VwGH vom 21.12.2016, Ra 2016/04/0139
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der W GmbH in W, vertreten durch die B S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , Zlen. LVwG-314-4/2016-S1, LVwG- 314-5/2016-S1, LVwG-314-6/2016-S1, betreffend Vergabenachprüfung (mitbeteiligte Parteien: 1. Land Vorarlberg, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Guggenberger und Partner Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, 2. Bund und
3. Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH in Wien, beide vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, 4. Ö AG in W, vertreten durch die Schramm-Öhler Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bartensteingasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
Angefochtener Beschluss
1 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (Verwaltungsgericht) wurden die Anträge der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung und in eventu auf Feststellung betreffend die
"1. Presseaussendung (OTS) des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom ,
2. Pressekonferenz vom im Pressezentrum des BMVIT, und
3. Bekanntmachung (‚Vorinformation für öffentliche Dienstleistungsaufträge') vom im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (2016/S 140-253220) und wortident auf der Homepage des BMVIT"
jeweils betreffend das Vergabeverfahren "Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und - Regionalverkehr (SNPV) im Bundesland Vorarlberg ab dem " gemäß § 1 Abs. 1 des Vorarlberger Vergabenachprüfungsgesetzes wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zurückgewiesen.
Die Anträge der Revisionswerberin auf Ersatz der Pauschalgebühren wurden gemäß § 24 Vorarlberger Vergabenachprüfungsgesetz abgewiesen und eine Revision für unzulässig erklärt.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe am einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach dem Vorarlberger Nachprüfungsgesetz gestellt.
In diesem Antrag habe sich die Revisionswerberin gegen die Wahl des Vergabeverfahrens durch das (erstmitbeteiligte) Land Vorarlberg als Auftraggeber gewendet.
Konkret habe die Revisionswerberin die (ihrer Auffassung nach) vom Land Vorarlberg zusammen mit dem (zweitmitbeteiligten) Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie - BMVIT, im Wege der (drittmitbeteiligten) Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH (SCHIGmbH) beabsichtigte Direktvergabe von Schienenpersonennah- und - Regionalverkehrsdienstleistungen im Bundesland Vorarlberg ab dem bekämpft.
Die Revisionswerberin habe sich auch gegen die Wahl der (viertmitbeteiligten) Ö AG (Ö) als Zuschlagsempfängerin gewendet.
Der Nachprüfungsantrag richte sich auf die Nichtigerklärung der im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am unter Nr. 2016/S 140-253220 veröffentlichten "Vorinformation", mit der die Wahl der Direktvergabe bekannt gegeben worden sei.
3 Als Sachverhalt stellte das Verwaltungsgericht fest, das Land Vorarlberg und der Bund beabsichtigten, die Schienenpersonennah- und -Regionalverkehrsdienstleistungen im Land Vorarlberg ab dem im Rahmen einer Gesamtvergabe neu zu vergeben. Der Umfang der zu vergebenden Leistung betrage ca. 3,2 Millionen Zugkilometer pro Jahr für zehn Fahrplanjahre. Das Grundangebot des Bundes liege bei ca. 2 Millionen Fahrplankilometern, sodass der Bundesanteil am gesamten Leistungsvolumen ca. 65 % betrage.
Am habe das Land Vorarlberg mit dem Bund ein "Memorandum of Understanding" unterzeichnet. Darin seien die "Eckpfeiler" der zukünftig geplanten gemeinsamen Gesamtvergabe festgelegt worden. Insbesondere sei vereinbart worden, dass die Abwicklung der gemeinsamen Bestellung durch die SCHIGmbH erfolgen solle. Weiters sei eine Kostenbeteiligung des Landes fixiert worden.
Die konkrete Aufgabenteilung zwischen BMVIT und dem Land Vorarlberg solle in einer Kooperationsvereinbarung geregelt werden. Diese Kooperationsvereinbarung sei "bis dato" noch nicht abgeschlossen worden. In dieser Vereinbarung solle festgelegt werden, dass die SCHIGmbH den Verkehrsdienstevertrag über die Gesamtleistung mit der Ö abschließe. Das Land Vorarlberg werde demnach selbst keinen Verkehrsdienstevertrag abschließen. Der vom Land zu tragende Kostenanteil (wie die Zusatzleistungen) am Gesamtauftrag werde vom Land an den Bund überwiesen werden, wobei der Anteil des Landes Vorarlberg wesentlich kleiner sein werde als der Anteil des Bundes.
