VwGH vom 16.02.2017, Ra 2016/05/0026

VwGH vom 16.02.2017, Ra 2016/05/0026

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision der Salzburger Landesumweltanwaltschaft in Salzburg gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. LVwG-2/10/61-2016, betreffend eine abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Salzburg; mitbeteiligte Partei: P GmbH in A, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Wilhelm-Spazier-Straße 2a), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

I.

1 Mit Schreiben vom stellte die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Projektwerberin) an die Landeshauptfrau von Salzburg (im Folgenden: Landeshauptfrau) einen Antrag auf Erteilung der abfallrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Holz-Recyclinganlage (in weiterer Folge: Anlage). Diese Anlage umfasst eine Manipulations- und Aufbereitungshalle, in deren Bereich ein Holzschredder zum Einsatz gelangt, ein Bürogebäude mit Werkstatt und eine Anschlussbahnanlage. Behandelt werden sollen behandeltes und unbehandeltes Altholz, Waldbiomasse und Wurzelstöcke (mit einer Kapazität von 30.000 t/a bzw. maximal 98 t/d) inklusive Gewerbeabfall und Magnetschrott (in einer Menge von je 500 t/a) und Altglas, die jedoch nur zwischengelagert werden, ebenso wie 500 t/a an behandeltem gefährlichen Holz. Geltend gemacht wurde ein besonderes öffentliches Interesse an der Errichtung dieser Anlage.

2 Der Standort des Projektes befindet sich im nordwestlichen Fußbereich der sogenannten "H"; das Projektgebiet liegt knapp außerhalb des nach der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten) und der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen) ausgewiesenen Natura 2000-Schutzgebietes S.

3 Mit Bescheid vom erteilte die Landeshauptfrau der Projektwerberin gemäß § 37 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1, 1a und 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (im Folgenden: AWG) die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage. Diese Genehmigung umfasste auch Bewilligungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, dem Forstgesetz 1975 und dem Eisenbahngesetz 1957. Unter Spruchpunkt I.4. wurde die Bewilligung nach dem Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (im Folgenden: NSchG) erteilt, und zwar nach dessen § 22b Abs. 2 und 3 zum einen und nach § 25 Abs. 1 lit. d und e iVm § 51 leg. cit. zum anderen. Die im Gutachten umschriebenen Ausgleichsmaßnahmen nach § 51 leg. cit. (Bestandsumwandlungen/Umforstungen im Ausmaß von 5,5 ha; Anlage von Stillgewässern (3 Amphibientümpel) im Ausmaß von ca. 450 m2; Restrukturierung eines bestehenden verlandeten Amphibientümpels; Amphibiendurchlass unter einer näher bezeichneten Gemeindestraße und Adaptierung des bestehenden Wildschweintunnels) wurden vorgeschrieben. Die Erteilung späterer Vorschreibungen wurde gemäß § 50 Abs. 2 leg. cit. vorbehalten. Unter Spruchpunkt II. wurden neben einer Reihe anderer Vorschreibungen auch alle von den Sachverständigen vorgeschlagenen Auflagen aus naturschutzfachlicher Sicht erteilt.

4 Gegen diesen Bescheid erhob die revisionswerbende Partei Berufung.

5 Mit Bescheid vom versagte der (damals noch bestehende) Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg (im Folgenden: UVS) in Stattgebung der Berufung dem Antrag der Projektwerberin zur Errichtung und zum Betrieb der genannten Anlage die Genehmigung.

6 Dieser Berufungsbescheid wurde mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/07/0190, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

7 Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf den Bewilligungstatbestand des § 25 Abs. 1 NSchG iVm den Ausgleichsmaßnahmen nach § 51 leg. cit. aus, dass es nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 3 Z 1 leg. cit. ausreiche, wenn die Ausgleichsmaßnahmen zur wesentlichen Verbesserung eines der beiden in dieser Gesetzesbestimmung angeführten Kriterien (des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes) führten, und dass ungeachtet der Art der festgestellten erheblichen Beeinträchtigung nach § 25 Abs. 3 leg. cit. eine wesentliche Verbesserung von Landschaftsbild oder Naturhaushalt genüge, um dem Erfordernis des § 51 Abs. 3 Z 1 leg. cit. gerecht zu werden. Da im Berufungsbescheid völlig offengeblieben sei, auf welche fachlichen Grundlagen sich der UVS stütze, wenn er im Zusammenhang mit § 51 NSchG (Ausgleichsfähigkeit) davon ausgehe, dass durch die Ausgleichsmaßnahmen weder eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes noch des Naturhaushaltes erreicht werde, erweise sich die Versagung der Bewilligung nach § 25 Abs. 3 iVm § 51 Abs. 1 und 3 NSchG als unzureichend begründet und der Berufungsbescheid schon deshalb als rechtswidrig.

8 In Bezug auf die Versagung der Bewilligung nach § 22b Abs. 3 NSchG durch den UVS wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der naturschutzfachliche und die zoologische Amtssachverständige in ihren Gutachten bei Vornahme der Verträglichkeitsprüfung nach dieser Gesetzesbestimmung zum Schluss gekommen seien, dass eine Verschlechterung der unter § 22b Abs. 2 leg. cit. fallenden Lebensräume oder eine erhebliche Störung der unter diese Bestimmung fallenden Arten nicht zu erwarten sei sowie auch dem Ziel der Erhaltung oder Schaffung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser Lebensräume nicht widersprochen werde. Bei dieser näher begründeten fachlichen Beurteilung hätten sich die Amtssachverständigen an der Prüfmatrix aus dem Leitfaden der Europäischen Kommission vom November 2001 orientiert. Während der Bescheid erster Instanz diese auf fachkundiger Basis getroffenen Feststellungen seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt habe, habe der UVS im Unterschied dazu aus dem Befund der Sachverständigen seine eigenen Schlüsse gezogen. Damit habe er aus Eigenem fachliche Schlussfolgerungen getroffen, ohne dass erkennbar wäre, dass er selbst über die entsprechende Fachkunde verfüge oder auf welche fachliche Grundlage er sich stütze, sodass sich der Berufungsbescheid auch insoweit als unzureichend begründet erweise.

