VwGH vom 29.03.2017, Ra 2016/05/0056
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der S GmbH in G, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zl. LVwG 46.24-2438/2015-6, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Bürgermeister der Stadt G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom stellte der Landeshauptmann von Steiermark gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG) fest, dass es sich bei den vom bis zum bei der Stahlerzeugung der Revisionswerberin angefallenen Stahl- und Ofenschlacken um Abfall handelt und diese der Abfallkategorie "übrige Abfälle" gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 AlSAG unterliegen. (Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/07/0076, wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit desselben aufgehoben).
2 Mit Eingabe vom stellte die Revisionswerberin an die Bau- und Anlagenbehörde der Stadt G den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002). Festgestellt möge werden, dass für Stahlwerkschlacke, die als Baumaterial für ihren bestimmungsgemäßen Zweck eingesetzt worden sei und werde, das Abfallende im Sinne des AWG 2002 eintrete und diese Materialien daher mit ihrem Einsatz keinen Abfall mehr darstellten. Konkret möge festgestellt werden, dass die Schlacke durch den Einsatz für ihren bestimmungsgemäßen Zweck bei den in dem Antrag unter Punkt D.4. aufgezählten Bauvorhaben die Abfalleigenschaft jeweils verloren habe.
3 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G vom wurde der Antrag der Revisionswerberin für den Zeitraum bis wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), für den Zeitraum "bis heute" wurde der Antrag gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 wegen fehlender Parteistellung gemäß § 8 AVG iVm § 6 Abs. 1 AWG 2002 zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
4 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom sei festgestellt worden, dass es sich bei den vom bis bei der Stahlerzeugung der Revisionswerberin angefallenen Stahl- und Ofenschlacken um Abfall handle. Die Sach- und Rechtslage habe sich für den Zeitraum vom bis nicht wesentlich geändert. Der gegenständliche Antrag sei nur eingebracht worden, um eine andere Entscheidung in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zu erwirken. Zwar habe die Revisionswerberin umfassende Beweise vor- und darlegen können, dass es durch den Einbau in bestimmten Bauprojekten zu einem Abfallende für den gegenständlichen Hüttenschotter komme, jedoch gehe aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervor, welche Komponenten sich seit der Entscheidung vom geändert hätten. Die Revisionswerberin führe aus, dass das Verfahren gemäß § 6 Abs. 1 AWG 2002 das speziellere sei. Dazu müsse jedoch auf die umfangreichen Ausführungen im Verfahren nach dem AlSAG verwiesen werden. Dort sei präzise und genau dargelegt worden, warum ein Abfallende in den gegenständlichen Fällen nicht eintreten könne. Diesen Ausführungen könne sich die Behörde nur vollinhaltlich anschließen. Da es somit für den gegenständlichen Zeitraum keine wesentlichen Veränderungen in der Sach- und Rechtslage zum Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom gegeben habe, sei der gegenständliche Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen.
5 Antragslegitimiert gemäß § 6 Abs. 1 AWG 2002 sei nur der Verfügungsberechtigte. Nur diesem komme Parteistellung zu. Im Bescheid des Landeshauptmannes vom sei festgehalten worden, dass die Revisionswerberin die Schlacken an Dritte weitergebe und im rechtlichen Verfügungsbereich der Revisionswerberin mit Einflussnahme auf den Verwendungszweck ein Abfallende für die Schlacken nicht eintreten könne (dies könne allenfalls unter Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen bei demjenigen eintreten, bei dem die Schlacken zulässig verwertet würden). Da die Mhütte direkt keine Vorgaben treffe, wie mit der Schlacke umzugehen sei und wo sie eingesetzt werde, fehlten die Voraussetzungen für die Feststellung, dass eine zulässige Verwertung vorliege. Im Hinblick auf diese Ausführungen im Bescheid vom sei die Revisionswerberin im gegenständlichen Fall auch nicht Verfügungsberechtigte der Schlacke und könne in ihrem rechtlichen Verfügungsbereich ein Abfallende für die Schlacke nicht eintreten. Bezüglich des Vorbringens, dass die Revisionswerberin den Einbau auch auf eigenem Grund und im eigenen Wirkungsbereich durchgeführt habe, werde auf die vorigen Ausführungen verwiesen, insofern der Einbau im Jahr 2009 erfolgt sei und darüber bereits im vorhergehenden Verfahren abgesprochen worden sei. Das "Abfallthema" sei schon sehr ausführlich und abschließend behandelt worden, weshalb kein amtswegiges Verfahren zur Feststellung der Abfalleigenschaft mehr notwendig erscheine.
