VwGH vom 05.03.2009, 2007/16/0135

VwGH vom 05.03.2009, 2007/16/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der O AG in L, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0455- L/05, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt Urfahr (im Folgenden kurz Finanzamt) erließ am gegenüber der Beschwerdeführerin einen Bescheid gem. § 3 Abs. 4 GebG, womit unter anderem für das Jahr 2000 Gebühr gemäß § 33 TP 19 leg. cit. für Kreditverträge im Gesamtausmaß von ATS 55,808.085,-- (= EUR 4,055.731,71) festgesetzt wurde.

Mit Eingabe vom brachte die

P Gebäudeleasing GmbH (als Rechtsnachfolgerin der früheren P Gebäudeleasing AG) in P vor, sie habe mit Kreditvertrag vom

18. bzw. eine Umschuldung eines ihr zuvor von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich gewährten Kredites auf die Beschwerdeführerin vorgenommen, wobei es sich ihrer Ansicht nach um eine gebührenfreie Umschuldung handle. Die Einschreiterin beantragte unter einem, ihr gegenüber eine bescheidmäßige Gebührenvorschreibung vorzunehmen, damit der Instanzenzug beschritten werden könne.

Dazu legte sie die Kopie des genannten Kreditvertrages (Kreditgeber die Beschwerdeführerin; Kreditnehmerin die P Gebäudeleasing AG) vor, der auszugsweise folgenden Text aufweist:

"Sehr geehrter Kreditnehmer!

Aufgrund der geführten Kreditgespräche räumten wir Ihnen auf

oben angeführtem Konto einen

EINMALBARKREDIT

in Höhe von ATS 239,964.700,00 in Worten Schilling zweihundertneununddreißigmillionenneunhundertvierundsechzigtausendsi ebenhundert, (EUR 17,438.914,85) zu nachstehenden Bedingungen ein:

Über diesen Kreditbetrag kann nur einmal verfügt werden. Eine kontokorrentmäßige Ausnützung ist demnach nicht möglich.

Durch den gegenständlichen Kreditvertrag wird der der Kreditnehmerin von der RAIFFEISENLANDESBANK ÖBERÖSTERREICH registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, Raiffeisenplatz 1, 4021 Linz, auf Konto Nr. xxx, BLZ 34.000, zur Verfügung gestellte Kredit umgeschuldet. ..."

Mit Eingabe vom beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erhebung einer Berufung gegen den ihr gegenüber erlassenen Bescheid vom und erhob unter einem Berufung, worin sie im Wesentlichen gleich argumentierte wie zuvor die P Gebäudeleasing GmbH.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom brachte die Beschwerdeführerin dazu noch vor, es habe sich bei dem umgeschuldeten Kredit der Raiffeisenbank Oberösterreich um eine nicht gebührenpflichtige "mündliche Barvorlage" gehandelt.

Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt der Beschwerdeführerin einerseits die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und erließ andererseits eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, worin es die Meinung vertrat, der neue Kredit gelte nur dann als Nachtrag, wenn schon eine Gebührenschuld entstanden sei; § 21 GebG habe eine Änderung von bereits beurkundeten Rechten oder Verbindlichkeiten zum Inhalt.

Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie rechtlich die Meinung vertrat, eine gebührenfreie Umschuldung setze voraus, dass über das ursprüngliche Rechtsgeschäft eine gebührenrechtlich relevante Urkunde errichtet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass hier eine gebührenfreie Umschuldung vorliege.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gem. § 15 Abs. 1 GebG sind Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.

Gem. § 33 TP 19 Abs. 1 GebG unterliegen Kreditverträge, mit welchem den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird, von der vereinbarten Kreditsumme einer dort näher geregelten Gebühr (abhängig von der Anzahl der möglichen Verfügungen des Kreditnehmers über die Kreditsumme).

Die Absätze vier und fünf der zitierten TP 19 lauten auszugsweise wie folgt:

"(4) Gebührenfrei sind:

1. Prolongationen von Kreditverträgen, für die nach diesem Bundesgesetz eine Gebühr zu entrichten war, ...

...

(5) Bei Umschuldungen, wodurch ein Kreditvertrag aufgehoben, die Kreditsumme zurückgezahlt und als Ersatz ein Kreditvertrag mit einem anderen Kreditgeber abgeschlossen wird, gilt der neue Kreditvertrag gebührenrechtlich als Nachtrag (Aufstockung, Prolongation) des ursprünglichen Kreditvertrages, wenn die Urkunde über den neuen Kreditvertrag einen Vermerk über die Umschuldung enthält und Aufhebung sowie Rückzahlung innerhalb eines Monats ab Beurkundung des neuen Kreditvertrages erfolgen..."

