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VwGH vom 26.09.2017, Ra 2016/05/0049

VwGH vom 26.09.2017, Ra 2016/05/0049

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revisionen 1. der Oberösterreichischen Landesregierung (hg. Zl. Ra 2016/05/0049) und 2. des DI M M in R sowie 3. der MMag. R M in T (hg. Zlen. Ra 2016/05/0050 und 0051), beide vertreten durch die Denkmayr Schwarzmayr Schnötzlinger Rechtsanwaltspartnerschaft in 4950 Altheim, Stadtplatz 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-150714/15/RK/FE-150719/2, betreffend Versagung einer Baubewilligung (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeinderat der Gemeinde H; mitbeteiligte Parteien: 1. DI R D, 2. F M, 3. I M, 4. Dr. G G, 5. M E und 6. R E, alle in H, alle vertreten durch die WKG Korp-Grünbart-Lison Rechtsanwälte GmbH in 4910 Ried/Innkreis, Bahnhofstraße 35a), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Gemeinde Hohenzell hat den zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom beantragten die zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien die Erteilung der Baubewilligung für das Bauvorhaben "Wohnbebauung M" auf der Liegenschaft Grundstück Nr. 689/1, EZ 536, KG G.

2 Mit Eingabe vom erhoben die mitbeteiligten Parteien als Nachbarn Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Sie führten im Wesentlichen aus, der Flächenwidmungsplan einschließlich des örtlichen Entwicklungskonzeptes sei rechtswidrig. Es sei ihnen von Organen der Gemeinde mitgeteilt worden, dass in der Umgebung, auch auf dem gegenständlichen Baugrundstück, lediglich Einfamilienhäuser errichtet werden dürften, keine Parzelle eine größere Fläche als 1.000 m2 aufweisen dürfe und der Charakter einer Einfamilienhaus-Siedlung in jedem Fall zu wahren sei. Im Vertrauen darauf hätten sie erhebliche Investitionen vorgenommen. Das Bauvorhaben widerspreche auch der Bauplatzbewilligung, nach der nur zwei Geschosse und ein ausgebauter Dachraum erlaubt seien. Außerdem widerspreche das Bauvorhaben der Festlegung im örtlichen Entwicklungskonzept, wonach maximal zwei Geschosse und eine Geschossflächenzahl von maximal 0,5 erlaubt seien. Nach § 31 Abs. 4 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO) bestehe ein Recht des Nachbarn auf Einhaltung der Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes (unmittelbar auch somit auf die Einhaltung der Geschossflächenzahl). Das Gebäude füge sich außerdem nicht einwandfrei in die Umgebung ein. Die massierte Anordnung von Stellplätzen in der Einfamilienhaus-Umgebung führe zu einer massiven Belästigung der Nachbarn durch Lärm, Abgase, aber auch Licht (bei Zu- und Abfahrten bei Dunkelheit), wobei dadurch sogar gesundheitliche Gefährdungen zu befürchten seien. Es handle sich um völlig unübliche Immissionen in der konkreten Umgebung. Das Baugrundstück werde als Bauplatz nicht ordnungsgemäß ausgenutzt. In Bezug auf die Gebäudehöhe, die Baumassen und die Lage der Wohnanlage gebe es eine massive Beeinträchtigung der Nachbarinteressen.

3 Bei der mündlichen Bauverhandlung am führte der Bausachverständige Ing. A im Wesentlichen aus, das Baugrundstück sei als Wohngebiet gewidmet. Das örtliche Entwicklungskonzept Nr. 2 enthalte für die Bebauung die textliche Festlegung, dass Wohnbauten in verdichteter Bauweise mit maximal zwei Geschossen und einer Geschossflächenzahl von maximal 0,5 errichtet werden dürften. Einen Bebauungsplan gebe es nicht. Es solle ein teilweise unterkellertes, zweigeschossiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachraum und insgesamt sieben eigenständigen Wohneinheiten errichtet werden. Nordöstlich an das Wohngebäude schließe ein überdachter Abstellplatz (Schutzdach) an. Die Geschossflächenzahl werde mit 0,39 errechnet. Die Abstandsbestimmungen des § 40 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes 2013 würden eingehalten. Unter dem Schutzdach seien fünf KFZ-Abstellplätze vorgesehen. In diesem Bereich sei auch ein zusätzlicher Abstellplatz für Fahrräder geplant. Weitere vier KFZ-Abstellplätze seien entlang der Straßengrundgrenze der R-Straße geplant. Damit werde den Forderungen des § 15 Abs. 2 Z 1 der Oberösterreichischen Bautechnikverordnung 2013 entsprochen, wonach für jede Wohneinheit mindestens ein Stellplatz zu schaffen sei.

