VwGH vom 20.01.2005, 2004/14/0132
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des JW in L, vertreten durch Dr. Peter Keul und Dr. Alexander Burkowski, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Langgasse 1- 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ FSRV/0006-L/2003, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er in den Jahren 1995 bis 1998 in L vorsätzlich durch die entsprechende Führung von Aufzeichnungen bzw das Verschweigen von Einnahmen (aus dem Zeltverleih und der Schaustellertätigkeit) HF dazu bestimmt habe, als Abgabepflichtige die betrieblichen Einkünfte zu niedrig anzugeben und dadurch unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Einkommen- und Umsatzsteuer 1994 bis 1997 in Höhe von insgesamt 207.668 S zu bewirken, und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 iVm 11 FinstrG (Begehungsform der Bestimmungstäterschaft) begangen habe. Der bereits eine finanzstrafrechtliche Vorstrafe wegen Finanzvergehen nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG aufweisende Beschwerdeführer habe im Schausteller- und Zeltverleih-Betrieb seiner Ehefrau HF als Angestellter mitgearbeitet und sei dabei vor allem mit der praktischen Abwicklung und Organisation des laufenden Geschäftsbetriebes ("Beschickung, Aufstellung und Betrieb von Vergnügungseinrichtungen und Zelten bei diversen Veranstaltungen") betraut gewesen. Betriebsprüfungen hätten ergeben, dass grobe Mängel im betrieblichen Rechnungswesen bestünden, da Unterlagen über die einzelnen Einnahmen im Bereich des Schaustellergewerbes nicht hätten vorgelegt werden können. Auch habe eine Darlehensvereinbarung nicht schriftlich belegt werden können und sei über Zahlungsmodalitäten und -vorgänge keine Aussage gemacht worden. Belegnummern seien als fehlerhaft festgestellt worden. Weiters sei festgestellt worden, dass Schwarzarbeiter beschäftigt und Einnahmen aus der Zeltvermietung sowie dem Autodrom-Betrieb und aus Schießbuden, etc, nicht erklärt worden seien.
Die Abgabenbehörde habe daher die Steuerbemessungsgrundlagen für die betreffenden Zeiträume schätzen müssen. Im Rahmen eines Finanzstrafverfahrens gegen HF habe diese angegeben, dass der Beschwerdeführer ohne ihre Kenntnis Zelte vermietet und einen Paragonblock ihres Unternehmens verwendet habe (was auch der Vertreter von HF bestätigen habe können). Aufgrund der von der Abgabenbehörde getroffenen Feststellungen über die unter Nichterklärung von Einkünften aus Gewerbebetrieb durch HF bewirkten Abgabenverkürzung in dem nach § 33 Abs 5 FinStrG relevanten, gegenüber dem Abgabenverfahren reduzierten Ausmaß gehe die belangte Behörde für das gegenständliche Verfahren davon aus, dass beim Beschwerdeführer das objektive Tatbild der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG erfüllt sei. HF und auch die Zeugen RS, GB und BS hätten ausgesagt, dass der Beschwerdeführer im Betrieb seiner Ehefrau HF einen entscheidenden Einfluss auf die tatsächliche Führung des Gewerbebetriebes sowohl in wirtschaftlicher als auch in finanzieller Hinsicht gehabt habe. Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer nicht nur bei der organisatorischen Abwicklung der Geschäfte mitgeholfen, sondern darüber hinaus deren Gang maßgeblich beeinflusst.
Mit dem für das derzeitige Verfahrensstadium erforderlichen Wahrscheinlichkeit gehe die belangte Behörde davon aus, dass die von HF in die Buchhaltung aufgenommenen (unvollständigen) Unternehmensdaten vom Beschwerdeführer als faktischen, zumindest einen großen Teil des laufenden Geschäftsbetriebes abwickelnden Machthaber stammten und ursächlich dafür gewesen seien, dass HF Abgabenverkürzungen "realisiert" habe. Angesichts der festgestellten Tat- und Täterumstände könne auf zumindest bedingten Vorsatz des Beschwerdeführers geschlossen werden. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Finanzvergehen tatsächlich begangen habe, bleibe dem nunmehr von der Finanzstrafbehörde durchzuführenden Untersuchungsverfahren vorbehalten.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 82 Abs 1 und 2 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 und 81 leg. cit zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit der Gerichte fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz nach der Anordnung des Abs 3 erster Satz des § 82 FinStrG das Strafverfahren einzuleiten.