9 Ferner irre der UVS mit seiner Rechtsansicht, dass nach den §§ 5, 22b Abs. 2 und 3 NSchG bereits die (bloße) Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung bzw. Verschlechterung oder erheblichen Störung für das Fehlen der Bewilligungsfähigkeit und somit für eine Abweisung des Antrages ausreiche. Vielmehr sei notwendige Grundlage der Entscheidung die Prüfung, ob nach dem aktuellen Stand der (fach)wissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeit zu erwarten sei, dass das Vorhaben zu den genannten Beeinträchtigungen des Gebietes führen werde, oder ob solches nicht zu erwarten sei. Die Versagung der Bewilligung nach § 22b Abs. 3 NSchG erweise sich daher auch als inhaltlich rechtswidrig.

10 Zur weiteren Darstellung der Aufhebungsgründe in diesem Erkenntnis und des diesem vorangegangenen Verfahrens wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

11 Im weiteren Berufungsverfahren führte der UVS am eine mündliche Verhandlung durch, in der (u.a.) der naturschutzfachliche Amtssachverständige auf seine schriftliche Beantwortung von an ihn gestellten Fragen vom selben Tag verwies und eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme abgab. Der naturschutzfachliche Amtssachverständige gab überdies an, dass zwar grundsätzlich die Sachverständigenausführungen des erstinstanzlichen Verfahrens aufrecht blieben, sich allerdings bezüglich der Sachlage gewisse Änderungen in der Natur ergeben hätten, die Gegenstand eines Verfahrens bei der Bezirkshauptmannschaft seien und auch Auswirkungen auf die naturschutzfachliche Beurteilung des Projekts hätten.

12 In der Folge wurden von der Projektwerberin Projektmodifizierungen (vgl. etwa den Schriftsatz der Projektwerberin vom , Beilage ./1) vorgenommen. Diese Projektmodifizierungen wurden von dem (gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG an die Stelle des UVS getretenen) Landesverwaltungsgericht Salzburg mit Schreiben vom dem naturschutzfachlichen und der zoologischen Amtssachverständigen mit dem Ersuchen übermittelt, deren Fragenbeantwortung zu ergänzen und eine gesamte Eingriffsintensitätsbewertung vorzunehmen sowie die Frage zu klären, ob unter diesen Rahmenbedingungen (Projektmodifizierungen) die positiven Wirkungen der Ausgleichsmaßnahmen die negativen Auswirkungen des zu bewilligenden Projekts erheblich überwögen.

13 Die beiden Amtssachverständigen erstatteten mit Schreiben vom eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme.

14 Mit Schriftsatz vom gab die Projektwerberin zu diesen ergänzenden gutachterlichen Ausführungen eine Stellungnahme mit der Ergänzung des Projekts um zwei weitere Ausgleichsmaßnahmen, nämlich durch Errichtung einer Kleintiersperre von 200 lfm an einer näher bezeichneten Straße und die Wiederherstellung bzw. Optimierung bestehender Laichgewässer im Bereich einer 110 kV-Leitung, ab.

15 Mit Schreiben vom (beim Landesverwaltungsgericht am eingelangt) erstatteten die beiden Amtssachverständigen eine weitere gutachterliche Stellungnahme.

16 Am führte das Landesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in der (u.a.) der naturschutzfachliche und die zoologische Amtssachverständige weitere gutachterliche Ausführungen trafen.

17 Mit Schreiben vom gaben die beiden Amtssachverständigen unter Hinweis (u.a.) darauf, es sei in dieser Verhandlung vereinbart worden, dass die im Gutachten vom vorgeschlagenen Auflagen auf Grund der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen bzw. Projektergänzungen nochmals überarbeitet und angepasst würden, eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme ab.

18 Mit Schriftsatz vom erstattete die Projektwerberin ein Vorbringen (u.a.) zur Konkretisierung der Lage von projektierten Nistkästen für den Halsbandschnäpper und zur schriftlichen Stellungnahme der revisionswerbenden Partei vom , in der diese vorgebracht hatte, es sei durch eine Vielzahl von Projektmodifikationen der Verfahrensgegenstand im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht überschritten worden.

19 Mit Schreiben vom legten die beiden genannten Amtssachverständigen in Bezug auf die Situierung der angeführten Nistkästen und die vorzuschreibenden Auflagen bzw. Ausgleichsmaßnahmen eine ergänzende Stellungnahme vor.

20 Die revisionswerbende Partei gab mit Schreiben vom eine "Schlussäußerung" ab.

21 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt I.) die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der revisionswerbenden Partei gegen den oben genannten Bescheid vom als unbegründet abgewiesen und der Spruch dieses Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruchpunkt "II.11. Auflagen aus naturschutzfachlicher Sicht:" neu formuliert wurde. Unter anderem wurden der Projektwerberin geänderte Ausgleichsmaßnahmen aufgetragen. Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wurde die Projektwerberin zur Entrichtung näher bestimmter Verwaltungsabgaben verpflichtet und unter Spruchpunkt III. die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.