4 Der Rechtsvertreter der mitbeteiligten Nachbarn verwies auf die schriftlichen Einwendungen vom .

5 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde H vom wurde den zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien die beantragte Baubewilligung erteilt.

6 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung.

7 Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde H vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, dass der Flächenwidmungsplan und das örtliche Entwicklungskonzept nicht rechtswidrig seien und die Baubehörde die rechtswirksamen Verordnungen ihren Entscheidungen zugrunde zu legen habe. Der Einwand, dass die mitbeteiligten Parteien im Vertrauen darauf, dass der Charakter einer Einfamilienhaussiedlung erhalten bleibe, ihre Grundstücke gekauft hätten, beziehe sich auf die Beibehaltung der Lebensqualität, worauf kein Nachbarrecht bestehe. Die Nachbarn hätten im Bauplatzbewilligungsverfahren keine Parteistellung. Das Bauvorhaben entspreche den Vorgaben des örtlichen Entwicklungskonzeptes betreffend Wohnbauten in verdichteter Bauweise mit maximal zwei Geschossen und einer Geschossflächenzahl von maximal 0,5. Nach § 31 Abs. 4 BO bestehe ein Nachbarrecht auf Einhaltung der Geschossflächenzahl. Diese sei im gegenständlichen Fall eingehalten. Die Verpflichtung zur Wahrung des Orts- und Landschaftsbildes begründe keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Für die sieben Wohnungen stünden neun Stellplätze zur Verfügung. Bei dieser Anzahl von Stellplätzen könne keinesfalls von einer massierten Anordnung von Stellplätzen gesprochen werden. Vier Stellplätze würden sogar an der Straßengrundgrenze zur R-Straße errichtet, um eine zusätzliche Immissionsbeeinträchtigung hintanzuhalten. Die Immissionen von diesen vier Stellplätzen seien auf Grund ihrer Situierung nicht mehr gesondert wahrnehmbar. Daher sei die Annahme gerechtfertigt, dass die geringe Anzahl von Stellplätzen eine schädliche Umwelteinwirkung nicht erwarten lasse.

8 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Darin führten sie im Wesentlichen aus, das örtliche Entwicklungskonzept sehe vor, dass maximal vier Wohneinheiten gestattet seien. Diese Vorgabe werde nicht eingehalten. Nach § 31 Abs. 4 BO bestünde auf diese Einhaltung aber ein Nachbarrecht, dessen Verletzung die mitbeteiligten Parteien in ihrem Schriftsatz vom gerügt hätten. Dass sie damals nicht ausdrücklich auf das Siedlungskonzept des örtlichen Entwicklungskonzeptes Bezug genommen hätten, schade nicht, weil nach dem Inhalt des damaligen Vorbringens klar gewesen sei, dass sie sich gegen die Verbauung mit anderen Bauten als Einfamilienhäusern wehrten, und daher evident gewesen sei, dass sie sich auch gegen die zu hohe Anzahl an Wohneinheiten gewehrt hätten. Das Bauvorhaben sehe sieben Wohneinheiten vor und widerspreche daher der Festlegung des örtlichen Entwicklungskonzeptes, nach der nur vier Wohneinheiten zulässig seien. Des Weiteren sei die Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes in Bezug auf das Baugrundstück rechtswidrig (wurde näher ausgeführt). Das Dachgeschoss hätte nicht als bloßer Dachraum qualifiziert werden dürfen (wurde näher ausgeführt). Bei der Berechnung der Geschossflächenzahl habe es auch weitere Rechtswidrigkeiten gegeben (wurde näher ausgeführt). Schließlich seien die Belästigungen durch PKW-Immissionen (Lärm, Geruch, Licht) unzumutbar. Es lägen besondere Umstände vor, die die Unzulässigkeit begründeten, weil die Nachbargrundstücke auf der Grundlage noch aufrechter Widmungen alle mit Einfamilienhäusern bebaut seien und daher die Immissionen durch einen Wohnbau mit sieben Wohneinheiten und neun Stellplätzen nicht als ortsüblich angesehen werden könnten. Schließlich hebe sich der geplante Bau hinsichtlich seiner Gestaltung, Höhe und Maße drastisch von sämtlichen als Einfamilienhäuser ausgeführten Bauten der Umgebung ab, sodass die Bejahung der Einfügung in die Umgebung zu Unrecht erfolgt sei.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde der Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG stattgegeben und der Antrag der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien vom auf Erteilung der Baubewilligung für das Bauvorhaben "Wohnbebauung M" abgewiesen. Eine ordentliche Revision würde für unzulässig erklärt.