Die SCHIGmbH sei eine 100 %ige Bundesgesellschaft, dieser obliege gemäß § 3 Abs. 1 Z 9
Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz (SCHIG) unter anderem der Abschluss von Verträgen über die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen gemäß § 48 Bundesbahngesetz und § 7 des Öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrsgesetzes. Im Bereich des BMVIT würden die Verkehrsdiensteverträge ausschließlich durch die SCHIGmbH abgeschlossen. Der SCHIGmbH kämen auch entsprechende Kontrollaufgaben zu. Dem derzeit bestehenden Verkehrsdienstevertrag betreffend den Grundanteil des Bundes im Personennah- und Regionalverkehr in Vorarlberg habe ebenfalls die SCHIGmbH im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossen.
Es sei beabsichtigt, dass das BMVIT die SCHIGmbH beauftrage, den gegenständlichen Verkehrsdienstevertrag mit der Ö abzuschließen, wobei die SCHIGmbH den Auftrag direkt vergeben solle. Die SCHIGmbH werde somit Auftraggeber und Vertragspartner der Ö werden, wobei die SCHIGmbH im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handeln werde. Die Abwicklung des Verkehrsdienstevertrages obliege damit der SCHIGmbH und diese werde das Entgelt für die Verkehrsdienstleistungen an die Ö überweisen. Die SCHIGmbH ihrerseits werde "das Geld" vom Bund bekommen.
Die Vorinformation habe das BMVIT verfasst und auch ihre Veröffentlichung im Supplement des Amtsblattes der EU veranlasst, wobei die Vorinformation mit dem Land abgestimmt gewesen sei.
4 Der Inhalt dieser Vorinformation wird im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben und hat (auszugsweise) folgenden Inhalt:
"Österreich-Wien: Öffentlicher Schienentransport/öffentliche Schienenbeförderung
2016/S 140-253220
Vorinformation für öffentliche Dienstleistungsaufträge Standardformular für Bekanntmachungen gemäß Artikel 7.2 der Verordnung 1370/2007, die innerhalb eines Jahres vor dem Beginn des Ausschreibungsverfahrens oder der direkten
Auftragsvergabe im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen
Union veröffentlicht werden müssen.
Verordnung 2007/1370
Abschnitt I: Zuständige Behörde
I.1)
Name, Adressen und Kontaktstelle(n)
Bundesministerium für Verkehr Innovation und Technologie
Radetzkystraße
Kontaktstelle(n): Abteilung II/Infra3 Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehr (ÖPNRV)
(...)
Hauptadresse des öffentlichen Auftraggebers:
(...)
1.2)
Art der zuständigen Behörde
Ministerium oder sonstige zentral- oder bundesstaatliche Behörde einschließlich regionaler oder lokaler Unterabteilungen
(...)
1.4)
Auftragsvergabe im Namen anderer zuständiger Behörden
Der öffentliche Auftraggeber beschafft im Auftrag anderer öffentlicher Auftraggeber: nein
Abschnitt II: Auftragsgegenstand
II.1)
Beschreibung
II.1.1)
Bezeichnung des Auftrags:
Erbringung von Verkehrsdienstleistungen im Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV) im Bundesland Vorarlberg.
11.1.2)
Art des Auftrags, vom öffentlichen Verkehrswesen abgedeckte(r) Bereich(e)
Dienstleistungskategorie Nr T 01: Eisenbahnverkehr
(...)
Kurze Beschreibung des Auftrags
Die Republik Österreich und das Land Vorarlberg beabsichtigen, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Radetzkystr. 2,1030 Wien, als zuständige Behörde gemäß Art. 2 lit b
VO (EG) 1370/2007 im Wege der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH (SCHIGmbH) einen Dienstleistungsauftrag gemäß Art. 5 Abs. 6 VO (EG) Nr. 1370/2007 direkt an die ÖBB-Personenverkehr AG zu vergeben.
Beabsichtigter Auftragsgegenstand ist die Erbringung von SPNV-Leistungen ab auf folgenden Streckenabschnitten mit folgendem beschriebenen Systemangebot. Ein dem aktuellen Entwurfsstand entsprechender Musterfahrplan, der noch Änderungen in der Planung und trassentechnischen Umsetzbarkeit unterliegt, ist unter folgender Adresse ersichtlich:
https://www.bmvit.gv.at/verkehr/nahverkehr/downloads/vergaben/at3
4. pdf
Die angegebenen Kilometerwerte (km) beziehen sich auf Fahrplan-Kilometer pro Jahr:
(...)
