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VwGH vom 26.08.2010, 2009/21/0044

VwGH vom 26.08.2010, 2009/21/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des A, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 152.148/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der 1988 geborene Beschwerdeführer strebe die Familienzusammenführung mit seinem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vater an. Dieser habe am eine Haftungserklärung abgegeben, die sich allerdings als nicht tragfähig erweise. Der Vater beziehe nämlich - unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen - ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. EUR 1.556,--. Das pfändungsfreie Existenzminimum betrage unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er sonst für niemanden sorgepflichtig sei (die Mutter des Beschwerdeführers sei erwerbstätig), EUR 984,90. Ihm verblieben somit nur EUR 571,10 im Monat, die er für Unterhaltsleistungen an den Beschwerdeführer verwenden könnte, und nicht - wie gemäß § 293 ASVG erforderlich - EUR 747,--. Das Einkommen der Mutter des Beschwerdeführers sowie von anderen in Österreich lebenden Angehörigen könne keine Berücksichtigung finden. Das Sparguthaben des Vaters (EUR 65.000,--) vermöge den Lebensunterhalt für die Familie nicht auf Dauer zu gewährleisten. Es könne daher zur Sicherung des Lebensunterhalts für eine dauernde Zuwanderung, die mit dem vorliegenden Antrag offensichtlich beabsichtigt werde, nicht als geeignet betrachtet werden. Schließlich erfülle der Beschwerdeführer nicht die Voraussetzungen für eine Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) und könne daher auch kein Recht auf Freizügigkeit nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1809/08-3, ablehnte und sie mit gesondertem Beschluss vom dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat verkannt, dass sie hinsichtlich der Deckung des Bedarfs für den Vater des Beschwerdeführers und für seine, mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Ehefrau auf den Ausgleichzulagenrichtsatz abzustellen gehabt hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0012). Demnach wäre in Bezug auf den Bedarf des Vaters des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau vom Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG auszugehen gewesen. Dieser hatte nach der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2007 bei Erlassung des bekämpften Bescheides EUR 1.120,-- betragen. Zur Deckung des Lebensbedarfs des Beschwerdeführers selbst hätte - insoweit ist die belangte Behörde im Recht - ein dem Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG entsprechender Betrag von (damals) EUR 747,-- zur Verfügung stehen müssen. Auf Basis der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage hätte damit zur Aufbringung der notwendigen Mittel ein monatliches Einkommen des Vaters des Beschwerdeführers von EUR 1.867,-- ausgereicht.

Es trifft aber auch nicht zu, dass das Einkommen der Mutter des Beschwerdeführers nicht zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0637, insbesondere Punkt 6.3. der Entscheidungsgründe).

Weiters kommt - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht - der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Spareinlagen in Betracht (vgl. neuerlich etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0012). Dass die Differenz zwischen dem genannten Bedarf (EUR 1.867,--) und dem festgestellten Monatseinkommen des Zusammenführenden (EUR 1.556,--) selbst ohne Berücksichtigung der Einkünfte der Mutter des Beschwerdeführers (und Ehefrau des Zusammenführenden), welches nach dem Vorbringen EUR 1.280,-- netto monatlich ausmachte, durch ein Sparguthaben in der Höhe von EUR 65.000,-- auf lange Zeit bei weitem gedeckt wäre, bedarf keiner näheren Erörterung.

Schließlich ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie keine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen hat. Dazu wäre sie nämlich im Hinblick darauf verpflichtet gewesen, dass sie die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers ungeachtet der Bezugnahme allein auf das in § 47 Abs. 3 NAG normierte Erfordernis des Vorliegens einer Haftungserklärung der Sache nach auf § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG - danach bestimmt sich nämlich die Tragfähigkeit der Haftungserklärung - gestützt hat.

Aus den dargestellten Gründen ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-69010