22 Dazu führte das Landesverwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges (u.a.) aus, dass, wie sich in dem nach Erlassung des Erkenntnisses, Zl. 2011/07/0190, fortgesetzten Verfahren herausgestellt habe, sich in der Zwischenzeit die Gegebenheiten auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken insofern geändert hätten, als die Altbäume neben den Geleisen der Lokalbahn geschlägert und auf der Projektfläche Aufschüttungen ohne eingriffsmindernde Maßnahmen vorgenommen worden seien. Darüber hinaus sei ein neuer Durchlass unter der (genannten) Straße errichtet worden. Wenn die revisionswerbende Partei auf Grund der in der Folge durchgeführten Modifikationen und Ergänzungen des Projekts in eventu die Zurückverweisung der Sache an die erstinstanzliche Behörde beantragt habe, so sei darauf hinzuweisen, dass angesichts der Zielsetzung des § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG (meritorische Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte) eine Zurückverweisung nicht in Betracht gekommen sei. Durch die Modifikationen des Antrages sei keine Änderung der Sache gegenüber dem behördlichen Verfahren erfolgt, weshalb das Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung über den modifizierten Antrag zuständig sei.

23 In Bezug auf den Bewilligungstatbestand des § 25 Abs. 1 NSchG iVm den Ausgleichsmaßnahmen nach § 51 leg. cit. vertrat das Landesverwaltungsgericht unter Hinweis auf die gutachterlichen Sachverständigenausführungen vom , und - so habe der naturschutzfachliche Sachverständige in der Verhandlung am unter Bezugnahme auf die Stellungnahme vom ausdrücklich ein erhebliches Überwiegen der angebotenen Ausgleichsmaßnahmen (im Sinne des § 51 Abs. 3 Z 2 NSchG) festgestellt - die Auffassung, dass die Verbesserung insgesamt die nachteiligen Auswirkungen jener Maßnahme, die bewilligt werden solle, im betroffenen bzw. in dem unmittelbar benachbarten Landschaftsraum erheblich übersteige, weshalb der Beschwerde in diesem Punkt keine Folge zu geben und die Genehmigung nach § 25 Abs. 1 iVm § 51 NSchG unter Vorschreibung der erforderlichen Auflagen zu erteilen sei.

24 In Bezug auf die Bewilligungsvoraussetzungen nach § 22b Abs. 2 und 3 NSchG führte das Landesverwaltungsgericht (u.a.) aus, dass die verfahrensgegenständliche Anlage fast unmittelbar an das Europaschutzgebiet S. im Sinne der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie grenze. Dieses Schutzgebiet sei der Europäischen Kommission gemeldet und in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden (Beschluss 2011/64/EU der Kommission vom zur Verabschiedung einer vierten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeografischen Region). Dieses Gebiet und das SPA-Gebiet (special protection area) nach der Vogelschutzrichtlinie überlappten einander in räumlicher Hinsicht teilweise.

25 Für das Europaschutzgebiet S. sei eine Verordnung der Landesregierung nach § 22a NSchG bislang nicht erlassen worden. Da nach § 5 Z 8 NSchG ein Eingriff in ein geschütztes Gebiet auch dann vorliege, wenn die Maßnahme selbst außerhalb des Gebietes ihren Ausgang nehme, komme die Regelung des § 22b leg. cit. zum Tragen, obwohl die Anlage selbst nicht im Europaschutzgebiet liege. Diese Regelung korrespondiere mit Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie. Der Europäische Gerichtshof habe zu Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie in seinem Urteil vom , C-98/03, Kommission/Deutschland, Rz 40, die Ansicht vertreten, dass das Erfordernis einer angemessenen Prüfung von Projekten auf ihre Verträglichkeit davon abhänge, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr bestehe, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigten. Seien daher auf der Grundlage objektiver Umstände erhebliche Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen, so sei die Maßnahme (das Projekt) nach § 22b Abs. 2 NSchG bewilligungspflichtig. Für die meritorische Beurteilung des zur Bewilligung anstehenden Projektes nenne § 22b Abs. 3 leg. cit. als Prüfungsmaßstab dieser Verträglichkeitsprüfung das Verbot der Verschlechterung bzw. der erheblichen Störung und das Fehlen eines Widerspruches zum Ziel der Erhaltung und Schaffung eines günstigen Erhaltungszustandes von Lebensräumen und Arten.

26 In ihrem im Verfahren vor der Landeshauptfrau abgegebenen Gutachten (offenbar gemeint: vom ) seien der naturschutzfachliche und die zoologische Amtssachverständige bei Vornahme der Verträglichkeitsprüfung nach § 22b Abs. 3 NSchG zu dem Schluss gekommen, dass eine Verschlechterung der unter § 22b Abs. 2 leg. cit. fallenden Lebensräume oder eine erhebliche Störung der unter diese Bestimmung fallenden Arten nicht zu erwarten sei und auch dem Ziel der Erhaltung oder Schaffung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser Lebensräume nicht widersprochen werde. Bei dieser näher begründeten fachlichen Beurteilung hätten sich die Amtssachverständigen an der Prüfmatrix aus dem Leitfaden der Europäischen Kommission vom November 2001 orientiert. Diese auf fachkundiger Basis getroffenen Feststellungen habe die Landeshauptfrau ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt, und sie habe im Zuge der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung die Bewilligung nach § 22b Abs. 3 NSchG somit zu Recht erteilt. Auch im Beschwerdeverfahren sei diesbezüglich kein anderslautendes Ermittlungsergebnis zu Tage getreten, und das Landesverwaltungsgericht gehe auf Grund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen der Amtssachverständigen davon aus, dass die beantragte Maßnahme keine Verschlechterung und keine erhebliche Störung im Sinne des § 22b Abs. 2 leg. cit. bewirken könne, weshalb die Bewilligung nach § 22b Abs. 3 leg. cit. zu erteilen und der Beschwerde der revisionswerbenden Partei diesbezüglich keine Folge zu geben sei.

