VwGH vom 23.11.2016, Ra 2016/05/0023
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth, die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der M M in L, vertreten durch Mag. Bernhard Österreicher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 12/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-812/001-2015, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht:
Gemeindevorstand der Marktgemeinde B; mitbeteiligte Partei:
Marktgemeinde B; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Marktgemeinde Biedermannsdorf hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 135, EZ 293, KG B. Die mitbeteiligte Marktgemeinde (im Folgenden: Marktgemeinde) ist Eigentümerin des unmittelbar westlich daran angrenzenden Grundstückes Nr. 834/1, EZ 339, KG B.
2 Mit Eingabe vom beantragte die Marktgemeinde die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer Müllstation mit insgesamt zwölf Müllcontainern und einer Einfriedung auf dem Grundstück Nr. 834/1.
3 Mit Schreiben der Bürgermeisterin erfolgte die Verständigung über dieses Vorhaben gemäß § 22 Abs. 2 NÖ Bauordnung (NÖ BO 2014).
4 Mit Schreiben vom erhob die Revisionswerberin Einwendungen gegen das Bauvorhaben wegen Lärm- und Geruchsbelästigungen.
5 Bei der mündlichen Verhandlung am , in der die Revisionswerberin die in der Eingabe vom erhobenen Einwendungen bekräftigte und überdies auf drohende Belästigungen wegen der vor Ort üblichen Wetterlage verwies, führte der Bausachverständige Mag. P. im Wesentlichen aus, es sei kein Widerspruch zu der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung gegeben. Das Baugrundstück weise die Widmung "Bauland-Agrargebiet (BA)" auf. Das Bauvorhaben entspreche den Richtlinien des Bebauungsplanes und der Bebauungsvorschriften. Teile des Grundstückes würden befestigt, und auf entsprechenden Fundamenten werde zum Nachbargrundstück (der Revisionswerberin) ein insgesamt 2 m hoher Zaun auf einem etwa 0,6 m hohen Betonsockel errichtet. Die Grenze zum restlichen Grundstück werde mit einem Maschendrahtzaun "abgetrennt". Auf der neu zu schaffenden Fläche würden insgesamt sechs Rollcontainer aus Kunststoff, zwei Metallcontainer für Altglas und außerdem Container für Altmetall, wie etwa Aludosen, aufgestellt. Für die Versickerung der Oberflächenwässer sei ein Sickerschacht mit einem Durchmesser von 0,8 m vorgesehen. Der Neubau habe "keine unmittelbare Auswirkung auf Abstände zu Nachbargrundstücken", da in diesem Bereich die geschlossene Bebauung vorgeschrieben sei. Ein statischer Nachweis sei auf Grund der Geringfügigkeit nicht erforderlich.
Da ausschließlich geruchsarme Materialien, wie etwa Papier, Kunststoffe und Metalle, gesammelt und regelmäßig von der Marktgemeinde abgeführt würden, werde eine allfällige Geruchsbelästigung auf ein Minimum eingeschränkt. Im "Bauland-Agrargebiet" sei ein wesentlich höheres Emissionspotential - etwa durch Tierhaltung - zulässig als von der öffentlichen Müllstation ausgehe. Außerdem werde der Großteil der Container zur flexiblen und raschen Manipulation auf Rollen geführt.
Das Bauvorhaben entspreche aus bau- und brandschutztechnischer Sicht den Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, dem Bebauungsplan sowie den Bebauungsbestimmungen, den Anforderungen der NÖ Bautechnikverordnung 2014 und den dazugehörigen OIB-Richtlinien, wenn die näher angeführten Auflagen eingehalten würden. Im "Bauland-Agrargebiet" seien nach der NÖ Lärmschutzverordnung erhöhte Lärmwerte und nach dem NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) eine maximale Nutzung mit vier Wohneinheiten möglich. In diesem Bereich des Ortsgebietes sei laut Bebauungsplan eine geschlossene Bebauungsweise vorgeschrieben, sodass im Fall einer Bauführung an der Grundstücksgrenze der Revisionswerberin eine Feuermauer zu errichten sei, die die Funktion einer Lärmschutzwand übernehmen würde. Bei zeitlicher Einschränkung der Nutzung der Müllstation bestehe kein Einwand gegen deren Errichtung. Das "Bauwerk bzw die davon ausgehenden Emissionen" würden "eingehalten".