10 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und von Rechtsvorschriften führte das Verwaltungsgericht begründend im Wesentlichen aus, die mitbeteiligten Parteien seien Nachbarn, da die ihnen gehörenden Liegenschaften vom zu bebauenden Grundstück höchstens 10 m entfernt seien. Anordnungen eines Flächenwidmungsplanes bzw. eines örtlichen Entwicklungskonzeptes stellten Verordnungen dar. Die Nachbarn hätten ein subjektivöffentliches Recht auf die Einhaltung der Bestimmungen über das Maß der baulichen Nutzung. Ein solches Maß sei gemäß § 32 Abs. 6 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes (ROG) auch die Angabe über die Höchstzahl der Wohneinheiten. Die Mitbeteiligten hätten erkennbar von Anfang an ein Vorbringen gegen das Maß der baulichen Nutzung in diesem Sinne erhoben. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnung örtliches Entwicklungskonzept 2/2014 des Gemeinderates der Gemeinde H vom bestünden nicht (wurde näher dargelegt). Von der Durchführung der lediglich von den mitbeteiligten Parteien beantragten mündlichen Verhandlung habe abgesehen werden können (wurde näher dargelegt).

11 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die vorliegenden Revisionen mit dem Antrag, es wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit (zu den hg. Zlen. Ra 2016/05/0050 und 0051: kostenpflichtig) aufzuheben.

12 Die mitbeteiligten Parteien haben jeweils eine Revisionsbeantwortung erstattet mit dem Begehren, die Revisionen kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.

13 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Akten des Verfahrens vorgelegt.

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Revisionen wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

15 Die Revisionen sind in Anbetracht der Frage, ob ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht bezüglich der Anzahl der Wohneinheiten eines Bauvorhabens besteht, zulässig.

16 Die erstrevisionswerbende Partei bringt in ihrer Revision im Wesentlichen vor, die Mitbeteiligten hätten sowohl in ihrem Einwendungsschreiben vom als auch in ihrer Berufung einen Widerspruch des Bauvorhabens gegen das örtliche Entwicklungskonzept ausdrücklich nur hinsichtlich der Anzahl der Geschosse und der Geschossflächenzahl vorgebracht. Erstmals in der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sei sodann moniert worden, dass maximal vier Wohneinheiten erlaubt seien. Die entsprechende Präklusion sei vom Verwaltungsgericht nicht beachtet worden (wurde näher ausgeführt). Das Verwaltungsgericht hätte nur prüfen dürfen, ob eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Mitbeteiligten vorliege. Es müsse im Einzelnen nach den jeweils in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften geprüft werden, welche Bestimmungen hinsichtlich der baulichen Nutzung ein Nachbarrecht begründeten. Ausgehend davon, dass die Regelungen über die Ausnutzbarkeit der Bauplätze unter dem Gesichtspunkt der Nachbarrechte der Wahrung des Interesses des Nachbarn an einem Höchstausmaß von Lichteinfall und Luftzugang dienten, könne sich der Nachbar auf eine entsprechende Festlegung nur berufen, wenn diese theoretisch Einfluss auf Lichteinfall und Luftzugang haben könnte. In diesem Sinne diene etwa die Geschossflächenzahl den Nachbarinteressen insofern, als die Gestaltung des Baukörpers durch die Festlegung der maximal dem Bauzweck dienenden und nach außen hin in Erscheinung tretenden Flächen begrenzt werde. Maßgebend in Bezug auf die Nachbarrechte könne daher nur die bebaute Fläche bzw. die Kubatur des Gebäudes sein, die dem Nachbarn gegenüber äußerlich in Erscheinung trete. In diesem Sinne könne die Festlegung der Höchstzahl der zulässigen Wohneinheiten kein subjektivöffentliches Nachbarrecht begründen, weil diese Bestimmung nur die innere (dem Nachbarn gegenüber nicht in Erscheinung tretende) Einteilung des Gebäudes betreffe und die Interessen des Nachbarn an einem Höchstausmaß an Lichteinfall und Luftzugang dadurch gar nicht berührt sein könnten. Ob in einer - wie im gegenständlichen Fall ohnehin durch die Festlegung der Geschossanzahl und der Geschossflächenzahl begrenzten - Gebäudehülle eine, zwei oder vier Wohnungen eingebaut seien, habe keine Auswirkung auf die Licht- und Belüftungsverhältnisse der Nachbarliegenschaften. Das Verwaltungsgericht hätte daher, da kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht verletzt worden sei, die Baubewilligung nicht versagen dürfen.

