VwGH 31.07.2012, 2012/05/0005
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Ist der Gemeindevorstand auf Grund eines Devolutionsantrages tätig geworden, ist gegen seine Entscheidung auf Grund des § 60 Abs. 2 Z 1 NÖ GdO 1973 keine Berufung zulässig (Hinweis E vom , 2006/05/0038). |
Normen | AVG §8; BauO NÖ 1996 §32; BauO NÖ 1996 §33 Abs2; BauO NÖ 1996 §34 Abs2; BauO NÖ 1996 §35; BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3; BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z1; BauO NÖ 1996 §6 Abs2; BauRallg; |
RS 2 | Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 der NÖ BauO 1996 haben in Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32 (betreffend nachträgliche Auflagen), § 33 Abs. 2 (betreffend behördliche Aufträge zur Behebung von Baugebrechen), § 34 Abs. 2 (betreffend periodische Überprüfungen von Feuerstätten) und § 35 (betreffend Sicherungsmaßnahmen und Abbruchaufträge) die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischenliegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m getrennt sind (Nachbarn), Parteistellung. Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 des § 6 Nö BauO 1996 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind. Zu diesen Rechten gehört gemäß § 6 Abs. 2 Z. 1 NÖ BauO 1996 auch der Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn. Es ist daher davon auszugehen, dass die Nachbarn Parteistellung auch im Hinblick auf baupolizeiliche Aufträge wegen Baugebrechen oder Konsenswidrigkeiten haben. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des JA und 2. der MA, beide in P, beide vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1540/001-2011, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. FE in U; 2. Gemeinde U), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm die Vorstellung gegen Punkt 6. des Bescheides des Gemeindevorstandes der Gemeinde U vom , Zl. B/28/37/Z+U/1/2009, als unbegründet abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom stellten die Beschwerdeführer an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde insgesamt acht Anträge betreffend Baumängel der Baulichkeit auf ihrer Nachbarliegenschaft.
Mit Schreiben vom stellten die Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde betreffend die Erledigung ihrer Anträge vom .
Mit Bescheid vom wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Anträge der Beschwerdeführer ab bzw. als unzulässig zurück, teilweise ausdrücklich wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hinsichtlich Spruchpunkt 5. des Bescheides des Gemeindevorstandes der Gemeinde U vom Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid hinsichtlich dieses Spruchpunktes behoben und die Angelegenheit in dieser Hinsicht zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde verwiesen. Im Übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig zur Gänze aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Festzuhalten ist zunächst, dass der Gemeindevorstand im vorliegenden Beschwerdefall auf Grund eines Devolutionsantrages tätig geworden ist. Dennoch war gegen seine Entscheidung auf Grund des § 60 Abs. 2 Z. 1 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung 1973 keine Berufung zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0038).
Inhaltlich ausgeführt ist die Beschwerde lediglich gegen die Entscheidung betreffend den Antrag Nr. 6. Dieser Antrag lautete im Schreiben der Beschwerdeführer vom :
"Ich beantrage wegen Gefahr im Verzug die vorhandenen 4 Stück Dachflächenfenster in der Brandwand gem. § 10 NÖ BTV per Bescheid öffnungslos errichten zu lassen. Diese Fenster entsprechen auch nicht der Auflage F90 von 1993."
Mit dem Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom war dieser Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG abgewiesen (richtig: zurückgewiesen) worden. Begründend wurde dazu ausgeführt, über den Antrag sei bereits mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom entschieden worden bzw. seien die Einwendungen der Beschwerdeführer in dieser Sache mit Bescheid vom nochmals bearbeitet worden. Deshalb sei dieser Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen.
