VwGH vom 27.11.2008, 2007/16/0207
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2007/16/0214
2007/16/0215
2007/16/0216
2007/16/0220
2007/16/0218
2007/16/0219
2007/16/0217
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde 1. des E H und 2. der M H, beide in O, beide vertreten durch Dr. Franz Wielander, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Walterstraße 9, gegen den unabhängigen Finanzsenat, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich einer Berufung der beschwerdeführenden Parteien gegen vier Grunderwerbsteuerbescheide und vier Schenkungssteuerbescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien, jeweils vom , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Berufung wird, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer gegen die an die Zweitbeschwerdeführerin gerichteten Bescheide erhoben wurde, und, soweit sie von der Zweitbeschwerdeführerin gegen die an den Erstbeschwerdeführer gerichteten Bescheide erhoben wurde, als unzulässig zurückgewiesen.
Gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, über die Berufung der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , Steuernummern 180/4029 und 180/3963, jeweils betreffend einen Übergabsvertrag vom , soweit sie nicht mit diesem Erkenntnis zurückgewiesen wurde, binnen fünf Wochen unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung bescheidmäßig abzusprechen, dass im Beschwerdefall Berufungsvorentscheidung nicht rechtswirksam erlassen wurden.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von 2.431,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Notariatsakt vom schlossen die Beschwerdeführer, ein Ehepaar, mit den Eltern des Erstbeschwerdeführers einen Übergabsvertrag hinsichtlich eines landwirtschaftlichen Betriebes, bestehend aus einer Liegenschaft mit mehreren Grundstücken samt einem Anteilsrecht an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft. Als Gegenleistung wurde die Gewährung von Wohn- und Ausnahmsrechten für die Übergeber vereinbart.
Auf Grund einer Gebührenanzeige des (damaligen) Parteienvertreters der Beschwerdeführer setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit vier Bescheiden vom gegenüber dem Erstbeschwerdeführer unter der Steuernummer 180/3963 und vier Bescheiden vom gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin unter der Steuernummer 180/4029 die Grunderwerbsteuer und die Schenkungssteuer fest.
Beide Beschwerdeführer beriefen mit einem Schriftsatz vom , beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eingelangt am , gegen alle Bescheide mit der Begründung, die der Abgabenberechnung zugrunde liegende Bewertung der Gegenleistungen sei auf Grund eines Rechenfehlers mit einem zu niedrigen Betrag angesetzt worden. Tatsächlich sei von einem höheren Betrag einer Gegenleistung auszugehen.
Mit der vorliegenden, am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde machen die beschwerdeführenden Parteien die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde hinsichtlich der genannten Berufung geltend.
Mit Verfügung vom leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren über die Säumnisbeschwerde ein und forderte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung des Bescheides an die beschwerdeführenden Parteien dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Mit Schriftsatz vom legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Zurückweisung der Säumnisbeschwerde, weil nach Ansicht der belangten Behörde eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern habe die Berufungsvorentscheidungen vom erlassen und der Berufung stattgegeben. Die Erledigungen des Finanzamtes seien zwar ohne Zustellnachweis zugestellt worden, dass diese Erledigungen nicht zugestellt worden wären, sei jedoch auszuschließen, denn nach Verarbeitung durch die EDV-Anlage - diese sei erfolgt, weil sonst auch keine Ausdrucke der Berufungsvorentscheidungen bestünden - seien die Berufungsvorentscheidungen ausgedruckt und zum Versand weitergegeben worden. Die Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes würden nicht in einem Kuvert gesammelt und versendet werden, sondern es sei jede einzelne Berufungsvorentscheidung von der Versendestelle gesondert in ein Kuvert gegeben (dieser Vorgang sei maschinell erfolgt) und von den anderen losgelöst versendet worden. Neben diesen acht Berufungsvorentscheidungen sei an den (damaligen) Parteienvertreter, den Notar Dr. K., mit selbem Datum zu jeder Steuernummer eine Buchungsmitteilung ergangen, aus welcher ersichtlich sei, dass es bei den Vorschreibungen zu einer Änderung gekommen sei. Diese Buchungsmitteilungen seien die "Sendungen Nr. 9 und 10". Keine einzige dieser Sendungen sei an das Finanzamt zurückgesendet worden. Dass diese acht Berufungsvorentscheidungen auf ihrem Weg von der Aufgabestelle bis zum Empfänger nicht hätten beisammen bleiben können, ergebe sich schon aus der Menge der Sendungen, die täglich bei der Post einlangten und dort zur Aufteilung gelangten. Es sei nicht unmöglich, dass diese Sendungen schon bei der Aufgabe bei der Post nicht mehr beisammen gelegen seien, weil auch von der EDV-Anlage jeden Tag Unmengen von Schriftstücken zum Versand kämen. Wenn es schon zu einem Verlust gekommen wäre, dann wäre vielleicht eine Erledigung auf dem Postweg verloren gegangen, nicht aber gleichzeitig alle acht Erledigungen.
