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VwGH vom 27.11.2008, 2007/16/0143

VwGH vom 27.11.2008, 2007/16/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr in Linz, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0694-L/07, betreffend Grunderwerbsteuer (mitbeteiligte Partei: nunmehr D O A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Unbestritten ist im Beschwerdefall folgender Sachverhalt:

Der Mitbeteiligte und seine Ehefrau erwarben mit Kaufvertrag vom je zur Hälfte ein Grundstück. Mit Bescheid vom wurde für diesen Vorgang die Grunderwerbsteuer rechtskräftig festgesetzt. Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom wurde über das Vermögen des Mitbeteiligten das Konkursverfahren eröffnet und Dr. B. zum Masseverwalter bestellt (in der Folge: Masseverwalter).

Am schlossen der Masseverwalter und der ehemalige Verkäufer der Liegenschaft eine Vereinbarung, in der festgehalten wurde, dass der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Mitbeteiligten gegenüber dem Verkäufer gemäß § 21 KO den Rücktritt vom Kaufvertrag vom den Mitbeteiligten betreffend erklärt habe. Weiter hielten die Vertragsparteien fest, dass durch den genannten Rücktritt der Kaufvertrag vom hinsichtlich eines Erwerbes eines Hälfteanteiles an einer näher genannten Liegenschaft durch den Mitbeteiligten aufgehoben worden sei. Für den Fall, dass die Rücktrittserklärung gemäß § 21 KO unwirksam sein sollte, vereinbarten die Vertragsparteien die Aufhebung des Kaufvertrages vom hinsichtlich des vom Mitbeteiligten erworbenen Hälfteanteiles. Der auf den Mitbeteiligten entfallende anteilige Kaufpreis aus dem Kaufvertrag erliege noch auf dem Treuhandkonto des Vertragsverfassers. Die Rückstellung des Hälfteanteiles an der Liegenschaft erfolge mit Abschluss dieses Vertrages.

Am stellte der Masseverwalter unter Bezug auf den Aufhebungsvertrag vom den Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer von EUR 1.487,50 gemäß § 17 Grunderwerbsteuergesetz und auf Rücküberweisung des bereits entrichteten Betrages.

Das beschwerdeführende Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag mit der Begründung ab, der ursprüngliche Verkäufer habe trotz Aufhebung des Kaufvertrages durch den anschließenden Verkauf an die Ehefrau des Mitbeteiligten nicht mehr die ursprüngliche umfassende Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Masseverwalter vor, zum Zeitpunkt der Vertragsaufhebung mit Zugang des Rücktrittschreibens des Masseverwalters an den Verkäufer sei lediglich festgestanden, dass die Ehefrau des Mitbeteiligten grundsätzlich bereit sei, auch den freiwerdenden Hälfteanteil zu erwerben. Diese Möglichkeit sei naheliegend gewesen. Nach Vorliegen der Zustimmung der kreditfinanzierenden Bank zum Erwerb durch die Ehefrau des Mitbeteiligten sei der Kaufvertrag über die zweite Liegenschaftshälfte abgeschlossen worden. Es treffe zwar zu, dass der Kaufvertrag über die zweite Liegenschaftshälfte zeitnah mit dem Aufhebungsvertrag geschlossen worden sei, allerdings sei die Vertragsaufhebung durch den Rücktritt gemäß § 21 KO wesentlich früher erfolgt und der ursprüngliche Verkäufer in seiner Verfügungsmacht frei gewesen.

Nach der Abweisung der Berufungsvorentscheidung beantragte der Mitbeteiligte die Entscheidung durch die belangte Behörde und brachte vor, die Ehefrau des Mitbeteiligten habe keine Verpflichtung zum Erwerb des Hälfteanteiles getroffen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung Folge gegeben und den Bescheid des beschwerdeführenden Finanzamtes aufgehoben.

In der Begründung gab sie das Verwaltungsgeschehen wieder und führte aus, dass der Masseverwalter durch das Schreiben vom gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Vertrag gemäß § 21 KO erklärt habe; das Eigentumsrecht des Mitbeteiligten sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Grundbuch eingetragen gewesen. Der Rücktritt des Masseverwalters gemäß § 21 KO bewirke - unter Bezug auf ein Urteil des OGH - nicht die Aufhebung des Vertrages ex tunc, es unterbleibe nur der Erfüllungsanspruch des Vertragspartners. § 17 Abs. 1 bis 3 Grunderwerbsteuergesetz ermögliche unter gewissen Voraussetzungen eine Nichtfestsetzung bzw. Abänderung der Steuer. Zwar sei in diesen Fällen von einer rechtsgeschäftlichen Rückgängigmachung die Rede, jedoch finde sich keine Grundlage dafür, dass im Fall des Rücktrittes durch den Masseverwalter nach den Bestimmungen der KO diese Regelung nicht zur Anwendung komme. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass auch trotz der Nichtaufhebungswirkung der Rücktrittserklärung des Masseverwalters dem ursprünglichen Verkäufer die volle freie Verfügungsmacht wieder zugekommen sei. Dem Umstand, dass die Ehefrau des Mitbeteiligten in zeitlicher Nähe den Liegenschaftsanteil erworben habe, könne keine rechtliche Bedeutung beigemessen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat ihrer aufhebenden Entscheidung tragend zu Grunde gelegt, dass der Rücktritt gemäß § 21 KO ein Anwendungsfall des § 17 GrEStG sei.

§ 17 Abs. 1 GrEStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 85/2008 hatte folgenden Wortlaut:

"Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird."

In § 21 Abs. 1 KO heißt es wörtlich:

"Ist ein zweiseitiger Vertrag von dem Gemeinschuldner und dem anderen Teil zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht oder nicht vollständig erfüllt worden, so kann der Masseverwalter entweder an Stelle des Gemeinschuldners den Vertrag erfüllen und vom anderen Teil Erfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten."

Da sich die Tatbestände des § 17 GrEStG 1987 auf eine Parteivereinbarung gründen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0085), bleibt für die Anwendung des gesetzlich geregelten Rücktrittsrechtes gemäß § 21 KO als Grund für die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer kein Raum. Zudem führt der Rücktritt vom Vertrag gemäß § 21 KO nicht zur Aufhebung des Vertrages, sondern es unterbleibt nur die weitere Erfüllung (vgl. ). Die Rückgängigmachung eines Rechtsgeschäftes ist nach dieser Bestimmung nicht vorgesehen.

Die Aufhebung des Vertrages haben die in Rede stehenden Parteien nur für den Fall vereinbart, "dass die Rücktrittserklärung gemäß § 21 KO des Masseverwalters unwirksam sein sollte". Es ist nicht zu sehen, aus welchen Gründen der Rücktritt gemäß § 21 KO unwirksam gewesen sein sollte; auch die Verfahrensparteien gehen offenbar von der Wirksamkeit des Rücktritts aus. Zu einer vereinbarten "Aufhebung" des Vertrages ist es demnach nicht gekommen.

Indem die belangte Behörde die Anwendung des § 17 GrEStG mit dem Rücktritt des Masseverwalters vom Kaufvertrag gemäß § 21 KO begründete, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am