Die belangte Behörde hat die Vorstellung, auch soweit sie diesen Antrag betraf, als unbegründet abgewiesen. Begründend führte sie dazu Folgendes aus:
"Zum Antrag 6 (Antrag auf Errichtung der Dachflächenfenster als öffnungslos und entsprechend der Auflage von 1993 in F 90):
Im 3. Antrag ihrer Anträge vom haben Herr und Frau (Beschwerdeführer) die Erteilung von Bauaufträgen für die von ihnen angeführten Baumängel beantragt. Unter Punkt 2 der Baumängel haben sie unter anderem geltend gemacht:
'Das Mansardendach wurde mit 4 Stück Dachflächenfenster unter Missachtung des gesetzlichen Mindestabstandes (1m) direkt an der Grundstücksgrenze errichtet. Dadurch wird die 1993 geforderte F90 Brandschutzklasse nicht eingehalten und besteht Gefahr im Verzug. Technische Änderungen dazu wären leicht zu realisieren.'
Mit Bescheid vom , Zl. B/23/37/Z+U/1/2009, hat der Gemeindevorstand der Gemeinde U bereits einmal unter Spruchpunkt 5 den dritten Antrag des Herrn und der Frau (Beschwerdeführer) vom , der auch die Erteilung von Bauaufträgen betreffend die Ausführung von Dachflächenfenster in F90 und in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze umfasst hat, als unbegründet abgewiesen. Es kann somit der Baubehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den nunmehrigen Antrag 6 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat.
Im Einreichplan von 1993 sind keine Dachflächenfenster eingezeichnet. Es ist daher auch die Auflage 25 für die 4 damals nicht bewilligten Dachflächenfenster nicht heranzuziehen. Die 4 Dachflächenfenster, die als Belichtung des Schlafzimmers und des Schrankraumes dienen, sind erst im Einreichplan ('Bestandsplan'), erstellt vom Baumeister Ing. V, erstmalig im Grundriss Obergeschoß im Anschluss an die 30 cm dicke Außenmauer eingezeichnet. Dieser Einreichplan ist Bestandteil der Baubewilligung vom . Diese Baubewilligung ist rechtskräftig, da Herr und Frau (Beschwerdeführer) die Berufungsentscheidung, mit der ihre Berufung abgewiesen worden ist, nicht mittels Vorstellung bekämpft haben.
Weder im Baubewilligungsbescheid noch in der zum Bestandteil des Bescheides erklärten Verhandlungsschrift noch in dem zum Bestandteil des Bescheides erklärten Einreichplan ist bestimmt oder festgehalten worden, dass die 4 Dachflächenfenster nichtöffenbar, in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze zum Grundstück (Beschwerdeführer) oder in F 90 ausgeführt sein müssen. Die Auflage 1 ('Die besichtigten Dachflächenfenster im Schlafzimmer zum Anrainer (Beschwerdeführer) sind in der von der Bautechnikverordnung vorgeschriebenen Brandklasse zu überprüfen und ist darüber ein Befund des verantwortlichen Bauführers nachzureichen.') besagt lediglich, dass Herr und Frau (Erstmitbeteiligte) einen Befund des verantwortlichen Bauführers über die Überprüfung der Dachflächenfenster in deren Schlafzimmer auf die von der Bautechnikverordnung vorgeschriebenen Brandklasse der Baubehörde vorzulegen haben. Mit der Vorlage des Befundes ist die Auflage erfüllt. Es ist ihnen mit dieser Auflage jedoch nicht vorgeschrieben worden, dass sie die Dachflächenfenster in F 90 und auch als nicht-öffenbar sowie in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze zum Grundstück (Beschwerdeführer) zu errichten haben. Daher ist es auch nicht zulässig, dass die Baubehörde in einem baupolizeilichen Verfahren die Ausführung der Dachflächenfenster in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze zum Grundstück (Beschwerdeführer), in F 90 und als nicht-öffenbar aufträgt.
Es ist daher auch ein Antrag auf Durchführung eines baupolizeilichen Verfahrens zur Durchsetzung der Errichtung von öffnungslosen Dachflächenfenstern des Gebäudes des Herrn (Erstmitbeteiligten), die zur gemeinsamen Grundstücksgrenze mit dem Grundstück (Beschwerdeführer) gerichtet sind, als unzulässig zurückzuweisen. Dadurch dass die Baubehörde der Gemeinde U diesen Antrag anstatt als unzulässig zurückzuweisen wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, sind Herr und Frau (Beschwerdeführer) in keinen ihnen zustehenden Rechten verletzt worden, da dieser Antrag auf jeden Fall zurückzuweisen gewesen wäre und es im Ergebnis zu keiner anderen Entscheidung gekommen wäre."
