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VwGH vom 28.05.2009, 2007/16/0189

VwGH vom 28.05.2009, 2007/16/0189

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, LL.M., über die Beschwerde des G H in U, vertreten durch Czernich Hofstädter Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-17049/4-2007, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages hinsichtlich der Rückzahlung von Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Gemeinde U), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom bei der mitbeteiligten Gemeinde die "Neufestsetzung der Getränkesteuer für die Jahre ab 1995 bis laufend auf Null" sowie die Rückerstattung der bisher entrichteten Getränkesteuer für den genannten Zeitraum. Diese Anbringen wiederholte er mit Schriftsatz vom unter Hinweis auf "das Urteil des EuGH" vom (gemeint offensichtlich: in der Rs. C-437/97 (Evangelischer Krankenhausverein Wien)).

Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag unter Bezugnahme auf § 151 Abs. 2 sowie § 187 Abs. 1 der Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO) als unbegründet ab. Mit Bescheid vom selben Tag setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Getränkesteuer für das Jahr 1999 mit 344.577 S fest.

Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Bescheide Berufung.

Dazu ergingen vier Berufungsvorentscheidungen des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom . Mit je einer Berufungsvorentscheidung wurde die Steuer auf alkoholische Getränke für den Zeitraum 1995 bis 1998 einerseits und für den "Zeitraum" 1999 andererseits jeweils mit "null" festgesetzt. Mit zwei weiteren Bescheiden erklärte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde, dass die Verrechnung mit Abgabenschuldigkeiten, die Verwendung zur Tilgung vollstreckbarer Abgabenschuldigkeiten sowie die Rückzahlung, also die Erstattung der mit Bescheiden vom selben Tag mit "null" festgesetzten Steuer auf alkoholische Getränke, nicht zulässig sei.

Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom , die Berufungen betreffend den Antrag auf Rückerstattung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1999 der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

Mit Bescheiden vom bestätigte der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde als Abgabenbehörde zweiter Instanz die Entscheidungen des Bürgermeisters.

Die belangte Behörde gab einer dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom Folge und hob die bekämpften Bescheide auf, weil sie Ermittlungen der Abgabenbehörde vermisste, ob die in Rede stehende Getränkesteuer vom Beschwerdeführer überwälzt wurde.

Der Beschwerdeführer richtete eine mit datierte Eingabe an die mitbeteiligte Gemeinde und führte unter dem Betreff "Erstattung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 - 1999" aus:

"Da der Bescheid der Tiroler Landesregierung vom

Zahl .... zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen ist, fordere

ich Sie hiermit auf, die zu Unrecht entrichtete Getränkesteuer für

die Jahre 1995 bis 1999 im Gesamtbetrage von .... bis spätestens

auf mein Konto .....bei der ...bank ... zu überweisen."

Mit Schreiben vom übermittelte die Gemeinde dem Beschwerdeführer einen Vorhalt gemäß § 125 TLAO "für die Fortsetzung des Verfahrens Getränkeabgabe - Effektivitätsprinzip", welchem ein Erhebungsbogen angeschlossen war. Der Beschwerdeführer wurde in diesem Vorhalt dazu aufgefordert, den Bogen vollständig ausgefüllt und mit den darin angeführten Unterlagen binnen sechs Wochen ab Zustellung an die Behörde zu retournieren.

Mit Schriftsatz vom beantwortete der Beschwerdeführer diese Fragen zum Teil und führte bezüglich jener Fragen, welche er nicht oder nicht rechtzeitig beantworten könne, entsprechende Begründungen dafür an.

Der Beschwerdeführer richtete einen mit datierten Schriftsatz an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde und führte aus, die mit den "jeweiligen" Bescheiden vom ergangenen "Nullbescheide" seien in Rechtskraft erwachsen. Der von ihm ("zum wiederholten Mal") mit Schriftsatz vom gestellte Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer sei "bisher von der (mitbeteiligten) Gemeinde .... unbeantwortet bzw. unerledigt geblieben". Er beantrage daher gemäß § 234 TLAO den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Rückzahlungsantrag auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Diesen Antrag wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom ab, weil der Beschwerdeführer es unterlassen habe, den ihm übermittelten Vorhalt vollständig im Rahmen der ihm zukommenden Mitwirkungspflicht zu beantworten, was aber für die Entscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz unabdingbar sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Vorstellung. In dieser führte er ins Treffen, dass er den Erhebungsbogen mit jenen Antworten, die ihm möglich gewesen seien, innerhalb der ihm gesetzten Frist zurückgestellt habe, die Abgabenbehörde jedoch keinen Anlass zur ergänzenden Informationsaufnahme gesehen habe. Seit Juni 2004 sei keine Anfrage der Abgabenbehörde bezüglich weiter benötigter Informationen ergangen, vielmehr ergebe sich aus der Korrespondenz, dass die Gemeinde die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abwarte. Daher habe der Beschwerdeführer nicht zu verantworten, dass die Abgabenbehörde erster Instanz bisher keine Entscheidung über den Rückzahlungsantrag getroffen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass das Verfahren betreffend die Rückerstattung zu Folge des Vorlageantrags des Beschwerdeführers vom (nach erstmaliger Behebung der Berufungsentscheidungen des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde wieder) beim Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde anhängig sei. Wenn sohin der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehre, gehe dieser Antrag ins Leere. Nach § 49 TLAO sei in Abgabenangelegenheiten der Gemeindevorstand als Abgabenbehörde zweiter Instanz sachlich zuständig. Das gegenständliche Verfahren sei beim Gemeindevorstand anhängig, womit ein Übergang der Zuständigkeit an diese Behörde nicht (mehr) statthaft sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, brachte eine Gegenschrift ein und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich

"in seinem Recht auf Rückerstattung der zu Unrecht entrichteten Getränkesteuer, insbesondere auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Rückzahlungsantrag auf die Abgabenbehörde II. Instanz verletzt."

Gemäß § 234 Abs. 1 der Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO) sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden. Wird einer Partei ein Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Einlangen des Anbringens bekannt gegeben, so geht nach § 234 Abs. 2 leg. cit. auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz über; für Bescheide, die auf Grund von Abgabenerklärungen zu erlassen sind, beträgt die Frist ein Jahr.

Nach § 49 TLAO sind in den Angelegenheiten der Gemeindeabgaben - mit hier nicht interessierender Ausnahme der Abgabenangelegenheiten der Landeshauptstadt Innsbruck - in erster Instanz der Bürgermeister und in zweiter Instanz der Gemeindevorstand (Stadtrat) sachlich zuständig.

Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, konnte gemäß § 112 Abs. 1 der mit außer Kraft getretenen Tiroler Gemeindeordnung 1966 (TGO 1966) nach Erschöpfung des Instanzenzuges bei der Landesregierung dagegen Vorstellung erheben. Die Landesregierung hatte gemäß § 112 Abs. 5 leg. cit. den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an das zuständige Gemeindeorgan zu verweisen, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt worden sind. Das Gemeindeorgan war bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

Aus der Bestimmung des § 49 TLAO ergibt sich ungeachtet der im Berufungsverfahren der Abgabenbehörde erster Instanz nach § 207 TLAO eingeräumten Ermächtigung zur Berufungserledigung mittels Berufungsvorentscheidung, dass die Entscheidung über Berufungen dem Gemeindevorstand als Abgabenbehörde zweiter Instanz obliegt. Wird daher im Zuge eines Berufungsverfahrens der Antrag auf Übergang der Zuständigkeit auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Devolutionsantrag) gestellt, geht dieser wegen der für Berufungsentscheidungen bereits ex lege bestehenden Zuständigkeit der Abgabenbehörde zweiter Instanz ins Leere. Die Verletzung der Pflicht zur Entscheidung über Rechtsmittel fällt vielmehr unter die Sanktion des § 27 VwGG iVm Art. 132 B-VG und nicht unter die des § 234 TLAO (vgl. die zur Bundesabgabenordnung ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 2006/13/0075, und vom , 92/13/0301).

Über den Antrag des Beschwerdeführers vom (die Schriftsätze vom und vom stellen, wie die belangte Behörde zutreffend bemerkt hat, ungeachtet der formalen Gestaltung keine eigenständigen, eine Entscheidungspflicht auslösenden Anträge, sondern Ergänzungen des Antrages vom dar - vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 2007/16/0098, und den hg. Beschluss vom , 2004/13/0071) entschied nach Berufungsvorentscheidungen des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde und einem Vorlageantrag des Beschwerdeführers der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde im Instanzenzug mit Berufungsentscheidungen vom . Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung (§ 112 TGO 1966) Folge gegeben und die bekämpften Bescheide vom behoben.

Das zuständige Gemeindeorgan im Sinne des § 112 Abs. 5 TGO 1966 ist im Beschwerdefall der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde, dessen Bescheide vom aufgehoben wurden, auch wenn dies im Spruch der Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom nicht ausdrücklich erwähnt sein mag.

Damit war die Zuständigkeit des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung - unbeschadet der Ermächtigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde zur Erlassung einer zweiten Berufungsvorentscheidung nach § 207 Abs. 4 TLAO - bereits (wieder) gegeben, als der Beschwerdeführer seinen Devolutionsantrag vom einbrachte. Ob in dem danach fortzusetzenden Verfahren die Abgabenbehörde erster Instanz oder deren Organe eingeschritten sind, kann dahin gestellt bleiben, weil dies entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers an der bereits gegebenen Zuständigkeit des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde nichts ändert, über den (Berufungs-)Antrag auf "Rückerstattung" der Getränkesteuer mit Berufungsentscheidung (neuerlich) zu entscheiden.

Schon aus diesem Grund hätte der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Entscheidungspflicht zurückweisen müssen. Durch die Abweisung des zurückzuweisenden Devolutionsantrages ist der Beschwerdeführer aber in keinem Recht verletzt worden. Deshalb hat die belangte Behörde die gegen den Abweisungsbescheid erhobene Vorstellung im Einklang mit der Rechtslage abgewiesen.

Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am