6 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G vom mit der Maßgabe bestätigt, dass seine Spruchpunkte I. und II. jene Stahlwerkschlacken beträfen, die von anderen als der Revisionswerberin als Baumaterial eingesetzt würden.
8 Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Vertreter der Revisionswerberin habe bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am zum Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Eigenverwendungen der anfallenden Schlacke als Baumaterial dargelegt, dass die Revisionswerberin in zwei der im Antrag angeführten Fälle als Bauherrin tätig gewesen sei, wobei Schlacke zum Unternehmen S. transportiert worden sei, das sie aufbereitet habe. Die qualitätsgesicherte aufbereitete Schlacke sei danach wieder der Revisionswerberin übergeben worden, die sie am eigenen Werksgelände durch Einbau verwendet habe.
9 Der Feststellungsantrag vom enthalte, so das Landesverwaltungsgericht in der Begründung weiter, zwar in der tabellarischen Auflistung von über 200 Bauprojekten auch zwei Bauvorhaben, in denen die Revisionswerberin als Bauherrin angeführt sei, jedoch sei im Konnex mit dem verbalen Inhalt des Feststellungsantrages daraus keinesfalls der Schluss gerechtfertigt, der Feststellungsantrag habe auch die Eigenverwendung der bei der Revisionswerberin anfallenden Schlacke als Baumaterial in diesen beiden Fällen zum Gegenstand. Daran ändere auch das auf Seite 2 des Feststellungsantrages konkret formulierte Feststellungsbegehren, es wolle festgestellt werden, dass die Schlacke durch den Einsatz für ihren bestimmungsgemäßen Zweck bei den in diesem Antrag unter Punkt D.4. aufgezählten Bauvorhaben die Abfalleigenschaft jeweils verloren habe, nichts. Dazu komme noch, dass die bei der Revisionswerberin anfallende Schlacke zur Aufbereitung einem Dritten (S.) übergeben und nach Aufbereitung von diesem wieder übernommen worden sei, wie dies auch schon im Verfahren vor dem Landeshauptmann (Bescheid vom ) thematisiert worden sei. Das Landesverwaltungsgericht gelange daher zur Auffassung, dass der gegenständliche Feststellungsantrag umfänglich nicht die behauptete Eigenverwendung der bei der Revisionswerberin anfallenden Schlacke umfasse, weshalb eine entsprechende Präzisierung des Spruches vorzunehmen gewesen sei.
10 Im Übrigen habe der Landeshauptmann von Steiermark in seinem Bescheid vom auch eine Entscheidung zur Frage des Endes der Abfalleigenschaft der Stahlwerkschlacke getroffen. Er habe den Eintritt des Endes der Abfalleigenschaft verneint, und weder in der Sachlage noch in der Rechtslage sei diesbezüglich eine maßgebende Änderung eingetreten. Die Bindungswirkung dieses Bescheides hindere eine neuerliche Feststellung nach § 6 AWG 2002, weshalb der Antrag für den Zeitraum vom bis zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei. Im Hinblick auf die Ausführungen zum rechtskräftigen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom könne diese Zurückweisung nicht nur auf res iudicata, sondern auch auf das Nichtbestehen von begründeten Zweifeln im Sinne des § 6 Abs. 1 AWG 2002 gestützt werden. Überdies könne die Zurückweisung ebenso auf die mangelnde Verfügungsberechtigung der Revisionswerberin gestützt werden, worauf noch einzugehen sei.