Insgesamt beträgt das Auftragsvolumen voraussichtlich rund 3,2 Mio km. p.a., davon rund 3,1 Mio km. p. a. zu Vertragsbeginn. Die genannten Systemangebote entsprechen den Zielsetzungen des Aufgabenträgers und sind vorbehaltlich der Beurteilung der Netzzugangsstelle für die Zugtrassenzuteilung zu verstehen. Verschiebungen der Zeitenlage oder ein Entfall von einzelnen vorgesehenen Kursen, sind möglich und vorbehalten.
Die vom EVU zu erbringende Zugkilometerleistung unterliegt ausschließlich von der SCHIGmbH abzurufenden Anpassungen (Reduzierung, Ausweitung und Umschichtungen) aufgrund von laufenden Änderungen der Verkehrsbedürfnisse der Bevölkerung hinsichtlich geänderter demographischer, wirtschaftlicher oder infrastruktureller Rahmenbedingungen (...) insbesondere im Zuge des jährlichen Fahrplanwechsels. Solche Anpassungen der geschuldeten Leistung sind vertragsimmanente Erfüllungshandlungen.
Leistungsanpassungen in Zugkilometer sowie deren Auswirkungen auf den Abgeltungsbetrag dürfen nicht mehr als plus 10 e. bzw. minus 10 e der Zugkilometerleistung oder des Auftragswerts des Gesamtangebotes
(exklusive Valorisierung) betragen.
(...)
VI.2.1)
Zuständige Stelle für Rechtsbehelfs-/Nachprüfungsverfahren
Bundesverwaltungsgericht
Erdbergstraße 192 - 196
1030 Wien
Österreich"
5 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, dieser Sachverhalt werde auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens - insbesondere der Aktenlage und der mündlichen Verhandlung, in welcher Vertreter des BMVIT und der SCHIGmbH als Zeugen einvernommen worden seien, als erwiesen angenommen.
6 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, es sei die Frage zu prüfen, ob es für die Erledigung der gegenständlichen Nachprüfungsanträge überhaupt zuständig sei.
7 Die Zuständigkeit in einem Vergabeverfahren hänge vor dem Hintergrund der Kompetenzverteilung in Art. 14b B-VG davon ab, wer öffentlicher Auftraggeber sei. Nach Hinweis auf die Definition des Begriffes "Auftraggeber" in § 2 Z 8 BVergG 2006 hält das Verwaltungsgericht fest, dass die Revisionswerberin die im angefochtenen Erkenntnis bezeichneten drei "Auftraggeberentscheidungen" jeweils in Nachprüfung gezogen habe. Jedoch habe die Revisionswerberin bereits in den Nachprüfungsanträgen festgehalten, dass sie sich alleine gegen die beabsichtigte Direktvergabe der gegenständlichen Dienstleistung wende. Bei allen drei in Prüfung gezogenen "Auftraggeberentscheidungen" handle es sich (auch nach dem Vorbringen des Vertreters der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung) um dieselbe Sache, nämlich um die geplante Direktvergabe von Zugdienstleistungen. Somit sei für die Beurteilung der Zuständigkeit von Bedeutung, wer letztlich als Auftraggeber dieser Zugdienstleistungen fungieren solle.
8 Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens sei klar zutage getreten, dass in der vorliegenden Rechtssache die SCHIGmbH den Verkehrsdienstevertrag mit der Ö abschließen solle. Dies ergebe sich insbesondere aus den übereinstimmenden drei Zeugenaussagen und im Übrigen auch aus dem im Sachverhalt erwähnten "Memorandum of Understanding". Auch aus der Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, wonach der gegenständliche Auftrag "im Wege" der SCHIGmbH vergeben werden solle, könne geschlossen werden, dass die SCHIGmbH als Auftraggeber tätig werden solle. Demgegenüber ist aus den beiden Presseaussendungen - unabhängig von der Frage, ob begleitende Presseaussendungen überhaupt gesondert anfechtbare Entscheidungen eines Auftraggebers darstellten - nicht klar ersichtlich, wer letztlich als Auftraggeber der Zugdienstleistungen in Erscheinung treten solle. Da es sich wie angeführt um dieselbe Sache handle, sei auch hinsichtlich dieser beiden "Auftraggeberentscheidungen" davon auszugehen, dass die SCHIGmbH Auftraggeber sein werde.