In der Beschwerde wird dazu ausgeführt, der von der belangten Behörde zitierte Text des 6. Antrages vom gleiche nicht dem Originaltext. Insbesondere sei darin die Brandwand nicht erwähnt worden. Im Antrag vom hätten die Beschwerdeführer begehrt, die Brandwand gemäß § 10 der Niederösterreichischen Bautechnikverordnung (NÖ-BTV) als öffnungslos zu errichten. Dies habe nichts mit dem Abstand von 1 m öffenbarer oder öffnungsloser Dachflächenfenster zu tun. Die Dachflächenfenster seien also nicht, wie nach der Baubewilligung, hinter der Brandwand angebracht, sondern konsenswidrig in die Brandwand eingesetzt. Durch diesen konsenswidrigen Zustand komme es zu einer Gefährdung des Brandschutzes der Beschwerdeführer. Die Dachflächenfenster wiesen damit die im Bescheid vom geforderte Brandbeständigkeit F90 nicht auf. Ihr Nachbar habe diesbezüglich auch lediglich eine Aktennotiz der N. GmbH über die Begehung am vorgelegt, wonach die Dachflächenfenster "laut Aussage der Familie E. auf eine fixe EL 90-Verglasung ausgewechselt" würden. Diese Auswechslung sei niemals erfolgt. Es liege auch keine diesbezügliche Bestätigung vor. Die Ausführung der Dachflächenfenster entspreche daher nach wie vor nicht dem Konsens. Ebenso sei die gemäß § 50 Abs. 3 NÖ BTV geforderte Höherführung der Brandmauer unterblieben. Auch diesbezüglich bestehe ein rechtswidriger Zustand. Die Beschwerdeführer hätten ein subjektiv-öffentliches Recht auf Beseitigung desselben. Zumindest wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, das Vorliegen eines konsenswidrigen Zustandes durch die Beiziehung eines Sachverständigen zu untersuchen. Im Bestandsplan seien die Dachflächenfenster im Anschluss an die 30 cm dicke Außenmauer eingezeichnet. Diese konsenswidrige Ausführung entspreche keinesfalls der beantragten öffnungslosen Errichtung. Die belangte Behörde habe ausgeführt, dass sich aus dem Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom ergebe, dass mit dessen Spruchpunkt 5. die Erteilung von Bauaufträgen betreffend die Ausführung von Dachflächenfenstern in F 90 und in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze als unbegründet abgewiesen worden sei. Dies werde bestritten. Tatsache sei, dass in diesem Bescheid die Brandwand nicht erwähnt worden sei. Die öffnungslose Errichtung sei erstmals am beantragt worden. Die Brandwand sei zuvor niemals ein Thema im gegenständlichen Bauverfahren gewesen, sodass keine entschiedene Sache gegeben sei. Die Begründung im Bescheid des Gemeindevorstandes zum Antrag 6. sei zudem nicht Gegenstand des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom gewesen. Bezüglich der konsenswidrigen Ausführung der Brandwand sei zuvor nie ein Antrag gestellt worden. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und Erhebungen zur konsensgemäßen Ausführung der Dachflächenfenster und der Brandmauer in diesem Bereich durchzuführen. Außerdem hätte eine Begutachtung durch einen Amtssachverständigen vorgenommen werden müssen, ob ein Baugebrechen vorliege. Die belangte Behörde habe ohne Erhebungen einen konsensgemäßen Zustand unterstellt. Außerdem sei den Beschwerdeführern keine Möglichkeit des Parteiengehörs eingeräumt worden.