27 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, mit der dessen Aufhebung begehrt wird.

28 Die Projektwerberin erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

29 Die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft haben sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

30 Die Revision ist in Anbetracht ihres Vorbringens (III.3.) zur Frage eines Begründungsmangels betreffend die erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes S. hinsichtlich der geschützten Art des Kammmolchs zulässig und im Weiteren auch berechtigt.

31 Dazu wird in der Revision im Wesentlichen (u.a.) vorgebracht, dass auf Grund der Entfernung eines hiebreifen Bestandes und einer gemäß dem erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid zu erhaltenden alten Eichenreihe entlang der Projektgrenze sowie einer Aufschüttung auf der Projektfläche durch den Grundeigentümer objektiv neue Fakten geschaffen worden seien, welche sich auf das abfallwirtschaftsrechtliche Verfahren auswirkten und die darin zu behandelnden artenschutzrechtlichen Restriktionen beträfen. In der mündlichen Verhandlung am hätten die Amtssachverständigen (u.a.) festgehalten, dass sich insgesamt gesehen sowohl die Aufschüttung ohne Absiedlung als auch das im Gegensatz zum ursprünglichen Verfahrensstand vermehrte Querungsrisiko negativ auf die örtliche Population des Kammmolchs auswirkten und so in Widerspruch zur Schaffung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Art in den S.- Auen stünden. Damit hätten die Amtssachverständigen die Erfüllung der Voraussetzungen für das Bestehen einer erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes im Sinne des § 22b NSchG festgestellt. Ferner hätten die Amtssachverständigen zur Frage des Vorliegens artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände festgehalten, dass sich dadurch insgesamt der Erhaltungszustand der im Projektgebiet vorkommenden Arten sicherlich verschlechtert habe und die kontinuierliche ökologische Funktionalität im Bereich/Umfeld des Eingriffs somit nicht gegeben sei. Aus der Sicht der naturschutzfachlichen Amtssachverständigen sei die Anlage daher zum damaligen Zeitpunkt u.a. auch wegen erheblicher Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes weder ausgleichs- noch bewilligungsfähig gewesen.

32 In ihrer Stellungnahme vom hätten die Amtssachverständigen zwar diese Beurteilung im Hinblick auf das Europaschutzgebiet nicht explizit wiederholt, aber auch nicht revidiert. Ergänzend sei in dieser Stellungnahme festgehalten worden, dass eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der örtlichen Kammmolchpopulation durch die Aufschüttung unwahrscheinlich sei, weil bekannte Kernvorkommen (Laich- und Landhabitate) des Kammmolchs nicht auf der Fläche (offenbar gemeint: Projektfläche) gelegen seien. Diese Feststellung der Amtssachverständigen habe jedoch nichts mit der Beurteilung der erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes (§ 22b Abs. 3 NSchG) zu tun. Im Zusammenhang mit dem Europaschutzgebiet gehe es nämlich um die in diesem Gebiet vorhandene und durch den Gebietsschutz (Art. 6 FFH-Richtlinie, § 22b NSchG) geschützte Population des Kammmolches im Europaschutzgebiet selbst.

33 Mit dem Gutachten vom hätten die Amtssachverständigen in Wahrheit gar nicht das Kammmolchvorkommen im Europaschutzgebiet und dessen mittelbare Beeinträchtigung durch das gegenständliche Projekt geprüft, und es habe auch die mündliche Verhandlung dazu keine neuen Erkenntnisse gebracht. Wenn das Landesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis (auf S. 73) unter Hinweis auf das vom naturschutzfachlichen und von der zoologischen Amtssachverständigen vor der Landeshauptfrau abgegebene Gutachten (vom ) sowie darauf, dass im Beschwerdeverfahren diesbezüglich kein anderslautendes Ermittlungsergebnis zu Tage getreten sei, die Auffassung vertreten habe, dass keine erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes (im Sinne des § 22b Abs. 2 NSchG) vorliege, so habe es diese Frage nicht durch Sachverständige beurteilen lassen und selbst beurteilt, ohne dafür ausreichende Beweise erhoben zu haben. Die Begründung im Erkenntnis, das erzielte Ergebnis leite sich aus den naturschutzfachlichen Gutachten ab, sei daher nicht mehr als eine Scheinbegründung.

34 Angesichts der Beurteilung der Amtssachverständigen aus dem Jahre 2013 hinsichtlich einer erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes S. im Sinne einer erheblichen Störung des Kammmolches (Tötung durch Aufschüttung und erhöhtes Tötungsrisiko durch induzierten Verkehr), welche zum Ziel der Schaffung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser Art in den S.-Auen in Widerspruch stehe, hätte das Landesverwaltungsgericht eine Ergänzung des naturschutzfachlichen Gutachtens veranlassen müssen. Diese Verletzung tragender Grundsätze des Verfahrensrechtes begründe die Zulässigkeit der Revision.

35 Dazu ist Folgendes auszuführen:

36 Im Revisionsfall geht es um die angestrebte Erteilung einer Bewilligung für eine Holz-Recyclinganlage nach AWG, BGBl. I Nr. 102/2002, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 193/2013.

37 Nach der Verfassungsbestimmung des § 38 Abs. 1 AWG sind in einem Genehmigungsverfahren für gemäß § 37 leg. cit. genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen - wie die vorliegende Anlage - alle Vorschriften - mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren - anzuwenden, die (u.a.) im Bereich des Naturschutzrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind.