9 Daher sei festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die SCHIGmbH als Auftraggeber tätig sein werde. Bei der SCHIGmbH handle es sich unbestritten um eine Unternehmung, die zu 100 % im Eigentum der Republik Österreich (gemeint: des Bundes) stehe. Die vorliegende Vergabe falle somit nicht in den Vollziehungsbereich des Landes.
10 Selbst wenn man die Auffassung vertreten solle, dass im vorliegenden Fall nicht die SCHIGmbH als Auftraggeber auftrete, sondern eine gemeinsame Vergabe durch den Bund und das Land Vorarlberg vorliege, würde dies nicht die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg begründen.
Nach dem wiedergegebenen Sachverhalt sei davon auszugehen, dass der Finanzierungsanteil des Bundes bei den gegenständlichen zur Vergabe gelangenden Dienstleistungen überwiege. Auch dies ergebe sich aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen und werde durch das "Memorandum of Understanding" und die Anlage 4a des Abgeltungsverzeichnisses SPNV bestätigt. Auch diesfalls wäre davon auszugehen, dass eine Auftragsvergabe im Sinne des § 14b Abs. 2 Z 1 lit. f B-VG vorliegen würde, sodass ebenfalls kein Vergabeverfahren vorliegen würde, welches in den Vollziehungsbereich des Landes falle.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zulässigkeit
12 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit (unter anderem) vor, es bestehe noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob bei der Vergabe von Schienenpersonenverkehrsdienstleistungen durch den Bund und ein Land im Wege einer im Eigentum des Bundes stehenden Gesellschaft, wobei die Finanzierung der Vergabe letztlich sowohl vom Bund als auch vom Land erfolgt, nur die im Eigentum des Bundes stehende Gesellschaft oder der Bund und das Land als Auftraggeber der Vergabe anzusehen seien.
13 Die Revision ist zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt. Rechtslage
14 § 1 des (Vorarlberger) Gesetzes über die Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen, LGBl. Nr. 1/2003 in der Fassung LGBl. Nr. 44/2013, lautet:
"§ 1
Geltungsbereich und Zuständigkeiten
(1) Entscheidungen eines Auftraggebers in einem Vergabeverfahren nach dem Bundesvergabegesetz oder dem Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012, das gemäß Art. 14b Abs. 2 B-VG in den Vollziehungsbereich des Landes fällt, unterliegen der Nachprüfung durch das Landesverwaltungsgericht.
(2) In Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch Senat.
(3) Dieses Gesetz gilt nicht in Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen."
15 Art. 14b B-VG lautet auszugsweise:
" Artikel 14b. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit diese nicht unter Abs. 3 fallen.
(2) Die Vollziehung in den Angelegenheiten des Abs. 1 ist
1. Bundessache hinsichtlich
a) der Vergabe von Aufträgen durch den Bund;
b) der Vergabe von Aufträgen durch Stiftungen, Fonds und
Anstalten im Sinne des Art. 126b Abs. 1;
c) der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne
des Art. 126b Abs. 2, wenn die finanzielle Beteiligung oder der
durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder
organisatorische Maßnahmen vermittelte Einfluss des Bundes
mindestens gleich groß ist wie die finanzielle Beteiligung oder
der Einfluss der Länder;
d) der Vergabe von Aufträgen durch bundesgesetzlich
eingerichtete Selbstverwaltungskörperschaften;
e) der Vergabe von Aufträgen durch in lit. a bis d und
Z 2 lit. a bis d nicht genannte Rechtsträger,
aa) die vom Bund finanziert werden, wenn der
Finanzierungsanteil des Bundes mindestens gleich groß ist wie der
der Länder;
bb) die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht des Bundes
unterliegen, soweit die Vergabe nicht unter sublit. aa oder
Z 2 lit. e sublit. aa fällt;
cc) deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane aus
Mitgliedern bestehen, die vom Bund ernannt worden sind, wenn der
Bund mindestens gleich viele Mitglieder ernannt hat wie die
Länder, soweit die Vergabe nicht unter sublit. aa oder bb oder
Z 2 lit. e sublit. aa oder bb fällt;
f) der gemeinsamen Vergabe von Aufträgen durch den Bund und
die Länder, wenn der Anteil des Bundes am geschätzten Gesamtauftragswert mindestens gleich groß ist wie die Summe der Anteile der Länder;
