VwGH 25.11.2010, 2007/16/0168
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2007/16/0169
2007/16/0171
2007/16/0170
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerden der D GmbH in E, vertreten durch die e/n/w/c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates je vom , 1.) Zl. ZRV/0013- Z3K/05, betreffend Rückforderung einer Ausfuhrerstattung und Vorschreibung einer Sanktion, 2.) Zl. ZRV/0014-Z3K/05, betreffend Vorschreibung von Zinsen, 3.) Zl. ZRV/0017-Z3K/05 und
4.) Zl. ZRV/0018-Z3K/05, betreffend Rückforderung einer Ausfuhrerstattung und Vorschreibung einer Sanktion, zu Recht erkannt:
Spruch
Die erst-, zweit- und viertangefochtenen Bescheide werden hinsichtlich der Verhängung der Sanktion wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 3.248,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin meldete am 11 Paletten mit gefrorenem Fleisch von Hausschweinen (mit Knochen, Vorderteile und Teile davon) zur Ausfuhr aus der Gemeinschaft an und beantragte dafür die Gewährung von Ausfuhrerstattung. Sie meldete am selben Tag noch weitere 34 Paletten und 32 Paletten mit gefrorenem Fleisch von Hausschweinen zur Ausfuhr aus der Gemeinschaft an und beantragte auch dafür die Gewährung von Ausfuhrerstattung. Die Ausfuhranmeldungen wurden jeweils am selben Tag vom damaligen Zollamt Kleinhaugsdorf angenommen.
Mit Bescheiden jeweils vom gewährte das damalige Zollamt Salzburg/Erstattungen (im Folgenden: Zollamt) der Beschwerdeführerin für die 11 Paletten Schweinefleisch eine Erstattung in Höhe von S 379.171,-- (EUR 27.555,43) und für die 32 Paletten Schweinefleisch eine Erstattung in Höhe von S 378.324,-
- (EUR 27.493,88). Mit Bescheid vom gewährte das Zollamt der Beschwerdeführerin für die 34 Paletten Schweinefleisch eine Erstattung in Höhe von S 384.987,-- (EUR 27.978,10).
Mit Bescheiden vom 9., 14. und forderte das Zollamt die genannten Ausfuhrerstattungen (teilweise) zurück und schrieb jeweils einen Sanktionsbetrag gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission in Höhe von 50 % des zu Unrecht erhaltenen Erstattungsbetrages vor. Begründend führte das Zollamt jeweils aus, bei Ermittlungen durch das Hauptzollamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz seien Unterlagen aufgefunden worden, die den betreffenden Erstattungsanträgen zuzuordnen seien. Daraus wäre ersichtlich, dass z.T. andere als in der Ausfuhranmeldung beschriebene Waren ausgeführt worden seien. Bei den ausgeführten Waren handle es sich u. a. um nichterstattungsfähiges Bauchfleisch und Rindfleisch, für welches keine Ausfuhrlizenz vorliege. Da vorsätzliches Handeln nicht habe festgestellt werden können, sei eine Sanktion gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung 3665/87 zu verhängen gewesen.
Das Zollamt setzte mit Bescheid vom überdies hinsichtlich der 11 Paletten Zinsen in Höhe von EUR 6.577,58 fest.
Mit Berufungsvorentscheidungen vom 12. und wies das Zollamt die gegen die Rückforderungsbescheide erhobenen Berufungen als unbegründet ab.
Mit einer weiteren Berufungsvorentscheidung vom wies das Zollamt die gegen die Zinsenfestsetzung erhobene Berufung als unbegründet ab.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen jeweils (Administrativ-)Beschwerde.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde die im Rückforderungsverfahren hinsichtlich der 33 Paletten erhobene (Administrativ-)Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Spruch der bekämpften Berufungsvorentscheidung insofern abgeändert, als die Sanktion gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (50 %) durch jene gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (200 %) ersetzt und der sich daraus ergebende Differenzbetrag von EUR 35.504,15 zur Zahlung vorgeschrieben wurde.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die hinsichtlich der Zinsenfestsetzung erhobene (Administrativ-)Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 zahle der Begünstigte den zu Unrecht erhaltenen Betrag - einschließlich aller nach Abs. 1 Unterabs. 1 fälligen Sanktionen - zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen der Gewährung der Erstattung und ihrer Rückzahlung zurück. Der anwendbare Zinssatz werde nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts, in Österreich nach § 107 Marktordnungsgesetz, berechnet. Demnach liege der Zinssatz 3 vH über dem Basiszinssatz der Nationalbank. Da mit dem erstangefochtenen Bescheid der Rückforderungsanspruch des Zollamtes in der Hauptsache bestätigt worden sei, sei die Zinsenvorschreibung dem Grunde nach zu Recht erfolgt. Da die Zinssätze in treffender Höhe und über die richtigen Zeiträume angewendet worden seien, erweise sich die Zinsenvorschreibung auch der Höhe nach als rechtskonform.