11 Die Revisionswerberin verkaufe den von ihr produzierten Hüttenschotter unter Eigentumsvorbehalt. Der Vertreter der Revisionswerberin habe bei der mündlichen Verhandlung am dargelegt, dass dies branchenüblich sei und auf Lieferscheinen dokumentiert werde. Ein Kaufvertrag habe nicht zum Beweis vorgelegt werden können, sondern nur ein Lieferschein, auf dem der Eigentumsvorbehalt ausdrücklich dokumentiert sei. Abgesehen davon, dass ein erst auf einem Lieferschein dokumentierter Eigentumsvorbehalt rechtlich nicht wirksam sei, sei § 6 Abs. 1 AWG 2002 hinsichtlich der Verfügungsberechtigung nicht dahingehend auszulegen, dass der bloße Eigentumsvorbehalt, der die Übertragung des Eigentums unter die aufschiebende Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung stelle, die Verfügungsberechtigung im Sinne des § 6 AWG 2002 bedeute. Zivilrechtlich sei klar, dass der Vorbehaltskäufer als Rechtsbesitzer bereits Besitzschutz genieße, zumal er ein Recht auf Nutzung des Vorbehaltsgutes erworben habe, obwohl er noch nicht Eigentümer geworden sei.
12 Die Frage der Verfügungsberechtigung im Sinne des § 6 AWG 2002 könne für den Gegenstandsfall nicht losgelöst von § 5 AWG 2002 (Anmerkung: Diese Bestimmung regelt das Abfallende) hinsichtlich der Verwendung im Sinne einer "zulässigen Verwertung" betrachtet werden, wie dies auch schon im Bescheid des Landeshauptmannes vom zum Ausdruck gebracht worden sei. Der gegenständliche Feststellungsantrag vom stütze sich nämlich ausdrücklich auf den Eintritt des Abfallendes im Sinne des AWG 2002 und begehre die Feststellung, dass die verfahrensgegenständlichen Materialien mit ihrem Einsatz keinen Abfall mehr darstellten. Verfügungsberechtigter im Sinne des § 6 AWG 2002 könne für den Gegenstandsfall daher nur derjenige sein, der die Abfälle innehabe und einer zulässigen Verwertung zuführe bzw. in dessen rechtlichem Verfügungsbereich auf den Verwendungszweck im Sinne einer zulässigen Verwertung Einfluss genommen werden könne. Der bloße Eigentumsvorbehalt vermittle aber keinen derart gestalteten rechtlichen Verfügungsbereich. Für den vorliegenden Fall existiere mit § 6 AWG 2002 eine besondere Rechtsgrundlage für ein Feststellungsverfahren. Für einen darüber hinausgehenden Rechtsanspruch auf Feststellung bleibe kein Raum. Auf die Frage, ob auch von Amts wegen ein Feststellungsverfahren durchzuführen gewesen wäre, sei nicht einzugehen, da dem Beschwerdeverfahren zweifelsfrei ein Feststellungsantrag zugrunde liege.
13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
14 Das Landesverwaltungsgericht hat die Akten des Verfahrens vorgelegt.
15 Die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Verfügungsberechtigung im Sinne des § 6 AWG 2002 zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
18 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, es gehe im gegenständlichen Verfahren um eine vollkommen andere Rechtsfrage als um jene, die im Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom behandelt worden sei. Während nunmehr die Frage eines Abfallendes gemäß § 5 Abs. 1 AWG 2002 maßgebend sei, sei nicht mehr relevant, ob überhaupt eine Abfalleigenschaft vorliege. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , Zl. 2005/07/0139, dargestellt, dass die nach dem AlSAG zuständige Behörde an eine Entscheidung der "Spezialbehörde", die nach § 6 AWG 2002 getroffen worden sei, gebunden sei. Dies spreche dafür, dass ein Bescheid nach § 6 AWG 2002 spezieller sei als ein solcher nach dem AlSAG. Diese Spezialität spreche gegen die Rechtsmeinung, einen Feststellungsantrag gemäß § 6 AWG 2002 mit Verweis auf ein noch nicht abgeschlossenes Verfahren nach dem AlSAG zurückweisen zu können. Dies insbesondere dann nicht, wenn der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde gegen den Bescheid nach § 10 AlSAG die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Von entschiedener Sache könne man daher nicht ausgehen.