g) der Vergabe von Aufträgen durch in lit. a bis f und Z 2 nicht genannte Rechtsträger;
2. Landessache hinsichtlich
a) der Vergabe von Aufträgen durch das Land, die Gemeinden
und die Gemeindeverbände;
b) der Vergabe von Aufträgen durch Stiftungen, Fonds und
Anstalten im Sinne des Art. 127 Abs. 1 und des Art. 127a Abs. 1
und 8;
c) der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne
des Art. 126b Abs. 2, soweit sie nicht unter Z 1 lit. c fällt,
sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des
Art. 127 Abs. 3 und des Art. 127a Abs. 3 und 8;
d) der Vergabe von Aufträgen durch landesgesetzlich
eingerichtete Selbstverwaltungskörperschaften;
e) der Vergabe von Aufträgen durch in Z 1 lit. a bis d und
lit. a bis d nicht genannte Rechtsträger,
aa) die vom Land allein oder gemeinsam mit dem Bund oder
anderen Ländern finanziert werden, soweit die Vergabe nicht unter
Z 1 lit. e sublit. aa fällt;
bb) die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht des Landes
unterliegen, soweit die Vergabe nicht unter Z 1 lit. e sublit. aa
oder bb oder sublit. aa fällt;
cc) deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane aus
Mitgliedern bestehen, die vom Land ernannt worden sind, soweit die
Vergabe nicht unter Z 1 lit. e sublit. aa bis cc oder sublit. aa
oder bb fällt;
f) der gemeinsamen Vergabe von Aufträgen durch den Bund und
die Länder, soweit diese nicht unter Z 1 lit. f fällt, sowie der gemeinsamen Vergabe von Aufträgen durch mehrere Länder.
Gemeinden gelten unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z 1 lit. b und c und der Z 2 lit. b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen. Im Rahmen der Z 1 lit. b, c, e und f werden Auftraggeber im Sinne der Z 1 dem Bund und Auftraggeber im Sinne der Z 2 dem jeweiligen Land zugerechnet. Sind nach Z 2 lit. c, e oder f mehrere Länder beteiligt, so richtet sich die Zuständigkeit zur Vollziehung nach dem Überwiegen des Merkmals, das nach der entsprechenden Litera (Sublitera) der Z 1 für die Abgrenzung der Vollziehungszuständigkeit des Bundes von jener der Länder maßgebend ist oder wäre, dann nach dem Sitz des Auftraggebers, dann nach dem Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit des Auftraggebers, dann nach dem Sitz (Hauptwohnsitz) der vergebenden Stelle, kann jedoch auch danach die Zuständigkeit nicht bestimmt werden, so ist dasjenige beteiligte Land zuständig, das im Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens zum Vorsitz im Bundesrat berufen ist oder zuletzt war.
...
(3) Landessache ist die Gesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Sinne des Abs. 2 Z 2."
16 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 7/2016, lauten wie folgt:
" Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
...
8. Auftraggeber ist jeder Rechtsträger, der
vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.
...
§ 141. ...
(3) Die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen in einem formfreien Verfahren unmittelbar an einen ausgewählten Unternehmer (Direktvergabe) ist nur bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100 000 Euro zulässig; die Anwendung des Art. 5 Abs. 2 und 4 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleibt unberührt. ...
...
§ 280. ...
(3) Die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen in einem formfreien Verfahren unmittelbar an einen ausgewählten Unternehmer (Direktvergabe) ist nur bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100 000 Euro zulässig; die Anwendung des Art. 5 Abs. 2 und 4 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleibt unberührt. ..."
17 Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates, ABl. L 315 vom , S. 1-13 (VO 1370/2007), lauten:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
...
b) ‚zuständige Behörde' jede Behörde oder Gruppe von Behörden eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, die zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet befugt ist, oder jede mit einer derartigen Befugnis ausgestattete Einrichtung;
c) ‚zuständige örtliche Behörde' jede zuständige Behörde, deren geografischer Zuständigkeitsbereich sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt;
...