17 Die Vorschreibung, dass maximal vier Wohneinheiten erlaubt seien, sei nicht in den im Funktionsplan festgehaltenen textlichen Erläuterungen erfolgt, sondern in den Unterlagen zum örtlichen Entwicklungskonzept unter "Siedlungskonzept Ortschaften", und stelle somit keine normative Regelung dar (wurde näher ausgeführt). Diese Regelung sei auch nicht Bestandteil der aufsichtsbehördlichen Genehmigung und auch nicht der Kundmachung gewesen (wurde näher ausgeführt). Das Landesverwaltungsgericht hätte daher nicht auf die Höchstzahl der zulässigen Wohneinheiten eingehen dürfen.

18 Auch die zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien führen in ihrer Revision aus, dass Verordnungscharakter lediglich der Flächenwidmungsplan und das örtliche Entwicklungskonzept hätten, nicht aber andere Bestandteile der Planung, wie im gegenständlichen Fall die Regelung über das Höchstausmaß von vier Wohneinheiten (wurde näher ausgeführt). Es gebe weiters kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht hinsichtlich der Anzahl der Wohneinheiten. Ebenso bestehe kein Nachbarrecht in Bezug auf die Höchstzahl oder Mindestzahl der Benutzung eines Objektes hinsichtlich der dort aufhältigen Personen. Die Inneneinteilung des Objektes bilde kein Nachbarrecht, zumal nicht ersichtlich sei, wodurch ein Nachbar diesbezüglich beeinträchtigt sein sollte. Das Vorbringen betreffend die Überschreitung der Anzahl der zulässigen Wohneinheiten hätte vom Verwaltungsgericht daher mangels Beeinträchtigung in einem subjektiv-öffentlichen Recht der mitbeteiligten Parteien nicht aufgegriffen werden dürfen (wurde näher ausgeführt). Außerdem bezöge sich die Regelung betreffend maximal vier zulässige Wohneinheiten auf Bauflächen bis zu 1.000 m2, während vorliegend eine Baufläche von 1.885 m2 gegeben sei (wurde näher ausgeführt).

19 § 31 der Oö. Bauordnung 1994 (BO), LGBl. Nr. 66,

idF LGBl. Nr. 34/2013 lautet auszugsweise:

"§ 31

Einwendungen der Nachbarn

...

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft

gegen Immissionen dienen. ... Überdies kann der Schutz der

Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

..."

20 § 32 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 (ROG), LGBl. Nr. 114/1993, idF LGBl. Nr. 69/2015 lautet auszugsweise:

"§ 32

Inhalt des Bebauungsplanes

...

(6) Das Maß der baulichen Nutzung der Grundstücke ist durch die Gebäudehöhe, die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. Darüber hinaus kann das Maß der baulichen Nutzung insbesondere durch Festlegung der Anzahl der Geschosse näher bestimmt oder durch Angabe der bebaubaren Fläche des Bauplatzes (Grundflächenzahl) oder der Höchstzahl der in den Gebäuden zulässigen Wohneinheiten beschränkt werden. Die Geschoßflächenzahl ist das Verhältnis der Gesamtgeschoßfläche zur Fläche des Bauplatzes. Die Baumassenzahl ist das Verhältnis der Baumasse zur Fläche des Bauplatzes. Als Baumasse gilt der oberirdisch umbaute Raum bis zu den äußeren Begrenzungen des Baukörpers. Bei Verwendung einer Geschoßflächenzahl bzw. Baumassenzahl ist die Art der Berechnung im Bebauungsplan darzustellen.