§ 21 GebG bestimmt:

"Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz oder Nachtrag im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbstständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig."

Aus den Materialien zur Schaffung der Bestimmung des § 33 TP 19 Abs. 5 GebG im Wege der Novelle BGBl. Nr. 127/1984 (siehe 215 der Beilagen zu den Sten. Pro. des Nationalrates XVI. GP) ist Folgendes zu entnehmen:

"Wird ein bestehender, in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise beurkundeter Kreditvertrag vorzeitig beendet und an dessen Stelle ein neuer Vertrag mit einem anderen Kreditinstitut abgeschlossen und beurkundet, so muss nach der geltenden Rechtslage der Vertrag zwischen den neuen Vertragspartnern selbständig und unabhängig davon, was vorher war, vergebührt werden. Wenn daher der Kreditnehmer aus wirtschaftlichen Gründen, etwa weil die Konditionen günstiger sind, seinen Kreditgeber wechseln will, muss er mit einer gewissen Belastung durch die Kreditvertragsgebühr rechnen. Um die Wahl der für den Kreditnehmer günstigsten Variante nicht zu beeinträchtigen, soll mit der vorgesehenen Begünstigung für Umschuldungen eine Rechtslage geschaffen werden, die gebührenrechtlich keinen Unterschied macht, ob der Kreditnehmer bei seinem Kreditgeber bleibt oder zu einem anderen überwechselt. Dies gilt gleichermaßen für Darlehensverträge."

Der Verwaltungsgerichtshof hatte die zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens allein strittige Frage, ob es für eine gebührenfreie Umschuldung erforderlich ist, dass der vorher bestandene Kreditvertrag in einer für das Entstehen einer Gebührenpflicht maßgeblichen Weise beurkundet war oder nicht, bisher noch nicht zu entscheiden.

Im Schrifttum hingegen wurde diese Frage bisher kontroversiell gesehen:

Fellner (Gebühren und Verkehrsteuern I, Stempel- und Rechtsgebühren Rz 101 Abs. 2 zu § 33 TP 19 GebG sowie in MGA Stempel- und Rechtsgebühren8, 409 Anm. 14 zu § 33 TP 19 GebG) sowie Frotz/Hügel/Popp, Kommentar (BI8f cc S 37, 5. Lieferung, Oktober 1985) und Glega (ÖStZ 1984, 192 ff insb 193 rechte Spalte Abs. 2) vertreten jeweils die Auffassung, dass eine gebührenfreie Umschuldung eine bereits gebührenrechtlich relevante Urkunde über das ursprüngliche Rechtsgeschäft voraussetzt.

Begründet wird das von Fellner nicht näher, von Frotz/Hügel/Popp mit der"ratio legis" (der Kreditnehmer soll gebührenrechtlich nicht schlechter aber auch nicht besser gegenüber dem Fall gestellt werden, in welchem der alte Kreditgeber den gewährten Kredit modifiziert) und von Glega damit, dass er die von § 33 TP 19 Abs. 5 GebG vorgenommen Fiktion der Umschuldung als "Nachtrag (Aufstockung, Prolongation) des ursprünglichen Kreditvertrages" iVm der Bestimmung des § 21 GebG so versteht, dass dadurch nur auf das im § 21 leg. cit. vorgenommene Erfordernis der Parteiidentität auf Seite des Kreditgebers verzichtet wird, nicht aber auf die übrigen Voraussetzungen für einen Nachtrag.

Arnold (ÖStZ 1984, 73 ff insb 84 linke Spalte Abs. 1 sowie in Rechtsgebühren, Kommentar8 Rz 44 und 45 zu § 33 TP 19 GebG) vertritt dagegen die Ansicht, dass es für die Anwendung der Begünstigungsbestimmung des § 33 TP 19 Abs. 5 GebG nicht erforderlich sei, dass das ursprüngliche Rechtsgeschäft überhaupt beurkundet war. Er begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Fiktion des neuen Vertrages als Nachtrag nicht so formuliert worden sei, dass eine "sinngemäße Anwendung" des § 21 samt seinen Bedingungen angeordnet werde. "Die Folgen des § 21 treten dann ein, wenn die Voraussetzungen des § 33 TP 19 Abs. 5 GebG (nicht die des § 21 GebG) erfüllt sind" (ÖStZ 1984, 84). Die Passage in § 33 TP 19 Abs. 5 GebG dürfe nicht so gelesen werden als ob sie lautete: "Wodurch ein Kreditvertrag, über den eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist, aufgehoben ..." (Kommentar aaO Rz 45 zu § 33 TP 19 GebG).