i) ‚öffentlicher Dienstleistungsauftrag' einen oder mehrere rechtsverbindliche Akte, die die Übereinkunft zwischen einer zuständigen Behörde und einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes bekunden, diesen Betreiber eines öffentlichen Dienstes mit der Verwaltung und Erbringung von öffentlichen Personenverkehrsdiensten zu betrauen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen; gemäß der jeweiligen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten können diese rechtsverbindlichen Akte auch in einer Entscheidung der zuständigen Behörde bestehen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
- | die die Form eines Gesetzes oder einer Verwaltungsregelung für den Einzelfall haben kann oder |
- | die Bedingungen enthält, unter denen die zuständige Behörde diese Dienstleistungen selbst erbringt oder einen internen Betreiber mit der Erbringung dieser Dienstleistungen betraut; |
... | |
Artikel 5 | |
Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge | |
... |
(6) Sofern dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist, können die zuständigen Behörden entscheiden, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr mit Ausnahme anderer schienengestützter Verkehrsträger wie Untergrund oder Straßenbahnen direkt zu vergeben. Abweichend von Artikel 4 Absatz 3 haben diese Aufträge eine Höchstlaufzeit von zehn Jahren, soweit nicht Artikel 4 Absatz 4 anzuwenden ist.
...
Artikel 7
Veröffentlichung
...
(2) Jede zuständige Behörde ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass spätestens ein Jahr vor Einleitung des wettbewerblichen Vergabeverfahrens oder ein Jahr vor der Direktvergabe mindestens die folgenden Informationen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden:
a) der Name und die Anschrift der zuständigen Behörde;
b) die Art des geplanten Vergabeverfahrens;
c) die von der Vergabe möglicherweise betroffenen Dienste
und Gebiete.
Die zuständigen Behörden können beschließen, diese Informationen nicht zu veröffentlichen, wenn der öffentliche Dienstleistungsauftrag eine jährliche öffentliche Personenverkehrsleistung von weniger als 50 000 km aufweist."
18 Das Bundesgesetz über die Errichtung einer Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft (Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz - SCHIG), BGBl. Nr. 201/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, lautet auszugsweise:
" Gründung der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH
§ 2. Mit Ablauf des wird die auf Grund der gesetzlichen Anordnung des § 1 in der Stammfassung errichtete Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft mbH in sinngemäßer Anwendung des Bundesgesetzes über die Spaltung von Kapitalgesellschaften durch Abspaltung der den Aufgaben gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 5 zuzuordnenden Vermögensgegenständen und Schulden gespalten und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von zwei Millionen Euro mit dem Sitz in Wien und mit der Firma ‚Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH' gegründet (Abspaltung zur Neugründung), wobei der Spaltungsstichtag mit dem festzulegen und die Spaltung spätestens am zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden ist.
Aufgaben
§ 3. (1) Der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH obliegt insbesondere:
...
9. nach Einholung der Zustimmung der Bundesministerin für
Verkehr, Innovation und Technologie der Abschluss von Verträgen über die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen gemäß § 48 des Bundesbahngesetzes, BGBl. Nr. 825/1992, in der jeweils geltenden Fassung und § 3 des Privatbahngesetzes 2004, BGBl. I Nr. 39, in der jeweils geltenden Fassung im Zusammenhang mit § 7 des Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetzes 1999, BGBl. I Nr. 204, in der jeweils geltenden Fassung und deren Abwicklung.
...
Finanzierungs- und Abrechnungsbestimmungen
§ 5. ...
(4) Der Bund, vertreten durch die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie gemeinsam mit dem Bundesminister für Finanzen, hat dafür zu sorgen, dass der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH die zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß § 3 Abs. 1 Z 9 und zur Aufrechterhaltung ihrer Liquidität und des Eigenkapitals erforderlichen Mittel im Zusammenhang mit der Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung stehen.
Aufwand der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH
§ 6. Die Geschäftsführung der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH hat wirtschaftlich, zweckmäßig und sparsam zu erfolgen. Der Bund hat die Kosten des Personal- und Sachaufwandes der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH zu tragen, soweit sich diese Kosten aus der Erfüllung der ihr durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben ergeben und nicht durch Dritte aufgebracht werden können. Die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH hat hiefür einen jährlichen Finanzplan zu erstellen und hiefür das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie herzustellen."
