VwGH vom 27.11.2008, 2007/16/0179
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der I GmbH in D, vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Dr. Waibelstraße 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , GZ. RV/0209-G/05, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin schloss am 28. März/ mit einer Vermieterin einen Bestandvertrag über eine im Vertrag und einer Beilage dazu näher bestimmte, insgesamt 51.923 m2 umfassende Teilfläche eines Grundstückes um den vereinbarten Bestandzins von 1,-- Euro pro m2 monatlich, also insgesamt zu einem monatlichen Zins von EUR 51.923,-- zuzüglich Umsatzsteuer.
Der Vertrag hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:
"...
II. Bestanddauer
Das gegenständliche Vertragsverhältnis beginnt an dem Tag, an welchem alle unter Punkt X. dieses Vertrages angeführten aufschiebenden Bedingungen eingetreten sind oder die Bestandnehmerin erklärt, auf den Eintritt einer oder mehrerer aufschiebender Bedingungen ganz oder teilweise zu verzichten. Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
Die ASFINAG verzichtet ausdrücklich auf das ihr zustehende Kündigungsrecht - in der Weise, dass eine Kündigung von ihr frühestens zum vorgenommen werden kann.
...
X. Bedingungen
Der gegenständliche Bestandvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Bestandnehmerin im direkt angrenzenden Bereich zum Bestandgegenstand sämtliche für den Betrieb eines Einkaufs- bzw. Fachmarktzentrums mit Einzelhandelsgeschäften mit einer Mindestverkaufsfläche von insgesamt 15.000 m2 erforderlichen behördlichen Genehmigungen (baurechtliche Genehmigung, gewerberechtliche Genehmigung, Genehmigung nach dem Raumordnungsgesetz, landschaftsschutzrechtliche Genehmigung, wasserrechtliche Genehmigung, Gebrauchserlaubnis für die Zufahrt von der Autobahn und Landesstraße 142 etc.) erhält. Die Bestandnehmerin hat allerdings auch das Recht, jederzeit zu erklären, dass sie auf den Eintritt der aufschiebenden Bedingungen ganz oder teilweise verzichtet. Weiters steht der gegenständliche Bestandvertrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Bestandnehmerin mit einem Betreiber einig wird, der zu für diesen interessanten Bedingungen bereit ist, in den gegenständlichen Vertrag einzutreten und auf den an die Bestandflächen angrenzenden Liegenschaften ein Einkaufs- bzw. Fachmarktzentrum mit Einzelhandelsgeschäften mit einer Mindestverkaufsfläche von insgesamt 15.000 m2 oder einen Gewerbepark zu errichten. Sollten die aufschiebenden Bedingungen nicht bis spätestens eingetreten sein oder die Bestandnehmerin bis dahin auf den Eintritt der aufschiebenden Bedingungen verzichtet haben, so gehen beide Parteien davon aus, dass es zu keiner Verwirklichung des Projektes kommt und ist der gegenständliche Bestandvertrag dann hinfällig. In diesem Fall hat keiner der beiden Vertragspartner gegen den anderen irgendwelche Ansprüche auf Aufwandersatz oder sonstige Ansprüche.
..."
Für diesen Vertrag setzte das Finanzamt Graz-Umgebung (im Folgenden kurz: Finanzamt) mit Bescheid vom gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 502.866,-- Rechtsgebühr in der Höhe von 1 % mit EUR 5.028,66 vorläufig fest. Dabei ging das Finanzamt davon aus, es sei der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht mit der Begründung Berufung, es habe § 16 Abs. 7 GebG zur Anwendung zu kommen, weil der Vertrag von der Genehmigung oder Bestätigung einer Behörde abhängig sei. Keine der in Punkt X. des Vergleiches genannten Genehmigungen sei jedoch erteilt worden; für den Vertrag sei daher keine Gebührenpflicht entstanden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet mit dem Hinweis ab, im vorliegenden Fall sei § 17 Abs. 4 GebG anzuwenden.
Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab und setzte in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG mit 1 % von EUR 2,243.073,60 somit mit dem Betrag von EUR 22.430,74 endgültig fest. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Bestimmung des § 17 Abs. 4 GebG.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde gem. Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 2082/06-3, gem. Art. 144 Abs. 3 leg. cit. ihre Behandlung ablehnte und sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides geltend und erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass für den beschwerdegegenständlichen Vertrag keine Gebühr vorgeschrieben werden darf, weil die für seine Rechtswirksamkeit erforderlichen behördlichen Genehmigungen nicht vorliegen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 16 Abs. 7 GebG bestimmt:
"(7) Bedarf ein Rechtsgeschäft der Genehmigung oder Bestätigung einer Behörde oder eines Dritten, so entsteht die Gebührenschuld für das beurkundete Rechtsgeschäft erst im Zeitpunkte der Genehmigung oder Bestätigung."
Dagegen normiert § 17 Abs. 4 leg. cit. folgendes:
"(4) Auf die Entstehung der Gebührenschuld ist es ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt."
Die Beschwerde strebt eine Anwendung der Bestimmung des § 16 Abs. 7 GebG auch auf den Fall an, dass die behördliche Genehmigung zur gewillkürten Bedingung für einen Vertrag gemacht wird.
Dem ist zu entgegnen, dass die Bestimmung des § 16 Abs. 7 GebG nur jene Fälle betrifft, in denen das betreffende Rechtsgeschäft an sich, also kraft gesetzlicher Anordnung zu seiner vollen Gültigkeit einer behördlichen Genehmigung bedarf und solcherart unter der Suspensivwirkung einer sogenannten Rechtsbedingung steht (vgl. dazu insbesondere Steiner, Die Bedingung im Recht der Gebühren und Verkehrsteuern, JBl. 1999, 137ff, 143 rechte Spalte letzter Absatz; weiters Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern I, Stempel- und Rechtsgebühren und die dort unter Rz 61 Abs. 2 zu § 16 GebG referierte hg. Rechtsprechung). Derartiges ist für den gegenständlichen Bestandvertrag nicht zu ersehen und wird auch von der Beschwerde selbst gar nicht behauptet.
In jenen Fällen aber, in denen nicht durch Gesetz das Vorliegen einer behördlichen Genehmigung für die volle Wirksamkeit eines Vertrages vorgeschrieben wird, sondern der Parteiwille einem Vertrag eine entsprechende Suspensivbedingung beifügt, kommt § 17 Abs. 4 GebG mit der Konsequenz zur Anwendung, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Gebührenpflicht bereits eintritt, obgleich der Vertrag selbst noch nicht voll wirksam ist (Steiner a.a.O. Abs. 3; Fellner a.a.O. Rz 29 Abs. 1 zu § 17 GebG).
Da angesichts des vom Gesetzgeber im Wege der beiden zitierten, klaren Bestimmungen unmissverständlich zum Ausdruck gebrachten Willens, die Rechtsbedingung in Gestalt einer behördlichen Genehmigung gebührenrechtlich anders zu behandeln als eine entsprechende gewillkürte Suspensivbedingung, ist von der der Beschwerde (unter Hinweis auf Frotz Hügel Popp, Kommentar z GebG zu §§ 15-18 GebG B I2k dd) angestrebte Weg, § 17 Abs. 4 GebG im Interpretationsweg so zu reduzieren, dass gewillkürte Suspensivbedingungen ausschließlich nach § 16 Abs. 7 leg. cit. zu behandeln wären, abzulehnen (siehe dazu insbesondere Steiner a.a.O. 143 rechte Spalte Abs. 2 und 144 linke Spalte Abs. 1).
Weil schließlich - wie die Beschwerdeführerin selbst einräumt - die Bestimmung des § 16 Abs. 7 GebG vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 6/99 u.a. Slg. 15.580 als verfassungskonform anzusehen ist und es der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0135 (siehe bei Fellner a.a.O. Rz 29 Abs. 2 zu § 17 GebG) abgelehnt hat, bezüglich § 17 Abs. 4 GebG ein Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten, ist dies auch im vorliegenden Fall nicht geboten, zumal der Verfassungsgerichtshof auch im jetzt zu entscheidenden Beschwerdefall mit der Sache ohnehin bereits befasst war und die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat.
Da sich der angefochtene Bescheid somit als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand zu nehmen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am