Auch Gaier (Kommentar4 Rz 113 zu § 33 TP 19 GebG) ist der Ansicht, dass der aufgehobene alte Kreditvertrag nicht schriftlich beurkundet gewesen sein müsste. Er beruft sich auf den seiner Ansicht nach "klaren Wortlaut des Gesetzes" und argumentiert damit, dass der Text des Umschuldungstatbestandes nur von einer "Urkunde über den neuen Kreditvertrag" spreche, nicht aber von einer Urkunde über den alten Kreditvertrag.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich den im Wesentlichen nur auf den Wortlaut des Umschuldungstatbestandes gestützten Argumenten von Arnold und Gaier aus folgenden Erwägungen nicht anzuschließen: Der Gesetzgeber hat in den oben zitierten Materialien erklärt, dass er dem mit der Novelle BGBl. Nr. 127/1984 neu geschaffenen Abs. 5 der TP 19 als Anwendungsvoraussetzung nur den Fall zu Grunde legen wollte, dass "ein bestehender in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise beurkundeter Kreditvertrag" umgeschuldet wird. Dies macht auch durchaus Sinn, weil ja sonst (wie die zitierten Materialien es auch entsprechend zum Ausdruck bringen) der Kreditnehmer durch eine (unter Umständen beträchtliche) Gebührenbelastung für die Umschuldungsurkunde daran gehindert sein könnte, eine sich ihm bietende Gelegenheit, einen Kredit im Wege einer Umschuldung durch einen günstigeren Kredit, den ihm ein anderer Kreditgeber gewährt, zu ersetzen. Daraus folgt aber, dass die Begünstigung nur dann eintreten soll, wenn über den alten, umzuschuldenden Kreditvertrag eine Urkunde errichtet war. Für eine Anwendung des Begünstigungstatbestandes des § 33 TP 19 Abs. 5 GebG hingegen auf Fälle, in denen über den alten, umzuschuldenden Kreditvertrag (wie im Beschwerdefall) gar keine Urkunde errichtet war, bietet sich dann aber kein Raum, weil dadurch eine unangemessene Bevorzugung des beurkundeten Umschuldungsvorganges gegenüber allen beurkundeten Kreditverträgen entstünde, für die es keinerlei sachliche Rechtfertigung gebe.

Dazu kommt, dass der Gesetzgeber seinen in den zitierten Materialien dargestellten Ausgangsfall für eine begünstigte Umschuldung, nämlich das Vorhandensein eines bestehenden (alten), beurkundeten Kreditvertrages auch im Gesetzestext selbst klar zum Ausdruck gebracht hat, indem § 33 TP 19 Abs. 5 GebG nach dem Terminus "Nachtrag" (der einen Verweis auf § 21 GebG darstellt) (ua auch) den Begriff "Prolongation" verwendet. Da aber § 33 TP 19 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. betreffend diesen Begriff ebenfalls ausdrücklich die Gebührenfreiheit davon abhängig macht, dass Kreditverträge vorliegen müssen, "für die nach diesem Bundesgesetz eine Gebühr zu entrichten war", ist damit jedenfalls auch im Wege des Gesetzestextes zusätzlich zu § 21 GebG (arg: "Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde") unmissverständlich klargestellt, dass es für eine gebührenfreie Umschuldung erforderlich ist, dass der alte Kreditvertrag jedenfalls iS des § 15 GebG beurkundet war. Für die dagegen von Arnold angestrebte Einschränkung des Verweises in § 33 TP 19 Abs. 5 GebG auf den Tatbestand "Nachtrag" (und damit auch auf den Tatbestand einer "Prolongation") dergestalt, dass dabei jeweils das Erfordernis des Vorhandenseins eines alten beurkundeten Rechtsgeschäftes auszublenden wäre, ergeben sich aus den maßgeblichen Gesetzesstellen in Verbindung mit den zitierten Materialien im Ergebnis keine überzeugenden Gründe.

Darauf folgt aber, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nicht anhaftet. Die Beschwerde war daher gem. § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwandersatzV BGBl. II Nr. 455/2008 insb. deren § 3 Abs. 2.

Wien, am