VwGH vom 18.09.2007, 2007/16/0140
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der R AG in W, vertreten durch die Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kohlmarkt 5/3, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , Zl. Jv 6698-33a/06, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin im Jänner 2001 beim Bezirksgericht Döbling eine Klage mit einem Streitwert von S 1,115.294,88 (EUR 81.051,64) einbrachte. Der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Döbling zog hierauf einen Betrag von S 990,-- als Pauschalgebühr bei der Beschwerdeführerin ein. Am trat in diesem Gerichtsverfahren auf Grund einer außergerichtlich getroffenen Einigung ewiges Ruhen ein.
Mit Zahlungsaufforderung vom forderte die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Döbling von der Beschwerdeführerin eine restliche Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 1.893,13; mangels Entrichtung erließ die Kostenbeamtin einen Zahlungsauftrag über den genannten Betrag zuzüglich einer Einhebungsgebühr von EUR 7,--. In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, die Einziehung des zu niedrigen Betrages (von S 990,--) durch das Gericht sei ein Verzicht im Sinn des § 1444 ABGB, sodass sich die Verjährung nicht nach § 8 GEG, sondern nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen des ABGB bestimme und die dreijährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Der Anspruch auf Pauschalgebühr sei bereits verjährt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht Folge. Die Kostenbeamtin - so die Begründung - habe auf Grund der Abbuchungsermächtigung anlässlich der Einbringung der Klage irrtümlich einen Betrag von S 990,-- eingezogen. In der Folge sei anlässlich der Gebührenrevision der restliche Betrag von S 26.050,-- (EUR 1.893,13) nachgefordert worden. Der Anspruch des Bundes auf Gerichtsgebühren sei nicht privatrechtlicher, sondern öffentlich-rechtlicher Natur. Es fänden daher die Verjährungsvorschriften des ABGB im Geltungsbereich des GEG keine Anwendung. Die Beschwerdeführerin meine daher zu Unrecht, dass die zivilrechtliche Regelung über die dreijährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Da es sich bei der aushaftenden Pauschalgebühr um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch des Bundes handle, stelle sich die Frage eines privatrechtlichen Verzichtes des Bundes auf die irrtümlich nicht eingezogene Pauschalgebühr schon ex lege nicht. Die gegenständliche Klage sei am beim Bezirksgericht Döbling eingebracht worden. Die Verjährungsfrist nach § 8 Abs. 1 GEG habe am geendet. Der gegenständliche Zahlungsauftrag sei innerhalb der Verjährungsfrist und daher zeitgerecht erlassen worden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 757/07, ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht auf Unterlassung von Gebührenvorschreibungen mangels gesetzlicher Voraussetzung sowie auf Nichtinanspruchnahme einer Gebührenschuld mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen" verletzt; sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin sieht die inhaltliche Rechtswidrigkeit vorerst in einem Ermessensfehler, weil für die Behörde bei der Vorschreibung der Pauschalgebühren keinerlei Ermessenspielraum bestehe. Ein Rechenfehler bei der Bemessung der Pauschalgebühr stelle einen an Willkür grenzenden Ermessensmissbrauch dar. Ein rechtswidriger Ermessensfehler liege insbesondere dann vor, wenn der Behörde - wie im vorliegenden Fall - zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, zumal auf dem Klagsschriftsatz der Beschwerdeführerin ein höherer als der eingezogene Betrag angeführt gewesen sei und dem Kostenbeamten daher diese Differenz hätte auffallen müssen. Weiters verkenne die belangte Behörde, dass nach allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen die dreijährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen sei und sohin kein Anspruch der belangten Behörde auf die erhobene Pauschalgebühr bestehe. Durch die unrichtige Auslegung der Bestimmungen des ABGB (konkret jener betreffend den Verzicht und die Verjährung) sei der belangten Behörde auch gehäuftes Verkennen der Rechtslage vorzuwerfen, welches an der Grenze der (verfassungswidrigen) Willkür liege.
