VwGH vom 31.07.2012, 2012/05/0052

VwGH vom 31.07.2012, 2012/05/0052

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2012/05/0054

2012/05/0053

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerden 1. a) des WK und b) der DK, beide in St. Pölten (hg. Zl. 2012/05/0052), 2. a) des Ing. GK in St. Pölten und b) der SK in K (hg. Zl. 2012/05/0053) sowie 3. a) des KF und b) der LF, beide in St. Pölten (hg. Zl. 2012/05/0054), alle Beschwerdeführer vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Fuchsbauer Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt St. Pölten vom , Zl. 00/37/9d/88-2011/Mag.K/SH, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei in sämtlichen Verfahren: SB in 3100 St. Pölten; weitere Partei in allen Verfahren: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Stadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte der mitbeteiligte Bauwerber die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Trainingscenter und Parkplätzen samt straßenseitiger Einfriedung auf dem Grundstück Nr. 469/19, EZ 956, KG U. Die Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0052 sind Eigentümer des an das Baugrundstück nordwestlich unmittelbar angrenzenden Grundstückes Nr. 469/20, die Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0053 sind Eigentümer des durch die R.-Gasse vom Baugrundstück getrennten, diesem südöstlich gegenüberliegenden Grundstückes Nr. 469/7 und die Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0054 sind Eigentümer des unmittelbar an das Baugrundstück nordöstlich angrenzenden Grundstückes Nr. 469/18.

Mit Schreiben jeweils vom erhoben sämtliche Beschwerdeführer Einwendungen wegen Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie wesentlicher Verkehrsbeeinträchtigungen im Hinblick auf nachteilige Immissionen. Das Bauvorhaben sei mit dem Flächenwidmungsplan nicht vereinbar, da es im Bauland - Wohngebiet unzulässig sei. Die Einholung eines lärm- und lufttechnischen Gutachtens sowie eines medizinischen Sachverständigengutachtens werde beantragt.

Bei der mündlichen Bauverhandlung am wurde das Projekt im Wesentlichen dahingehend beschrieben, dass es sich um ein Einfamilienhaus mit einem Trainingscenter handle. Das Trainingscenter gliedere sich in einen 86,48 m2 großen Trainingssaal, eine 7,63 m2 große Kantine, einen Technikraum, ein Büro, einen Gang und Garderoben für Damen und Herren. Zwischen dem Wohn- und Trainingsgebäude und der Straßenfluchtlinie werde eine PKW-Stellplatzanlage für fünf PKW auf Eigengrund hergestellt. Im Trainingscenter sollen die Sportarten Taekwondo, Kickboxen, Boxen, Judo, Karate, WingChun und Aerobic unterrichtet werden. In der Kantine würden Getränke in Dosen, Kaffee vom Automaten sowie Toast verabreicht. Die Betriebszeiten von Trainingscenter und Kantine seien Montag bis Freitag von 9.00 bis 21.00 Uhr, Samstag von 10.00 bis 21.00 Uhr und Sonntag von 11.00 bis 19.00 Uhr. Durch organisatorische Maßnahmen werde sichergestellt, dass sich nie mehr als 40 Personen gleichzeitig im Trainingscenter befänden.

Seitens der Beschwerdeführer wurde vorgebracht, im Hinblick auf Aerobic sei davon auszugehen, dass eine entsprechende Musikanlage vorgesehen sei. Auf Grund der Fenster sei damit zu rechnen, dass insbesondere in den Sommermonaten bei Öffnung derselben eine zuzügliche Lärmbelästigung eintrete. Für die Fenster des Turnsaales sei die Auflage zu erteilen, dass diese fix verschlossen sein müssten. Bei Kumulierung des vorhandenen Grundlärms (Straßenlärm) mit dem zu erwartenden Lärm sei mit einer Gesundheitsbeeinträchtigung zu rechnen. Zur Liegenschaft der Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0052 sei jedenfalls eine Lärmschutzwand zu errichten.