Mit Schriftsatz vom replizierten die Beschwerdeführer, dass die von der belangten Behörde angesprochenen Berufungsvorentscheidungen und Buchungsmitteilungen dem Notar Dr. K. nicht zugestellt worden seien. Auffällig sei, dass den Beschwerdeführern trotz Einzahlung des mit den bekämpften Bescheiden vorgeschriebenen Steuerbetrages von insgesamt 3.233 EUR innerhalb der mit gesetzten Frist vom Finanzamt "bis heute" keine Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Verbücherung des Übergabsvertrages ausgestellt worden sei, obwohl die Unbedenklichkeitsbescheinigung dem jeweiligen Einschreiter üblicherweise innerhalb von zwei bis drei Wochen nach erfolgter Zahlung der Steuer zugestellt werde. Auch habe sich aus den Berufungsvorentscheidungen eine Steuergutschrift ergeben und sei das Steuerguthaben den Beschwerdeführern nicht rückgezahlt worden.
Die belangte Behörde reichte eine Duplik vom ein, worin sie an ihrer Ansicht festhielt, die in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen seien an den Notar Dr. K. ergangen. Da von der EDV-Anlage nicht nur die Verarbeitung der vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien veranlassten Erledigungen erfolge, sondern auch die Kuvertierung und Versendung der von ihr verarbeiteten Erledigungen, sei auszuschließen, dass diese Berufungsvorentscheidungen nicht bei der Post gelandet seien. Eine "Nichtversendung" dieser Schriftstücke sei deshalb auszuschließen, weil diese Vorgänge maschinell erfolgten. Dass alle acht dieser Kuverts auf dem Postlauf verloren gegangen wären, sei auszuschließen. Dass die Beschwerdeführer nach einer Frist von zwei Monaten ab Einbringung der Berufung das Recht einer Vorlageerinnerung (§ 276 Abs. 6 BAO) nicht ausgeschöpft hätten, spreche für die erfolgte Zustellung der Berufungsvorentscheidungen. Der Umstand, dass die Unbedenklichkeitsbescheinigungen noch nicht ausgestellt worden seien, obwohl diese üblicherweise innerhalb von zwei bis drei Wochen nach erfolgter Zahlung der Steuer dem jeweiligen Einschreiter zugestellt würden, spreche nicht gegen eine Zustellung der Berufungsvorentscheidungen, sondern zeige nur, dass die Beschwerdeführer kein allzu großes Interesse an der grundbücherlichen Durchführung des Übergabsvertrags gehabt hätten. Wäre den Beschwerdeführern viel an einer möglichst schnellen Verbücherung des Übergabsvertrages gelegen gewesen, hätten sie sich spätestens drei Wochen nach Bezahlung der vorgeschriebenen Steuern beim Finanzamt erkundigt, warum diese Unbedenklichkeitsbescheinigungen noch nicht zugestellt worden wären. Dass es noch nicht zur Auszahlung des von den Beschwerdeführern angesprochenen Guthabens gekommen sei, liege nur daran, dass diese über das Guthaben noch nicht verfügt hätten.
