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VwGH vom 20.11.2007, 2007/16/0146

VwGH vom 20.11.2007, 2007/16/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Finanzamtes Feldkirch gegen den am verkündeten, am ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, Zl. RV/0027-F/06, betreffend Gesellschaftsteuer (mitbeteiligte Partei: W GmbH & Co KG in L, vertreten durch die BDO Tschofen Treuhand GmbH Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in 6800 Feldkirch, Gallmiststraße 13), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unbestritten ist, dass im Laufe des Jahres 1998 finanzielle Mittel von der WH GmbH & Co KG (in der Folge kurz: "WH") an die Mitbeteiligte, die damalige WB GmbH & Co KG, zugeführt wurden.

In einem Schreiben vom erklärte die WH gegenüber der Mitbeteiligten folgenden "unbedingten Forderungsverzicht":

"... der WH ... ist die schlechte wirtschaftliche Lage und

die Überschuldung der ... Mitbeteiligten ... bekannt. Da

der H-Bereich als Teilbetrieb der Firma HW, welche die Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten ist, bis in die frühen 90-er Jahre Verluste erwirtschaftete, die das Ausmaß der jetzigen Forderungen übersteigen, stellt der Forderungsverzicht eine Kompensation dieser Anfangsverluste dar.

Zur Vermeidung der Insolvenz der Gesellschaft erklärt sich die WH ... hiermit bereit, hinsichtlich der derzeit aushaftenden Forderung gegenüber der Mitbeteiligten für einen Teilbetrag von ATS 50,000.000,-- einen rechtsverbindlichen und unwiderruflichen Forderungsverzicht mit Wirkung zum abzugeben."

Mit Bescheid vom , betreffend "Forderungsverzicht vom ", setzte das Finanzamt Feldkirch als Abgabenbehörde erster Instanz gegenüber der Mitbeteiligten Gesellschaftsteuer für den angeführten Rechtsvorgang mit 500.000,- S (entsprechend 36.336,42 EUR) fest. Die Festsetzung - so die Begründung - betreffe den Forderungsverzicht der WH gegenüber der Mitbeteiligten. Die Leistung unterliege gemäß § 2 Z. 4 lit. b KVG der Gesellschaftsteuer. Dabei werde gemäß § 3 KVG die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen, dass Leistungen nicht von Gesellschaften bewirkt würden, sondern von Personenvereinigungen, an denen die Gesellschafter als Gesellschafter beteiligt seien. An der leistenden und an der empfangenden Gesellschaft bestünden idente Beteiligungsverhältnisse.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Mitbeteiligte zusammengefasst vor, der Forderungsverzicht sei nicht auf Grund der Stellung der gemeinsamen Gesellschafter der beiden "Schwester-GmbH und Co KG", sondern aus betrieblichen Gründen der WH erfolgt. Zum Betriebsvermögen der Mitbeteiligten zähle der Heliport (Landeplatz und Hangar) der WH, der die wesentliche wirtschaftliche Grundlage für diese darstelle. In den Jahren 1999 und 2000 habe sich die Mitbeteiligte in einer äußerst prekären wirtschaftlichen und finanziellen Lage befunden, die zu einer akuten Insolvenzgefahr geführt habe. Ohne den Forderungsverzicht vom hätte der Jahresabschluss zum nicht erstellt werden können, was unweigerlich in die Insolvenz der Mitbeteiligten geführt hätte. Damit wäre die Nutzung des Heliports für die WH nicht mehr gesichert gewesen. Im Jahr 1995 habe die Mitbeteiligte eine Einlage in die WH von rund 20 Mio. S als Ausgleich für die vom Helicopter-Unternehmen erwirtschafteten Verluste geleistet. Mit dem Forderungsverzicht sei diese Einlage zurückgezahlt worden. Aber auch die sonstigen vom Bauunternehmen finanzierten Verluste der Helicopter-Sparte seien damit kompensiert worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde erster Instanz diese Berufung als unbegründet ab, worauf die Mitbeteiligte in ihrem Schriftsatz vom die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.