Der Bauwerber gab mit Schreiben vom und vom bekannt, dass entgegen den Einreichunterlagen anstelle der Kantine eine Teeküche eingerichtet werden solle und für das Trainingscenter folgende Änderungen vorgenommen würden: Im Trainingscenter werde keine Musik abgespielt; eine Lüftungsanlage werde nicht eingebaut, da die Be- und Entlüftung über die Fenster erfolge; im Turnsaal werde das linke hintere Fenster (straßenseitig) als Notausgang verwendet; während der Trainingszeiten würden die Fenster im Turnsaal gekippt und nicht zur Gänze geöffnet; die Entlüftung des Turnsaales erfolge nur dann, wenn sich keine Trainingsteilnehmer im Turnsaal befänden; die Be- und Entlüftung in der Garderobe/Dusche erfolge über die Fenster.

Am erstellte der Amtssachverständige Dipl. Ing. Z. ein lärmtechnisches Gutachten. Dabei ging er von dem eingereichten Projekt in der Fassung der vom Bauwerber vorgenommenen Modifikationen aus und kam zu dem Schluss, dass die zu erwartenden Immissionen nicht über den in der Verordnung über die Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen, LGBl. Nr. 8000/4-0, bzw. der ÖNORM S 5010 festgelegten Grenz- und Planungsrichtwerten lägen. Nach dem Projekt ging der Sachverständige auch davon aus, dass als Lärmschutzwand bei der Terrasse eine Schirmwand mit einer Länge von rund 6 m, ausgehend von der nordöstlichen Grundstücksgrenze, parallel zur südöstlichen Grundstücksgrenze und in einem Abstand von rund 1,7 m zur Hauswand mit einer Höhe von 2 m errichtet werde (Anmerkung: Diese ist gegen die Liegenschaft der Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0053 und nicht jene zur hg. Zl. 2012/05/0052 gerichtet).

Am erstattete der Amtssachverständige Dr. E. eine humanmedizinische Stellungnahme. Er kam zu dem Schluss, dass bei plan- und projektgemäßer Ausführung und konsensgemäßer Betriebsführung (insbesondere keiner Erweiterung der projektierten Betriebsart Teeküche) und Einhaltung der angegebenen Betriebszeiten und Besucherfrequenzen keine unzumutbaren oder gesundheitsgefährdenden Belästigungsreaktionen durch Lärmimmissionen zu erwarten seien.

Die Beschwerdeführer äußerten sich mit Schreiben jeweils vom zu den genannten Sachverständigengutachten ablehnend.

Am gab der Amtssachverständige Dipl. Ing. Z. eine ergänzende lärmtechnische Stellungnahme ab. Darin legte er im Wesentlichen erneut dar, dass er vom eingereichten Projekt und der Betriebsbeschreibung ausgegangen sei. Insbesondere solle demgemäß keinerlei elektroakustische Beschallung im Trainingsraum oder in der Teeküche stattfinden. Im Übrigen sei es möglich, dass die maximale Personenzahl (Anmerkung: 40) nicht gleichzeitig trainieren könne. Um auf der "sicheren Seite" zu liegen, sei aber mit der vollen Personenzahl über den gesamten Beurteilungszeitraum gerechnet worden. Die Rufe und Schreie dieser Personen seien ebenfalls mit Emissionswerten, die auf der "sicheren Seite" lägen, berücksichtigt worden. Der angesetzte Innenpegel von 88 dB auf Grund von Schreien und Rufen sei auch im Bereich bzw. über dem Pegel von Musikdarbietungen (die allerdings nicht Gegenstand des Projektes seien). Ob eine Kipplüftung ausreichend sei, könne der lärmtechnische Sachverständige nicht beurteilen. Das zu beurteilende Projekt sehe eine Kipplüftung während des Trainings vor, ein Öffnen der Fenster sei nur in trainingsfreien Zeiten (Trainingspausen) gestattet. Die zu erwartenden Immissionen lägen deutlich unterhalb der nach der Verordnung LGBl. Nr. 8000/4-0 ausgewiesenen (wurde näher dargestellt).