Mit Verfügung vom ersuchte der Verwaltungsgerichtshof das Bezirksgericht gemäß § 36 Abs. 9 VwGG, den Notar Dr. K. als Zeugen zu vernehmen und näher vorgegebene Fragen zu stellen.
Das Bezirksgericht legte die am aufgenommene Niederschrift über die Zeugenaussage des Notars Dr. K. vor, in welcher dieser angab, von den Beschwerdeführern auch zur Zustellung von Schriftstücken des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern bevollmächtigt gewesen zu sein. Seine Kanzlei führe kein "Posteingangsbuch" oder ähnliche Aufzeichnungen, weil er derartiges nicht benötige. Er führe ein kleines "Provinznotariat". Im Jahr 2007 seien bei ihm nur 39 Übergabsverträge angefallen, welche er direkt beim Finanzamt angezeigt habe. Das seien etwa drei Verträge monatlich. Diese Verträge würden in einem eigenen Fach abgelegt, welches wöchentlich durchgesehen und kontrolliert werde. Er habe diese Akten im Übrigen auch "im Kopf". Auf diesem Weg habe er bemerkt, dass über die in Rede stehenden Berufungen nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden worden sei. Vor Verfassen der Säumnisbeschwerde habe er mit den Beschwerdeführern Rücksprache genommen, ob diesen in dieser Angelegenheit irgendwelche Entscheidungen zugegangen seien, was diese verneint hätten. Die von ihm vorbereitete Säumnisbeschwerde sei dann vom Beschwerdevertreter eingebracht worden, was den Beschwerdeführern mitgeteilt worden sei. Bei ihm erfolge bei Verstreichen eines längeren Zeitraumes ohne Entscheidung über eine von ihm erhobene Berufung üblicherweise keine Erinnerung an das Finanzamt. Die Bestimmung des § 276 Abs. 6 BAO sei ihm damals nicht bekannt gewesen, sie gelte erst seit August 2006. Er erkläre ausdrücklich, die angeblich ergangenen Berufungsvorentscheidungen "bis heute" nie erhalten oder gesehen zu haben. Im Übrigen bemerke er, dass das Finanzamt ihm die Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom über den in Rede stehenden Rechtsvorgang zugestellt habe, ohne dass er einen besonderen Antrag gestellt hätte oder mit dem Finanzamt in Verbindung getreten wäre. Das Finanzamt habe ihm nunmehr die Unbedenklichkeitsbescheinigungen im Juli 2008 zugestellt, sie wären sonst wohl unter einem mit den Berufungsvorentscheidungen zugestellt worden.
Die belangte Behörde nahm auf Vorhalt dieser Aussage dazu mit Schriftsatz vom Stellung und führte aus, der vernommene Notar habe nur Übergabsverträge erwähnt, nicht jedoch auch die sonstigen in seinem Notariat anfallenden Verträge wie Kaufverträge, Schenkungsverträge usw. Weiters habe er nicht jene Fälle erwähnt, in denen er als Gerichtskommissär tätig sei. Die belangte Behörde merke daher an, dass sich der Posteinlauf nicht nur auf die im Notariat angefallenen Übergabsverträge beschränken werde. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen würden unabhängig von den Berufungsvorentscheidungen vom Finanzamt zugestellt.
Die Beschwerdeführer äußerten sich auf Vorhalt der Aussagen des Notars Dr. K. und der Stellungnahme der belangten Behörde dazu mit Schriftsatz vom und führten aus, es sei in Notariatskanzleien unüblich, Posteingangstagbücher zu führen. Poststücke würden mit dem Posteingangsvermerk versehen und dann den jeweiligen Handakten zugeordnet. Nur dann, wenn die eingehenden Poststücke Fristen auslösten, würden sie in ein Fristenbuch eingetragen. Ein Fristenvormerk zum Zweck der Erhebung von Devolutionsanträgen oder Säumnisbeschwerden für den Fall der Nichterledigung von Rechtsmitteln durch die angerufene Behörde sei in kleinen Kanzleien völlig unüblich. Im Übrigen ergäbe die Erhebung der Säumnisbeschwerde bei Zustellung der Berufungsvorentscheidungen keinen Sinn, weil dies bedeutete, dass der vormalige Parteienvertreter, Notar Dr. K. die der Berufung stattgebenden Berufungsvorentscheidungen vorsätzlich ignoriert habe, um beim Verwaltungsgerichtshof die bereits ergangene angestrebte richtige Entscheidung neuerlich durchzusetzen.