Die Beschwerdeführerin zieht sohin die Höhe der ihr vorgeschriebenen Gebühren nicht in Zweifel.
Nach § 1 Z. 1 GEG 1962 hat das Gericht Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren von Amts wegen einzubringen.
Wenn der Zahlungspflichtige die geschuldeten Beträge nicht sogleich erlegt oder diese nicht aus einem Kostenvorschuss berichtigt werden können, wird gemäß § 6 Abs. 1 GEG 1962 die Einbringung dieser Beträge von dem hiezu bestimmten Beamten des Gerichtes erster Instanz (Kostenbeamter) veranlasst (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei Zwangsfolge einzuzahlen (Einhebung). Für die Einhebung ist vom Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von 7 Euro zu entrichten. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel im Sinn der Exekutionsordnung.
Der Anspruch des Bundes auf Bezahlung der Gebühren und Kosten und der Anspruch auf Rückerstattung von unrichtig berechneten Gebühren und Kosten verjähren gemäß § 8 Abs. 1 GEG 1962 in fünf Jahren. Die Verjährungsfristen beginnen mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Gebühren- und Kostenanspruch entstanden ist und die Person des Zahlungspflichtigen feststeht, frühestens jedoch mit rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens. Nach Abs. 2 leg. cit. wird die Verjährung durch die Aufforderung zur Zahlung, die Einbringung eines Ansuchens um Stundung oder Nachlass und durch jede Eintreibungshandlung unterbrochen.
Die Vorschreibung von Gerichtsgebühren und Kosten nach dem GEG 1962 stellt kein gerichtliches, sondern ein Verwaltungsverfahren dar, auf das mangels besonderer Anordnung nicht die Bestimmungen der Prozessordnung anzuwenden sind. Mangels besonderer gesetzlicher Regelungen sind die allgemeinen Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens anzuwenden (vgl. etwa die in Stabentheiner, Gerichtsgebühren8, unter E 2 und 3 zu § 6 GEG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
In der Untätigkeit einer Behörde kann keine Erledigung und damit auch kein Bescheid erblickt werden (vgl. die in Stabentheiner, aaO, unter E 11 zu § 6 GEG wiedergegebene Rechtsprechung). Erst mit Erlassung des Zahlungsauftrages kann von einer "res iudicata" die Rede sein; selbst die in § 14 Abs. 1 GEG 1962 geregelte Zahlungsaufforderung hat keine Rechtskraftwirkung. Die vorläufige Untätigkeit der Justizverwaltungsbehörde (des Kostenbeamten), die es zunächst unterlassen hat, die Gebühren vorzuschreiben, hindert nicht die Vorschreibung und Einbringung der Gerichtsgebühren, sofern die Verjährungsfrist des § 8 GEG 1962 nicht überschritten wird (vgl. wiederum die in Stabentheiner, aaO, unter E 31 f zu § 6 GEG wiedergegebene Rechtsprechung).
Im Geltungsbereich des GEG 1962 findet die Verjährungsvorschrift des § 1486 ABGB keine Anwendung (vgl. das in Stabentheiner, aaO, unter E 13 zu § 8 GEG wiedergegebene Judikat).
Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtslage und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war dem Kostenbeamten bei der Einbringung der Gerichtsgebühren ein Ermessen nicht eingeräumt. Die auf einem allfälligen Versehen beruhende nur teilweise Einziehung der Gerichtsgebühren entfaltete nach dem Gesagten keine Rechtskraftwirkung, sodass die Justizverwaltungsbehörde nicht daran gehindert war, die restlichen Gerichtsgebühren innerhalb der Verjährungsfrist des § 8 GEG 1962 vorzuschreiben und einzubringen, wobei sich die Verjährungsfrist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ausschließlich an Hand des § 8 GEG 1962 bestimmte. Von einem Verkennen der Rechtslage (durch die belangte Behörde) kann daher nicht die Rede sein.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am