19 Daher sei auch die Annahme, dass keine begründeten Zweifel bestünden, nicht gerechtfertigt. Nur wenn es keinen vernünftigen Anhaltspunkt für eine Unklarheit gebe, könne der Antrag zurückgewiesen werden. Am gesamten Markt herrsche jedoch durch die derzeit vorliegende Situation eine allgemeine Verunsicherung.
20 Der Landeshauptmann von Steiermark sei nicht befugt gewesen, im Verfahren nach § 10 AlSAG über das Abfallende abzusprechen. Durch die Auffassung, es läge bezüglich des Abfallendes entschiedene Sache vor, hätte der Feststellungsbescheid gemäß § 10 AlSAG für alle Zeiten dingliche Wirkung für jedweden Einsatz der Stahlwerkschlacke, die von der Revisionswerberin hergestellt werde. Dies wäre der Fall, obwohl der Eintritt des Abfallendes dieser Schlacke vor dem gegenständlichen Verfahren noch nie Gegenstand eines Feststellungsantrages gewesen sei. Das hätte nicht nur für die Revisionswerberin, sondern für den gesamten Markt schwerwiegende Folgen. Es bestehe daher ein allgemeines öffentliches Interesse an der Lösung der Frage des Eintritts des Abfallendes. Im Übrigen läge auch deshalb keine entschiedene Sache vor, weil sich in der Sachlage wesentliche Änderungen ergeben hätten (wurde näher ausgeführt).
21 Vorgängerbestimmung zu § 6 AWG 2002 sei im Übrigen § 4 AWG 1990 gewesen, der im Wesentlichen gleich gelautet habe. Diese Bestimmung habe sich wiederum nach den Materialien an der vormaligen Norm des § 7 Abs. 3 Sonderabfallgesetz orientiert. Nach dieser Bestimmung sei antragsberechtigt der Eigentümer der Sache oder der über diese Sache Verfügungsberechtigte gewesen. Daraus ergebe sich deutlich, dass § 6 AWG 2002 mit der Bezeichnung "Verfügungsberechtigter" jemanden meine, der über eine Sache verfügen könne, ohne notwendigerweise ihr Eigentümer zu sein. Konsequenterweise sei im AWG 1990 (und später im AWG 2002) auf die gesonderte Nennung des Eigentümers verzichtet worden.
22 "Verfügungsberechtigt" sei daher im zivilrechtlichen Sinn zu verstehen, und es sei nicht derjenige, der auf Grund abfall- oder gewerberechtlicher Vorschriften zum Transport oder zur Weiterbehandlung einer bestimmten Sache befugt sei, sondern der, der privatrechtlich über das weitere Schicksal der Sache verfügen könne. Die Revisionswerberin verkaufe den von ihr produzierten Hüttenschotter, wie in der Baubranche üblich, unter Eigentumsvorbehalt. Bis zur Bezahlung des Materials durch die Bauunternehmen, durch die der Hüttenschotter sodann bestimmungsgemäß auf den Baustellen für den Straßenbau als Unterbaumaterial verwendet werde, bleibe die Revisionswerberin als Eigentümerin des Materials und (als Produzentin und Eigentümerin) jedenfalls auch Verfügungsberechtigte. Sie sei daher auch antragslegitimiert gemäß § 6 AWG 2002.
23 Im Erkenntnis vom , Zl. 2005/07/0139, habe der Verwaltungsgerichtshof das rechtliche Interesse in Bezug auf die Nachnutzung von Materialien anerkannt. Im vorliegenden Fall gehe es ebenfalls um die Nachnutzung des Hüttenschotters, nämlich um die abfallrechtliche Qualifikation und die Verwertungsmöglichkeit in Verbindung mit dem Ende der Abfalleigenschaft.
