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VwGH vom 30.01.2014, 2012/05/0007

VwGH vom 30.01.2014, 2012/05/0007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der M GmbH in Wien, vertreten durch Lansky, Ganzger Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-270/11, betreffend einen Bauauftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Baulichkeiten auf einer näher bezeichneten Liegenschaft gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) folgender Auftrag erteilt:

"1.) Der an der rechten hinteren Grundgrenze der Liegenschaft (Gst. Nr. ….) … errichtete mit einer Strohdeckung und mit einem Holzfußboden ausgestattete Pavillon mit den Maßen von ca. 4,20 m × ca. 2,90 m und einer Höhe von ca. 3,20 m ist abtragen zu lassen.

2.) Der Schwimmteich, der im hinteren Teil der im Betreff genannten Liegenschaft im SWW (Schutzgebiet Wald und Wiesengürtel) mit den Maßen von ca. 12 m × ca. 10 m und einen mit Naturstein und Beton versiegelten Boden errichtet wurde, ist abtragen zu lassen.

3.) Das teilweise unterirdische Nebengebäude, das an die Stützwand des obengenannten Schwimmteiches angebaut wurde und eine Küche (ca. 3 m × 3,30 m), einen Abstellraum (ca. 3,50 m × 2,50 m), ein WC (ca. 2,50 m × 1 m), eine Dusche (ca. 1,50 m × 1,50 m) und einen Ruheraum (ca. 2,50 m × 3,50 m), je mit einer Höhe von ca. 2,30 m aufweist, ist abtragen zu lassen.

4.) Die auf dem Nebengebäude im SWW errichtete Holzterrasse mit den Maßen von ca. 12 m × 4 m ist abtragen zu lassen.

5.) Die 20 Sonnenkollektoren mit den Maßen von je ca. 1,50 m × ca. 1 m, welche auf einer Metallkonstruktion an der Grundgrenze … , im SWW (Schutzgebiet Wals und Wiesengürtel) zur Warmwasserbereitung errichtet wurden sind abtragen zu lassen."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, dass sie mittlerweile um Baubewilligung bzw. Kenntnisnahme der baulichen Anlagen angesucht habe. Weiters werde der Pavillon in eine Pergola umgewandelt und das Dach durch Holzstreben ersetzt. Das unter dem Biotop befindliche Nebengebäude werde verschlossen und verbleibe als Leerraum, die Steinmauer unter dem Biotop werde ebenso wie die aus der Erde herausragende Steinmauer des Nebengebäudes begrünt. Die Holzterrasse verbleibe als Unterlage für Bänke und als Spielunterlage. Das Holz werde sich durch die Alterung der Natur anpassen und bleibe weitgehend naturbelassen. Für die Sonnenkollektoren werde ein anderer Aufstellungsort gesucht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung abgewiesen.

In ihrer Begründung führte sie zusammengefasst aus, dass der unter Spruchpunkt 1.) genannte Pavillon und das unter Spruchpunkt 3.) angeführte teilweise unterirdisch angelegte Nebengebäude Gebäude darstellten und sohin als Neubauten unter § 60 Abs. 1 lit. a BO fielen. Die Bewilligungspflicht für den Schwimmteich (Spruchpunkt 2.)) und die Sonnenkollektoren (Spruchpunkt 5.)) leitete die belangte Behörde aus § 60 Abs. 1 lit. b BO ab, weil zu deren Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich sei, sie mit dem Boden in einer kraftschlüssigen Verbindung stünden und vor allem statische Belange berührt seien. Die unter Spruchpunkt 4.) genannte Gartenterrasse verstoße gemäß § 6 Abs. 3 und Abs. 15 BO gegen die mit dem maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 7770, festgelegte Widmung Grünland-Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1293/11-4, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Beschwerdeführerin ergänzte die Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 129 Abs. 10 BO ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für das eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.

2.1. Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den jedoch ein solcher Konsens nicht vorliegt. Bei Abweichungen von Bauvorschriften können gemäß § 129 Abs. 10 leg. cit. Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit von Abweichungen von einer Baubewilligung im Auftragsverfahren ist nicht zu prüfen, der Grund für die Abweichung von der Bewilligung ist unerheblich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0149, mwN).

2.2. Die Beschwerde zieht die Beurteilung der belangten Behörde, dass es sich bei den in den Spruchpunkten 1.) bis 5.) des erstinstanzlichen Bescheides angeführten Bauten um vorschriftswidrige Bauwerke im vorgenannten Sinn handle, nicht in Zweifel und stellt auch nicht in Abrede, dass eine gemäß § 60 Abs. 1 lit. a und b BO hiefür notwendige Baubewilligung nicht erteilt wurde. Vielmehr wendet die Beschwerdeführerin zunächst ein, die belangte Behörde hätte auf Grund des nachträglichen Baubewilligungsantrages, der "bereits umgesetzten Reduktion des Projektes" und der fehlenden Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen im Rahmen ihrer Ermessensübung zum Ergebnis gelangen müssen, dass ein Auftrag auf Erwirken einer nachträglichen Baubewilligung ausreichend sei.

2.3. Zwar trifft es zu, dass der Behörde gemäß § 129 Abs. 10 BO - im Gegensatz zur Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 - im Einzelfall ein größerer Spielraum bei der Entscheidung, ob ein Bauauftrag zu erlassen ist, gegeben ist. Allerdings bedarf es für das Unterbleiben eines Bauauftrages eines sachlichen Grundes, der jedenfalls nicht bereits dadurch gegeben ist, dass keine Gefahr in Verzug besteht. Außerdem kann das Unterlassen eines Auftrages kein Dauerzustand sein, sondern es muss sich um Gründe handeln, die ein bloß gewisses Abwarten sachlich rechtfertigen. Auch ist ein Beseitigungsauftrag selbst dann zulässig, wenn ein Verfahren über eine nachträgliche Baubewilligung anhängig ist, und es darf während der Anhängigkeit eines solchen nachträglichen Baubewilligungsansuchens ein baupolizeilicher Auftrag lediglich nicht vollstreckt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0072, und das zitierte Erkenntnis vom ).

2.4. Abgesehen davon, dass sich die nunmehrigen Beschwerdeausführungen zur bereits erfolgten Reduzierung der beanstandeten Bauten angesichts der hiezu in der Berufung erstatteten bloßen Ankündigungen, als für den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerungen erweisen, vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem völlig unsubstantiierten Vorbringen auch keine Relevanz des damit in weiterer Folge behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen. Sofern sie in diesem Zusammenhang meint, sie habe "in ihrer Berufung ausdrücklich darauf hingewiesen …, dass die Baulichkeiten in der von der Erstinstanz beanstandeten Form teilweise nicht mehr vorhanden" seien "bzw. parallel zum Berufungsverfahren um- und rückgebaut" würden, ist diese Beschwerdeäußerung mit dem Akteninhalt nicht in Einklang zu bringen. Der Berufung ist vielmehr klar zu entnehmen, dass es sich bei diesen Bauvorhaben um bloße Absichten für die Zukunft handelt, ohne Beleg dafür, dass diese Änderungen im Zuge des Berufungsverfahrens bereits erfolgt sein könnten.

3. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Fundstelle(n):
BAAAE-68964