Nach Durchführung von Ermittlungen und einer mündlichen Berufungsverhandlung am gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen, in der Berufungsverhandlung am verkündeten, am 20. d.M. ausgefertigten Bescheid der Berufung Folge und hob den Bescheid vom auf. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der von der Mitbeteiligten vor der mündlichen Berufungsverhandlung abgegebenen Stellungnahmen sowie Vermögensaufstellungen und nach auszugsweiser Wiedergabe des KVG aus, Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung habe primär die sachverhaltsmäßige Klärung des Charakters der "Mittelhingabe" im Jahre 1998 und des "Forderungsverzichts" im Jahr 2000 gebildet. Denn nur unter der Vorraussetzung, dass tatsächlich im Jahr 2000 auf eine Forderung (im hier maßgeblichen Sinn) verzichtet worden sei, stelle sich in weiterer Folge die Frage, ob die Besteuerung dieses Vorgangs EU-rechtskonform sei.

Die Zuwendungen, auf die mit dem Forderungsverzicht vom verzichtet worden sei, seien vor dem erfolgt. Gemäß § 18 EKEG sei dieses Gesetz nur auf Sachverhalte, die nach dem verwirklicht worden seien, anzuwenden. Zur Beurteilung, ob die gegenständlichen Zuwendungen Eigenkapitalersatz darstellten, sei daher nicht das EKEG anzuwenden, sondern die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze betreffend Eigenkapitalersatz.

Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen sei nach § 21 BAO in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend. Die Wertung von Leistungsbeziehungen zwischen Körperschaft und ihren Mitgliedern bzw. zwischen Gesellschaften mit identen Beteiligten als betriebliche Vorgänge setze deshalb nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass die Leistungsbeziehungen unter auch gegenüber gesellschaftsfremden Personen üblichen Bedingungen erfolgten. Andernfalls lägen Ausschüttungs- bzw. Einlagevorgänge vor, auch wenn die Vorgänge in zivilrechtliche Geschäfte gekleidet würden. Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern fänden nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kämen, einen klaren und eindeutigen Inhalt hätten und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Es sei zu prüfen, ob die Zuwendung nach ihrem "inneren Gehalt" ihre Ursache in einer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder im Gesellschaftsverhältnis habe. Im letzteren Fall sei die Leistung - ungeachtet einer allfälligen Bezeichnung z. B. als Darlehen oder stille Beteiligung - als verdeckte Einlage anzusehen. Eine unklare Vertragsgestaltung, nämlich das Unterbleiben einer Vereinbarung über Rückzahlung bzw. Verzinsung, seien Anhaltspunkte dafür, dass kein echtes Gesellschafterdarlehen, sondern eine Eigenkapital ersetzende Zuwendung vorliege. Bei der Beurteilung der Frage, ob Gesellschafterdarlehen dem Darlehensgeber die Position eines Fremdkapitalgebers vermittelten, komme es auf eine Gesamtbetrachtung an.

Die dargestellten ertragsteuerlichen Grundsätze, deren Zweck es unter anderem sei, die echten Gläubiger zu schützen und zu verhindern, dass abgabenrechtliche Folgen mangels eines natürlichen Interessensgegensatzes willkürlich herbeigeführt würden, fänden auch darüber hinaus steuerrechtliche Anwendung. Auch aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei "aus der Sicht des für die Qualifizierung des Darlehens maßgebenden Zeitpunktes der Gewährung zu beurteilen, ob auch die Hausbank oder ein sonstiger, der Gesellschaft nicht als Mitglied verbundener Kreditgeber das fragliche Darlehen gewährt" hätte. Dabei könnten Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen einer GmbH & Co KG auch von den "Nur-Kommanditisten" eingeräumt werden. Schließlich stehe auch das Bundesministerium für Finanzen auf dem Standpunkt, die Gesellschaftsteuerschuld entstehe bereits im Zeitpunkt der Darlehensgewährung, wenn diese einer Einlagengewährung gleichkomme.