24 Die Revisionswerberin sei Produzentin des Materials und leiste den Abnehmern der Stahlwerkschlacke für eine bestimmte Qualität Gewähr. Selbst wenn kein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden wäre oder das Eigentum auf Grund einer Bezahlung übergegangen sei, habe für den früheren Eigentümer die rechtliche Qualifikation einer von ihm verkauften Sache schon aus haftungsrechtlichen Gründen besondere Relevanz. Da Abfall nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen unter Einhaltung aller gesetzlichen, aber auch technischen Vorgaben einem Abfallende unterliegen könne, müsse es ein allgemeines rechtliches Interesse des Herstellers dieses Bauproduktes geben, dass er feststellen lasse, unter welchen Bedingungen das Abfallende eintrete und welche Voraussetzungen für dieses Abfallende vom Produzenten zu beachten seien. Die Revisionswerberin sei daher als Produzentin und Verkäuferin (selbst im Fall des Eigentumsübergangs) verfügungsberechtigt im Sinne des § 6 Abs. 1 AWG 2002 und habe ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung.
25 Soweit die Revisionswerberin selbst als Bauunternehmen in Erscheinung getreten sei, habe das Landesverwaltungsgericht unzulässig und ohne jede Grundlage die Annahme vertreten, dass der Feststellungsantrag die Eigenverwendung der Schlacke durch die Revisionswerberin gar nicht umfasse. Damit sei eine unzulässige Entscheidung getroffen worden, die auch dazu führe, dass über den Feststellungsantrag nicht gänzlich abgesprochen worden sei.
26 Unabhängig davon bestehe auch ohne besondere Rechtsgrundlage ein Rechtsanspruch auf Feststellung strittiger Rechtsverhältnisse über Antrag einer Person, die ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung habe. Es sei nicht ersichtlich, warum bei Stahlwerkschlacke (Hüttenschotter) ein Produzent kein rechtliches Interesse an einer Feststellung gemäß § 6 AWG 2002 haben sollte.
27 Schließlich hätte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Verpflichtung gehabt, die Frage der Abfalleigenschaft von Amts wegen zu entscheiden, wenn begründete Zweifel für das Ende der Abfalleigenschaft vorlägen. Zwar bestehe kein subjektiver Rechtsanspruch auf die amtswegige Erlassung eines Feststellungsbescheides. Allerdings sei die Behörde dazu verpflichtet, wenn ein öffentliches Interesse gegeben sei. Im vorliegenden Fall bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Feststellung (wurde näher ausgeführt).
28 Abgesehen davon habe das Landesverwaltungsgericht eine inhaltliche Entscheidung getroffen, die durch den Prüfungsumfang nicht gedeckt gewesen sei, indem es den Umfang des Feststellungsantrages nicht auf die von der revisionswerbenden Partei behauptete Eigenverwendung erstreckt habe. Die Begründung, dass sich der Antrag nicht auch auf diese Eigenverwendung bezogen habe, sei zudem in keiner Weise nachvollziehbar. Sowohl im Antrag als auch in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sei die Eigenverwendung mehrfach thematisiert worden. Durch eine derartige Behauptung und einen erneuten Verweis auf res iudicata werde der Revisionswerberin jegliche Möglichkeit einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung genommen.
29 § 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 102,
idF Nr. 103/2013 lautet auszugsweise:
"Feststellungsbescheide
§ 6. (1) Bestehen begründete Zweifel,
1. ob eine Sache Abfall im Sinne dieses Bundesgesetzes ist,
2. welcher Abfallart diese Sache gegebenenfalls zuzuordnen
ist oder
3. ob eine Sache gemäß den unionsrechtlichen
Abfallvorschriften, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (im Folgenden: EG-VerbringungsV), ABl. Nr. L 190 vom S. 1, bei der Verbringung notifizierungspflichtiger Abfall ist,
hat die Bezirksverwaltungsbehörde dies entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Verfügungsberechtigten oder auf Veranlassung der Bundespolizei nach Maßgabe des § 82 oder der Zollorgane nach Maßgabe des § 83 mit Bescheid festzustellen. Ein Feststellungsbescheid gemäß Z 2 darf nur beantragt werden, sofern nicht § 7 zur Anwendung kommt."