Die belangte Behörde hat zunächst auf den dritten Antrag der Anträge der Beschwerdeführer in einem Schreiben vom 23. September (nach der Aktenlage offenbar gemeint: März) 2009 verwiesen. Darin haben die Beschwerdeführer "unter Berücksichtigung der Vorfragen die Erteilung eines Auftrages zur Beseitigung der angeführten Baumängel mit Termin" begehrt. Als "Vorfrage" war im gegenständlichen Zusammenhang genannt die "Festlegung der im Bauverfahren von 1993 vereinbarten F90 Brandschutzklasse im Bereich der 4 Stück direkt angrenzenden Dachflächenfenster. Festlegung des gesetzlichen Mindestabstandes der Dachflächenfenster". Unter "Baumängel" wurde im gegenständlichen Zusammenhang genannt: "Das Mansardendach wurde mit 4 Stück Dachflächenfenster unter Missachtung des gesetzlichen Mindestabstandes (1 m) direkt an der Grundstücksgrenze errichtet. Dadurch wird die 1993 geforderte F90 Brandschutzklasse nicht eingehalten und besteht Gefahr im Verzug. Technische Änderungen dazu wären leicht zu realisieren".
Mit Punkt 5. des Bescheides des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom , auf den sich die belangte Behörde beruft, wurde der dritte Antrag vom "als unbegründet abgewiesen". Begründend wurde dazu ausgeführt, es lägen keine Baumängel vor, da bewilligungsgemäß gebaut worden sei. Am sei die Baubewilligung erteilt worden, am sei ein Einspruch gegen die Baubewilligung erhoben worden, der mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes vom abgewiesen worden sei. Dagegen sei kein Rechtsmittel ergriffen worden, somit sei die Baubewilligung vom rechtskräftig. Außerdem seien auch sämtliche Bescheinigungen und Befunde für eine ordnungsgemäße Fertigstellung vorgelegt worden. Sämtliche von den Beschwerdeführern eingebrachten Einwendungen seien bereits bei baubehördlichen Überprüfungen (Niederschriften vom , vom bzw. vom ) an Ort und Stelle von der Baubehörde erster Instanz behandelt worden.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) haben in Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32 (betreffend nachträgliche Auflagen), § 33 Abs. 2 (betreffend behördliche Aufträge zur Behebung von Baugebrechen), § 34 Abs. 2 (betreffend periodische Überprüfungen von Feuerstätten) und § 35 (betreffend Sicherungsmaßnahmen und Abbruchaufträge) die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischenliegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m getrennt sind (Nachbarn), Parteistellung. Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 des § 6 BO erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechten berührt sind. Zu diesen Rechten gehört gemäß § 6 Abs. 2 Z. 1 BO auch der Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn.
Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer als Nachbarn Parteistellung auch im Hinblick auf baupolizeiliche Aufträge wegen Baugebrechen oder Konsenswidrigkeiten haben.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Eine entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt im Zusammenhang mit einem Parteienbegehren nur dann vor, wenn bei gleichgebliebener maßgeblicher Sach- und Rechtslage das neue Parteienbegehren im Wesentlichen, das heißt abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, mit dem früheren Begehren übereinstimmt, also in derselben Sache eine nochmalige Entscheidung fordert (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG IV, S. 1171f, RZ 36 zu § 68 AVG).
Der Beschwerde ist Recht zu geben, dass sich der mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom erledigte Antrag der Beschwerdeführer auf die vier Dachflächenfenster im Zusammenhang mit dem Abstand von 1 m, der Errichtung direkt an der Grundgrenze und der Nichteinhaltung der Brandschutzklasse F 90 bezogen hat. Nunmehr war beantragt worden, die vier "Dachflächenfenster gemäß § 10 NÖ BTV öffnungslos" einzurichten. Nach dieser Bestimmung sind Außenwände als Brandwände öffnungslos zu errichten, und zwar an einer Grundstücksgrenze, sofern nicht das angrenzende Grundstück als Verkehrsfläche, Parkanlage oder Grüngürtel gewidmet oder ein Gewässer ist (Z. 1) und bei einem Abstand von weniger als 3 m, gerichtet gegen eine Grundstücksgrenze, wenn es die Sicherheit von Personen und Sachen auf Grund der zulässigen Bebauung auf dem Nachbargrundstück erfordert, es sei denn, das angrenzende Grundstück ist als Verkehrsfläche, Parkanlage oder Grüngürtel gewidmet oder es ist ein Gewässer oder es handelt sich lediglich um Vorbauten und diese sind im Verhältnis zur Außenwand untergeordnet (Z. 3).