38 Gemäß § 42 Abs. 1 Z. 8 AWG hat der Umweltanwalt in einem Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 1 leg. cit. Parteistellung und kann die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften im Verfahren geltend machen. Ihm wird das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

39 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des NSchG wurden im Vorerkenntnis, Zl. 2011/07/0190, wiedergegeben und seither - die Bestimmung des § 25 Abs. 1 lit. j leg.cit., die mit dem Erneuerbare Energien-Ausbaugesetz, LGBl. Nr. 32/2013, entfiel, hat für die vorliegende Beurteilung keine Bedeutung - nicht novelliert. Es kann daher in Bezug auf die anzuwendenden Bestimmungen des NSchG auf dieses Erkenntnis verwiesen werden.

Wie in diesem Erkenntnis ausgeführt wurde, ist die Bewilligung nach § 22b Abs. 3 NSchG zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass das Vorhaben zu den in dieser Bestimmung genannten Beeinträchtigungen des geschützten Gebietes führen wird, wenn also eine Verschlechterung bzw. erhebliche Störung zu erwarten ist oder die bewilligungsgegenständliche Maßnahme dem in § 22b Abs. 3 leg. cit. genannten Ziel entgegenläuft. Ferner sieht § 25 Abs. 1 iVm § 51 Abs. 1 leg. cit. die Erteilung der angestrebten Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen "an Stelle der Untersagung" des Vorhabens vor, wofür eine Tatbestandsvoraussetzung ist, dass die Beurteilung der Bewilligungsvoraussetzungen ein negatives Ergebnis erbracht hat, und im Übrigen alle in § 51 Abs. 3 Z 1 bis 4 leg. cit. angeführten Voraussetzungen der Ausgleichsmaßnahmen erfüllt sein müssen. Darüber hinaus wurde in diesem Vorerkenntnis in Bezug auf den weiteren Bewilligungstatbestand nach § 34 Abs. 1 und 3 leg. cit. ausgeführt, dass die Frage, was als Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Sinne des § 31 Abs. 2 leg. cit. anzusehen und wann von einer relevanten Vernichtung oder Beschädigung dieser Stätten auszugehen ist, nur auf Grundlage eines Sachverständigenbeweises beantwortet werden kann. Sollte sich ergeben, dass in Bezug auf die Vögel tatsächlich keine Vernichtung oder Beschädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten vorliegt, dann hat sich die Behörde mit der Frage einer Bewilligung nach § 34 Abs. 1 Z 9 leg. cit. näher zu befassen; dies allerdings nur dann, wenn sich in einem mängelfreien Verfahren auf Basis eines Sachverständigenbeweises herausstellt, dass durch die Anlage Fortpflanzungs- und Ruhestätten anderer geschützter Tiere beschädigt oder vernichtet werden. Ist dies nicht der Fall, entfällt die Bewilligungspflicht nach § 34 Abs. 1 leg. cit. iVm § 31 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. bzw. § 4 Abs. 2 Z 2 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung, LGBl. Nr. 18/2001, zur Gänze.

40 Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist daher gehalten, sich im Rahmen der Begründung des (bei ihm angefochtenen) Bescheides mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und es entsprechend zu würdigen, zumal an die Begründung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes insofern dieselben Anforderungen zum Tragen kommen wie an verwaltungsbehördliche Entscheidungen nach dem AVG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2015/03/0058, 4.3.2.2., mwN).

41 Wie die Revision vorbringt, hat der naturschutzfachliche Amtssachverständige in der oben genannten mündlichen Verhandlung vom , in der er (u.a.) auf seine schriftliche Stellungnahme vom selben Tag verwiesen hat, ausgeführt, dass es durch den projektbedingten hohen Anteil an LKW-Fahrten sowie Zu- und Abfahrten kleinerer Nutzfahrzeuge zu einem erhöhten Risiko der Tötung von Exemplaren diverser Amphibienarten, so auch des Kammmolchs, komme und sich insgesamt gesehen sowohl die Aufschüttung ohne Absiedlung (die mit der mutmaßlichen Tötung von Exemplaren verbunden sei) als auch das "im Gegensatz zum ursprünglichen Verfahrensstand" vermehrte Querungsrisiko negativ auf die örtliche Population des Kammmolchs auswirkten und so in Widerspruch zur Schaffung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser Art in den S.-Auen (somit im genannten Europaschutzgebiet) stünden.

42 Der revisionswerbenden Partei kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, dass die genannten Ausführungen des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen gegen eine Bewilligung des Vorhabens gemäß § 22b Abs. 3 NSchG sprächen. Wenn das Landesverwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses (vgl. dort S. 73) seine Beurteilung nach § 22b Abs. 3 NSchG auf das im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Gutachten der Amtssachverständigen (vom ) stützt und ausführt, dass auch im Beschwerdeverfahren kein anderslautendes Ermittlungsergebnis zu Tage getreten sei, sodass es auf Grund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen der Amtssachverständigen davon ausgehe, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nach dieser Gesetzesbestimmung erfüllt seien, so vermag diese Begründung die Erteilung der Bewilligung nach § 22b Abs. 3 leg. cit. nicht zu tragen. So kann in Anbetracht der (auch im angefochtenen Erkenntnis auf S. 30 wiedergegebenen) Ausführungen des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen vom hinsichtlich des Widerspruches zur Schaffung eines günstigen Erhaltungszustandes der Art Kammmolch in den S.-Auen keine Rede davon sein, dass im Beschwerdeverfahren (das zuerst als Berufungsverfahren geführt wurde) kein anderslautendes Ermittlungsergebnis zu Tage getreten sei. In diesem Zusammenhang ist noch anzumerken, dass dieser Amtssachverständige in der Verhandlung vom auch festgehalten hat, dass eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes aus seiner Sicht nicht möglich sei, weil Projektbestandteile für eine abschließende Beurteilung noch vorzulegen seien und es erst nach Vorliegen dieser Unterlagen möglich sein werde, eine gesamte Eingriffsintensitätsbewertung vorzunehmen.