30 Soweit das Landesverwaltungsgericht ausführt, dass auf Grund des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom entschiedene Sache vorliege, ist dem entgegenzuhalten, dass das Vorliegen rechtskräftiger Bescheide gemäß § 10 AlSAG, in denen über die Abfalleigenschaft abgesprochen wurde, einen auf § 6 AWG 2002 gestützten Antrag auf Feststellung der Abfalleigenschaft derselben Sache nicht wegen entschiedener Sache unzulässig macht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/07/0156, auf dessen Begründung insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).
31 Wenn das Landesverwaltungsgericht auch das Bestehen begründeter Zweifel im Sinne des § 6 Abs. 1 AWG 2002 in Frage stellt, ist zu bemerken, dass sich der hier gegenständliche Antrag der revisionswerbenden Partei ausdrücklich auf das Eintreten des Abfallendes im Sinne des § 5 AWG 2002 berufen hat, sodass es jedenfalls einer näheren Begründung und Auseinandersetzung mit den Darlegungen der Revisionswerberin in Bezug auf das Abfallende bedurft hätte, wenn das Fehlen begründeter Zweifel die Entscheidung tragen sollte.
32 Das Landesverwaltungsgericht hat allerdings den gegenständlichen Feststellungsantrag sowohl für den Zeitraum vom bis (siehe Seite 15 letzter Satz des Erkenntnisses - insofern zulässig im Rahmen der vom Landesverwaltungsgericht zu behandelnden Sache des Beschwerdeverfahrens, vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. Ra 2014/07/0002, und vom , Zl. 91/09/0069) als auch für den Zeitraum ab darauf gestützt, dass der Revisionswerberin die Antragslegitimation fehle, weil sie den gegenständlichen Hüttenschotter unter Eigentumsvorbehalt verkauft habe.
33 Das Gesetz legt nicht fest, wer als "Verfügungsberechtigter" im Sinne des § 6 Abs. 1 AWG 2002 anzusehen ist.
34 Von Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, dass der Eigentumsvorbehalt den Eigentumsübergang unter die ausdrückliche Bedingung der vollen Preiszahlung stellt. Solange der Preis nicht voll bezahlt (und der Kaufvertrag nicht durch Rücktritt aufgehoben) ist, herrscht ein Schwebezustand, der eine Spaltung des Vollrechtes zur Folge hat. Der Verkäufer ist nicht mehr, der Käufer noch nicht voller Eigentümer. Zurücktreten und damit sein Vollrecht wiederherstellen und die Sache vom Käufer zurückfordern kann aber der Verkäufer nicht etwa beliebig, sondern nur bei Verzug des Käufers. Der Eigentumsvorbehalt hat für den Verkäufer, solange der Vertrag aufrecht ist, nur Sicherungsfunktion. Der Käufer ist Inhaber und Rechtsbesitzer, ähnlich einem Mieter, aber mit Eigentumsanwartschaft. Er trägt die Gefahr und genießt Besitzschutz. Sein Anwartschaftsrecht hat damit weitgehend absoluten Charakter (vgl. das , mwN). Der Käufer, wenn er seinen Verpflichtungen dem Verkäufer gegenüber nachkommt, wird somit Eigentümer, ohne dass dies der Verkäufer verhindern könnte oder dazu noch etwas beitragen müsste (vgl. das ).
35 Daraus folgt, dass der Vorbehaltsverkäufer in keiner Weise mehr rechtmäßig über die Sache bestimmen oder verfügen kann, jedenfalls nicht, solange der Kaufvertrag aufrecht ist. Das kann nur der Vorbehaltskäufer, ähnlich einem Bestandsberechtigten (vgl. das zitierte ; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/07/0174). Dahingestellt bleiben kann, ob dem Vorbehaltskäufer Rechtsschutz sogar gegenüber dem Vorbehaltsverkäufer als nur mehr auflösend bedingtem Eigentümer zusteht (vgl. dazu Aigner, Der Eigentumsvorbehalt, S 155), weil im vorliegenden Fall nicht behauptet wurde, dass ein derartiger Streitfall zwischen Vorbehaltskäufer und Vorbehaltsverkäufer bestünde. Im Übrigen wurde auch keine Auflösung eines Kaufvertrages ins Treffen geführt.