Der Amtssachverständige Dr. E. gab am eine Ergänzung zur humanmedizinischen Stellungnahme ab. Darin wurde festgestellt, dass keine neuen Beurteilungskriterien vorlägen, die eine Änderung der humanmedizinischen Stellungnahme rechtfertigen würden.

Die Beschwerdeführer äußerten sich in Stellungnahmen jeweils vom ablehnend. In diesen Stellungnahmen sind auch detaillierte Berechnungen zur Lärmbelastung enthalten.

Der Amtssachverständige Dipl. Ing. Z. gab am eine ergänzende lärmtechnische Stellungnahme ab. Auf Grund der Angaben des Projektwerbers würden während des Trainings nur die Fenster in Richtung zur B.-Straße geöffnet (gekippt), die Fenster in Richtung der Liegenschaft der Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0052 blieben während des Trainings geschlossen. Diese Fenster seien daher auch als geschlossen der Berechnung zugrunde gelegt worden, was versehentlich im Befund nicht angegeben gewesen sei. Weiters legte der Amtssachverständige Näheres zur Lage der Immissionspunkte und zu Anpassungswerten dar.

Die Beschwerdeführer verwiesen in Stellungnahmen jeweils vom auf ihre bisherigen Ausführungen und legten ein Schreiben des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung - Gruppe Straße vom über lärmtechnische Erhebungen am (betreffend Straßenlärm) vor, die auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0052 durchgeführt worden seien.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt St. Pölten vom wurde die beantragte Baubewilligung erteilt, und zwar gemäß der (in den Bescheid aufgenommenen) Beschreibung und unter Vorschreibung etlicher Auflagen. Sowohl die mit dem Bescheid genehmigten Unterlagen als auch der Bescheidspruch selbst stellen das Projekt in der Fassung der vom Mitbeteiligten vorgenommenen Änderungen dar. Ausdrücklich ist darin festgehalten, dass im Trainingscenter keine Musik abgespielt wird sowie dass während der Trainingszeiten die Fenster im Turnsaal gekippt und nicht zur Gänze geöffnet werden. Die Entlüftung des Turnsaales erfolgt nur dann, wenn sich keine Trainingsteilnehmer im Turnsaal befinden.

In der Bescheidbegründung wurde nach Darstellung des Verfahrensablaufes im Wesentlichen dargelegt, dass das Projekt in der Widmung Bauland - Wohngebiet zulässig sei. Die Einwände betreffend Verkehrsbeeinträchtigung/erhöhtes Verkehrsaufkommen auf öffentlichem Gut seien als unzulässig zurückzuweisen. Die Stellplatzanlage für fünf PKW-Stellplätze sei als relevante Lärmquelle in der lärmtechnischen Beurteilung berücksichtigt worden, unabhängig davon, dass es sich nur um Pflichtstellplätze handle. Das Bauverfahren sei ein Projektbewilligungsverfahren, sodass die Frage, ob der Bauwerber das bewilligte Gebäude gemäß der Baubewilligung nutzen werde, nicht releviert werden könne. Entsprechend der Anregung der Beschwerdeführer seien ein lärmschutztechnisches und ein humanmedizinisches Gutachten eingeholt worden. Die projektierte Lärmschutzwand im Bereich der Terrasse erfülle die technischen Anforderungen. Gegen die Liegenschaft der Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0052 sei keine Lärmschutzwand projektiert, und nach dem lärmschutztechnischen Gutachten würden sämtliche Grenzwerte auch ohne eine solche zusätzliche Lärmschutzwand nicht überschritten. Projektänderungen könnten im Übrigen jederzeit während des Verfahrens erfolgen. Nach der Betriebsbeschreibung und den Einreichunterlagen werde keine Musik abgespielt. Auch das Lüftungsprocedere sei in den Einreichunterlagen beschrieben worden. Während des Trainings würden die Fenster gekippt. Hievon ausgenommen seien jene gegen die Liegenschaft der Beschwerdeführer zur hg. Zl. 2012/05/0052. Diese blieben während der Trainingseinheiten geschlossen. In den Pausen erfolge eine zusätzliche Stoßlüftung über die zur Gänze geöffneten Fenster. Die Grenzwerte der Verordnung LGBl. Nr. 8000/4-0 und der ÖNORM S 5010 für die Widmung Bauland-Wohngebiet würden eingehalten. Im Hinblick auf die eingeholten Gutachten sei eine weitere Begutachtung bzw. Durchführung weiterer Lärmmessungen nicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid erhoben sämtliche Beschwerdeführer Berufungen.