Mit dem dritt- und viertangefochtenen Bescheid wurden die im Rückforderungsverfahren hinsichtlich der 34 Paletten und 32 Paletten erhobenen (Administrativ-)Beschwerden jeweils als unbegründet abgewiesen und der Spruch der bekämpften Berufungsvorentscheidungen insofern abgeändert, als die Sanktion gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (50 %) durch jene gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (200 %) ersetzt und der sich daraus ergebende Differenzbetrag mit EUR 37.218,95 und EUR 40.889,10 festgesetzt wurde.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den zweitangefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterlassung der Erhebung eines Zinsbetrages zu der Rückforderung einer endgültig gewährten Ausfuhrerstattung, hinsichtlich der übrigen angefochtenen Bescheide in ihrem Recht auf Unterlassung der Rückforderung einer endgültig gewährten Ausfuhrerstattung, sowie auf Unterlassung einer Vorschreibung eines "erstattungsrechtlichen Sanktionsbetrages" verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete Gegenschriften, in welchen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Entscheidung - durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Mit Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ABl. EG Nr. L 102 vom , wurde die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 aufgehoben. Sie gilt nach dieser Bestimmung jedoch weiterhin u.a. für Ausfuhren, für welche die Ausfuhranmeldung vor dem Datum der Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission (somit vor dem - Art. 55 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission) angenommen worden ist.
Da die in Rede stehenden Ausfuhranmeldungen jeweils am angenommen worden sind, ist in den vorliegenden Beschwerdefällen noch die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ABl. EG Nr. L 351 vom (im Folgenden: ErstattungsVO), anzuwenden.
Hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften betreffend die Rückforderungsverfahren kann somit auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/16/0152, verwiesen werden.
Unbeschadet der Verpflichtung gemäß Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 4, einen negativen Betrag zu zahlen, wenn eine Erstattung zu Unrecht gewährt wurde, zahlt nach Art. 11 Abs. 3 der ErstattungsVO der Begünstigte den zu Unrecht erhaltenen Betrag - einschließlich aller nach Absatz 1 Unterabsatz 1 fälligen Sanktionen - zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen der Gewährung der Erstattung und ihrer Rückzahlung zurück. Die Zahlung erfolgt innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Zahlungsaufforderung. Der anwendbare Zinssatz wird nach den einschlägigen Bestimmungen des nationalen Rechts berechnet.
Nach § 107 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Marktordnungsgesetzes 1985 (MOG) liegt der Zinssatz 3 vH über dem Basiszinssatz.
Die Beschwerdefälle betreffend den erst-, dritt- und viertangefochtenen Bescheid gleichen sowohl hinsichtlich des Vorbringens im Verwaltungsverfahren, der Entscheidungsgründe der angefochtenen Bescheide als auch der Beschwerdeausführungen jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 2007/16/0152, zu Grunde liegt. Mit diesem Erkenntnis wurde über eine Beschwerde derselben Beschwerdeführerin entschieden. Es kann daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das zitierte Erkenntnis verwiesen werden. Auch in den vorliegenden Beschwerdefällen begegnen der Schlüssigkeit der Feststellungen, es seien (teilweise) andere Waren als im Erstattungsverfahren angegeben, tatsächlich ausgeführt worden, keine Bedenken, sodass die Beschwerden hinsichtlich der Rückforderung des Erstattungsbetrages abzuweisen waren.
Auf Grund der in den Beschwerdefällen ebenfalls vorliegenden Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Verhängung der Sanktion nach Art. 11 Abs. 1 Buchstabe b der ErstattungsVO waren der erst-, dritt- und viertangefochtene Bescheid, soweit sich diese jeweils auf die Sanktion beziehen, aufzuheben.
Hinsichtlich der durch den zweitangefochtenen Bescheid im Instanzenzug erfolgten Vorschreibung der Zinsen ist anzumerken, dass diese ausschließlich in Bezug auf die Rückforderung des Erstattungsbetrages, hinsichtlich derer die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist, erfolgte. Die Beschwerde enthält in diesem Zusammenhang kein eigenes Vorbringen.
Da die gegen den zweitangefochtenen Bescheid gerichtete Beschwerde hinsichtlich der Zinsenvorschreibung keine Rechtswidrigkeit aufzeigt und auch keine vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifende Rechtswidrigkeit hervorgekommen ist, erweist sich diese Beschwerde somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere dessen § 3 Abs. 2.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | 31987R3665 AusfErstLwErz DV Art11 Abs1; 31987R3665 AusfErstLwErz DV Art11 Abs3; MOG 1985 §107; VwGG §42 Abs1; VwGG §42 Abs2 Z2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2007160168.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAE-68989