36 Wenn in der Revision darauf hingewiesen wird, dass die "Vorgängerbestimmung" zu § 4 AWG 1990 und nunmehr § 6 AWG 2002, nämlich § 7 Abs. 3 Sonderabfallgesetz, einen "Antrag des Eigentümers dieser Sache oder des über diese Sache Verfügungsberechtigten" vorgesehen habe, während das Antragsrecht des "Eigentümers" nun nicht mehr vorkomme, spricht gerade dies gegen die Auffassung der Revision, weil ein Antrag des Eigentümers neben einem solchen des Verfügungsberechtigten durch die Textierung des § 6 AWG 2002 damit gerade ausgeschlossen wurde. Abgesehen davon sprechen die Materialien zu § 4 AWG 1990 nur davon, dass die Regelung des § 7 Abs. 3 Sonderabfallgesetz "im grundsätzlichen" übernommen wurde, und lassen damit nicht erkennen, dass entgegen dem neuen Gesetzestext weiterhin neben dem Verfügungsberechtigten auch der Eigentümer antragsberechtigt sein sollte (1274 BlgNR 17. GP 33).
37 Die Revisionswerberin vermeint, unabhängig von einer gesetzlichen Regelung nach allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen einen Feststellungsantrag stellen zu können. Dazu ist zu bemerken, dass dann, wenn der Gesetzgeber eine bescheidmäßige Feststellung regelt, davon auszugehen ist, dass ein von ihm nicht vorgesehenes Antragsrecht nicht in Betracht kommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/04/0165, und vom , Zl. 2007/04/0005).
38 Abgesehen davon käme ein Feststellungsbescheid ohne gesetzliche Regelung nur in Bezug auf konkrete Rechte und Rechtsverhältnisse der Antragstellerin in Frage, nicht aber - wie hier - für rechtliche Qualifikationen eines Sachverhaltes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/01/0043, und vom , Zl. 2001/07/0041).
39 Die Revisionswerberin ist daher im Ergebnis durch die Zurückweisung ihres Feststellungsantrages in keinem Recht verletzt worden.
40 Das Landesverwaltungsgericht hat den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G vom spruchgemäß "mit der Maßgabe bestätigt, dass die Spruchpunkte I. und II. jene Stahlwerkschlacken betreffen, die von anderen als die Revisionswerberin als Baumaterial eingesetzt werden". Die Liste D.4. im Feststellungsantrag der Revisionswerberin hat unbestritten auch Stahlwerkschlacken genannt, die von ihr selbst als Baumaterial eingesetzt wurden. Im Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G vom wurde über den Feststellungsantrag uneingeschränkt abgesprochen.
41 Der Wortlaut des Spruches des angefochtenen Erkenntnisses hat nunmehr zur Folge, dass ein Abspruch über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G vom , soweit er Stahlwerkschlacken betrifft, die von der Revisionswerberin selbst als Baumaterial eingesetzt werden, bisher nicht erfolgt ist. Daran ändert es auch nichts, wenn das Landesverwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses die Auffassung vertritt, dass sich der Antrag auf diese Stahlwerkschlacken gar nicht bezogen habe. Abgesehen davon, dass derartige Ausführungen ohne Parteiengehör zur Erklärung des Antragsumfanges nicht nachvollziehbar sind, findet die diesbezügliche Begründung im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses in keiner Weise Niederschlag.
42 Die Entscheidung betreffend Stahlwerkschlacken, die von der Revisionswerberin selbst als Baumaterial eingesetzt wurden, ist daher noch offen. Anders als die Revisionswerberin vermeint, ist sie in diesem Zusammenhang aber nicht durch das bekämpfte Erkenntnis in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt. Insbesondere wird von ihr nicht dargelegt und ist es auch nicht ersichtlich, dass eine Unteilbarkeit vorläge, die eine insoweit geteilte Entscheidung über die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt G vom unzulässig machen würde.
43 Die Revision erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
44 Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014.
Wien, am
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Schlagworte: | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde |
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