43 Im Hinblick auf diesen Begründungsmangel erweist sich das angefochtene Erkenntnis als rechtswidrig, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben ist.

44 Darüber hinaus zeigt die Revision mit ihrem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

45 Die Revision bringt vor, dass die Projektwerberin im September 2014 zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen ("Kleintiersperre, Laichgewässer") beantragt habe und die naturschutzfachlichen Amtssachverständigen in ihrer Stellungnahme vom (offenbar gemeint: vom ) pauschal und ohne Neuberechnung ein erhebliches Überwiegen aller bisher angebotenen Ausgleichsmaßnahmen festgehalten hätten. Da das Landesverwaltungsgericht "über das Ausmaß des erstinstanzlichen Verfahrens hinausgehende Ausgleichsmaßnahmen" vorgeschrieben habe - die in der Revision unter drei Aufzählungspunkten näher bezeichneten Maßnahmen sind im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses unter Punkt 1. der vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen genannt -, habe es im Ergebnis über mehr als die Erstinstanz, also über ein anderes Projekt, abgesprochen und das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet. So habe der Verwaltungsgerichtshof den Fall der erstmaligen Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen durch die Berufungsbehörde als Überschreitung der Entscheidungsbefugnis beurteilt ("VwGH 93/10/0128"). Dies treffe auch auf den gegenständlichen Fall zu. Ein Antrag nach § 51 Abs. 1 NSchG ändere das ursprüngliche Vorhaben in einem wesentlichen Punkt und sei somit wie ein neues Ansuchen zu behandeln. Werde daher ein solcher Antrag erst im Berufungsverfahren eingebracht, so sei es der Berufungsbehörde verwehrt, darüber inhaltlich zu entscheiden. Ferner seien im gegenständlichen Fall Projektflächen im Ausmaß von 32.000 m2 (Halsbandschnäpper-Lebensraum) auf völlig neuen Grundparzellen hinzugetreten, ebenso 200 lfm Amphibiensperren entlang der genannten Straße auf bisher nicht beanspruchten Flächen und zusätzlich neue Flächeninanspruchnahmen für die Neuanlage/Optimierung von Laichgewässern. Wenn zu einem Projekt während des Rechtsmittelverfahrens gänzlich neue, bisher vom Vorhaben überhaupt nicht berührte Grundparzellen im gravierenden Ausmaß hinzuträten, müsse nach den Maßstäben der genannten Rechtsprechung von einer Änderung der Sache ausgegangen werden, die die Unzuständigkeit der Rechtsmittelinstanz zur Folge habe. Das Landesverwaltungsgericht habe seine Begründungspflicht zur Frage der Zuständigkeit zur Beurteilung der neuen Ausgleichsmaßnahmen grob verletzt.

46 Dazu ist Folgendes auszuführen:

Das Landesverwaltungsgericht vertritt im angefochtenen Erkenntnis die Auffassung, dass durch die Projektmodifikationen der Projektwerberin (Aufnahme von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 51 Abs. 1 und 3 NSchG) keine Änderung der Sache gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren erfolgt sei.

47 Nach der gemäß § 17 VwGVG von den Verwaltungsgerichten anzuwendenden Bestimmung des § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden; durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden. Im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung sind somit Projektänderungen auch im Beschwerdeverfahren in dem Umfang zulässig, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheides dargestellt hat, ausgewechselt wird (vgl. aus der hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0062).

48 Liegt hingegen eine wesentliche Änderung des verfahrenseinleitenden Antrages vor, so ist dies als Zurückziehung des ursprünglichen Antrages und Stellung eines neuen Anbringens zu qualifizieren. Wo die Grenze zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen verläuft, ist letztlich eine Wertungsfrage. Abgesehen von dem im Gesetz ausdrücklich genannten Fall einer dadurch bewirkten Änderung der Zuständigkeiten stellt die hg. Rechtsprechung darauf ab, dass dadurch das Vorhaben in einer für andere Beteiligte nachteiligen Weise oder so geändert wird, dass zusätzliche und neue Gefährdungen entstehen. So gilt für den Bereich des Betriebsanlagenrechtes, dass Änderungen des Projektes im Zuge des Genehmigungsverfahrens, die nicht geeignet sind, gegenüber dem ursprünglichen Projekt neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen usw. im Sinne des § 74 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 herbeizuführen, als gemäß § 13 Abs. 8 AVG nicht wesentliche Antragsänderung zulässig sind (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/04/0037, mwN).

49 Die Revision zeigt nicht auf, dass das Landesverwaltungsgericht von dieser hg. Judikatur abgewichen wäre. Das von ihr ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/10/0128, bezieht sich auf eine andere Sachverhaltskonstellation und ist daher mit dem Revisionsfall insoweit nicht vergleichbar. So wurde in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall mit erstinstanzlichem Bescheid der Konsenswerberin u.a. die naturschutzbehördliche Bewilligung (zur Erweiterung eines bestehenden Golfplatzes) unter Auflagen erteilt, ohne dass dabei auf die Frage der Bewilligungsfähigkeit durch Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen abgestellt wurde. Diese Möglichkeit der Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen wurde erst nach einer im Berufungsverfahren vorgenommenen Projektänderung der Konsenswerberin von der Berufungsbehörde wahrgenommen, und es wurde mit dem in der Folge vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid dem abgeänderten Projekt die naturschutzbehördliche Bewilligung u.a. unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen erteilt. Dieser Bescheid wurde mit dem Erkenntnis, Zl. 93/10/0128, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die von der Berufungsbehörde erteilte Bewilligung - abweichend von der erstinstanzlichen Bewilligung - auf einer anderen Bestimmung des Salzburger Naturschutzgesetzes beruhte und die belangte Behörde dadurch die ihr durch die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG eingeräumte Entscheidungsbefugnis überschritten hatte.