Im Berufungsverfahren wurde ein schalltechnisches Gutachten des Ing. M. vom eingeholt. Ausgehend vom Projekt, nach dem insbesondere die Fenster der nordwestlichen Fassade des Turnsaales geschlossen und in der nordöstlichen Fassade des Turnsaales gekippt seien und nur ohne Betrieb im Turnsaal vollständig geöffnet würden sowie im Trainingscenter keine Musik abgespielt werde, gelangte der Gutachter zu dem Schluss, dass die Lärmhöchstwerte für Wohngebiet an keinem Rechenpunkt überschritten würden.

Die Beschwerdeführer äußerten sich in einer Stellungnahme vom ablehnend.

Mit Spruchpunkt I. des in Beschwerde gezogenen Bescheides wurden die Berufungen u.a. der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II. betraf eine Zurückweisung der Berufungen weiterer Berufungswerber mangels Parteistellung). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren sei, bei dem ausschließlich der in den Einreichplänen, in der Baubeschreibung und im Betriebskonzept zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend sei. Hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen stehe den Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht zu. Das Bauvorhaben sei auch im Bauland-Wohngebiet zulässig (wurde näher ausgeführt).

Gegen diesen Bescheid (inhaltlich lediglich Spruchpunkt I.) richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In den Beschwerden wird im Wesentlichen vorgebracht, § 48 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) sei falsch ausgelegt worden. Grundlage der Beurteilung könnten nur die faktisch zu erwartenden Immissionen sein. Dieser Grundlage entsprächen die Gutachten nicht. Es könne nicht Intention des Gesetzes sein, ein Vorhaben zu bewilligen, von dem von Anfang an bekannt sei, dass es nicht in der genehmigten Form umgesetzt werde. Die Betriebsbeschreibung entbehre jeglicher Praktikabilität und sei somit keine geeignete Grundlage für den Bewilligungsbescheid. Es könnte die Rechte von Nachbarn aushöhlen, wenn in Betriebsbeschreibungen falsche Angaben enthalten seien. Sei bereits im Bewilligungsverfahren ersichtlich, dass die zu bewilligende Betriebsbeschreibung nicht dem faktisch zu erwartenden Projekt entspreche, müsse den Nachbarn daher eine Möglichkeit gegeben werden, diese Umstände einzuwenden, um spätere, jahrelange, unzulässige Immissionen bzw. daraus resultierende Rechtsstreite zu verhindern. Es wäre daher eine musikalische Untermalung des Aerobic-Unterrichtes sowie das Öffnen der Fenster im Sommer anzunehmen gewesen. In diesem Zusammenhang sei es auch insbesondere problematisch, dass der Betrieb auch am Wochenende geöffnet sei. Kampfsportarten dienten außerdem keinesfalls der täglichen körperlichen Ertüchtigung und der Fitness der im Wohngebiet wohnenden Bevölkerung, weshalb das Projekt gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) im Wohngebiet nicht zulässig sei. Das Projekt führe auch zu einer Änderung der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen, wobei die Lärmbelästigung auf Grund des erhöhten Verkehrsaufkommens, das dem Bauvorhaben zuordenbar sei, eine Immission im Sinne des § 48 BO darstelle. Der Sachverhalt sei somit ergänzungsbedürftig geblieben. Außerdem sei durch die Unterlassung der Einholung der beantragten Ergänzungsgutachten, insbesondere in Verbindung mit dem Ignorieren des Parteienvorbringens, ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel gegeben. Die von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten seien unbeachtet geblieben.