6 Mit Bescheid vom erteilte die Bürgermeisterin der Marktgemeinde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen, unter anderem der Beschränkung der Entsorgung von Abfällen auf die Zeit zwischen 7.00 Uhr und 20.00 Uhr sowie der Pflicht zur Anbringung einer entsprechenden Hinweistafel. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges, der Nachbareinwendungen, der gutachterlichen Stellungnahme des Bausachverständigen und der gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen ausgeführt, die projektierten Container seien so ausgestattet, dass sowohl ein bei der Entsorgung entstehender Lärm als auch eine Geruchsbelästigung durch einen entsprechenden Verschluss bestmöglich verhindert würden. Daher sei eine Beeinträchtigung im Sinne der NÖ BO 2014 jedenfalls hintangehalten. Überdies werde durch die Festlegung der Entsorgungszeiten sichergestellt, dass die Nachtruhe nicht gestört werde.
7 Die dagegen erhobene Berufung der Revisionswerberin wurde mit Bescheid des Gemeindesvorstandes der Marktgemeinde vom als unbegründet abgewiesen.
8 Die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Unter einem wurde eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.
Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) im Wesentlichen aus, sowohl die Liegenschaft der Revisionswerberin als auch das Baugrundstück lägen im "Bauland-Agrargebiet". Diese Widmung erlaube insbesondere die Errichtung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, etwa eines Schweinestalles für eine Nutztierhaltung oder einer Düngerstation, aber auch die Errichtung von Einfamilienhäusern und Kleinwohnhäusern. Die gegenständlichen Müllcontainer seien sowohl hinsichtlich ihrer Größe als auch hinsichtlich ihrer Art mit jenen vergleichbar, die in Wohnhausanlagen beziehungsweise Siedlungen mit der Widmung "Bauland-Wohngebiet" zwingend vorgeschrieben und für das Zusammenleben von Menschen notwendig seien. Bei den gegenständlich zu sammelnden Abfällen handle es sich um Rohstoffe, die einer Wiederverwertung zugeführt würden und in der Regel - im Gegensatz zu Bioabfällen beziehungsweise Abfällen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb - geruchsarm seien. Wenn selbst bei der Widmung "Bauland-Wohngebiet" Immissionen von vorgeschriebenen Müllbehältern von Nachbarn hinzunehmen seien, sei bei der Widmung "Bauland-Agrargebiet", wo jedenfalls von einem höheren zulässigen Ausmaß an Lärm- und Geruchsimmissionen auszugehen sei, bei der Sammlung von wiederverwertbaren Stoffen von einer Ortsüblichkeit auszugehen.
Die Betriebszeiten seien mit 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr festgelegt und mit einer Hinweistafel kundzumachen. Die diesbezüglichen Einwendungen der Revisionswerberin, wonach diese Einschränkung mangels Kontrollierbarkeit der Betriebszeiten völlig wirkungslos sei, weil die Einhaltung nicht durchgehend kontrollierbar sei und sich dritte Personen nicht daran halten würden, zeige keine Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides auf. Sollten Benützer die Betriebszeiten tatsächlich nicht einhalten oder auch andere, zu höheren Emissionen führende Abfälle entsorgen, so habe die Behörde die Möglichkeit, diesen Verfehlungen durch die Einleitung von Strafverfahren oder zivilrechtlichen Verfahren beziehungsweise durch Vorschreibung weiterer Maßnahmen entgegenzuwirken.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
10 Das LVwG legte die Verwaltungsakten vor.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Die Revision erweist sich in Ansehung der Frage der Unterscheidung der Emissionen von Müllbehältern bei einer Wohnnebennutzung von jenen einer öffentlichen Müllsammelstelle als zulässig und auch begründet.