50 Diese Beurteilung entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung, wonach die "Sache" des unterinstanzlichen Verfahrens, weil sie durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift bestimmt wird, jedenfalls durch Antragsänderungen verlassen wird, welche die Anwendbarkeit einer anderen Norm zur Folge haben (vgl. dazu etwa Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 13 Rz 47, S. 187).

51 Im vorliegenden Revisionsfall hat die Landeshauptfrau im erstinstanzlichen Bescheid (vgl. dort insbesondere S. 6 und 49 f) unter Bezugnahme (u.a.) auf § 51 NSchG eine Reihe von Ausgleichsmaßnahmen (wie oben angeführt) aufgetragen und ferner (u.a.) eine Reihe von Auflagen aus naturschutzfachlicher Sicht - wie etwa die Anbringung zahlreicher Vogelnistkästen und Fledermauskästen bzw. -bretter - vorgeschrieben. Die Frage der Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 51 Abs. 1 und 3 NSchG war somit bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Wenn nun die Projektwerberin im Beschwerdeverfahren das Projekt um die von der Revision beanstandeten Ausgleichsmaßnahmen - nämlich die Wiederherstellung/Optimierung von zusätzlich 3 (ursprünglich 1) Laichgewässern, die Errichtung einer (dauerhaften) Kleintiersperre auf einer Länge von ca. 200 lfm und die Anbringung von 30 Nistkästen für den Halsbandschnäpper an Altbäumen - ergänzt hat, so ist diese Projektänderung nicht als Überschreitung der "Sache" im zuvor genannten Sinn zu beurteilen. Wenn die Revision in diesem Zusammenhang vorbringt, es würden diese Ausgleichsmaßnahmen auf bisher nicht beanspruchten Flächen von großem Ausmaß gesetzt, so kann allein daraus noch keine wesensverändernde, unzulässige Überschreitung der "Sache" abgeleitet werden, behauptet die Revision doch nicht, dass die gegenständliche Anlage in Bezug auf ihren Standort, ihre Größe, ihre Kapazität, die zu errichtenden baulichen Anlagen, die einzusetzenden Geräte u.dgl. verändert worden sei.

52 Mit ihrem Vorwurf, dass das Landesverwaltungsgericht zum Abspruch über die Ausgleichsmaßnahmen nicht zuständig gewesen sei, erweist sich die Revision daher insoweit als unbegründet.

53 Die Revision bringt in Bezug auf den projektierten Abriss des Forsthauses und die damit in Zusammenhang stehende Frage des Vorkommens gebäudebewohnender Fledermausarten (zusammengefasst) vor, aus den Stellungnahmen der revisionswerbenden Partei sei abzuleiten, dass seitens der naturschutzfachlichen Sachverständigen sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch in den Gutachten vom und vom nachgewiesenen Vorkommen der Kleinen Hufeisennase auf der Projektfläche im Forsthaus ausgegangen worden sei. In den beiden Gutachten sei die Vorkommensstätte des Forsthauses für die Kleine Hufeisennase auch explizit als "Ruhestätte" (im Sinne des § 31 Abs. 2 NSchG) qualifiziert worden. Weshalb die zoologische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung vom jedoch erklärt habe, es seien auf der projektgegenständlichen Fläche keine gebäudebewohnenden Fledermäuse gefunden worden, sei unerfindlich und aktenwidrig, stütze sie sich doch dabei nicht auf eigene Erhebungen, sondern auf die Erhebungen der Projektwerberin bzw. deren beauftragten Fledermausspezialisten. Das Landesverwaltungsgericht hätte zumindest auf Grund der nach der mündlichen Verhandlung eingelangten Stellungnahmen der revisionswerbenden Partei an der Beurteilung der Amtssachverständigen Zweifel hegen müssen. Dieses habe nicht ausreichend begründet, warum es nicht den Ausführungen der revisionswerbenden Partei gefolgt sei, und es stellten seine begründenden Ausführungen nur eine Scheinbegründung dar. Die entscheidungswesentlichen Sachverhaltsfeststellungen seien für die Kleine Hufeisennase zu Unrecht nicht getroffen worden, und die Unterlassung der Auseinandersetzung mit den Tatsachenrügen der revisionswerbenden Partei, insbesondere zum Bestehen und zur unzulässigen Vernichtung einer Ruhestätte der Kleinen Hufeisennase, sei offensichtlich. Das vehemente Vorbringen der revisionswerbenden Partei entspreche im Grunde genommen einem fortgesetzten Beweisantrag, und es unterliege der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinne notwendig sei. Hätte sich das Landesverwaltungsgericht mit dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei auseinandergesetzt und auf die Beweisergebnisse "aus 2013 und 2014 der ASV" zurückgegriffen bzw. wäre es den fachlich fundierten Ausführungen der revisionswerbenden Partei gefolgt, dann hätte es zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine Vernichtung einer Ruhestätte der Kleinen Hufeisennase mit dem Projekt verbunden sei, welche einer Bewilligung nicht zugänglich sei.

54 Auch dieses Vorbringen führt die Revision zum Erfolg. 55 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Ra 2015/10/0076, mwN) muss ein Sachverständigengutachten, das von der Behörde - oder dem Verwaltungsgericht (vgl. in diesem Zusammenhang das oben genannte Erkenntnis, Ra 2015/03/0058, 4.3.2.2., mwN) - ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt wird, einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn enthalten sowie ausreichend begründet sein (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/06/0063, mwN). Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten (im engeren Sinn) aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Während somit der Befund die vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen enthält, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (vgl. nochmals das Erkenntnis, Ra 2015/10/0076).