Die belangte Behörde hat nicht dargelegt, dass die Brandschutzklasse F 90 die Frage der Nichtöffenbarkeit ("Öffnungslosigkeit") von Fenstern regelt. Ohne eine diesbezügliche nachvollziehbare Begründung kann aber im Hinblick auf den Wortlaut der beiden gegenständlichen Anträge der Beschwerdeführer nicht nachvollzogen werden, ob sie sich tatsächlich auf dieselbe Sache bezogen haben und ob mit der Erledigung des ersten Antrages auch die Frage der "Öffnungslosigkeit" der Fenster, die Gegenstand des nunmehrigen Antrages war, erledigt worden ist.
Die belangte Behörde hat zusätzlich in ihrer Bescheidbegründung auch darauf verwiesen, dass die Baubewilligung vom rechtskräftig geworden sei, die auch die vier Dachflächenfenster umfasst habe. Darin sei nicht festgehalten worden, dass die vier Dachflächenfenster nicht-öffenbar, in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze oder in F 90 ausgeführt sein müssten. Es sei lediglich die Auflage erteilt worden, dass die Bauwerber einen Befund des verantwortlichen Bauführers über die Überprüfung der Dachflächenfenster auf die von der Bautechnikverordnung vorgeschriebene Brandklasse vorzulegen hätten. Mit der Vorlage dieses Befundes sei die Auflage erfüllt worden. Es sei mit der Auflage aber nicht vorgeschrieben worden, dass die Dachflächenfenster in der Brandklasse F 90 und auch als nicht-öffenbar sowie in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze zu errichten seien. Aus diesem Grund sei es auch nicht zulässig, in einem baupolizeilichen Verfahren die Ausführung der Dachflächenfenster in einem Abstand von 1 m von der Grundstücksgrenze, in F 90 und als nicht-öffenbar aufzutragen. Auch aus diesem Grund sei der Antrag auf Durchführung eines baupolizeilichen Verfahrens zur Durchsetzung der Errichtung von öffnungslosen Dachflächenfenstern als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Zunächst ist dazu festzuhalten, dass die genannte Auflage entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht nur die Vorlage eines Befundes umfasst hat, sondern auch, dass dieser Befund zu erkennen geben muss, dass die von der Bautechnikverordnung vorgeschriebene Brandklasse eingehalten ist. Ansonsten würde der Befund der Auflage nicht entsprechen. In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf den Antrag der Beschwerdeführer vom wiederum darauf hinzuweisen, dass es erforderlich gewesen wäre, näher darzulegen, ob die "vorgeschriebene Brandklasse" auch die Öffenbarkeit von Fenstern regelt. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre auch durch die Baubewilligung nicht über das nunmehrige Begehren der Beschwerdeführer entschieden worden.
Abgesehen davon wäre in Bezug auf die Fenster und deren Ausgestaltung zu klären gewesen, ob das Bauwerk, das die "nach der Bautechnikverordnung vorgeschriebene Brandklasse" einzuhalten hatte, diesbezüglich der Baubewilligung entspricht. Gegebenenfalls wäre ein Auftrag nach § 35 iVm § 33 BO zu erteilen gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0348, mwN), worauf die Beschwerdeführer im Hinblick auf den Brandschutz einen Anspruch hätten, soweit dem nicht im Sinne der obigen Ausführungen eine rechtskräftige Erledigung eines Antrages entgegenstünde.
Die belangte Behörde hat somit nicht aufgegriffen, dass der Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom mangelhaft begründet war, und sie hat auch ihrerseits den angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet.
Der angefochtene Bescheid war daher im spruchgemäßen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Hinsichtlich der übrigen Bescheidpunkte enthält die Beschwerde keine Begründung für deren Rechtswidrigkeit. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 und 4 VwGG Abstand genommen werden.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
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Schlagworte | Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht Organisationsrecht Instanzenzug VwRallg5/3 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Brandschutz (Bestimmungen feuerpolizeilichen Charakters) BauRallg5/1/4 Baurecht Nachbar |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2012050005.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAE-68959