Zuständigkeit im Nachprüfungsverfahren
19 Die Zuständigkeit in einem Vergabeverfahren hängt vor dem Hintergrund der Kompetenzverteilung in Art. 14b B-VG davon ab, wer öffentlicher Auftraggeber ist. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers. Für die Zuständigkeit ist daher alleine maßgebend, von wem die im Nachprüfungsverfahren zu überprüfende Entscheidung stammt. In gleicher Weise ist für die Beurteilung der Zuständigkeit der belangten Behörde nach § 1 Abs. 1 des Vorarlberger Vergabenachprüfungsgesetzes alleine entscheidend, von welchem Auftraggeber die im Nachprüfungsverfahren angefochtene Entscheidung stammt und nicht etwa in welchem Vollziehungsbereich die zu beschaffenden oder beschafften Leistungen benötigt werden (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom , 2012/04/0022, mwN).
20 Im vorliegenden Nachprüfungsverfahren wendet sich die Revisionswerberin gegen die ihrer Auffassung nach vom Land Vorarlberg als öffentlicher Auftraggeber beabsichtigte Direktvergabe der gegenständlichen Schienenpersonennah- und - Regionalverkehrsdienstleistungen. Sie bekämpft sowohl die Wahl des Vergabeverfahrens als auch die Wahl der Zuschlagsempfängerin, wie sie unter anderem in der Vorinformation vom veröffentlicht wurde, und beantragt deren Nichtigerklärung.
21 Nach § 141 Abs. 3 und 5 BVergG 2006 iVm der Verordnung 1370/2007 ist bei der (beabsichtigten) Direktvergabe von Aufträgen nach Art. 5 Abs. 6 der genannten Verordnung nicht nur die Wahl des Vergabeverfahrens, sondern sind sämtliche im Zuge des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung tretende Festlegungen des Auftraggebers anfechtbar (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom , 2012/04/0082).
22 In der vorliegenden Rechtssache ist daher für die Beurteilung der Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg alleine maßgeblich, von wem die durch die Revisionswerberin angefochtene Entscheidungen der Wahl des Vergabeverfahrens und der Wahl der Zuschlagsempfängerin, wie sie in der Vorinformation vom veröffentlicht wurden, stammt.
Der Hintergrund der VO 1370/2007
23 Die Wortfolge "die Anwendung des Art. 5 Abs. 2 und 4 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleibt unberührt" in § 141 Abs. 3 BVergG 2006 ist dahingehend zu verstehen, dass dem Auftraggeber die Möglichkeit der Direktvergabe auf Grund unmittelbarer Anwendung des Art. 5 Abs. 6 der VO 1370/2007 zur Verfügung steht und von der nach dem Einleitungssatz des Art. 5 Abs. 6 der VO 1370/2007 den Mitgliedsstaaten offen stehenden Untersagungsmöglichkeit vom Bundesgesetzgeber kein Gebrauch gemacht wurde. Durch Art. 7 Abs. 2 der VO 1370/2007 ist bei derartigen Direktvergaben die Verpflichtung zur Veröffentlichung klar vorgegeben. Aus dem klaren Wortlaut des Erwägungsgrundes 29 der Verordnung ergibt sich ohne Zweifel, dass die Veröffentlichung dem Zweck dienen soll, dass potentielle Betreiber eines öffentlichen Dienstes "darauf" (gemeint die Bekanntgabe bzw. die Absicht des Auftraggebers, solche Aufträge zu vergeben) reagieren können. Ausgehend von diesem Zweck der Veröffentlichung muss eine Vorinformation in einer einzelfallbezogenen Bewertung so gefasst sein, dass im Sinne des Erwägungsgrundes 29 der VO 1370/2007 potentielle Bieter eines öffentlichen Dienstes darauf reagieren können (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis 2012/04/0082).
24 Zu diesem Zweck der VO 1370/2007 hat der EuGH bereits (in gleicher Weise) festgehalten: "Der Zweck der Verordnung besteht nämlich nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 darin, ‚festzulegen, wie die zuständigen Behörden unter Einhaltung des (Unionsrechts) im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs tätig werden können, um die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu gewährleisten, die unter anderem zahlreicher, sicherer, höherwertiger oder preisgünstiger sind als diejenigen, die das freie Spiel des Marktes ermöglicht hätte'. Dass die Verordnung Nr. 1370/2007 ihrem Wesen nach Modalitäten für das Tätigwerden bei allgemeinen Systemen zur Vergabe öffentlicher Aufträge vorsehen soll, impliziert, dass sie im Verhältnis zu Letzteren Sonderregeln enthält" (vgl. das , Hörmann Reisen GmbH, ECLI:EU:C:2016:817, Rn. 44 und 45).