Diesem Schriftsatz legten die Beschwerdeführer eine Stellungnahme des Notars Dr. K. vom bei, worin dieser festhielt, durchschnittlich würden bei ihm täglich etwa zehn bis zwanzig "gewöhnliche" Briefsendungen mit der Post einlangen. Der überwiegende Teil beträfe Auskünfte in Verlassenschaftsverfahren, gerichtet an ihn als Gerichtskommissär. Sämtliche Postsendungen würden in seiner Gegenwart von einer Kanzleiangestellten geöffnet, in die entsprechenden Handakten samt Briefkuvert eingelegt und ihm sodann vorgelegt werden. Die Handakten würden sodann von ihm den einzelnen Kanzleiangestellten mit einer entsprechenden Weisung zugewiesen. Briefumschläge würden nach Vorlage des Handaktes und Durchsicht der Postsendungen aus dem Akt entfernt. Postsendungen, die einen Fristenlauf auslösten (Beschlüsse, Bescheide usw.) würden mit dem Datum des Posteinganges versehen und im Kalender eingetragen. Dies sei aber im Schnitt nur einmal wöchentlich der Fall. Ein Posteingangsbuch bestehe nicht, weil von den wöchentlich einlangenden etwa 70 bis 80 Postsendungen der weitaus überwiegende Teil nur Mitteilungen seien und keinen Fristenlauf auslösten.
Jährlich würde er im Zusammenhang mit Gebührenanzeigen etwa vier bis fünf Berufungen einbringen. Im Kalenderjahr 2007 hätte er Berufungen zu vier Erwerbsvorgängen unter näher angeführten Erfassungsnummern des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien eingebracht. Diese geringe Zahl ermögliche es, dass er die diesbezüglichen Akten "im Kopf habe" und auch jederzeit überblicken könne. Der Umstand, dass er im Jahr 2001 die letzte Säumnisbeschwerde angeregt habe, mache deutlich, dass die vorliegende Säumnisbeschwerde nicht voreilig oder unkontrolliert erhoben worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 konnte Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der Unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von der Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Im Beschwerdefall hängt die Zulässigkeit der von den Beschwerdeführern erhobenen Säumnisbeschwerde von der Antwort auf die zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein strittige Frage ab, ob über die von den Beschwerdeführern erhobene Berufung mit Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes vom entschieden worden ist oder nicht.
Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, - von den im Beschwerdefall nicht interessierenden Fällen des § 97 Abs. 3 BAO abgesehen - durch Zustellung.
Nach § 98 BAO in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1982 waren Zustellungen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt war, nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.
Gemäß § 5 des Zustellgesetzes (ZustG) idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 10/2004 wird die Zustellung von der Behörde angeordnet, deren Dokument zuzustellen ist. Sie hat - soweit dies notwendig ist - in geeigneter Form nach § 5 Z 3 leg. cit. u.a. zu bestimmen, ob die Zustellung mit oder ohne Zustellnachweis zu erfolgen hat.
Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument nach § 26 Abs. 1 ZustG in der zitierten Fassung zugestellt, indem es in den für die Abgabestelle bestimmen Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird. Die Zustellung gilt nach § 26 Abs. 2 leg. cit. als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen.