..."

21 § 31 BO gewährt dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes. Diese Ausnutzbarkeit kann auf verschiedene Weise beschränkt werden, wie etwa Vorschriften über eine bestimmte Bebauungsdichte, die zulässig bebaubare Fläche sowie die Festlegung von Flucht- und Baulinien. Im Einzelnen muss nach den jeweils in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften geprüft werden, welche Regelungen über die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes ein Nachbarrecht begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0183).

22 Der Wahrung des Interesses des Nachbarn dienen Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit der Bauplätze insoweit, als sie dem Nachbarn ein gewisses Maß an Lichteinfall und Luftzugang gewähren (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0292). Beeinträchtigungen von Licht und Luft können sich allein durch die Bausubstanz selbst ergeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0177).

23 Hinsichtlich der Geschossflächenzahl hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0151, ausgeführt, dass deren Festlegung den Nachbarinteressen insofern dient, als die Gestaltung des Baukörpers durch die Festlegung der maximal dem angegebenen Bauzweck dienenden und nach außen hin in Erscheinung tretenden Flächen begrenzt wird.

24 Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass eine Regelung über die höchstzulässige Anzahl an Wohneinheiten keine baurechtliche Regelung über die Ausweitbarkeit des Bauplatzes im Sinne des § 31 Abs. 4 BO darstellt. Zwar kann gemäß § 32 Abs. 6 ROG das Maß der baulichen Nutzung auch durch die Höchstzahl der in den Gebäuden zulässigen Wohneinheiten beschränkt werden. Über die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes im Sinne des § 31 Abs. 4 BO ist damit aber nichts gesagt, weil sich die Ausnutzbarkeit im Sinne dieser die Nachbarrechte regelnden Bestimmung, wie bereits dargestellt, nur auf die flächenmäßig bzw. kubaturmäßig in Erscheinung tretende Bausubstanz beziehen kann. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass die Bestimmungen über die zulässige Anzahl der Wohneinheiten ein subjektiv-öffentlich rechtliches Nachbarrecht über die Ausweitbarkeit des Bauplatzes darstellten und das Verwaltungsgericht daher befugt wäre, wegen dessen Verletzung die Baubewilligung zu versagen, erweist sich daher als unzutreffend.

25 Allerdings kann die Regelung der höchstzulässigen Zahl der Wohneinheiten auf andere Nachbarrechte Auswirkungen haben, wobei im gegebenen Zusammenhang insbesondere die Immissionsfrage im Zusammenhang mit Stellplätzen in den Blick zu nehmen ist. Wäre etwa für jede Wohneinheit ein Pflichtstellplatz zu schaffen und wäre die Nachbareinwendung betreffend Immissionen bei Pflichtstellplätzen jedenfalls ausgeschlossen (vgl. etwa § 134a Abs. 1 lit. e der Bauordnung für Wien), dann könnte der Nachbar die Einhaltung der Höchstzahl der Wohneinheiten in jenem Zusammenhang wohl geltend machen. In Bezug auf § 31 Abs. 4 BO ist das Abstellen auf Pflichtstellplätze im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Immissionen von Stellplätzen allerdings nur eine Richtschnur (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2012/05/0045, und vom , Zl. Ro 2014/05/0086), sodass die Immissionen für die Nachbarschaft unabhängig davon zu prüfen sind, ob die Schaffung von Stellplätzen in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/05/0038, und vom , Zl. 96/05/0110). Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht in seiner Begründung in keiner Weise darauf gestützt, dass die Festlegung einer Höchstzahl der zulässigen Wohneinheiten nicht nur für sich allein, sondern aus anderen Gründen - wie etwa jenen des Immissionsschutzes - dem Interesse der Nachbarschaft im Sinne des § 31 Abs. 4 BO dienen sollte.

26 Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass die Festlegung einer zulässigen Höchstzahl der Wohneinheiten als solche den Interessen der Nachbarschaft im Sinne des § 31 Abs. 4 BO dient, erweist sich, wie bereits dargestellt, als unzutreffend. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.

27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Eingabegebühr nur EUR 240.-- beträgt.

Wien, am

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