56 Ferner ist nur ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten von einer Gegenpartei zu entkräften, während schlichte Feststellungen des Sachverständigen, die nicht weiter begründet sind, nicht widerlegt werden müssen. Denn das Erfordernis der Widerlegung eines von der Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens auf gleicher fachlicher Ebene greift nur ein, wenn ein vollständiges, schlüssiges und widerspruchsfreies Gutachten vorliegt. Dabei hat der Sachverständige seine Sach- und Ortskenntnis schriftlich im Rahmen des Befundes, der eine von ihm - wenn auch etwa unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden, wie beispielsweise der Zitierung entsprechender Fachliteratur - vorgenommene Tatsachenfeststellung darstellt, soweit zu konkretisieren, dass sie für Dritte nachvollziehbar ist. Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, haben somit ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten erhoben werden (vgl. zum Ganzen nochmals das genannte Erkenntnis, Zl. 2012/06/0063, mwN).

57 Im Rahmen ihres in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom erstatteten Gutachtens hat die zoologische Amtssachverständige (u.a.) ausgeführt, dass auf der Projektfläche keine gebäudebewohnenden und keine baumbewohnenden Fledermäuse sowie keine Fortpflanzungsstätten vorgefunden worden seien und kein Quartier nachgewiesen worden sei. Es sei derzeit davon auszugehen, dass keine baumbewohnenden Fledermäuse in diesem Gebiet lebten, dies hinsichtlich der Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Der Fledermausexperte R. habe auf dieser Fläche die Erhebungen durchgeführt und die Maßnahmen vorgeschlagen. Als Maßnahmen seien spezielle Fledermausnistkästen und spezielle Holzverschalungen vorgesehen, und insgesamt sei daher davon auszugehen, dass sich der Zustand der Fledermauspopulation nicht verschlechtere.

58 Zu Recht führt die Revision gegen die auf die Ausführungen der zoologischen Amtssachverständigen in der Verhandlung vom gestützte Beurteilung des Landesverwaltungsgerichtes, es sei mangels eines Nachweises des Vorkommens von gebäude- oder baumbewohnenden Fledermäusen auf der Projektfläche - so auch bei dem genannten Forsthaus - davon auszugehen, dass dort (u.a.) keine Ruhestätten geschützter Tiere (im Sinne des § 31 Abs. 2 NSchG) beschädigt oder vernichtet würden, ins Treffen, dass diese Ausführungen in Anbetracht der gutachterlichen Stellungnahmen der Amtssachverständigen vom und vom , nicht nachvollziehbar erscheinen. So haben dieselbe zoologische Amtssachverständige und der naturschutzfachliche Amtssachverständige in ihrer zur mündlichen Verhandlung am erstatteten schriftlichen Stellungnahme vom selben Tag (vgl. dort insbesondere S. 6) ausgeführt, dass (u.a.) die Kleine Hufeisennase das Forsthaus als Ruhestätte nutze. Dieselbe fachliche Beurteilung enthält die gemeinsame gutachterliche Stellungnahme der beiden Amtssachverständigen vom (vgl. dort insbesondere S. 19). Die Begründung der in Abkehr von diesen fachlichen Beurteilungen in der mündlichen Verhandlung am getroffene diesbezügliche Äußerung der zoologischen Amtssachverständigen, wonach (auch) keine Ruhestätten gebäude- oder baumbewohnender Fledermäuse in diesem Gebiet gegeben seien, beschränkt sich im Wesentlichen auf den Hinweis auf die Erhebungen des Fledermausspezialisten R., wobei jedoch völlig offen bleibt, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang von diesem Erhebungen zum Vorkommen der Fledermausarten im Projektgebiet vorgenommen wurden. Im Übrigen handelt es sich bei dem genannten Fledermausexperten nicht um einen von der Behörde oder dem Landesverwaltungsgericht beigezogenen Sachverständigen. Wenn die Revision vorbringt, dieser sei ein von der Projektwerberin beauftragter Fledermausspezialist, so ist zu bemerken, dass es einem Amtssachverständigen zwar nach der hg. Judikatur (vgl. etwa das Vorerkenntnis, Zl. 2011/07/0190) gestattet ist, auf von ihm als plausibel erachtete Teile eines Einreichoperates bzw. diesem beiliegende fachkundige Ausführungen zu verweisen und diese solcherart zum Teil seines eigenen Gutachtens zu machen, was auch für allfällige fachkundige Stellungnahmen eines von einem Projektwerber beauftragten Experten gilt. Aus den in der mündlichen Verhandlung am getroffenen Ausführungen der zoologischen Amtssachverständigen geht jedoch nicht hervor, dass diese die von ihr herangezogenen Erhebungsergebnisse des Fledermausexperten R. etwa selbst überprüft oder in anderer Weise einer Plausibilitätskontrolle unterzogen hat bzw. auf Grund welcher Umstände sie von der Richtigkeit dieser Erhebungen ausgegangen ist.

59 Im Hinblick darauf fehlt dieser gutachterlichen Stellungnahme der zoologischen Amtssachverständigen zur Frage des Vorkommens (u.a.) der Kleinen Hufeisennase im Projektgebiet, die das Landesverwaltungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, eine im Sinne der oben zitierten Judikatur ausreichende Befundaufnahme (vgl. dazu nochmals das genannte Erkenntnis, Zl. 2012/06/0063), weshalb diese gutachterliche Stellungnahme keine tragfähige Grundlage für die Feststellungen des Landesverwaltungsgerichtes im angefochtenen Erkenntnis betreffend die genannte Fledermausart darstellt.

60 Demzufolge hat das Landesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis auch in dieser Hinsicht mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

61 Dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Wien, am

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