13 Im vorliegenden Beschwerdefall kommt die NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), LGBl. Nr. 1/2015, idF LGBl. Nr. 6/2015, zur Anwendung.
§ 4 NÖ BO 2014 lautet auszugsweise:
"§ 4.
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
...
7. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte
Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen
erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist;
...
15. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit
einem Dach und wenigstens 2 Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen;
..."
§ 6 NÖ BO 2014 lautet auszugsweise:
"§ 6.
Parteien und Nachbarn
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
...
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück
angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z. B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind ( Nachbarn) , und
...
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt werden können.
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz
der bewilligungs- oder anzeigepflichtigen Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z 4)
sowie
2. den Schutz vor Emissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Zwecken jeder Art der Wohnnutzung ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die
Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung auf Hauptfenster (§ 4 Z 3 und 21) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
..."
§ 48 NÖ BO 2014 lautet:
"§ 48.
Immissionsschutz
Emissionen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase und Erschütterungen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen Menschen weder in ihrem Leben oder ihrer Gesundheit gefährden noch örtlich unzumutbar belästigen.
Ausgenommen davon sind:
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- | Lärmemissionen von Kindern auf Spielplätzen, in Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen oder ähnlichen Anlagen sowie |
- | Emissionen aus der Nutzung von Pflichtstellplätzen und von öffentlichen Warneinrichtungen. |
Ob Belästigungen örtlich unzumutbar sind, richtet sich nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen. Örtlich sind dabei als Emissionsquellen neben dem Bauvorhaben die bewilligten oder angezeigten Bauwerke, die innerhalb einer Entfernung von 300 m vom Bauvorhaben aus situiert sind und mit diesem eine organisatorische oder wirtschaftliche | Einheit bilden, in die Beurteilung miteinzubeziehen." |
§ 16 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014), LGBl. Nr. 3/2015, lautet auszugsweise: |
"§ 16.
Bauland
(1) Das Bauland ist entsprechend den örtlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:
...
5. Agrargebiete, die für Bauwerke land- und
forstwirtschaftlicher Betriebe und der sonstigen Tierhaltung, die über die übliche Haltung von Haustieren hinausgeht, bestimmt sind; andere Betriebe, welche keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- oder Geruchsbelästigungen sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen und sich in ihrer Erscheinungsform in das Ortsbild und in die dörfliche bauliche Struktur einfügen, sowie Wohnnutzungen mit höchstens vier Wohneinheiten pro Grundstück sind zuzulassen;
..."
§ 42 NÖ ROG 2014, LGBl. Nr. 3/2015, lautet auszugsweise:
"§ 42.
Übergangsbestimmungen
...
(3) Die nach den bisherigen Bestimmungen aufgestellten örtlichen Raumordnungsprogramme und die vereinfachten Flächenwidmungspläne gelten als örtliche Raumordnungsprogramme und vereinfachte Flächenwidmungspläne nach diesem Gesetz.
...
(5) Für die in den örtlichen Raumordnungsprogrammen und vereinfachten Flächenwidmungsplänen nach Abs. 3 ausgewiesenen Widmungsarten sind die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden. Widmungsarten, die nach ihrer Bezeichnung nicht mit den Bestimmungen dieses Gesetzes übereinstimmen, gelten als nicht ausgewiesen. Ausgenommen davon sind die Bezeichnungen ‚Grünland-Landwirtschaft' und ‚Grünland-Forstwirtschaft'; diese gelten als Widmung ‚Grünland - Land- und Forstwirtschaft' gemäß § 20 Abs. 2 Z. 1a weiter.
..."