25 In der Veröffentlichung nach Art. 7 Abs. 2 der VO 1370/2007 (Vorinformation) ist neben der Art des geplanten Vergabeverfahrens (lit. b) und den von der Vergabe möglicherweise betroffenen Diensten und Gebieten (lit. c) auch der Name und die Anschrift der zuständigen Behörde zu veröffentlichen (lit. a). Vergabe durch die SCHIGmbH
26 In der Vorinformation vom wird als zuständige Behörde (gemäß Art. 2 lit. b VO 1370/2007) das BMVIT angeführt (Abschnitt I.). Bei der kurzen Beschreibung des Auftrages (Abschnitt II.1.3 der Vorinformation) heißt es, dass die Republik Österreich und das Land Vorarlberg beabsichtigen, vertreten durch das BMVIT als zuständige Behörde "im Wege der" SCHIGmbH den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungsauftrag gemäß Art. 5 Abs. 6 der VO 1370/2007 direkt zu vergeben.
27 Die Wortfolge "im Wege der" SCHIGmbH ist vor dem Hintergrund des SCHIG zu lesen:
Nach § 3 Abs. 1 Z 9 SCHIG obliegt der SCHIGmbH (unter anderem) der Abschluss von Verträgen über die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen gemäß § 48 des Bundesbahngesetzes und § 3 des Privatbahngesetzes 2004 im Zusammenhang mit § 7 des Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetzes 1999 und deren Abwicklung.
Gemäß § 5 Abs. 4 SCHIG hat der Bund, vertreten durch das BMVIT gemeinsam mit dem Bundesminister für Finanzen dafür zu sorgen, dass der SCHIGmbH die zur Erfüllung ihrer Aufgabe gemäß § 3 Abs. 1 Z 9 SCHIG erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen.
Ausgehend von dieser der SCHIGmbH gemäß § 3 Abs. 1 Z 9 SCHIG bundesgesetzlich übertragenen Aufgabe kann die Wortfolge "im Wege der" SCHIGmbH in der Vorinformation vom nur dahin verstanden werden, dass der Vertrag über die Bestellung der gemeinwirtschaftlichen Verkehrsdienstleistungen durch die SCHIGmbH als Vertragspartner abgeschlossen werden soll.
Dies wird im Übrigen durch die Beschreibung des Auftrags in der Vorinformation vom bestätigt, in der festgelegt wird, dass Anpassungen der zu erbringenden Zugkilometerleistung (Reduzierung, Ausweitung und Umschichtungen) ausschließlich von der SCHIGmbH abzurufen sind.
Sohin ist die SCHIGmbH im Sinne der Legaldefinition des § 2 Z 8 BVergG 2006 jener Rechtsträger, der vertraglich einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen zu erteilen beabsichtigt und somit Auftraggeber.
28 Somit ist die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, die angefochtenen Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers stammten nicht vom Land Vorarlberg, sondern von der SCHIGmbH, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Keine Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes
29 Gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass für die Nachprüfung von Entscheidungen der SCHIGmbH nicht das Landesverwaltungsgericht, sondern das Bundesverwaltungsgericht zuständig sei, bringt die Revisionswerberin nichts vor.
30 Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang als Verfahrensfehler rügt, das Verwaltungsgericht habe sich zu einem wesentlichen Teil auf ein Beweismittel ("Memorandum of Understanding" vom ) gestützt, obwohl dies der Revisionswerberin gegenüber nicht offengelegt worden sei, genügt es darauf hinzuweisen, dass sich die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes bereits aus der Vorinformation vom ergibt. Dem behaupteten Verfahrensfehler fehlt es daher an Relevanz.
31 Nach dem Obgesagten hat das Verwaltungsgericht zu Recht seine Zuständigkeit zur Nachprüfung der angefochtenen vergaberechtlichen Entscheidungen verneint.
Ergebnis
32 Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Revisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
33 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil das Verwaltungsgericht - ein Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK und ein Gericht im Sinne des Art. 47 GRC - eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, weshalb weder Art. 6 MRK noch Art. 47 GRC der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegenstehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/03/0066, mwN).
34 Der Anregung der Revisionswerberin, näher bezeichnete Fragen (zur Vorgangsweise nach der VO 1370/2007) im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV an den EuGH heranzutragen, war nicht näher zu treten, weil in der vorliegenden Rechtssache alleine die Frage der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zu klären war.
Wien, am