Die rechtswirksame Erlassung der in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen und als Voraussetzung dafür die erfolgte Zustellung dieser Bescheide stellen ein Prozesshindernis (negative Prozessvoraussetzung) für das vorliegende Verfahren über die von den Beschwerdeführern erhobene Säumnisbeschwerde dar, dessen Vorliegen der Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen zu prüfen hat. Zu diesem Zweck wurde der damalige Parteienvertreter der Beschwerdeführer, der Notar Dr. K., vom Bezirksgericht auf ein vom Verwaltungsgerichtshof nach § 36 Abs. 9 VwGG gestelltes Ersuchen als Zeuge vernommen. Den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde sodann Gelegenheit geboten, zu diesem Beweisergebnis Stellung zu nehmen.
In rechtlicher Hinsicht ist zunächst hervorzuheben, dass § 26 Abs. 2 ZustG lediglich die Vermutung der Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan enthielt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt das Bestreiten eines Empfängers zu Zweifeln, welche die Behörde zur Feststellung der Tatsache der Zustellung verpflichtet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0302). Diese Rechtsprechung ist auch nach der Änderung des § 26 Abs. 2 ZustG durch die Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 weiterhin maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/16/0175).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund gelangt der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des oben dargestellten Vorbringens der Parteien und der Aussagen des vernommenen Zeugen zur Feststellung, dass eine Zustellung der Berufungsvorentscheidungen an den damaligen zustellungbevollmächtigten Parteinvertreter der Beschwerdeführer nicht als erwiesen angenommen werden kann.
Diese Feststellung gründet sich auf folgende Erwägungen:
Die belangte Behörde stützt ihr Vorbringen, die in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen wären zugestellt worden, auf den Umstand, dass auf Grund des Vorhandenseins der Ausdrucke der Berufungsvorentscheidungen beim Finanzamt und der maschinellen Verarbeitung in der EDV-Anlage auch ein Ausdruck der Parteiausfertigungen, eine Kuvertierung und eine Übergabe dieser Stücke an die Post hätte erfolgen müssen. Weiters stützt sich die belangte Behörde darauf, dass acht getrennte Bescheide erlassen und in acht getrennte Kuverts eingelegt worden seien. Der Verlust von auf dem Postweg sicher voneinander getrennten Kuverts und nicht nur eines dieser acht Kuverts sei unwahrscheinlich.
Demgegenüber verneinen die Beschwerdeführer und der vernommene Zeuge, der als Empfänger bezeichnete Notar, in dessen Kanzlei die Zustellung erfolgt sein soll, die Berufungsvorentscheidungen erhalten zu haben. Weiters weisen sie auf eine unüblich späte Versendung der Unbedenklichkeitsbescheinigungen durch das Finanzamt hin.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht zunächst im Vorhandensein von Ausdrucken der in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen im Akt des Finanzamtes noch keinen Nachweis für einen Ausdruck auch der für die Beschwerdeführer bestimmten Ausfertigungen.
Weiters sieht der Verwaltungsgerichtshof im maschinellen Verarbeiten und im maschinellen Kuvertieren keinen Grund, warum nach dem Ausdruck auf Grund eines technischen Fehlers nicht bereits eine Kuvertierung oder eine Weitergabe der kuvertierten Dokumente an die Post unterblieben sein könnte.
Schließlich ist der belangten Behörde zwar einzuräumen, dass nach Übergabe der Post die acht Kuverts getrennt worden sein könnten, doch ist ein Einlangen dieser acht Kuverts am selben Tag beim Zustellpostamt und die Gewahrsame des Zustellorgans über diese acht Kuverts und nach Vorbereitung des Zustellablaufes durch das Zustellorgan ein Zusammenführen dieser acht Kuverts in die dem Notar zuzustellende Post wahrscheinlich. Am Weg zwischen dem Übernehmen der Kuverts durch den Zusteller bis zur Kanzlei des Notars ist ein Abhandenkommen der wohl wieder gemeinsam beförderten Kuverts nicht auszuschließen.
Die Schilderung des vernommenen Notars über seine Kanzleiorganisation im Zusammenhang mit dem Posteinlauf lässt zwar genauso nicht ausschließen, dass nach Zustellung der in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen diese in der Kanzlei abhanden gekommen wären, verringert aber gerade auch wegen der Anzahl von acht getrennten Kuverts die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verlustes.