14 Die Revision bringt im Wesentlichen vor, bei der Beurteilung eines Bauvorhabens nach § 48 NÖ BO 2014 sei auch auf Lärmreflexionen Bedacht zu nehmen. Das LVwG habe hinsichtlich der Lärmentwicklung ausgeführt, dass bei der Sammlung der gegenständlichen Stoffe von einer Ortsüblichkeit auszugehen sei, ohne sich mit einer möglichen Lärmreflexion von den umliegenden Gebäudemauern auseinanderzusetzen.
Das LVwG habe nichts zur konkreten Immissionsbelastung ausgeführt und sich nicht mit der vor Ort gegebenen Immissionsbelastung, etwa durch umliegende Gebäude oder Betriebe, auseinandergesetzt. Die Frage, ob eine nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbare Gefährdung von Leben und Gesundheit vermieden werde, sei unter Bedachtnahme auf die in der Umwelt bereits bestehenden Gefährdungen zu beurteilen. Dieser Beurteilung sei jene Gesamtsituation zu Grunde zu legen, die durch das Hinzutreten der durch das Projekt bewirkten Immissionen zu der aus anderen Quellen stammenden Grundbelastung entstehe. Das LVwG habe jedoch eine Beurteilung der Auswirkungen der veränderten Gesamtsituation beziehungsweise der konkreten Immissionsauswirkungen unterlassen. Darüber hinaus böten die Auflagen betreffend die Betriebszeiten insbesondere deshalb keine ausreichende Gewähr für die Reduzierung der Lärmemissionen auf ein § 48 NÖ BO 2014 entsprechendes Maß, weil keine Einschränkung hinsichtlich der Wochentage vorgenommen worden und somit auch am Wochenende mit Emissionen zu rechnen sei. Gerade am Wochenende herrsche im Bereich der Ortsstraße ein reduziertes Verkehrsaufkommen, weshalb der Geräuschpegel absinke. Dadurch seien speziell intensive, wenn auch nur kurze Lärmspitzen, die durch das Entsorgen der Abfälle entstünden, besonders hörbar und ortsunüblich.
Ein medizinischer Sachverständiger könne erst nach lärmtechnischen Feststellungen beurteilen, ob eine Gefährdung iSd § 48 NÖ BO 2014 vorliege und "die Anforderungen eingehalten" seien. Solche Feststellungen seien nicht getroffen und kein Sachverständiger beigezogen worden.
Auch betreffend die Geruchsemissionen sei § 48 NÖ BO 2014 unrichtig angewandt worden, weil sich das LVwG ohne nähere Begründung auf die Feststellung beschränkt habe, dass es sich bei den gegenständlich zu sammelnden Abfällen um Rohstoffe handle, die einer Wiederverwertung zugeführt würden und diese in der Regel geruchsarm seien. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass gerade Metallbehälter, die keiner Reinigung unterzogen würden, etwa Aludosen mit Tierfutter, starke Geruchsemissionen verursachten. Besonders im Sommer sei mit einer erhöhten Geruchsemission zu rechnen. Es sei jeweils vom konkreten Einzelfall auszugehen, weshalb auf die Dichtheit sowie die voraussichtlichen Öffnungen der Container hätte Rücksicht genommen werden müssen.
Das LVwG habe nicht auf bereits angesiedelte Betriebe Rücksicht genommen und keine ausreichenden Feststellungen zum tatsächlichen Geräuschpegel, etwa durch Zuschlagen von Kunststoffdeckeln oder Entsorgung von Altglas oder -metall, zur Regelmäßigkeit oder zur Geruchsbelästigung im Zusammenhang mit dem Betrieb der geplanten Anlage, insbesondere im Hinblick auf die vorherrschende Wind- und Wetterlage, getroffen.
Ausgehend von einer vorzunehmenden Einzelfallprüfung hätten sowohl die Tatsache, dass die Müllstation Ungeziefer anlocke, als auch die jeweiligen topographischen Unterschiede und die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen.
