerhalb des geschlossenen, bebauten Ortsgebietes nur dann gegeben sei, wenn jedenfalls an drei Seiten in unmittelbarer Umgebung Hauptgebäude vorhanden seien. Diese Auffassung findet allerdings im Gesetz keine Deckung.

Ein geschlossenes Ortsgebiet erfordert, dass eine Siedlung groß genug ist, um als Ortschaft wahrgenommen zu werden, und dass sich das bebaute Gebiet von der unverbauten Fläche deutlich abhebt (vgl. Pallitsch/Pallitsch/Kleewein , Niederösterreichisches Baurecht, 8. Auflage, S 1298 FN 21). Eine Streusiedlung würde die Voraussetzung, dass ein geschlossenes Ortsgebiet vorliegt, somit nicht erfüllen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 16.289).

Wenngleich es im gegebenen Zusammenhang nicht um Wohnsiedlungen geht, ist der Begriff des geschlossenen, bebauten Ortsgebietes im Sinne des § 17 Abs. 2 ROG mit jenem des Ortsbereiches im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 12 ROG im Wesentlichen gleichzusetzen (vgl. Pallitsch/Pallitsch/Kleewein , aaO, S 1361, FN 4). Es geht somit um die Frage, ob ein funktional und baulich zusammenhängendes Gebiet vorliegt, wobei Randlagen und Splitter nicht dazugehören

(vgl. Pallitsch/Pallitsch/Kleewein , aaO, S 1361, FN 4).

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kommt es folglich nicht entscheidend darauf an, ob in unmittelbarer Nähe des Baugrundstückes zumindest an drei Seiten desselben Hauptgebäude vorhanden sind. Wesentlich ist vielmehr, ob ein Gebiet gegeben ist, das funktionale und bauliche Zusammenhänge im oben genannten Sinn aufweist. Dabei wäre jedenfalls auf die Gewerbezone, die der Sachverständige in seinem oben genannten Gutachten vom nennt, in ihrer Gesamtheit einzugehen, diese hinsichtlich aller ihrer Bauten und Nutzungen insgesamt näher darzustellen und auch darauf Bedacht zu nehmen, welche Stellung das Bauvorhaben in Bezug auf dieses Gebiet einnimmt. Die Abgrenzung des so maßgebenden Bereiches hat nach sachlich gerechtfertigten Überlegungen auf Grund einer Sachverständigenäußerung zu erfolgen.

Die belangte Behörde ist somit von einer unzutreffenden Rechtsauffassung ausgegangen, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Wie bereits der Verfassungsgerichtshof im Ablehnungsbeschluss vom dargelegt hat, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid § 17 Abs. 2 und 4 ROG zwar erwähnt, sich jedoch nicht tragend auf diese Bestimmungen in ihrem Zusammenhang gestützt. Im Hinblick darauf erübrigt es sich, näher auf die Beschwerdeausführungen betreffend § 17 Abs. 4 ROG einzugehen.

Bemerkt wird, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am