Im gegenständlichen Fall gäbe es keine schriftliche Vereinbarung über die Zuführung der berufungsgegenständlichen Mittel. Das Darlehen sei nach den Ausführungen der Mitbeteiligten unverzinst gewährt worden. Eine Verzinsung sei auch aus der vorgelegten Bilanz nicht ersichtlich, was im Übrigen auch in der Kontrollmitteilung der Großbetriebsprüfung der Mitbeteiligten bestätigt worden sei. Auch die Modalitäten der Rückzahlung seien keineswegs eindeutig vorherbestimmt oder gesichert gewesen. Weiters sei die Mittelhingabe weder unter Zweckwidmung noch unter Besicherung erfolgt. Hinzu komme, dass die empfangende Gesellschaft (die Mitbeteiligte) im Zeitpunkt der Mittelzuführung hohe Verluste geschrieben habe, praktisch illiquid und überschuldet gewesen sei.

Ein Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen liege dann vor, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung kreditunfähig gewesen sei, d.h. wenn sie von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen keinen Kredit mehr hätte erhalten können und ohne die Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen hätte liquidiert werden müssen. Bei der Beurteilung der Frage der Kreditfähigkeit komme es auf die konkrete Finanzierungslage der Gesellschaft wie Bilanzansätze, Ertragskraft, noch verfügbare Sicherheiten, vor allem aber auch auf das konkrete Darlehen, seine Laufzeit, seinen Umfang und die Art der Besicherung sowie auch die Finanzpläne der Gesellschaft an. Anhand dieser Daten sei (ex ante) - wie bereits ausgeführt worden sei - aus der Sicht des für die Qualifizierung des Darlehens maßgebenden Zeitpunktes der Gewährung zu beurteilen, ob auch die Hausbank oder ein sonstiger, der Gesellschaft nicht als Mitglied verbundener Kreditgeber das fragliche Darlehen gewährt hätte.

Die Mitbeteiligte habe in den Jahren 1996 und 1997 Verluste von ca. 15 bzw. 11 Mio. S geschrieben. Nach der vorliegenden Bilanz zum sei das Eigenkapital 1998 bereits negativ gewesen (ca. -16,5 Mio. S). Nach der von der Mitbeteiligten vorgelegten Liquidationsbilanz seien in den Grundstücken stille Reserven in der Höhe von ca. 21,5 Mio. S enthalten gewesen. Aus dem Abtretungsvertrag gehe hervor, dass das Betriebsvermögen im Wesentlichen mit den Buchwerten angesetzt worden sei. Es sei daher auch davon auszugehen, dass im Jahre 1998 keine wesentlich höheren stillen Reserven - mit Ausnahme der Liegenschaften - im Betriebsvermögen vorhanden gewesen seien. Im Jahr 1998 habe die WH der Mitbeteiligten ein "Darlehen" in Höhe von ca. 42 Mio. S gewährt. Ein fremder Dritter hätte bei den auf Grund der Ergebnisse der Vorjahre zu erwartenden Verluste und eines allenfalls vorhandenen Vermögens von ca. 5 Mio. S der Mitbeteiligten kein Darlehen in der Höhe von ca. 42 Mio. S gewährt. Bei Ansatz eines Eigenkapitals in Höhe von ca. 5 Mio. S hätte dies einer Eigenkapitalquote von ca. 3,5 % entsprochen. Die im Eigentum der Mitbeteiligten stehenden Liegenschaften seien mit Hypotheken zu Gunsten der Banken belastet gewesen. Die Mitbeteiligte habe daher keine Sicherheiten für die Gewährung des Darlehens bieten können. Dies spreche dafür, dass das Darlehen Eigenkapital ersetzend gewesen sei, da ein fremder Dritter in einer vergleichbaren Situation kein Darlehen in dieser Größenordnung gewährt hätte.

Unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen sehe es die belangte Behörde als erwiesen an (§ 167 Abs. 2 BAO), dass die Mittelzuführung im Jahr 1998 als Eigenkapital ersetzendes Darlehen und damit als Einlage zu werten sei. Der Mitbeteiligten sei daher darin zuzustimmen, dass der "Forderungsverzicht" des Jahres 2000 in Wahrheit kein solcher gewesen sei und lediglich klarstellende Bedeutung gehabt habe. Dafür sprächen im Übrigen auch die Umstände, unter denen der Verzicht abgegeben worden sei (praktisch formlos, rückwirkend und mit missverständlicher Textierung). Im gegenständlichen Fall sei daher der Gesellschaftsteueranspruch bereits mit der Hingabe der "Darlehen" und nicht erst mit dem Verzicht auf das "Darlehen" verwirklicht worden. Der Berufung sei daher im Ergebnis stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Abgabenbehörde erster Instanz, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Weiters hat die Mitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Abgabenbehörde erster Instanz leitet die Beschwerdegründe damit ein, nach dem festgestellten Sachverhalt handle es sich bei den bezogenen Mitteln jedenfalls um Darlehen. Diese Darlehensbeträge habe die Mitbeteiligte der Leistenden geschuldet. Vereinbarungen, dass die Mittel von vornherein ohne Rückzahlungsverpflichtung gegeben worden wären oder dass von vornherein auf eine zukünftige Verzinsung verzichtet worden wäre, seien weder behauptet noch sonst festgestellt worden. Liege aber keine tatsächliche Vereinbarung über eine Hingabe oder Rückzahlungsverpflichtung vor, so seien die Mittel rückzahlbar und daher in rechtlicher Hinsicht als Darlehen zu qualifizieren. Zudem seien die Darlehensbeträge ohne ausdrückliche Vereinbarung einer Unverzinslichkeit gemäß § 353 HGB verzinslich. Wenn in der Folge keine Zinsen verrechnet worden seien, so ändere dies daran nichts und stelle nur eine eigenständige Leistung als Zinsverzicht im Nachhinein dar. Zudem hätten die Beteiligten in ihren Bilanzen die Mittel ausdrücklich als Schulden bzw. Forderungen ausgewiesen und anerkannt und dies auch noch nach den behaupteten "Richtigstellungen durch den Forderungsverzicht". Diese Bilanzen seien auch den weiteren zivilrechtlich maßgeblichen Handlungen zu Grunde gelegt worden. Dass die dort und unbestritten zu Recht weiter ausgewiesenen Verbindlichkeiten einen anderen Charakter hätten als die 50 Mio. S, auf die verzichtet worden sei, sei aus dem Vorbringen nicht erkenntlich. Die Abgrenzung zwischen (ertragsteuerwirksamen) betrieblichen Vorgängen und (ertragsteuerunwirksamen) in der Gesellschafterstellung begründeten Vorgängen sei nicht auf die tatbestandsmäßig als Rechtsverkehrsteuer konzipierte Gesellschaftsteuer umlegbar. In diesem Bereich, nämlich hinsichtlich der steuerpflichtigen Tatbestände, trete die wirtschaftliche Betrachtungsweise in den Hintergrund und es sei nach rechtlichen Gesichtspunkten zu untersuchen, ob ein im § 2 KVG normierter Tatbestand erfüllt sei oder nicht. Die Hingabe von rückzahlbaren Mitteln sei mit einem Nachschuss nicht vergleichbar. Auch die übrigen Umstände, unter denen der Verzicht abgegeben worden sei, wiesen nicht darauf hin, dass dieser nicht ernstlich und tatsächlich erfolgen sollte. Weder sei er formlos gewesen, sondern schriftlich abgegeben worden, noch spreche die Vereinbarung einer rückwirkenden Geltung gegen die Ernstlichkeit, da Vereinbarungen mit unter den Parteien vereinbarter Rückwirkung nicht ungewöhnlich oder unüblich seien. Davon sei die steuerliche Wirksamkeit zu unterscheiden. Auch liege keine missverständliche Textierung vor. Aus den Umständen des Forderungsverzichts könne daher nicht geschlossen werden, dass die Mittelzuführung von vornherein mit der Vereinbarung der Nichtrückzahlbarkeit beabsichtigt gewesen wäre, zumal dies im gesamten Verfahren auch von der Mitbeteiligten nie behauptet worden sei.