Das Baugrundstück weise die Widmung "Bauland-Agrargebiet" mit geschlossener Bebauungsweise auf. Bei geschlossener Bebauungsweise dienten die an jeder seitlichen Grundgrenze zu errichtenden Feuermauern dem Brandschutz des Nachbargrundstückes. Gerade bei der mehrere Altpapiercontainer enthaltenden Müllstation müsse ein entsprechender Feuerschutz gewährleistet sein. An der Grundgrenze zur Revisionswerberin sei aber nur ein Maschendrahtzaun sowie an der westlichen Seite ein Betonsockel projektiert und die Front zur Straßenflucht sei völlig frei.
Hinsichtlich des zur erforderlichen Versickerung der Oberflächenwässer projektierten Sickerschachtes habe das LVwG verabsäumt zu berücksichtigen, dass auch Behältnisse für Batterien geplant seien und die von Batterien austretende Säure durch die Sickergrube in den Boden gelangen und somit das Grundstück der Revisionswerberin belasten könne.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
15 Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das zur identen Regelung der NÖ BO 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0171, mwN).
16 Die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte sind in § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 taxativ aufgezählt (vgl. etwa das zur identen Regelung der NÖ BauO 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0052, mwN).
17 Ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht kommt in Bezug auf Immissionen nur im Hinblick auf jene Immissionen in Frage, die im § 48 NÖ BO 2014 taxativ aufgezählt sind. Nur diese Belästigungen hat die Baubehörde zu prüfen; hinsichtlich anderer Immissionen kommt entweder ein anderes Verwaltungsverfahren oder der Zivilrechtsweg in Betracht (vgl. zur identen Rechtslage nach der NÖ BauO 1996 das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).
18 Das vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals getätigte Vorbringen zum Brandschutz betrifft keine rechtzeitig erhobenen Einwendungen der Revisionswerberin, weshalb es sich erübrigt, näher darauf einzugehen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom ). Lediglich angemerkt sei, dass § 6 Abs. 2 Z. 1 NÖ BO 2014 ausschließlich einen Brandschutz bezüglich tatsächlich bestehender Bauwerke des Nachbarn gewährleistet (vgl. etwa das zur identen Regelung der NÖ BauO 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/05/0003, mwN) und dass die Revision nicht vorbringt, das Grundstück der Revisionswerberin sei bebaut und diese Bebauung in dieser Hinsicht gefährdet.
Auch die Einwendungen betreffend das befürchtete Anlocken von Ungeziefer und der drohenden Kontaminierung der Liegenschaft der Revisionswerberin durch Batteriesäure wurden nicht rechtzeitig erhoben, weshalb nicht näher darauf einzugehen ist. Überdies betreffen sie keine vom Bauprojekt hervorgerufene Verletzung der Nachbarrechte nach § 6 Abs. 2 Z 2 iVm § 48 NÖ BO 2014 durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase und Erschütterungen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom ).
19 In Bezug auf das Vorbringen der Revisionswerberin hinsichtlich der das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Lärm- und Geruchsbelästigung verweist das LVwG einerseits pauschal auf die geringere Geruchsintensität der gegenständlichen Müllsammelstellen verglichen mit einem im Bauland-Agrargebiet zulässigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und andererseits auf die Gleichartigkeit der projektierten Müllcontainer mit in einer Wohnhausanlage mit der Widmung Bauland-Wohngebiet entsprechend vorgeschriebenen Müllbehältern. Zwar sind die Immissionen aus bei Wohnanlagen vorgeschriebenen Müllbehältern als solche, die mit einer (zulässigen) Wohnnutzung typischerweise verbunden sind, vom Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen (vgl. etwa die zur NÖ BauO 1996 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/05/0302, sowie vom , Zl. 2008/05/0130), jedoch liegen hier keine Immissionen aus einer derartigen Wohnnebennutzung vor. Dadurch, dass der gegenständliche Müllplatz öffentlich zugänglich und gerade nicht Bestandteil einer Wohnbebauung ist, unterscheidet er sich wesentlich von Müllbehältern einer Wohnanlage, deren Errichtung vorgeschrieben ist und die ausschließlich der Wohnnebennutzung dienen. Immissionen durch die gegenständliche Müllstation sind somit nicht solche, die mit einer Wohnnutzung typischerweise verbunden und schon deshalb von Nachbarn hinzunehmen sind.