Im Spruch eines Einleitungsbescheides muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", somit in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung eines solchen Bescheides ist dazulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken (vgl das hg Erkenntnis vom , 90/14/0207).
Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl nochmals das oa Erkenntnis).
In der Beschwerde wird vorgebracht, HF sei im Jahr 2000 vom Beschwerdeführer geschieden worden. Das Vergehen der Abgabenhinterziehung habe allenfalls HF zu verantworten, aber nicht der Beschwerdeführer. HF habe erstmals im Jahr 2001 ausgesagt, dass der Beschwerdeführer ohne ihre Kenntnis Einnahmen nicht ordnungsgemäß erfasst habe. Unrichtige Aussagen einer geschiedenen Ehefrau seien aber in derartigen Fällen nahezu die Regel. Es lägen keine Umstände vor, aus denen sich ein anderer Verdacht ergäbe als der, dass der Beschwerdeführer ein Jahr nach der Scheidung von seiner früheren Ehefrau, welche sich in einem Strafverfahren zu verantworten habe, beschuldigt werde. Die Erstellung des steuerlichen Rechenwerkes sei nicht in den Aufgabenbereich des Beschwerdeführers gefallen, der auch nicht Machthaber des laufenden Geschäftsbetriebes gewesen sei. Solcherart könne von genügend Verdachtsgründen gegen den Beschwerdeführer keine Rede sein.
Der angefochtene Bescheid geht davon aus, es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer seinerzeit seine Ehefrau HF durch die Bekanntgabe falscher Unternehmensdaten (unvollständige Erlöse) vorsätzlich dazu bestimmt habe, Abgaben zu hinterziehen. Bestimmungstäter ist, wer vorsätzlich den unmittelbaren Täter zu dessen Tatausführungen veranlasst (Leitner, Österreichisches Finanzstrafrecht2, 65).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die belangte Behörde nicht davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer die Erstellung des eigentlichen steuerlichen Rechenwerkes oblägen wäre. Im angefochtenen Bescheid wird in diesem Zusammenhang vielmehr ausgeführt: "Wenngleich möglicherweise die Erstellung des steuerlichen Rechenwerkes selbst an Hand der zur Verfügung stehenden Aufzeichnungen in den Aufgabenbereich von HF fiel ..."
Wenn der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe ihre Sachverhaltsfeststellungen ausschließlich auf die Aussagen von HF gestützt, von der er im Jahr 2000 geschieden worden sei, ist darauf zu verweisen, dass Aussagen einer geschiedenen Ehefrau über Angelegenheiten ihres früheren Ehemannes nicht von vornherein die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden kann, und zwar auch dann nicht, wenn die Ehefrau (auch) als Täterin eines Finanzdeliktes in Betracht kommt. Vor allem aber lässt der Beschwerdeführer außer Acht, dass sich der angefochtene Bescheid nicht nur auf die Aussagen von HF, sondern insbesondere auch auf die Zeugenaussagen von RS, GB und BS (ehemalige Mitarbeiter bzw Kunden des Unternehmens der HF) stützt. Die Beschwerde vermag sohin nicht aufzuzeigen, dass der belangen Behörde nicht Umstände vorgelegen wären, welche im Sinne eines Verdachtes die Schlussfolgerung auf die Begehung des in Rede stehenden Finanzvergehens durch den Beschwerdeführer zuließen.
Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe iSd § 82 Abs 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, geht es nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Informationen für einen Verdacht ausreichen. Ob der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG, in welchem auch zu klären sein wird, wie sich die allenfalls gegebene beherrschende Stellung des Beschwerdeführers auf die Zurechnung der Einkünfte aus dem Zeltverleih bzw der Schaustellertätigkeit auswirkt, vorbehalten.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am