Die aus den vorgebrachten Umständen gezogene Beurteilung in zivilrechtlicher Hinsicht als Eigenkapital ersetzendes Darlehen erscheine der Abgabenbehörde erster Instanz zumindest fraglich, könne aber dahingestellt bleiben. Zum einen würde eine derartige Qualifikation lediglich haftungsrechtlich eine zeitweise Rückzahlungssperre und Nachrangigkeit begründen, die in Bezug auf die Gesellschaftsteuer unbeachtlich seien, weil damit die Leistung der Mitbeteiligten nicht endgültig zugekommen wäre. Zum anderen wäre damit auch kein Entfall der rechtlichen Qualifikation als Darlehen verbunden, da die Rückzahlbarkeit grundsätzlich bestehen bleibe und es sich eben nur um ein sogenanntes Eigenmittelsurrogat handle, nicht aber um echte Eigenmittel. Ein nachfolgender Verzicht auf das Darlehen, respektive Teile von Darlehensbeträgen im Ausmaß von 50 Mio. S sei daher weder in zivilrechtlicher Hinsicht noch in steuerrechtlicher Hinsicht ausgeschlossen. Die Wertung der Darlehenshingaben selbst als von vornherein steuerpflichtig, wie sie die belangte Behörde auf Grund der Qualifizierung als Eigenkapital ersetzendes Darlehen getroffen habe, scheide nach der "ständigen Rspr. der Gerichtshöfe" jedenfalls aus und werde auch in der Literatur nicht geteilt. Damit sei nach Ansicht der Abgabenbehörde erster Instanz die Steuerpflicht ausschließlich im Forderungsverzicht, der auch der Besteuerung zu Grunde gelegt worden sei, zu sehen. Erst damit sei im Bezug auf den Kapitalstamm eine Leistung erbracht worden, die geeignet sei, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Bis dahin habe die Mitbeteiligte die Rückzahlung der Mittel geschuldet. Erst mit dem Forderungsverzicht sei diese Rückzahlungsverpflichtung über einen Betrag von 50 Mio. S aufgehoben und die Mitbeteiligte daraus bereichert worden. Die Steuerschuld sei damit gemäß § 4 BAO mit dem Forderungsverzicht am entstanden.

Gegenstand des strittigen Verfahrens - so die Beschwerde abschließend - sei ein Forderungsverzicht über den Betrag von 50 Mio. S gewesen. In den Entscheidungsgründen werde lediglich die Hingabe eines Betrages von 42 Mio. S erwogen. Zur Differenz von 8 Mio. S fänden sich keine Ausführungen. Hinsichtlich eines Teiles von 8 Mio. S erfolge die Aufhebung daher ohne Begründung. Daher sei nicht ersichtlich, welche konkreten Leistungen von der belangten Behörde als bereits im Jahr 1998 steuerpflichtig beurteilt worden seien. Weiters sei die Abgabenbehörde erster Instanz der Ansicht, dass Gegenstand der Besteuerung und Entscheidung jedenfalls die endgültige Mittelzuführung (nach Ansicht der Beschwerdeführer nur im Betrag von 50 Mio. S) sei, gleichgültig, ob die Leistungserbringung in rechtlicher Hinsicht nun schon in der Zuführung dieser Mittel selbst oder im nachfolgenden Verzicht auf die Rückzahlung derselben gesehen werde. Nach Ansicht der Abgabenbehörde erster Instanz wäre darin kein unzulässiger Austausch des Besteuerungsgegenstandes zu erblicken, sondern nur eine andere Beurteilung in Bezug auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung. Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde daher den Bescheid auch bei Zugrundelegung der Rechtsansicht der Abgabenbehörde erster Instanz bestätigen müssen.

Nach § 2 Z. 4 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVG) in der Fassung des Art. III Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 629/1994 unterliegen folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Zuschüsse,
b)
Verzicht auf Forderungen,
c)
Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung,
d) Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung.

Gemäß § 3 KVG wird die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen, dass Leistungen (§ 2) nicht von Gesellschaftern bewirkt werden, sondern von Personenvereinigungen oder Körperschaften, an denen die Gesellschafter als Mitglieder oder Gesellschafter beteiligt sind.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass der Gesellschafter der WH einerseits und der Mitbeteiligten andererseits Doppelgesellschafter im Sinn des § 3 KVG ist.

Der Tatbestand des § 2 Z. 4 KVG erfasst die häufig als "verdeckte Einlagen" oder "verdeckte Kapitalzuführung" bezeichneten (freiwilligen) Leistungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/16/0017, unter Hinweis auf Brönner/Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz4, Rz. 49 zu § 2). Ein Verzicht auf Forderungen liegt nur dann vor, wenn endgültig auf eine bereits rechtlich vorhandene Forderung verzichtet wird. Gewährt der Gesellschafter einer Gesellschaft formal ein Darlehen und ist von vornherein eine Rückzahlung des Darlehens nicht beabsichtigt, so liegt darin ein Zuschuss (vgl. das zitierte Erkenntnis vom unter Hinweis auf Brönner/Kamprad, aaO, Rz. 52 zu § 2, sowie auf Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4, Rz. 138).