20 Im vorliegenden Fall geht es um Emissionen, die von der Benützung eines Bauwerkes ausgehen, weshalb der Immissionsschutz des § 48 NÖ BO 2014 zu beachten ist (vgl. etwa das zur identen Regelung der NÖ BauO 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0169, mwN). Das Verbot nach § 48 Abs. 1 NÖ BO 2014 bedeutet, dass Emissionen das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden dürfen und Menschen nicht örtlich unzumutbar belästigen dürfen, und dass dann, wenn das örtlich zumutbare Ausmaß überschritten wird, mit einer Versagung der Baubewilligung vorzugehen ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0169, mwN). Da § 48 NÖ BO 2014 auf die örtliche Zumutbarkeit abstellt, ist bei der danach verlangten Beurteilung auf die Gegebenheiten des Einzelfalles Rücksicht und dabei auch auf eine allenfalls bereits bestehende Vorbelastung Bedacht zu nehmen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).
21 Die örtliche Zumutbarkeit einer Belästigung ergibt sich nach § 48 dritter Satz NÖ BO 2014 aus der festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung eines Bauwerkes und seiner Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen. Bei dieser Beurteilung ist die bestehende Immissionsbelastung der (bewilligten und angezeigten) Bauwerke und deren Benützung zu berücksichtigen. Es kommt darauf an, wie sich die projektgemäßen Veränderungen auf die vorhandenen tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auswirken (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0169, mwN). Eine rein abstrakte und vom konkreten Einzelfall losgelöste Beurteilung eines Bauvorhabens und seiner Benützung in immissionstechnischer Sicht entspricht daher nicht dem Gesetz (vgl. etwa das zur identen Rechtslage nach der NÖ BauO 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0090, mwN).
22 Die Auswirkungen auf die rechtmäßig vorhandenen tatsächlichen örtlichen Verhältnisse hat die Behörde in einem Ermittlungsverfahren festzustellen und sich hiebei im Allgemeinen der Mithilfe von Sachverständigen, und zwar eines technischen und eines medizinischen Sachverständigen, zu bedienen. Sache des technischen Sachverständigen ist es, über das Ausmaß der zu erwartenden Immissionen und ihre Art Auskunft zu geben, während es dem medizinischen Sachverständigen obliegt, die Wirkungen der Immissionen auf den menschlichen Organismus darzulegen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0169, mwN).
23 Es hätte daher unter Beiziehung von Sachverständigen die bestehende Grundbelastung sowie die durch die Nutzung der Müllsammelstelle auf das Grundstück der Revisionswerberin einwirkenden Immissionen und deren Auswirkungen erhoben und danach eine Beurteilung an Hand des § 48 NÖ BO 2014 erfolgen müssen. Dabei kann es auf eine Differenzierung nach der von der Revisionswerberin vorgebrachten unterschiedlichen Lärmbelastung an Tagen am Wochenende oder unter der Woche ankommen, soweit diesbezüglich ein voneinander unterschiedliches ortsübliches Ausmaß an Lärmemissionen gegeben ist (vgl. das zur Oö. Bauordnung 1994 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/05/0065).
24 Angemerkt sei, dass nach § 48 NÖ BO 2014 auch schon an der Grundgrenze des Nachbarn keine unzulässigen Immissionen auftreten dürfen (vgl. etwa das zur identen Rechtslage nach der NÖ BauO 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0091, mwN).
25 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
26 Gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am