§ 6 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) lautet:

"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)

sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,

gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

§ 48 BO hat folgenden Wortlaut:

"Immissionsschutz

§ 48. (1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen


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1.
das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden:
2.
Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.

(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."

Wohngebiete sind gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) für Wohngebäude und die dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienende Gebäude sowie für Betriebe bestimmt, die in das Ortsbild einer Wohnsiedlung eingeordnet werden können und keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- oder Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkung auf die Umgebung verursachen.

Die Aufzählung der Nachbarrechte im § 6 Abs. 2 BO ist taxativ (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0346). Hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen und der damit verbundenen Immissionsauswirkungen besteht somit kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht (vgl. die bei Hauer/Zaussinger , Niederösterreichisches Baurecht, 7. Auflage, S. 174 f unter E 50

f. wiedergegebene hg. Rechtsprechung), weshalb das diesbezügliche Vorbringen ins Leere geht.

Auf die Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes besteht nicht schlechthin ein subjektivöffentliches Recht. Ein solches ist nur dann gegeben, wenn und soweit die Widmungskategorie einen Immissionsschutz gewährleistet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0118), weil der Schutz vor Immissionen ausdrücklich im taxativen Katalog der Nachbarrechte (§ 6 Abs. 2 BO) enthalten ist. Dies bedeutet andererseits, dass die Nachbarn keinen weitergehenden Rechtsanspruch dahingehend haben, dass im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 1 ROG das geplante Objekt dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienen muss.

Es waren daher im vorliegenden Fall die Immissionen im Rahmen des § 6 Abs. 2 Z. 2 BO iVm § 48 BO zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0116). Beim Baubewilligungsverfahren handelt es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren, bei dem die Zulässigkeit auf Grund der eingereichten Pläne und der sonstigen Unterlagen und Baubeschreibungen zu beurteilen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0227, mwN; dazu, dass es auf die konkrete Immissionsbelastung und nicht auf die betriebstypische ankommt, vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0068).

Unabhängig davon, dass die geplante Benützung möglicherweise nicht erfolgen kann, weil etwa Aerobic ohne Musik nicht stattfinden kann oder die entsprechende Belüftung des Turnsaales bei gekippten Fenstern nicht gewährleistet ist, ist das Projekt jedenfalls lediglich in der bescheidmäßig genehmigten Form bewilligt, also ohne Musik und mit bloß gekippten Fenstern während des Betriebes. Sollte Musik abgespielt werden oder die Fenster während des Betriebes des Turnsaales zur Gänze geöffnet werden, wäre eine Nutzung gegeben, die der Baubewilligung nicht entspricht und zu baupolizeilichem Einschreiten zu führen hätte. Es liegt aber keine Rechtsverletzung der Nachbarn dadurch vor, dass die belangte Behörde im Baubewilligungsverfahren ausschließlich vom eingereichten Projekt ausgegangen ist.

Einem schlüssigen Sachverständigengutachten kann im Übrigen nur auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden (vgl. die bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, S. 837 unter E 238 ff wiedergegebene hg. Judikatur). Dass die Sachverständigengutachten, ausgehend von der, wie zuvor dargestellt, maßgebenden Betriebsbeschreibung, unschlüssig wären, behaupten die Beschwerdeführer nicht und ist auch nicht ersichtlich. Sie sind diesen Gutachten nicht auf gleicher sachverständiger Ebene entgegengetreten. Ausführungen der Parteien, mögen diese inhaltlich auch von fachkundigen Personen stammen, vermögen ein von einem Sachverständigen persönlich erstelltes Gutachten nicht zu ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0114).

Die Beschwerden erweisen sich daher insgesamt als unbegründet und waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am