Zusammenfassend ist somit ein Unterbleiben des Ausdrucks der Parteiausfertigungen der Berufungsvorentscheidungen oder ein Fehler bei der Kuvertierung denkbar und ist darüberhinaus ein Verlust der Kuverts auf dem Postweg ebenso möglich wie ein Verlust (Verlegen) der Kuverts in der Kanzlei des Notars Dr. K. nach erfolgter Zustellung.
Der Verwaltungsgerichtshof hält es für eher wahrscheinlich, dass acht nach Zustellung in der Kanzlei des Notars Dr. K. verlegte und (zunächst) verlorene Kuverts später (wieder) entdeckt würden als dass solche acht am Weg bis zur Zustellung verloren gegangene Kuverts wiederaufgefunden würden, was im Beschwerdefall mangels (Wieder-)Auffinden der Kuverts dafür spricht, dass diese Kuverts vor der Zustellung abhanden gekommen wären.
Ein Motiv der Beschwerdeführer oder des Notars, die Berufungsvorentscheidungen trotz Zustellung und Kenntnis des Inhaltes als nicht zugestellt zu bezeichnen, ist nicht ersichtlich. So fehlt wegen der der Berufung stattgebenden Entscheidung des Finanzamtes und wegen des Antrages in der Säumnisbeschwerde, der Verwaltungsgerichtshof möge die Abgaben "ausgehend von der in der Berufung angeführten Bemessungsgrundlage neu festsetzen", auch ein mögliches Motiv, die Frist für einen Vorlageantrag versäumt zu haben und eine günstigere Entscheidung als die der Berufungsvorentscheidungen anzustreben.
Die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Unterlassung einer Vorlageerinnerung erklärte der als Zeuge befragte Notar glaubhaft damit, dass ihm diese erst mit der UFSG - Novelle 2006, BGBl. I Nr. 143, geschaffene und ab August 2006 geltende Möglichkeit nicht bekannt gewesen sei.
Schließlich widersprach die belangte Behörde auch dem Argument der Beschwerdeführer nicht, Unbedenklichkeitsbescheinigungen würden üblicherweise innerhalb von zwei oder drei Wochen nach Zahlung der Steuer vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern ausgestellt werden, während im Beschwerdefall erst die Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom zugestellt worden seien. Dies spräche dafür, das bei der Bearbeitung des Falles der Beschwerdeführer beim Finanzamt nicht alles reibungslos vonstatten gegangen ist.
Aus all diesen Gründen hält es der Verwaltungsgerichtshof jedenfalls für nicht erwiesen, dass die in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen dem damaligen zustellungsbevollmächtigten Parteinvertreter der Beschwerdeführer, dem Notar Dr. K., zugestellt worden sind.
Die vorliegende, nach Ablauf der in § 27 Abs. 1 VwGG genannten Frist von sechs Monaten nach Einbringen der Berufung erhobene Säumnisbeschwerde erweist sich daher als zulässig.
Soweit die Beschwerdeführer mit ihrer gemeinsam erhobenen Berufung Bescheide des Finanzamtes bekämpfen, die nicht an den jeweiligen Beschwerdeführer gerichtet waren und daher auch keine Rechtswirkungen gegenüber dem jeweiligen Beschwerdeführer entfalten, erweist sich die erhobene Berufung als unzulässig. Die Berufung war daher, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer erhoben wurde und die an die Zweitbeschwerdeführerin gerichteten Bescheide betrifft, und soweit sie von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde und die an den Erstbeschwerdeführer gerichteten Bescheide betrifft, als unzulässig zurückzuweisen.
Nach § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Art. 132 B-VG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgebender Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen.
Da zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Frage der Zustellung der in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen strittig ist, konnte sich der Gerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG auf die Beantwortung der Rechtsfrage beschränken, ob die in Rede stehenden Berufungsvorentscheidungen Wirksamkeit erlangt haben oder nicht, und der belangten Behörde auftragen, über die im von der mit diesem Erkenntnis erfolgten Zurückweisung nicht erfassten Umfang noch offenen Berufungen bescheidmäßig zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am