VwGH vom 20.11.2007, 2007/16/0145
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der "G Gesellschaft m.b.H. in D, vertreten durch Dr. Christoph Ganahl, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schwefel 93/7, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IIIa-230.400, betreffend Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Stadt Dornbirn in 6850 Dornbirn, Rathaus), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Abgabenkommission der mitbeteiligten Stadtgemeinde nahm mit Bescheid vom das mit Bescheid der Abgabenkommission der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom abgeschlossene Verfahren gemäß § 127 V-AbgVG wieder auf, setzte die Getränkesteuer für die Jahre 1996 und 1997 fest und wies den Rückzahlungsantrag als unbegründet ab. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung Vorstellung an die Aufsichtsbehörde (Vbg. Landesregierung) erhoben werden könne.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz des Beschwerdevertreters vom ein als Berufung bezeichnetes Rechtsmittel und stellte die Anträge:
"Die Berufungsbehörde wolle:
1. Die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass die Wiederaufnahme der gegenständlichen Verfahren unzulässig ist;
2. die Getränkesteuern für die Zeiträume bis , bis und bis sowie der für den bis mit 'Null' festsetzen.
3. Den Anträgen vom bzw. vom , gerichtet auf Rückerstattung der zu viel bzw. zu Unrecht geleisteten Getränkesteuern stattzugeben."
Weiters gab die beschwerdeführende Partei die Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens, "für den Fall, dass sich die Berufungsbehörde der Rechtsansicht des Antragstellers nicht anschließen sollte".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück; dies mit der Begründung, im bekämpften Bescheid habe die Abgabenkommission ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid vom das Rechtsmittel der Vorstellung an die Aufsichtsbehörde (die Vorarlberger Landesregierung) erhoben werden könne. Eine unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels allein vermöge dessen Unzulässigkeit nicht zu begründen; für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe sei vielmehr ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lasse und die Art des in diesem gestellten Begehren maßgebend. Der Grundsatz der Beachtung des erklärten Willens der Partei könne aber nur im Fall eines eindeutig deklarierten Parteiwillens zum Tragen kommen, also dann, wenn sich aus der Rechtsmittelerklärung und dem Rechtsmittelantrag unmissverständlich das Begehren der Partei nach einer Vorstellungsentscheidung durch die Vorstellungsbehörde ergebe.
Die Eingabe der beschwerdeführenden Partei vom beziehe sich zwar auf Seite 2 auf den Berufungsbescheid vom , sei aber nach dem klaren Wortlaut des Rechtsmittelantrages an die Berufungsbehörde gerichtet. Dass sich die Eingabe an die Berufungsbehörde richte, ergebe sich aber auch aus der Tatsache, dass als "belangte Behörde die Stadt ..." angeführt sei. Es liege somit keine bloße Fehlbezeichnung als Berufung vor. Die Antragstellung, die Berufungsbehörde möge die angefochtenen Bescheide dahingehend abändern, dass die Wiederaufnahme der gegenständlichen Verfahren unzulässig sei, sei eindeutig und lasse keine andere Deutung zu. Ebenso die Anregung an die Berufungsbehörde auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens. Wesentliche Bedeutung komme auch dem Umstand zu, dass das Rechtsmittel von einem Rechtsanwalt verfasst worden sei, an dessen eindeutige Rechtsmittelerklärung ein strengerer Maßstab anzulegen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei mit dem in Rede stehenden Rechtsmittel nach ihrem erklärten Willen ein Begehren nach einer Berufungsentscheidung durch die Abgabenkommission der mitbeteiligten Stadtgemeinde gestellt habe.
Da gegen den bekämpften Bescheid vom gemäß § 83 des Gemeindegesetzes nur das Rechtsmittel der Vorstellung zulässig sei, sei die Eingabe der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurückzuweisen. Auf Grund des unzweifelhaften Inhaltes des Rechtsmittelantrages liege auch kein nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähiges Gebrechen vor.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst an ihn erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 430/07-3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei "in ihrem Recht ..., dass ein Verfahren, welches mit Bescheid vom bereits abgeschlossen wurde, entgegen dem festgestellten Sachverhalt wieder aufgenommen wird, und die Getränkesteuer nachträglich festgesetzt werden" und auf Entscheidung in der Sache selbst, verletzt. Sie macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 83 Abs. 1 Gemeindegesetz des Landes Vorarlberg, LGBl. Nr. 40/1985, kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen dagegen Vorstellung an die Aufsichtsbehörde erheben.
Gemäß § 83 Abs. 7 leg. cit. hat die Aufsichtsbehörde, wenn durch den Bescheid Rechte des Einschreiters verletzt wurden, den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückzuverweisen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels allein dessen Unzulässigkeit nicht begründen. Für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ist ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/11/0152).
Für die Qualifikation eines Rechtsmittels als Vorstellung muss gefordert werden, dass das Rechtsmittel nicht so abgefasst ist, dass aus allen seinen Einzelheiten nichts anderes als das Begehren nach einer Berufungsentscheidung hervorgeht. Der Inhalt des Begehrens und damit auch die im Rechtsmittel zum Ausdruck kommende Erklärung ist dafür maßgebend, wer darüber entscheiden soll und welches Rechtsmittel tatsächlich ergriffen wurde (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/11/0152).
Die Bezeichnung des Rechtsmittels als "Berufung" begründet somit allein nicht die Unzulässigkeit. Der Inhalt des Schriftsatzes und der Antrag lassen im Beschwerdefall jedoch erkennen, dass damit die reformatorische Entscheidung über die "Berufung" durch die "Berufungsbehörde" und nicht die kassatorische Entscheidung über die Vorstellung durch die Vorstellungsbehörde begehrt wurde. Der Inhalt des von einem Rechtsanwalt verfassten Schriftsatzes und insbesondere die gestellten Anträge deklarieren den Parteiwillen eindeutig und es kommt dabei unmissverständlich der Formulierung und dem Inhalt nach das Begehren der beschwerdeführenden Partei nach einer reformatorischen Berufungserledigung zum Ausdruck.
Es ist unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dessen Wortlaut nicht erschlossen werden kann (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 88/17/0183, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Wie die belangte Behörde mit Recht feststellte, war die Berufung mit den darin gestellten reformatorischen Anträgen gegen den Bescheid der Abgabenkommission unzulässig.
Eine Vorschrift wie § 13 Abs. 3 AVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, die die Verbesserung auch inhaltlicher Mängel von Eingaben ermöglicht, bewirkt nicht, dass eine ursprünglich einem bestimmten Rechtsmitteltypus (Berufung) entsprechende eindeutige Prozesserklärung im Wege der Verbesserung nachträglich zu einer Erklärung eines anderen Typus (Vorstellung) werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0279).
Aus den dargestellten Erwägungen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am