Während die Abgabenbehörde erster Instanz den Tatbestand des § 2 Z. 4 lit. b KVG durch einen schriftlichen Forderungsverzicht vom über 50 Mio. ATS erfüllt sieht, gelangt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Schluss, dass bereits mit der Mittelzuführung (im Jahre 1998) der Gesellschaftsteueranspruch nach § 2 Z. 4 lit. a oder c KVG verwirklicht worden sei, nicht jedoch mit dem Verzicht vom auf das "Darlehen". Sie gründet diese rechtliche Schlussfolgerung auf ihre Überzeugung, dass die "Mittelzuführung im Jahre 1998 als Eigenkapital ersetzendes Darlehen und damit als Einlage zu werten" sei. Der "Forderungsverzicht" des Jahres 2000 habe lediglich klarstellende Bedeutung gehabt, wofür von der belangten Behörde näher ins Treffen geführte, eingangs wiedergegebene Umstände sprächen. Die belangte Behörde bringt damit zum Ausdruck, dass ihrer Überzeugung nach der Mittelzuführung - von lediglich 42 Mio. S im Jahr 1998 - durch die durch den gemeinsamen Doppelgesellschafter verbundene WH nicht der Rechtsgrund der Darlehensgewährung zu Grunde lag, aus der heraus die Mitbeteiligte verpflichtet gewesen wäre, das Darlehen zurückzuzahlen, sondern die - freiwillige - Zuführung von liquiden Mitteln, ohne dass näher feststellbar wäre, ob bzw. aus welchem rechtlichen Titel heraus diese Mittelzuführung erfolgen sollte.

Soweit die Abgabenbehörde erster Instanz eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides demgegenüber darin erblickt, dass der Mittelzuführung im Jahre 1998 tatsächlich eine Darlehensgewährung zu Grunde lag, entfernt sie sich von dem gemäß § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG von der belangten Behörde angenommenen, der Überprüfung des angefochtenen Bescheides zu Grunde zu legenden Sachverhaltsfeststellungen.

Im Übrigen sind die von der Abgabenbehörde erster Instanz im Rahmen der Beschwerdegründe ins Treffen geführten Indizien der bilanzmäßigen Erfassung einer Darlehensforderung bzw. Rückzahlungsverpflichtung sowie des Inhaltes der in Rede stehenden Erklärung vom nicht geeignet, im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Schlüssigkeitsprüfung Bedenken gegen die von der belangten Behörde dargelegte Würdigung der von ihr aufgenommenen Beweise und damit gegen deren mangelnde Überzeugung, dass die Mittelzuführung im Rahmen einer Darlehensgewährung erfolgt wäre, zu erwecken.

Da - unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde getroffenen Tatsachenannahmen - aus der bloßen Mittelzuführung im Jahre 1998 an die Mitbeteiligte noch keine Rechtspflicht zur Rückzahlung dieser Mittel an die WH resultierte, begab sich die WH durch die Abgabe des "unbedingten Forderungsverzichtes" vom ihrerseits keiner rechtlich existenten Forderung, sodass durch den in Rede stehenden Forderungsverzicht vom der Tatbestand des § 2 Z. 4 lit. b KVG nicht verwirklicht wurde.

Soweit die Abgabenbehörde erster Instanz schließlich ins Treffen führt, die belangte Behörde hätte auch unter Zugrundelegung ihrer Rechtsansicht den Erstbescheid vom im Hinblick auf die Leistungserbringung im Jahr 1998 bestätigen müssen, ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde diesfalls einen vom Gegenstand der Abgabenfestsetzung der ersten Instanz verschiedenen Sachverhalt - eben nicht den Forderungsverzicht aus dem Jahr 2000, sondern die Mittelzuführung im Jahr 1998 - herangezogen hätte und damit nicht über die "Sache", die Gegenstand des Verfahrens der Abgabenbehörde erster Instanz war, entschieden hätte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0033, mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 47 Abs. 3 und § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am